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Die Entlassung von Verteidigungsminister Rudolf Scharping

Rudolf Scharping musste heute seine Koffer packen - eine vergleichsweise kleine Affäre hat das Fass zum Überlaufen gebracht, das er in den letzten drei Jahren als Verteidigungsminister immer wieder gut gefüllt hat. Bundeskanzler Gerhard Schröder heute Nachmittag vor der Presse:

Rolf Clement | 18.07.2002
    Meine Damen und Herren, ich werde den Herrn Bundespräsidenten bitten, Rudolf Scharping aus dem Amt des Bundesverteidigungsministers zu entlassen. Die notwendige Basis für eine gemeinsame Arbeit in der Bundesregierung ist nach meiner Auffassung nicht mehr gegeben. Ich werde nach Beratungen in den Gremien der SPD, die heute und morgen früh stattfinden, den Herrn Bundespräsidenten bitten, Herrn Peter Struck zum Nachfolger als Bundesverteidigungsminister zu ernennen. Mit dem Vizekanzler habe ich die notwendige Abstimmung für den Koalitionspartner vorgenommen.

    Verteidigungsminister Scharping ist nicht freiwillig gegangen. Vielmehr beklagte er sich, dass er gar nicht mehr gehört wurde. Seine Entlassung stand fest, bevor er sich verteidigen konnte. Rudolf Scharping:

    Ich habe dem Herrn Bundeskanzler erklärt, dass mit meiner Auffassung eines Staatsamtes, das besonderen Respekt verdient, nicht vereinbar ist, ein solches Amt auf der Grundlage nicht belegter Behauptungen eines Magazins beschädigen zu lassen. Ich unterstreiche dabei ausdrücklich, dass es nicht um meine Person geht. Es kann aber nicht sein, dass in der Bundesrepublik Deutschland es inzwischen ausreicht, beliebig über ein Medium aufgestellte Behauptungen zu verbreiten, um Anlass für einen Rücktritt zu bieten.

    Seine Verteidigung will er jetzt noch nachholen, wenngleich nicht mehr als Minister. Die Zeit für eine Entscheidung drängte. Der für die Tradition der Bundeswehr wichtige 20. Juli, der Tag des Attentats auf Hitler durch den Wehrmachtsoffizier von Stauffenberg, steht vor der Tür. An diesem Tag ist ein feierliches Gelöbnis im Bendler-Block geplant, dem Dienstsitz Stauffenbergs, aber auch des Verteidigungsministeriums. Polens Präsident Kwasniewski soll dort die Gelöbnisrede halten - da passt es nicht, wenn neben ihm ein Minister steht, den gerade eine Affäre schüttelt. Scharping ist dreieinhalb Jahre im Amt gewesen, dreieinhalb Jahre, die geprägt waren von ungeschicktem Verhalten, aber auch durch einen intensiven Umbau der Bundeswehr, die in dieser Zeit konzeptionell auf neue Beine gestellt wurde.

    Seit gut zwei Jahren schlitterte Scharping immer wieder in Affären, die direkt mit seinem Amt nichts zu tun haben. Seit vielen Jahren schon hatte Rudolf Scharping sein Privatleben neu geordnet. Er hatte sich von seiner Frau getrennt und mit der Frankfurter Anwältin Gräfin Pilati angefreundet. Nachdem dies öffentlich wurde, zeigte er sich immer wieder mit ihr - und dies wurde gelegentlich peinlich. So war er im Januar 2001 mit seiner neuen Lebensgefährtin Gast in der Talk-Show "Boulevard Bio". Dabei kraulte er die Gräfin am Hals und betonte, das Aktenlesen sei ihm eigentlich lästig. Im Sommer 2001 ließ er sich in einer Illustrierten beim ausgelassenen Baden mir ihr in Mallorca fotografieren - die Bilder erschienen, als er Bundeswehrsoldaten nach Mazedonien in einen Einsatz geschickt und ihnen eine Urlaubssperre verordnet hatte. Als er dann nach einer Kabinettsitzung in Berlin mit der Flugbereitschaft der Bundeswehr an seinen Urlaubsort zurückkehrte, um dann am Folgetag mit einer anderen Maschine von Mallorca in das Einsatzland und wieder zurück flog, war der Unmut in der Truppe groß. Er verspielte seine persönliche Autorität.

    In Mazedonien wurde ihm dann vorgeworfen, dass er Marschwege der Bundeswehr ins Einsatzgebiet verraten habe, wodurch es den Rebellen dort möglich geworden wäre, die Bundeswehr aufzuhalten. Dass ein NATO-Sprecher diesen Weg vorher schon öffentlich genannt hatte, verfing in der deutschen Diskussion nicht. Weiter kamen zahlreiche Flüge mit der Flugbereitschaft nach Frankfurt, dem Wohnort seiner Lebensgefährtin, ins Gerede. Akkurat wies er nach, dass er den Buchstaben des Gesetzes nicht verletzt hatte. Dann wurde ihm vorgeworfen, den Militär-Airbus in einer größeren Stückzahl bestellt zu haben als der Haushalt hergab, obwohl es einen politischen Beschluss über die größere Beschaffungszahl gab. Weiter bekam er über viele Wochen die Diskussion um uranhaltige Munition, die im Kosovo eingesetzt werden sollte, argumentativ nicht in den Griff. Hinzu kam ein allzu kaltes, rein bürokratisches Abarbeiten der Klagen von Soldaten, dass sie in ihrer Tätigkeit bei der Bundeswehr zu großen Radarstrahlungen ausgesetzt waren.

    Jetzt kam die Affäre um Honorarzahlungen und teure Einkäufe in Frankfurt dazu - der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Scharping wurde in der Öffentlichkeit fast nur noch mit diesen Ungeschicklichkeiten, Fehlern und Peinlichkeiten in Verbindung gebracht. Seine Tätigkeit als Bundesminister der Verteidigung trat dagegen in der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund.

    Scharping hat sich selbst durch diese eher im privaten und persönlichen Verhalten liegenden Fehler geschwächt. Es fehlte ihm in diesem Zusammenhang die nötige Einsicht, wie er die Veränderungen in seinem privaten Umfeld diskret in der Öffentlichkeit behandeln sollte. Weil es ihm zudem nicht gelungen ist, den politischen Auftrag der Streitkräfte mit der finanziellen Ausstattung in Einklang zu bringen, wurde er auch inhaltlich angreifbar. Er konnte sich in der Koalition nicht mehr durchsetzen. Dies schlug auf die Stimmung in der Truppe durch. Sein seit Jahren schlechtes Verhältnis zu Kanzler Schröder tat ein übriges. Letztlich hatte er keine Unterstützung mehr - und musste gehen - wie er sagt, im aufrechten Gang.

    Als Rudolf Scharping das Amt der Verteidigungsministers 1998 übernahm, fand er eine Bundeswehr vor, die sich zwar daran gewöhnt hatte, in Auslandseinsätzen eine neue Rolle ausfüllen zu können, die andererseits darauf strukturell nur bedingt ausgerichtet war: 50.000 Soldaten in den sogenannten Krisenreaktionskräften standen dafür zur Verfügung. Er fand eine Bundeswehr vor, die durch lang andauernde Unterfinanzierung materiell ausgetrocknet war, in der Ersatzteile durch Ausschlachten anderer Geräte gewonnen wurden, in der Materialbeschaffungen gerade ausreichten, die Truppe im Einsatz optimal auszurüsten. Er fand eine Truppe vor, deren innerer Zustand alles andere als gut war.

    Scharping konnte zunächst die Mitarbeiter der Bundeswehr, zivile wie uniformierte, für sich gewinnen. Er hörte zu, nahm das Gesagte auf und sicherte Abhilfe zu. Mit seinem damaligen Planungschef, General Kujat, dem späteren Generalinspekteur, entwarf er zunächst eine Bestandsaufnahme, die ungeschönt die Lage der Armee darstellte. Fünf Milliarden Mark, so das Ergebnis dieser Bestandsaufnahme, fehlen jährlich im Verteidigungsetat, wenn die Erfüllung der politisch vorgegebenen Aufgaben zur Messlatte genommen wird. Dies war eine Grundlage für den Beginn der Planungen für eine neue Bundeswehrstruktur, die zweigleisig erfolgte: Auf der einen Seite arbeitete eine bundeswehrinterne Planungsgruppe unter den Generalinspekteuren Bagger und von Kirchbach. Auf der anderen Seite wurde die so genannte Zukunftskommission eingesetzt, in der Fachleute unter dem Vorsitz des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker eine Konzeption erarbeiteten.

    In die Phase des Auftakts dieser Planungen fiel der Kosovo-Krieg im Jahr 1999. In dieser Zeit gewann er an öffentlichem Ansehen, an Statur innerhalb der Truppe und damit auch politisch an Rückhalt. Er sicherte diesen Einsatz in der rot-grünen Koalition gemeinsam mit Außenminister Fischer politisch ab. Dabei gewann er auch Ansehen im Bündnis. Scharpings Ansehen im Bündnis war so gewachsen, dass er als Nachfolger des zur EU wechselnden Javier Solana als neuer Generalsekretär der Allianz gehandelt wurde, dieses Amt jedoch ausschlug.

    In dieser Zeit gewann er auch innerhalb der Bundesregierung an Statur. Schnell galt er als der Kronprinz im Kabinett Schröder, für viele sogar als Alternative zu dem im ersten Amtsjahr durch Affären und Pannen arg gebeutelten Gerhard Schröder. Er selbst machte in Hintergrundgesprächen keinen Hehl aus seiner Meinung, dass er der bessere Kanzler wäre. Als er dies sehr ausführlich in einem Hintergrundgespräch bei einer Journalistenreise erläuterte, verletzten einige Journalisten die Vertraulichkeitsregeln. Daraufhin erzielte er ein miserables Ergebnis bei der Wahl zum stellvertretenden SPD-Vorsitzenden auf dem SPD-Parteitag 1999. Dies markiert den Knick in seiner Popularität in der SPD-Fraktion.

    Der Wechsel im Amt des Finanzministers von Oskar Lafontaine auf Hans Eichel im März 1999 markiert auch eine Zäsur für Scharping. Der hatte 1998 das Verteidigungsministerium nur widerstrebend übernommen - eigentlich wollte er Fraktionschef bleiben. Nur die Zusage von Lafontaine, damals noch SPD-Vorsitzender, und Kanzler Schröders, dass der Verteidigungshaushalt nicht angetastet werde, bis die Bundeswehrreform verabschiedet sei, hat ihn veranlasst, das Amt zu übernehmen. Mit dem Abgang Lafontaines war auch diese Zusage hinfällig - Eichel fühlte sich daran nicht mehr gebunden und forderte auch vom Verteidigungsminister einen Sparbeitrag ein.

    Der Kosovo-Krieg hat auf den ersten Blick die inhaltliche Position des Verteidigungsministers gestärkt. In diesem Krieg wurden die Defizite der europäischen Armeen, vor allem auch der Bundeswehr, offenbar. Den Löwenanteil an diesem Krieg trugen die USA. In der NATO, die 1999 in Washington ein neues strategisches Konzept beschloss, und in der EU wurde definiert, welche Fähigkeiten die europäischen Streitkräfte in den nächsten Jahren erringen sollten. Die EU beschloss, eine eigene Eingreiftruppe aufzustellen, die sich aus bereits bestehenden Einheiten zusammensetzen sollte.

    Allerdings versäumten es die meisten europäischen Regierungen, darunter auch die deutsche, die nötigen Mittel für das Erreichen dieser Ziele bereitzustellen. Der Kampf um die finanziellen Ressourcen prägte die Amtszeit Scharpings. Hier unterliefen ihm Fehleinschätzungen, die seine Rolle noch schwieriger machten.

    Scharpings Idee war es, die Bundeswehr stärker wirtschaftlichen Kriterien zu unterwerfen. Sowohl durch eine Senkung der Betriebskosten wie durch den Verkauf von Liegenschaften, die die Bundeswehr nicht mehr benötigte, sollten Mittel frei werden, die dann in die Umstrukturierung und Umrüstung der Truppe gesteckt werden können. Dafür gründete er eine private Gesellschaft, die GEBB, die Gesellschaft für Entwicklung, Betrieb und Beschaffung. Sie sollte die Beschaffungswege beschleunigen, verschlanken und damit preiswerter machen. Die Sanierung des Staatsbetriebs Bundeswehr, so vermuteten damals einige, sollte ihm den Weg zu einem Industriejob ebnen. Den gestern abgelösten Ron Sommer bewunderte Scharping immer. Durch die Kontakte seiner Lebensgefährtin, so spekulierten viele, könnten sich derartige Verbindungen auftun, nachdem er erkannt hatte, dass er an Gerhard Schröder nicht vorbeikommen könnte.

    Wie ehrgeizig seine Ziele waren, zeigt ein kleines Beispiel: Im Haushalt des Jahres 2001 plante er 1,2 Milliarden Mark an Veräußerungserlösen aus Liegenschaften ein. Es flossen aber nur wenige Millionen. Die Kommunen, die oft als Käufer für die ausgemusterten Bundeswehrliegenschaften auftraten, wollten sich die Notlage zunutze machen, in der der Verteidigungsminister stand: Sie boten deutlich weniger als den vom Ministerium ausgemachten Marktpreis - Scharping verkaufte aber nicht unter Preis und blieb somit auf den Liegenschaften, aber auch auf dem zu knappen Etat sitzen. Dennoch forderte er keine zusätzlichen Mittel ein. Auf der Kommandeurtagung in Hannover im April meinte er zum Haushalt:

    Nun kann man sagen, damit sei die Bundeswehr das investitionsstärkste Unternehmen in Deutschland, das stimmt auch. Man kann sagen, der Haushalt 2002 gewährleistet, dass die Reform der Bundeswehr weiter umgesetzt werden kann. Man kann sogar hinzufügen, dass die Bundesrepublik Deutschland als einziges Land nach dem 11. September innerhalb der NATO neben den Vereinigten Staaten die Investition in die innere und äußere Sicherheit erhöht hat, was international respektiert wird, in Deutschland jedoch wenig zur Kenntnis genommen wurde. Das alles könnte man sagen. Ich sage aber genauso deutlich: Angesichts der Herausforderung, die die Bundeswehr, die die deutsche Sicherheitspolitik gemeinsam zu bewältigen hat, gibt es auf keinem dieser Bereiche auch nur den geringsten Spielraum nach unten. Nichts desto trotz, die finanziellen Grundlagen sind nicht komfortabel, aber sie sind hinreichend, wenn es um die Verwirklichung der selbst gesteckten Ziele geht.

    Etwas skeptischer fiel die Bilanz des damaligen Generalinspekteurs Kujat aus:

    Es gibt einen bestimmten finanziellen Bedarf, der erforderlich ist, um unsere Planungen, ganz konkret die sich im jeweiligen Bundeswehrplan niederschlagen, in die Realität umzusetzen. Und diese Planungen sind so ausgelegt, dass damit die Reform, die Konzeption dieser Reform realisiert werden kann. Das, was wir im Bundeswehrplan immer für notwendig erachtet haben, ist finanziell nicht bereitgestellt worden. Das wissen wir doch.

    Die Eckpunkte der Bundeswehrreform sind weitgehend unumstritten. Die Armee sollte optimiert werden auf ihre Einsatzaufgaben. Der ehemalige Generalinspekteur Harald Kujat zu den Zielen der Reform:

    Nach Abschluss der Reform wollen wir in der Lage sein, entweder eine sehr große, beziehungsweise eine große Operation oder zwei mittlere Operationen mit jeweils bis zu 10.000 Soldaten parallel, sowie mehrere kleine Operationen durchführen zu können.

    Die Aufgaben der Bundeswehr sind – formal an erster Stelle, in der Praxis aber weit hinten – die Landes- und Bündnisverteidigung, dann die Mitwirkung an internationalen Einsätzen, die Frieden schaffen oder sichern sollen. Bei diesen Einsätzen, so wird der Bundeswehr immer wieder bescheinigt, leistet sie einen sehr wertvollen Beitrag. Die Soldaten aus Deutschland sind gut ausgebildet, noch gut ausgerüstet und haben viel Einfühlungsvermögen in die Traditionen und Befindlichleiten der Einsatzregion. Das lobt Verteidigungsminister Scharping:

    Leistung und Engagement der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind einzigartig. Vor Ort, bei den Menschen, für deren Sicherheit sie eintreten, bei den Menschen, denen sie helfen, genießen die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hohes Ansehen. Sie genießen hohes Ansehen auch bei den Verbündeten und Partnern, mit denen sie gemeinsam ihre Aufgaben erfüllen.

    Aber in Zeiten der Umstrukturierung mahnte der damalige Generalinspekteur:

    ... dass unsere Soldaten auch international zu den besten gehören, aber auch der beste Bogen nimmt Schaden, wenn er überspannt wird. Heute ist die Bundeswehr mit über 10.000 Soldaten und Soldatinnen im Einsatz. Die Beteiligung an einer erheblichen Zahl verschiedener Operationen in unterschiedlichen, teilweise weit entfernten Einsatzräumen ist eine enorme personelle, materielle und logistische Herausforderung.

    Die neue Bundeswehr soll von über 320.000 Soldaten auf 290.000 reduziert werden. Dies führte zu massiven Eingriffen in Struktur und Stationierung der Bundeswehr. Die Umstrukturierung vollzieht sich in diesen Jahren – sie soll im wesentlichen bis 2006 abgeschlossen sein. Diese Umstrukturierung belastet das innere Gefüge der Bundeswehr. Ex-Verteidigungsminister Scharping:

    Die Bundeswehr und ihre Angehörigen stehen im Spannungsfeld wachsender internationaler Anforderungen und einer tiefgreifenden Reform der Streitkräfte. Das setzt sie enormen Herausforderungen, auch Belastungen aus.

    Neu ist auch, dass eine neue Organisation geschaffen wurde, die Dienstleistungen und Logistikleistungen für alle Teilstreitkräfte, für Heer, Luftwaffe und Marine, gemeinsam organisieren soll. Bisher hatte jede Teilstreitkraft ihre eigene Logistikorganisation. Diese so genannte Streitkräftebasis stellt den gesamten Logistik- und Dienstleistungsbereich der Streitkräfte auf ganz neue, gemeinsame Beine. Scharping:

    Diese querschnittlichen Aufgaben in den Bereichen Führung, Aufklärung, Ausbildung und Unterstützung nehmen bereits seit dem ersten Oktober 2000 die Streitkräftebasis und der zentrale Sanitätsdienst wahr. Damit haben wir erreicht, dass Heer, Luftwaffe und Marine sich verstärkt auf ihren Kernauftrag konzentrieren können.

    Dagegen werden neben allgemeinen Widerständen gegen neue Regelungen auch Argumente angeführt, die sich aus der Einsatzerfahrung ergeben, z.B., weil so zu viele unterschiedliche Institutionen in der Armee benötigt würden.

    Ein weiteres Element der Bundeswehrreform ist die Einführung wirtschaftlicher Verfahren in die Bundeswehr. Dies wird gemeinhin unter dem Schlagwort der Privatisierung beschrieben. Dazu gehört z.B. die Schaffung eines neuen Fahrzeugmanagements. Die Bundeswehr verfügt zur Zeit über rund 100.000 Fahrzeuge, die bis zu 40 Jahre alt sind, aber nur eine minimale Laufleistung aufweisen. Nun wurde eine Gesellschaft gegründet, an der die Bundeswehr zu 75 Prozent und die Deutsche Bahn zu 25 Prozent beteiligt sind. Diese neue Gesellschaft beschafft Fahrzeuge auf Leasing-Basis und stellt sie der Bundeswehr aufgrund konkreter Anforderungen zur Verfügung. Dadurch sollen mit der Zeit jährlich dreistellige Millionenbeträge eingespart werden. Das Fahrzeugmanagement wird zur Zeit aufgebaut. In zwei weiteren Bereichen steht diese Art der Privatisierung noch aus: Das Bekleidungswesen der Bundeswehr und das Liegenschaftswesen, also das Betreiben der Kasernenanlagen und – wo möglich – das Verkaufen.

    Gegenüber der Privatisierung gibt es große Zweifel. Kann dies gelingen bei einer Armee, die einsatzbereit sein muss? Allerdings sind militärische Kernbereiche sind von der Privatisierung ausgenommen.

    Ein weiterer Teil der Bundeswehrreform ist die Ausrüstungsplanung, deren erste Schritte schon umgesetzt sind, z. B. die Beschaffung des militärischen Transportflugzeugs. Es steht auch ein neues Stationierungskonzept, das ebenfalls umgesetzt wird. Die innere Struktur der Armee wurde gestrafft, ein Einsatzführungskommando, das teilstreitkraftübergreifend operiert, ist eingerichtet. Aber das Auseinanderfallen von Auftrag und Mittel schlägt auf die Motivation der Truppe durch. Ex-Generalinspekteur Harald Kujat:

    Ich sehe allerdings mit Sorge, dass die Stimmung in der Truppe schlechter wird und Leistungsbereitschaft, Motivation und Berufszufriedenheit bleiben.