Star der internationalen Konferenz ist der heute über 80jährige Sir David Roxbee Cox. Von Cox stammt eine Formel zur Berechnung der Überlebenschancen von Krebspatienten, die heute auch in vielen anderen Bereichen eingesetzt wird, zum Beispiel bei Ingenieuren, und an der kein Student vorbeikommt. Wie lange hat Cox darüber nachgedacht?
"It took me about 5 years of thought - and then it took a day.”"
Fünf Jahre, bis ihm dann an einem einzigen Tag die mathematische Lösung einfiel. In seinem Vortrag vor einigen hundert gebannt lauschenden Stochastikern erzählte David Cox gestern Abend eine neue Erfolggeschichte der Statistik. Es geht um eine Tierseuche, die sich in Südwestengland in den letzten Jahren erschreckend ausgebreitet hat, in anderen Ländern der EU jedoch kaum eine Rolle spielt: die Rindertuberkulose. Die Krankheit wird durch Dachse auf Kühe übertragen. Die Behörden wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten, nicht zuletzt deshalb, weil Dachse zu den bedrohten Tierarten gehören. Darf man zum Beispiel wirklich, gegen die Widerstände von Naturschützern alle Dachse in einem ganzen Gebiet ausrotten? Oder ist es besser, nur die Tiere zu töten, die infiziert sind?
Die von Cox geleitete Gruppe knöpfte sich die Daten des Landwirtschaftsministeriums, also von den Bauern und Veterinären vor, nahm Gebiete ohne Krankheitsbefall als Vergleichsgruppe hinzu, und kam unter anderem zu diesem erstaunlichen Ergebnis: Das Keulen von befallenen Dachsen drängt die Rindertuberkulose nicht zurück, sondern verbreitet sie sogar weiter!
Die Stochastiker fanden das Ergebnis schockierend und dachten zunächst an einen Fehler. Aber weitere Tests, unter anderem in Irland, bestätigten den Fund. Erst die Biologen lieferten eine vorläufige Erklärung: Dachse leben in sehr familiären Verhältnissen. Sie wechseln ungern die Umgebung. Nach einer Panik wie der Massentötung entkommen manche und versuchen, nach einer Weile zusammen mit Tieren aus der Nachbarschaft in das Katastrophengebiet zurückzukehren. Sie brachten also die Rindertuberkulose verstärkt in die Bauernhöfe zurück, wo man die Seuche durch Keulung eigentlich ausgerottet haben wollte. Das Ministerium untersagte umgehend, infizierte Tiere vor Ort zu töten.
Der erste Arbeitsplatz von David Cox war in der Textilindustrie, Mitte der 40er Jahre, zu einer Zeit, als die Stochastik anderswo als Hobby verrückter Mathematiker galt. Man hatte ihn aus ökonomischen Gründen eingestellt, nämlich damit er herausfand, wie man Arbeitsabläufe beim Fertigen von Soldatenuniformen für den Krieg verbessern konnte, vor allem um den Stoff gleichmäßiger zu weben. Für Sir David gehörten solche praktischen Anwendungen ein Leben lang dazu. Aber im Kern interessierte ihn immer etwas anderes. Und wenn er das jetzt erläutert, so ist es auch als Kritik am aktuellen und auch in Frankfurt zu spürenden Trend der Stochastik, immer komplexere Modelle und entwickeln und auf Computer zu vertrauen, zu verstehen:
""Mit diesem Ansatz habe ich wenig zu tun gehabt. Mich interessiert vielmehr, wie man große Probleme vereinfachen und in einigen einfachen Gleichungen einfangen kann. Diese Art der Mathematik ist dann nicht sehr komplex, aber sie ist schön."
"It took me about 5 years of thought - and then it took a day.”"
Fünf Jahre, bis ihm dann an einem einzigen Tag die mathematische Lösung einfiel. In seinem Vortrag vor einigen hundert gebannt lauschenden Stochastikern erzählte David Cox gestern Abend eine neue Erfolggeschichte der Statistik. Es geht um eine Tierseuche, die sich in Südwestengland in den letzten Jahren erschreckend ausgebreitet hat, in anderen Ländern der EU jedoch kaum eine Rolle spielt: die Rindertuberkulose. Die Krankheit wird durch Dachse auf Kühe übertragen. Die Behörden wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten, nicht zuletzt deshalb, weil Dachse zu den bedrohten Tierarten gehören. Darf man zum Beispiel wirklich, gegen die Widerstände von Naturschützern alle Dachse in einem ganzen Gebiet ausrotten? Oder ist es besser, nur die Tiere zu töten, die infiziert sind?
Die von Cox geleitete Gruppe knöpfte sich die Daten des Landwirtschaftsministeriums, also von den Bauern und Veterinären vor, nahm Gebiete ohne Krankheitsbefall als Vergleichsgruppe hinzu, und kam unter anderem zu diesem erstaunlichen Ergebnis: Das Keulen von befallenen Dachsen drängt die Rindertuberkulose nicht zurück, sondern verbreitet sie sogar weiter!
Die Stochastiker fanden das Ergebnis schockierend und dachten zunächst an einen Fehler. Aber weitere Tests, unter anderem in Irland, bestätigten den Fund. Erst die Biologen lieferten eine vorläufige Erklärung: Dachse leben in sehr familiären Verhältnissen. Sie wechseln ungern die Umgebung. Nach einer Panik wie der Massentötung entkommen manche und versuchen, nach einer Weile zusammen mit Tieren aus der Nachbarschaft in das Katastrophengebiet zurückzukehren. Sie brachten also die Rindertuberkulose verstärkt in die Bauernhöfe zurück, wo man die Seuche durch Keulung eigentlich ausgerottet haben wollte. Das Ministerium untersagte umgehend, infizierte Tiere vor Ort zu töten.
Der erste Arbeitsplatz von David Cox war in der Textilindustrie, Mitte der 40er Jahre, zu einer Zeit, als die Stochastik anderswo als Hobby verrückter Mathematiker galt. Man hatte ihn aus ökonomischen Gründen eingestellt, nämlich damit er herausfand, wie man Arbeitsabläufe beim Fertigen von Soldatenuniformen für den Krieg verbessern konnte, vor allem um den Stoff gleichmäßiger zu weben. Für Sir David gehörten solche praktischen Anwendungen ein Leben lang dazu. Aber im Kern interessierte ihn immer etwas anderes. Und wenn er das jetzt erläutert, so ist es auch als Kritik am aktuellen und auch in Frankfurt zu spürenden Trend der Stochastik, immer komplexere Modelle und entwickeln und auf Computer zu vertrauen, zu verstehen:
""Mit diesem Ansatz habe ich wenig zu tun gehabt. Mich interessiert vielmehr, wie man große Probleme vereinfachen und in einigen einfachen Gleichungen einfangen kann. Diese Art der Mathematik ist dann nicht sehr komplex, aber sie ist schön."