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Die "Endlagerung ist die Achillesferse"

Begleitet von Protesten von Umweltschützern hat Donnerstag Abend die Wintertagung des Deutschen Atomforums begonnen. Dabei sieht sich die Atomgemeinde selbst als eine Vereinigung von Umweltschützern - um des Klimaschutzes willen ist für sie der Ausstieg aus der Kernenergie nicht zu verantworten.

Von Philip Banse | 05.02.2009
    Philip Banse in Berlin - eine Verlängerung der Laufzeiten hängt ja wohl vom Ausgang der Bundestagswahl im Herbst ab - reden die Atomkraft-Befürworter denn auch schon vom nächsten Schritt, dem Neubau von Kernkraftwerken?

    Der Neubau von Atomkraftwerken ist ein großes Thema auf der Wintertagung des Deutschen Atomforums. Nicht explizit der AKW-Neubau in Deutschland, aber diese Forderung schwingt mit, wenn Befürworter der Atomkraft die Neubauprojekte in aller Welt aufzählen. Großbritannien, Frankreich, Bulgarien, Niederlande, Polen - der Präsident des Deutschen Atomforums, Walter Hohlefelder, wurde nicht müde aufzulisten, in welchen EU-Ländern neue Atomkraftwerke gebaut oder geplant sind:

    "Der Neubau von Kernkraftwerken in Europa – als Ersatzbau oder als völliger Neubau – ist nun mal eine Realität, die kann man einfach nicht negieren. Deutsche Unternehmen RWE und EON beteiligen sich an solchen Projekten. Und das kann man nur begrüßen. Dieses Engagement trägt auch zum Erhalt von Know-how in Deutschland bei."

    Den Bau neuer Atomkraftwerke in Deutschland forderte auch Fatih Birol nur indirekt, das aber sehr deutlich. Weltweit müssten Hunderte neue Atomkraftwerke gebaut werden, sagte der Chefökonom der Internationalen Energieagentur. Nur so ließen sich Ölknappheit und Klimawandel bekämpfen:

    "Atomenergie kann und muss eine signifikante Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen. Wenn wir weiter machen wie bisher, wird der weltweite Anteil von Atomenergie von 14 auf zehn Prozent sinken. Um aber die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, muss der Anteil von Atomstrom bei 20 Prozent liegen. Um das zu erreichen, müssen wir bis 2030 jedes Jahr 20 neue Atomkraftwerke bauen."

    Das wären über 400 neue Atomkraftwerke in den nächsten 20 Jahren. Diese Forderung wird von Umweltschützern heftig abgelehnt. Auch die CDU hat ja auf ihrem letzten Parteitag beschlossen, in Deutschland keine neuen Atomkraftwerke zu bauen. Wohl aber sollen die Laufzeiten der bestehenden nach Unions-Plänen verlängert werden. Ein Grund dafür ist die Angst vor einer Stromlücke. Dieses sehr umstrittene Argument wiederholte auch der Präsident des Atomforums, Walter Hohlefelder:

    "Die Gretchen-Frage bleibt: Wenn es uns denn gelingt, 30 Prozent des Stromerzeugung aus erneuerbaren zu schaffen – ja wo kommen denn die restlichen 70 Prozent her?"

    Aus modernen Gas- und Kohlekraftwerken und durch Energieeinsparungen, argumentieren Umweltschützer. Hohlefelder ging darauf nicht ein:

    "Wir hatten immer schon gute Argumente für die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke. Durch die Ereignisse de letzten Monate – Wirtschaftskrise, Gasstreit – sind sie noch stärker geworden. Wir können daher zuversichtlich sein, dass es zu einer Laufzeitverlängerung kommt und auch die drängende Endlager-Frage einer Lösung zugeführt wird – kurz, dass Energievernunft einkehrt."

    Die bis heute unbeantwortete Endlagerfrage – seit Jahren eines der zentralen Argumente der Atomkraftgegner gegen die Nutzung von Atomstrom. Denn bis heute gibt es in Deutschland kein Endlager für hochradioaktiven Atommüll. Die Brisanz dieser Endlager-Frage bestreitet auch Atomlobbyist Walter Hohlefelder nicht:

    "Nicht die Sicherheit – wir haben mit die sichersten Kernkraftwerke der Welt – sondern die Endlagerung ist die Achillesferse der Kernenergie. Da gibt es nichts zu deuteln, da können wir nicht drum herum reden, wollen wir auch nicht. Aber es ist keine technische, sondern eine politische Achillesferse. Die Endlagerung ist technisch lösbar, das sagen weltweit alle Experten."

    Das ist natürlich etwas übertrieben. Es finden sich leicht viele Experten, die das Gegenteil behaupten. Die Erforschung des Salzstocks im niedersächsischen Gorleben ist derzeit auf Eis gelegt. Umweltminister Gabriel verlangt, dass in der ganzen Republik nach dem besten Endlager-Standort gesucht werden müsse. Hohlefelder wies dieses Ansinnen zurück und forderte Gorleben weiter zu erforschen.