Rebscher: Guten Morgen Herr Remme.
Remme: Herr Rebscher, als Beitragszahler sollen wir entlastet werden, indem wir als Patienten mehr bezahlen. Macht das Sinn?
Rebscher: Ja Moment! Als Patient mehr bezahlen, das ist noch gar nicht ausgemacht. Da gibt es eine Diskussion um höhere Zuzahlungen. Aber deshalb brauchen wir ja eine komplexe und gesamthafte Reform und da ist das Thema, was Sie gerade eben im Mittelpunkt hatten, die richtige Finanzierung von Leistungen durch den richtigen Träger der Finanzierung, also Steuern oder Beiträge, schon ein ganz gewichtiges Thema. Da kann ich nur sagen: Da ist die Umbasierung der Ausgaben für gesellschaftspolitische Leistungen wie Mutterschaft auf den Steuerzahler nicht nur systematisch richtig, sondern seit Jahren von allen Fachleuten, allen wissenschaftlichen Expertengruppen auch entsprechend begründet. Da kann ich nur sagen jawohl, richtiger Schritt. 4,5 Milliarden Euro werden in Zukunft richtig, systematisch richtig finanziert.
Remme: Herr Rebscher, Ziel der ganzen Operation, nicht nur der Erhöhung der Tabaksteuer, ist die Senkung des Kassenbeitrags auf unter 13 Prozent. Ist das realistisch?
Rebscher: Man muss jetzt immer ganz realistisch die Größenordnungen sehen, die einzelne Maßnahmen bringen. Wenn Sie sagen, die Tabaksteuererhöhung und die versicherungsfremden Leistungen, dann reden wir über ein Volumen von 4,5 Milliarden. Das senkt den Beitrag nicht auf 13, sondern dann reden wir immer noch über Beiträge, die auf dem heutigen Niveau keine weitere Erhöhung notwendig machen würden. Aber in dem Gesamtkomplex reden wir in der Vorlage der Ministerin und von dem, was auch die Opposition in die Debatte einbringt, von Volumina, die an 20 Milliarden heran gehen. Da sind dann die 13, 13,5 jeweils im Visier. Es geht doch darum – so die politische und ökonomische Debatte -, dass die Beiträge von 40 Millionen Menschen bezahlt werden, und zwar aus ihrem Arbeitsentgelt. Steuern werden aber von 80 Millionen Menschen systematisch erbracht, und zwar aus allen Mitteln: Kapitaleinkommen, Anlagen, Mieten, Pachten, Zinsen. Das heißt man muss immer bei der Finanzierung einer Leistung fragen: Wem stiftet sie Nutzen, wer kommt in den Genuss von Leistungen, ist es die Gesellschaft, ist es der einzelne Versicherte. Wenn es die Gesellschaft ist, Stichwort Mutterschaft, gehört es systematisch in das Steuerbudget. Deshalb ist das jetzt kein Rumfummeln oder neues Finanzieren, sondern das systematisch richtige Zuordnen von Leistung, von Nutzen und der Verpflichtung zur Finanzierung.
Remme: Herr Rebscher, ich will noch mal bei diesen Beiträgen bleiben, damit wir klar sehen. Die Bundesregierung ist ja gestern, als sie ihr Ziel angegeben hat, von derzeit 14,3 Prozent ausgegangen. Können wir also davon ausgehen, dass eine Erhöhung dieses Beitrages bis zur versprochenen Kostenentlastung ausbleibt oder nicht?
Rebscher: Das wissen wir jetzt alle noch nicht. Wir befinden uns gerade mal in den Ergebnissen finanziell gesehen des ersten Quartals 2003. Es haben Kassen im letzten Jahr Beiträge erhöht. Da gehe ich davon aus, dass die eine gute Kalkulation für die Stabilität des gesamten Jahres 2003 vorgenommen haben. Andere Kassen haben das nicht. Bei denen ist Druck. Das kann aber nur eine einzelne Kasse und die jeweilige Aufsicht genau ermitteln. Fakt ist: wir haben einen durchschnittlichen Beitragssatz heute von ungefähr 14,4 und einen Druck, de eher nach 14,8 hintendiert, bei den Kassen, die eben noch nicht erhöht hatten, so dass Reformkonzepte sich auf diesem erwarteten Niveau dann erst die Zielmargen einer abgesenkten Beitragssatzhöhe überhaupt versprechen können. Dann muss man schon, wenn man dann über 13 redet, gewaltige Volumina bewegen. Deshalb halte ich die Zahl 13 für ein etwas irrationales Moment, sondern wir sollten die Reform in die Absicht und die Zielmarge versehen, relevant die Beitragssätze zu entlasten und die gesetzliche Krankenversicherung auch wirklich strukturell von all den Leistungen zu entlasten, die fälschlicherweise von den Menschen, die Beiträge zahlen, geleistet werden für ganz andere Personengruppen.
Remme: Herr Rebscher, auch an Sie die Frage der eigenen Anstrengungen. Was tun die Kassen, um die Kosten zu senken?
Rebscher: Eine ganze Menge. Es gab 1994 1300 Kassen. Es gibt noch 300. Da haben wir leider – das will niemand – durch diese Welle der Fusion und der Organisationsreform auch mit 100000 hoch qualifizierten Mitarbeitern beigetragen, dass wir in Deutschland eine hohe Arbeitslosigkeit haben. Ich sage das mit größtem Bedauern, aber das sind die enormen Beiträge zur Effizienz, zur Organisationsstruktur seitens der Kassen und dieser Prozess geht weiter.
Remme: Aber von 1300 auf über 300, da sagt die Gesundheitsministerin immer noch viel zu viel.
Rebscher: Ja gut, das ist eine etwas dümmliche politische Debatte. Wer Wettbewerb will, kann nicht die Zahl der Wettbewerber in ein Gesetz schreiben. 300 in ganz Deutschland heißt, dass wir jeweils an einem Ort, wo Wettbewerb und die Menschen unterschiedliche Kassen ansteuern wollen, vielleicht mal 10 haben. Die AOK in Mecklenburg und die AOK im Saarland sind ja keine Wettbewerbskassen, sondern das sind regional zuständige Institutionen. Wenn Sie sehen, dass 90 Prozent aller Menschen in 4, 5 Kassen sind, dann reduziert sich das. Da sollte sich nicht Politik über die Vernichtung weiterer Arbeitsplätze jetzt aktiv bemühen, sondern sagen sucht größtmögliche Organisationseffizienz, sucht größtmögliche Kooperationsverbünde, und das tun wir alle. Darüber braucht sich glaube ich Politik nicht weiter in Gesetzen auszulassen.
Remme: Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen. – Herr Rebscher, vielen Dank!
Link: Interview als RealAudio
Remme: Herr Rebscher, als Beitragszahler sollen wir entlastet werden, indem wir als Patienten mehr bezahlen. Macht das Sinn?
Rebscher: Ja Moment! Als Patient mehr bezahlen, das ist noch gar nicht ausgemacht. Da gibt es eine Diskussion um höhere Zuzahlungen. Aber deshalb brauchen wir ja eine komplexe und gesamthafte Reform und da ist das Thema, was Sie gerade eben im Mittelpunkt hatten, die richtige Finanzierung von Leistungen durch den richtigen Träger der Finanzierung, also Steuern oder Beiträge, schon ein ganz gewichtiges Thema. Da kann ich nur sagen: Da ist die Umbasierung der Ausgaben für gesellschaftspolitische Leistungen wie Mutterschaft auf den Steuerzahler nicht nur systematisch richtig, sondern seit Jahren von allen Fachleuten, allen wissenschaftlichen Expertengruppen auch entsprechend begründet. Da kann ich nur sagen jawohl, richtiger Schritt. 4,5 Milliarden Euro werden in Zukunft richtig, systematisch richtig finanziert.
Remme: Herr Rebscher, Ziel der ganzen Operation, nicht nur der Erhöhung der Tabaksteuer, ist die Senkung des Kassenbeitrags auf unter 13 Prozent. Ist das realistisch?
Rebscher: Man muss jetzt immer ganz realistisch die Größenordnungen sehen, die einzelne Maßnahmen bringen. Wenn Sie sagen, die Tabaksteuererhöhung und die versicherungsfremden Leistungen, dann reden wir über ein Volumen von 4,5 Milliarden. Das senkt den Beitrag nicht auf 13, sondern dann reden wir immer noch über Beiträge, die auf dem heutigen Niveau keine weitere Erhöhung notwendig machen würden. Aber in dem Gesamtkomplex reden wir in der Vorlage der Ministerin und von dem, was auch die Opposition in die Debatte einbringt, von Volumina, die an 20 Milliarden heran gehen. Da sind dann die 13, 13,5 jeweils im Visier. Es geht doch darum – so die politische und ökonomische Debatte -, dass die Beiträge von 40 Millionen Menschen bezahlt werden, und zwar aus ihrem Arbeitsentgelt. Steuern werden aber von 80 Millionen Menschen systematisch erbracht, und zwar aus allen Mitteln: Kapitaleinkommen, Anlagen, Mieten, Pachten, Zinsen. Das heißt man muss immer bei der Finanzierung einer Leistung fragen: Wem stiftet sie Nutzen, wer kommt in den Genuss von Leistungen, ist es die Gesellschaft, ist es der einzelne Versicherte. Wenn es die Gesellschaft ist, Stichwort Mutterschaft, gehört es systematisch in das Steuerbudget. Deshalb ist das jetzt kein Rumfummeln oder neues Finanzieren, sondern das systematisch richtige Zuordnen von Leistung, von Nutzen und der Verpflichtung zur Finanzierung.
Remme: Herr Rebscher, ich will noch mal bei diesen Beiträgen bleiben, damit wir klar sehen. Die Bundesregierung ist ja gestern, als sie ihr Ziel angegeben hat, von derzeit 14,3 Prozent ausgegangen. Können wir also davon ausgehen, dass eine Erhöhung dieses Beitrages bis zur versprochenen Kostenentlastung ausbleibt oder nicht?
Rebscher: Das wissen wir jetzt alle noch nicht. Wir befinden uns gerade mal in den Ergebnissen finanziell gesehen des ersten Quartals 2003. Es haben Kassen im letzten Jahr Beiträge erhöht. Da gehe ich davon aus, dass die eine gute Kalkulation für die Stabilität des gesamten Jahres 2003 vorgenommen haben. Andere Kassen haben das nicht. Bei denen ist Druck. Das kann aber nur eine einzelne Kasse und die jeweilige Aufsicht genau ermitteln. Fakt ist: wir haben einen durchschnittlichen Beitragssatz heute von ungefähr 14,4 und einen Druck, de eher nach 14,8 hintendiert, bei den Kassen, die eben noch nicht erhöht hatten, so dass Reformkonzepte sich auf diesem erwarteten Niveau dann erst die Zielmargen einer abgesenkten Beitragssatzhöhe überhaupt versprechen können. Dann muss man schon, wenn man dann über 13 redet, gewaltige Volumina bewegen. Deshalb halte ich die Zahl 13 für ein etwas irrationales Moment, sondern wir sollten die Reform in die Absicht und die Zielmarge versehen, relevant die Beitragssätze zu entlasten und die gesetzliche Krankenversicherung auch wirklich strukturell von all den Leistungen zu entlasten, die fälschlicherweise von den Menschen, die Beiträge zahlen, geleistet werden für ganz andere Personengruppen.
Remme: Herr Rebscher, auch an Sie die Frage der eigenen Anstrengungen. Was tun die Kassen, um die Kosten zu senken?
Rebscher: Eine ganze Menge. Es gab 1994 1300 Kassen. Es gibt noch 300. Da haben wir leider – das will niemand – durch diese Welle der Fusion und der Organisationsreform auch mit 100000 hoch qualifizierten Mitarbeitern beigetragen, dass wir in Deutschland eine hohe Arbeitslosigkeit haben. Ich sage das mit größtem Bedauern, aber das sind die enormen Beiträge zur Effizienz, zur Organisationsstruktur seitens der Kassen und dieser Prozess geht weiter.
Remme: Aber von 1300 auf über 300, da sagt die Gesundheitsministerin immer noch viel zu viel.
Rebscher: Ja gut, das ist eine etwas dümmliche politische Debatte. Wer Wettbewerb will, kann nicht die Zahl der Wettbewerber in ein Gesetz schreiben. 300 in ganz Deutschland heißt, dass wir jeweils an einem Ort, wo Wettbewerb und die Menschen unterschiedliche Kassen ansteuern wollen, vielleicht mal 10 haben. Die AOK in Mecklenburg und die AOK im Saarland sind ja keine Wettbewerbskassen, sondern das sind regional zuständige Institutionen. Wenn Sie sehen, dass 90 Prozent aller Menschen in 4, 5 Kassen sind, dann reduziert sich das. Da sollte sich nicht Politik über die Vernichtung weiterer Arbeitsplätze jetzt aktiv bemühen, sondern sagen sucht größtmögliche Organisationseffizienz, sucht größtmögliche Kooperationsverbünde, und das tun wir alle. Darüber braucht sich glaube ich Politik nicht weiter in Gesetzen auszulassen.
Remme: Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen. – Herr Rebscher, vielen Dank!
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