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Die Energie der rauen See

Energie.- Heute wurde der erste deutsche Offshore-Windpark eröffnet. Das Testprojekt "alpha ventus" nahe der Insel Borkum besteht aus zwölf Windkraftanlagen, die zusammen soviel Strom erzeugen sollen wie 50.000 Haushalte jährlich verbrauchen. Der Projektleiter Wilfried Hube erklärt im Interview mit Monika Seynsche, was alles im Vorfeld geregelt werden musste.

27.04.2010
    Monika Seynsche: Die Bundesregierung verfolgt ein ambitioniertes Projekt. Nach ihrem Willen sollen im Jahr 2030 Windparks im Meer mit insgesamt 25.000 Megawatt Leistung errichtet sein. Ein kleiner Schritt in diese Richtung ist heute erfolgt. Am Mittag wurde der erste deutsche Offshore-Windpark alpha ventus eröffnet. Gebaut worden ist er von einem Konsortium aus E.ON, EWE und Vattenfall, das die ersten Anlagen in Sommer und die letzte der zwölf Anlagen im November 2009 errichtete. Den Projektleiter von alpha ventus, Wilfired Hube, habe ich vor der Sendung gefragt, was seit dem geschehen ist.

    Wilfried Hube: Mit dem Aufstellen der Anlage und der Montage ist natürlich die Inbetriebnahme eines Windparks noch lange nicht zu Ende, weil dann natürlich die elektrischen Verbindungen zwischen den Bauteilen noch hergestellt werden müssen. Dann folgt ein sogenannter Einlaufbetrieb, in dem alle Funktionen getestet werden, die Maschinen langsam bis zur Nennlast hochgefahren werden, damit sich alle Teile gut aufeinander einlaufen. Und dann folgt ein längerer Probebetrieb an den Anlagen, bis dann die Abnahme und tatsächliche Eröffnung stattfinden kann.

    Seynsche: Wie viel Strom liefern denn diese zwölf Anlagen zusammen?

    Hube: Die haben eine Leistung von 60 Megawatt. Das sagt natürlich dem Laien relativ wenig. Wir rechnen es immer um und sagen, es ist der Jahresstromverbrauch von circa 50.000 Haushalten, den wir mit diesen zwölf Windkraftanlagen erzeugen können.

    Seynsche: Das Ganze ist ja ein Testfeld für Windkraftanlagen. Es sind auch zwei verschiedene Typen eingesetzt worden. Gleichzeitig werden aber zum Beispiel in Großbritannien, auch in anderen Ländern, schon Offshore-Windparks gebaut. Wozu brauchen wir hier in Deutschland noch ein Testfeld? Könnten wir nicht einfach so bauen?

    Hube: Testfeld gibt den Namen ja nur verkürzt wieder. Das deutsche Offshore-Testfeld ist speziell gebaut worden, um die Multi-Megawattanlage, also die Anlagen der Fünf-Megawatt-Klasse, hier zu testen. Diese Anlagen sind bis jetzt nur vereinzelt überhaupt im Wasser gebaut worden. Das was in Dänemark und Großbritannien gebaut wird, sind Anlagen der Zwei- und Drei-Megawatt-Klasse, also doch deutlich kleinere Anlagen, die deutlich einfacher zu installieren sind. Und was in Deutschland dazu kommt, ist, dass wir wesentlich rauere Seegangsbedingungen haben unter denen die Anlagen arbeiten: Wellenhöhen bis zu 17 Meter für die sie ausgelegt werden müssen von der Fundamentsseite. Und dementsprechend ist das schon etwas neues und anderes, als die anderen Offshore-Windparks zu bieten haben.

    Seynsche: Jetzt laufen ja einige dieser Anlagen, gerade die, die als erstes gebaut worden sind, schon fast ein dreiviertel Jahr. Haben Sie jetzt schon Erkenntnisse, wo Sie sagen können: Das ist gut, dass wir sie gebaut haben, daraus können wir Schlüsse ziehen für neue Windparks?

    Hube: Die größten Erfahrungen haben wir natürlich zurzeit aus der Bauphase gesammelt. Das wäre auch immer der erste Schritt für die nächsten Windparks, dass wir doch sehr viele Erfahrungen über Logistikprozeduren, Wetterbeobachtungen hier finden konnten, die uns helfen werden, dass die Fundamentarbeiten und vorbereitenden Arbeiten wesentlich besser gehen für die nächsten Parks. Wir haben eine Menge Betriebserfahrung aus dem Probebetrieb heraus gesammelt und gerade was die Erreichbarkeit der Anlagen in den Wintermonaten angeht, sind wir heute doch sehr viel schlauer, als wir es vor dem Projekt gewesen sind. Allerdings muss man hier sagen: in positiver Weise, weil wir festgestellt haben: So wie wir das im Augenblick machen, mit Schiffen und helikopterunterstützt, können wir doch sehr viel häufiger draußen die Anlagen erreichen als man befürchtet hatte.

    Seynsche: Sie hatten eben angesprochen, dass besonders viele Erkenntnisse auch aus dem Bau der Fundamente gewonnen werden konnten. Warum ist es so schwierig, diese Fundamente dort ins Wasser zu setzen?

    Hube: Das Problem ist eigentlich der gute Windstandort, den wir draußen haben. In einem Standort, wo viel Wind ist, ist auch viel Welle. Nur das sind nicht die Bedingungen, die man für die Baustellenfahrzeuge draußen braucht. Deswegen muss man dort sehr viel optimieren, um im möglichst kurzen, kleinen Wetterfenster möglichst viele der Arbeiten durchführen zu können. Und da sind wir heute zu den Erkenntnissen und den Logistikplanungen für die nächsten Male wesentlich weiter gekommen.

    Seynsche: Wie geht es denn jetzt weiter? Jetzt stehen diese zwölf Windenergieanlagen schon, speisen Strom ins Netz ein, aber das soll ja nicht das Ende sein. Was passiert demnächst dort vor Borkum?

    Hube: Dort vor Borkum im Windpark alpha ventus wird natürlich jetzt die Begleitforschung, die Betriebserfahrung gesammelt. Der Park wird mindestens die nächsten 20 Jahre dort stehen und Strom liefern. In dieser Zeit werden noch viele Messprogramme an den Anlagen durchgeführt. Im Hinblick darauf, Fundamentstrukturen zu optimieren, mehr Erkenntnisse über die ökologischen Einwirkungen zu bekommen. Und parallel werden die drei Unternehmen, EWE, E.ON und Vattenfall, sich natürlich jetzt um ihre nächsten Projekte kümmern. Für mich persönlich heißt das: Das nächste Offshore-Projekt wartet und bei mir wird es auf dem Projekt "Riffgat" weitergehen.