Es beginnt leicht und grandios zugleich: Aus der Tiefe des leeren, sich wie eine Erdkugel wölbenden Raumes schiebt sich ein magisch von innen leuchtender Verkaufstisch nach vorn. Wie hier reale Menschen in zugleich alltäglicher wie surreal überhöhter Aktion am Grabbeltisch in Aktion treten, wie hier Gewalt gegen Elaine ausbricht, Tim ihr hilft und sich so die Tochter der Einen mit dem Sohn der Anderen trifft, das besitzt die einfache Selbstverständlichkeit und zugleich schwebende Mehrdeutigkeit, die Botho Strauß´ manchmal allzu gewolltes Stück braucht. Wenn anschließend Edith Clever als Insa, 60-jährige Pensionsbetreiberin im Oderbruch, mit dem Weinglas in der Hand auf ihrem Gesundheitsball thront, während sich hinter ihr die drehenden Windräder bis an den Horizont staffeln, und sie vorn den ewigen Konflikt mit ihrer Tochter um Bleiben und Gehen als gewohntes Spiel ausficht, dann ist die unsichere Zukunfts-Vergangenheit, in der sich die Figuren von Botho Strauß be- und empfinden, in ein poetisch offenes, aber auch sehr konkretes Bild gebracht.
Auch wenn Karl-Ernst Hermanns Bühnenbild im Verlauf der Aufführung allzu bombastisch schick wird, auch wenn Luc Bondy die langen Gesprächsspiele der Figuren, die anders als bei Tschechow weniger mit ihren Sehnsüchten als mit ihren Vergangenheiten überzeugen, nicht aus ihrer lähmenden Trägheit zu befreien vermag: dieser Beginn zeigt, was in dem Stück stecken könnte. Anders als bei Dieter Dorns Münchner Uraufführung, die bei all ihrer angestrengten szenischen Tiefengründelei doch eher an der Oberfläche blieb, was sich an der elaborierten Routine von Cornelia Froboes als Insa schmerzlich bemerkbar machte, ist bei Luc Bondy ein Lebensgefühl genau getroffen. Edith Clever ist ein Ereignis: wie sie die Insa mit Erdgebundenheit und Pathos ausstattet, wie sie in ihren hochfahrenden Gefühlen immer auch die Komik entdeckt, wie sie eine Figur im Spiel als künstlich und real zugleich entwickelt, das ist auch deshalb so wunderbar, weil Dörte Lyssewski ihre Tochter Elaine mit ebenso federleichter Virtuosität als verdrucksten Widerpart spielt, der sich im Masochismus selbst zu fühlen versucht.
Wenn dann Jutta Lampe als die entlassene Rundfunkjournalistin Lissy hinzu kommt, die Insa bereits zweimal den Mann weggenommen hat und dies auch mit Insas letzter erotischer und emotionaler Hoffnung tun wird, dann wird in den Kampfdialog der gegenseitigen Abhängigkeit und Erniedrigung, in den gemeinsamen Lebenskampf noch eine andere, mehr praktisch patente Haltung eingebracht. Jutta Lampe ist im Konzert der ihren gesellschaftlichen, individuellen und körperlichen Raum nicht findenden Figuren die aktive, direkte. Wie in Ingmar Bergmanns "Herbstsonate" geht es um "das letzte Mal", um den Abschied und die Unfähigkeit, seinen eigenen Ort zu finden. Wenn Lissy und Insa die Ausstellung "The remains of future" besuchen und merken, die Zukunft könnte ihre Vergangenheit sein, die endgültig vorbei ist, dann wirken sie sowohl wie Zitate aus alten Botho-Strauß-Stücken wie als Menschen einer Übergangszeit, die auszuhalten suchen, was passiert, - was ihnen passiert. Was alle Figuren in diesem Stück tun, sind Spiele ums Leben.
Der Versuch Elaines, sich nachspielend in Jesu Passion am Kreuz hinein zu finden, dem ein angenehm verhaltener Sebastian Rudolph als Tim eher abwehrend hilflos gegenüber steht, wirkt auch in Bondys Inszenierung so elaboriert verschmockt wie in Dieter Dorns Münchner Uraufführung. Was überzeugt, sind hier noch mehr als dort die Paarkonflikte: zwischen Tim und Elaine und zwischen Lissy und Insa. Das Spiel um die Welt und deren Bewältigung als Kampf um Nähe und Ferne: immer dann, wenn Botho Strauß die Zweier-Beziehungskisten öffnet, fasziniert sein Stück trotz partieller Geschwätzigkeit von Figuren, die in ihrer selbstreflexiven Verzweiflung oft sehr redundant sind. Letzlich vermögen auch Luc Bondy und seine wunderbaren Schauspielerinnen die dreistündige Berliner Inszenierung nicht zu retten: nach furiosem Beginn verliert sie immer mehr ihre innere und äußere Spannung bis zur Lähmung ihres Publikums. Dennoch zum Schluss großer Jubel in einem prominent besetzten Zuschauerraum.
Auch wenn Karl-Ernst Hermanns Bühnenbild im Verlauf der Aufführung allzu bombastisch schick wird, auch wenn Luc Bondy die langen Gesprächsspiele der Figuren, die anders als bei Tschechow weniger mit ihren Sehnsüchten als mit ihren Vergangenheiten überzeugen, nicht aus ihrer lähmenden Trägheit zu befreien vermag: dieser Beginn zeigt, was in dem Stück stecken könnte. Anders als bei Dieter Dorns Münchner Uraufführung, die bei all ihrer angestrengten szenischen Tiefengründelei doch eher an der Oberfläche blieb, was sich an der elaborierten Routine von Cornelia Froboes als Insa schmerzlich bemerkbar machte, ist bei Luc Bondy ein Lebensgefühl genau getroffen. Edith Clever ist ein Ereignis: wie sie die Insa mit Erdgebundenheit und Pathos ausstattet, wie sie in ihren hochfahrenden Gefühlen immer auch die Komik entdeckt, wie sie eine Figur im Spiel als künstlich und real zugleich entwickelt, das ist auch deshalb so wunderbar, weil Dörte Lyssewski ihre Tochter Elaine mit ebenso federleichter Virtuosität als verdrucksten Widerpart spielt, der sich im Masochismus selbst zu fühlen versucht.
Wenn dann Jutta Lampe als die entlassene Rundfunkjournalistin Lissy hinzu kommt, die Insa bereits zweimal den Mann weggenommen hat und dies auch mit Insas letzter erotischer und emotionaler Hoffnung tun wird, dann wird in den Kampfdialog der gegenseitigen Abhängigkeit und Erniedrigung, in den gemeinsamen Lebenskampf noch eine andere, mehr praktisch patente Haltung eingebracht. Jutta Lampe ist im Konzert der ihren gesellschaftlichen, individuellen und körperlichen Raum nicht findenden Figuren die aktive, direkte. Wie in Ingmar Bergmanns "Herbstsonate" geht es um "das letzte Mal", um den Abschied und die Unfähigkeit, seinen eigenen Ort zu finden. Wenn Lissy und Insa die Ausstellung "The remains of future" besuchen und merken, die Zukunft könnte ihre Vergangenheit sein, die endgültig vorbei ist, dann wirken sie sowohl wie Zitate aus alten Botho-Strauß-Stücken wie als Menschen einer Übergangszeit, die auszuhalten suchen, was passiert, - was ihnen passiert. Was alle Figuren in diesem Stück tun, sind Spiele ums Leben.
Der Versuch Elaines, sich nachspielend in Jesu Passion am Kreuz hinein zu finden, dem ein angenehm verhaltener Sebastian Rudolph als Tim eher abwehrend hilflos gegenüber steht, wirkt auch in Bondys Inszenierung so elaboriert verschmockt wie in Dieter Dorns Münchner Uraufführung. Was überzeugt, sind hier noch mehr als dort die Paarkonflikte: zwischen Tim und Elaine und zwischen Lissy und Insa. Das Spiel um die Welt und deren Bewältigung als Kampf um Nähe und Ferne: immer dann, wenn Botho Strauß die Zweier-Beziehungskisten öffnet, fasziniert sein Stück trotz partieller Geschwätzigkeit von Figuren, die in ihrer selbstreflexiven Verzweiflung oft sehr redundant sind. Letzlich vermögen auch Luc Bondy und seine wunderbaren Schauspielerinnen die dreistündige Berliner Inszenierung nicht zu retten: nach furiosem Beginn verliert sie immer mehr ihre innere und äußere Spannung bis zur Lähmung ihres Publikums. Dennoch zum Schluss großer Jubel in einem prominent besetzten Zuschauerraum.