Pippa Lee führt ein Leben als perfekte Ehe-Hausfrau und Mutter, das zunächst wenig Leser interessieren wird. Als die 50-Jährige mit ihrem viel älteren Ehemann Herb, dem renommierten Verleger, in eine Siedlung für Ruheständler zieht, scheint es eher ein ironischer Bruch als eine Lebensperspektive zu sein. Je beschaulicher es dort zugeht, umso mehr spürt Pippa ihre Jugend. Aber als gute Gastgeberin und erfahrene Ehefrau gelingt es ihr, die Nachdenklichkeit einigermaßen in Schach zu halten. Bis sie unerklärliche Spuren morgens in der Küche entdeckt, doch es sind keine Anzeichen von Herbs Senilität - Pippa selbst ist es, die schlafwandelt. Dabei irritiert sie weniger, dass sie nachts plötzlich wieder raucht oder gar Auto fährt, sondern dass sich eine Tür zu ihrem früheren Leben auftut, die sie seit ihrer Heirat sorgsam verschlossen hält. Ein Türspalt, durch den bedrohlich die Erinnerung an ihr einst wildes Leben dringt.
So lassen sich die Erinnerungen nicht länger aufhalten, und im zweiten Teil werden wir mitgenommen in Pippas Jugendwelt. Sie erzählt - nun aus der Ich-Perspektive - von der erstickenden Liebe ihrer Mutter, die die Tochter vergöttert und sich für die Familie aufopfert - um den Preis einer schweren Speed-Abhängigkeit. Wie sie ihre Mutter verlässt, weil sie die Verlogenheit um die Krankheit nicht mehr erträgt. Dann hat Pippa ein Verhältnis mit einem Lehrer, muss von der Schule und geht nach New York. Dort lebt sie ganz auf sich allein gestellt. In Brooklyns Künstlerkreisen sammelt sie ausgiebige Sex- und Drogenerfahrungen und führt ein haltloses Leben, bei dem sie immer wieder die Menschen verrät, die sie eigentlich liebt. Nur sich selbst gegenüber bleibt sie ihrem Instinkt treu und bewahrt sich so mit ihrer eigenen, aber unverfälschten Art ein Stück Unschuld. Wie reizvoll sie dadurch wird, erkennt der gestandene Herb sofort. Behutsam beginnt er sie aus den Bohème-Kreisen zu lösen. Er trennt sich von seiner Frau, um Pippa zu heiraten. Auch wenn der zelebrierte Selbstmord der Ex-Frau einen Schatten auf die Verbindung wirft, mit der Zeit fühlt Pippa sich in dieser Lebensgemeinschaft sicher und glücklich. Als Ehefrau und später als Mutter von zwei Kindern - wobei das Verhältnis zur Tochter problematisch bleibt - gelingt es ihr, sich neu zu erfinden.
"Die Ehe funktioniert, weil wir es wollen!" und Pippa Lee weiß, dass ihre Ehe so lange halten wird, wie sie bereit ist, diesen Willensakt zu leisten: "Trotz all meiner Ergebenheit ... gab es Momente, in denen ich, wie ein von Menschen gezähmter Wolf, den Geruch meiner alten Angewohnheiten in die Nase bekam und mich eingesperrt fühlte."
Dass es im dritten Teil des wie ein Tryptichon aufgebauten Romans ganz anders kommt, ist auch eine Folge dieses Witterung Aufnehmens. Nach einer überraschenden Wendung stehen die Personen plötzlich in einem neuen Licht, in einem anderen Verhältnis zueinander und die kunstvoll angelegten Motive tauchen wieder auf und werden zu Ende geführt.
Die Idee zum Roman kam der Autorin, als sie einer Freundin begegnete, die sich von einer wilden, fast rücksichtslosen Person in eine sanfte, fürsorgliche Mutter verwandelt hatte. "Ich musste mich einfach fragen, wie kommt man von A nach B?" Diesen langen Weg zum selbstbestimmten Leben geht Pippa Lee auf ihre ganz eigene Weise, und das wird einfühlsam und packend beschrieben.
Mit klarer Sprache und genau beobachtend erzählt Rebecca Miller die Geschichte einer Frau, die ihrem charismatischen Mann das Leben auf angenehm intelligente Weise gestaltet. Das ist unterhaltsam und das ist gut gemacht. Doch was den Text zur Literatur werden lässt, ist Millers Fähigkeit, sehr genau hinzuschauen und dabei den Blick für die großen Zusammenhänge nicht zu verlieren. Ihre klugen und berührenden Überlegungen zu den Zwängen des Mutter-Seins, zur Bestimmung der Frau im Allgemeinen und zur Vergänglichkeit im Besonderen bettet sie in eine überzeugend dramatische Geschichte. Und die wird getragen von einem wesentlichen Element: dem Humor. Diesen auf dem Weg zum 'wahren Leben' nicht zu verlieren ist Rebecca Millers Anliegen.
So lassen sich die Erinnerungen nicht länger aufhalten, und im zweiten Teil werden wir mitgenommen in Pippas Jugendwelt. Sie erzählt - nun aus der Ich-Perspektive - von der erstickenden Liebe ihrer Mutter, die die Tochter vergöttert und sich für die Familie aufopfert - um den Preis einer schweren Speed-Abhängigkeit. Wie sie ihre Mutter verlässt, weil sie die Verlogenheit um die Krankheit nicht mehr erträgt. Dann hat Pippa ein Verhältnis mit einem Lehrer, muss von der Schule und geht nach New York. Dort lebt sie ganz auf sich allein gestellt. In Brooklyns Künstlerkreisen sammelt sie ausgiebige Sex- und Drogenerfahrungen und führt ein haltloses Leben, bei dem sie immer wieder die Menschen verrät, die sie eigentlich liebt. Nur sich selbst gegenüber bleibt sie ihrem Instinkt treu und bewahrt sich so mit ihrer eigenen, aber unverfälschten Art ein Stück Unschuld. Wie reizvoll sie dadurch wird, erkennt der gestandene Herb sofort. Behutsam beginnt er sie aus den Bohème-Kreisen zu lösen. Er trennt sich von seiner Frau, um Pippa zu heiraten. Auch wenn der zelebrierte Selbstmord der Ex-Frau einen Schatten auf die Verbindung wirft, mit der Zeit fühlt Pippa sich in dieser Lebensgemeinschaft sicher und glücklich. Als Ehefrau und später als Mutter von zwei Kindern - wobei das Verhältnis zur Tochter problematisch bleibt - gelingt es ihr, sich neu zu erfinden.
"Die Ehe funktioniert, weil wir es wollen!" und Pippa Lee weiß, dass ihre Ehe so lange halten wird, wie sie bereit ist, diesen Willensakt zu leisten: "Trotz all meiner Ergebenheit ... gab es Momente, in denen ich, wie ein von Menschen gezähmter Wolf, den Geruch meiner alten Angewohnheiten in die Nase bekam und mich eingesperrt fühlte."
Dass es im dritten Teil des wie ein Tryptichon aufgebauten Romans ganz anders kommt, ist auch eine Folge dieses Witterung Aufnehmens. Nach einer überraschenden Wendung stehen die Personen plötzlich in einem neuen Licht, in einem anderen Verhältnis zueinander und die kunstvoll angelegten Motive tauchen wieder auf und werden zu Ende geführt.
Die Idee zum Roman kam der Autorin, als sie einer Freundin begegnete, die sich von einer wilden, fast rücksichtslosen Person in eine sanfte, fürsorgliche Mutter verwandelt hatte. "Ich musste mich einfach fragen, wie kommt man von A nach B?" Diesen langen Weg zum selbstbestimmten Leben geht Pippa Lee auf ihre ganz eigene Weise, und das wird einfühlsam und packend beschrieben.
Mit klarer Sprache und genau beobachtend erzählt Rebecca Miller die Geschichte einer Frau, die ihrem charismatischen Mann das Leben auf angenehm intelligente Weise gestaltet. Das ist unterhaltsam und das ist gut gemacht. Doch was den Text zur Literatur werden lässt, ist Millers Fähigkeit, sehr genau hinzuschauen und dabei den Blick für die großen Zusammenhänge nicht zu verlieren. Ihre klugen und berührenden Überlegungen zu den Zwängen des Mutter-Seins, zur Bestimmung der Frau im Allgemeinen und zur Vergänglichkeit im Besonderen bettet sie in eine überzeugend dramatische Geschichte. Und die wird getragen von einem wesentlichen Element: dem Humor. Diesen auf dem Weg zum 'wahren Leben' nicht zu verlieren ist Rebecca Millers Anliegen.