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Die dunkle Seite der Pop-Art

Für die Kuratoren wäre es ein Einfaches gewesen, sich auf die größten Hits der Pop-Art zu beschränken. Viele der bekanntesten Werke befinden sich nämlich in der Sammlung des Museums. In "Sinister Pop" präsentieren sie lieber Künstler, die man nicht unbedingt mit dieser Periode assoziiert.

Von Sacha Verna | 24.11.2012
    Es gibt zwei Möglichkeiten, Pop Art zu inszenieren. Entweder hält man sich dabei an die größten Hits oder man sucht nach einem Aspekt der kommerziell erfolgreichsten Kunstrichtung des 20. Jahrhunderts, der nicht auch schon in der Dosensuppenindustrie Verwertung gefunden hat.

    "We were very interested in really looking at an recognizing an aspect of pop in particular that we saw as a darker side."

    Für Donna De Salvo und ihren Ko-Kuratoren Scott Rothkopf vom Whitney Museum wäre es ein Einfaches gewesen, sich auf die größten Hits beschränken. Viele der bekanntesten Werke aus der Pop-Periode befinden sich nämlich in der Sammlung des Museums, seien es Beispiele von Roy Lichtensteins Comicstrips oder solche von Tom Wesselmanns amerikanischen Akten. Stattdessen wollten De Salvo und Rothkopf in ihrer Ausstellung die dunkle Seite des Pop beleuchten.

    " Es gibt sie bei vielen der berühmtesten Werke. Wir möchten diese subversive Qualität hervorkehren und sie vor den Hintergrund der turbulenten amerikanischen Geschichte der Sechziger- und frühen Siebzigerjahre stellen."
    In "Sinister Pop" präsentieren die Kuratoren deshalb auch Künstler, die man normalerweise nicht mit Pop Art assoziiert. Besonders Fotografen:

    "One of the topics that we keep coming back to is this notion in particular in the photography. And there is then a very interesting pressure back on the pop works."

    Man sehe immer wieder, wie stark die Fotografie jener Zeit von der Bildsprache Hollywoods und der Werbung beeinflusst worden sei, sagt Scott Rothkopf, und wie das wiederum einen interessanten Druck zurück auf die Werke der Pop Art ausübte.

    So hängt William Egglestons Aufnahme eines vollgestopften Tiefkühlers neben James Rosenquists "Spaghetti und Gras" in einer Ausführung von Elaine Sturtevant. Das hat mit Hollywood zwar eher wenig zu tun, dafür aber mit Verpackung, Konsum und mindestens drei Metaebenen, auf denen der Begriff Pop hier interpretiert wird.

    Ähnliches gilt für Weegees verzerrtes Fotoporträt von Präsident Nixon. Dieses wurde unweit von Jasper Johnes amerikanischen Flaggen platziert, die ihrerseits zu Anti-Vietnamkriegscollagen von Judith Bernstein führen.

    In solchen Reihungen werden verschiedene Themen abgehandelt, von Pin-ups, Playboy und sexueller Ausbeutung bis zur sexuellen Befreiung, von der Flower Power der Blumenkinder bis zur Black Power der Bürgerrechtsbewegung. Und immer wieder popt es dazwischen, wie mit Alex Katz' lebensgroßer Silhouette eines Anzugträgers, der die Asche seiner Zigarette direkt auf die überdimensionierten Kippen in Claes Oldenburgs Skulptur zu schnippen scheint.

    Der Eröffnung von "Sinister Pop" kam der Hurricane Sandy in die Quere. Vielleicht wirken die Ausstellung und die darin bemühten Zusammenhänge aus diesem Grund so verblasen. Was die dunkle Seite der Pop Art betrifft: Wie erhellend ist Andy Warhols unvermeidliche Marylin, wenn sie zur Abwechslung in einer Schwarz-grau-Version gezeigt wird? Am besten, man gibt auch für diesen kuratorischen Kurzschluss dem von Sandy verursachten Stromausfall die Schuld.