Für Zeljko Covic, Konzern-Chef eines der wichtigsten Pharma-Unternehmen in Kroatien, kann der EU-Beitritt seines Landes gern noch ein bisschen warten. Covics Firma stellt Generika her, preiswertere Nachahmerpräparate von Markenmedikamenten also, deren Patentschutz abgelaufen ist. Als EU-Unternehmen unterläge die Firma strengen Patent-Regeln; sie könnte beispielsweise erst mit der Entwicklung der Nachahmer beginnen, wenn der Patentschutz erloschen ist. Als kroatisches Unternehmen aber kann Konzernchef Covic rechtliche Lücken nutzen und schon vorher forschen – ein erheblicher Zeit- und damit Wettbewerbs-Vorteil gegenüber der Konkurrenz in Westeuropa.
"Ein Beispiel: Viagra, ein bekanntes Produkt. Viagra ist geschützt in Westeuropa und den USA: Aber aus bestimmten Gründen nicht in Kroatien. Wir haben also unser eigenes Viagra entwickelt, in hervorragender Qualität [großes Gelächter aus dem Publikum]. Und der Preis ist 40 Prozent billiger als das Original. Unser Marktanteil liegt bei 60 Prozent. Bislang durften wir unser Produkt nicht in den Westen exportieren, weil Viagra dort geschützt ist. Aber: Wir haben es entwickelt, und bereits in vielen Ländern angemeldet. Wir werden dort sofort auf dem Markt sein, sobald das Patent erlischt."
Die da im Hintergrund über das Kroaten-Viagra herzlich lachen, sind wohlhabende Westeuropäer, Privatinvestoren aus 19 Ländern, die nach Kroatien gekommen sind, auf der Suche nach guten Investitions-Möglichkeiten. Die Wirtschaft ist der Politik damit einen Schritt voraus. Der Besuch der Unternehmer zeigt: Europa ist längst angekommen an der Adria. Peter Hakansson, Leiter eines schwedischen Investmentfonds und Kopf der 100köpfigen Investorengruppe, weist den gastgebenden Kroaten denn auch gleich den Weg:
"Kroatien braucht insgesamt mehr Reformen. Sie haben lange profitiert vom Wandel in Europa, vom Touristenansturm. Jetzt aber scheint der Tourismus seinen Gipfel erreicht zu haben, jetzt muss investiert werden, und es müssen Reformen angepackt werden."
Ratschläge dieser Art aus EU-Europa stoßen in Kroatien aber derzeit nicht nur auf offene Ohren. Die Zustimmung zum EU-Beitritt ist in Kroatien in letzter Zeit gesunken. Meinungsforscher begründen dieses Stimmungstief unter anderem auch mit dem internationalen Druck – mal werden da mehr Wirtschaftsreformen verlangt, mal die Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher an das Haager Tribunal. Dragan Bagic vom Meinungsforschungsinstitut Puls in Zagreb erkennt aber auch noch andere Ursachen:
"Ein wichtiger Aspekt ist die momentane Krise der europäischen Idee selbst. Die Erwartungen, was man sich von der EU versprechen kann, haben stark gelitten. Und dann ist da die Sorge, dass ausländische Firmen und Investoren die Mitgliedschaft missbrauchen werden: Dass sie unsere Firmen kaufen, und unsere Häuser an der Küste."
Das freilich geschieht längst, über 90 Prozent des kroatischen Bankenmarktes sind bereits in ausländischer Hand. Die kroatische Regierung, die gebetsmühlenhaft wiederholt, der EU-Beitritt sei ihr vordringliches Ziel, gebe dem Druck aus dem Ausland nach, so der landläufige Eindruck. Die kroatische Wirtschaft freilich, ergänzt Meinungsforscher Bagic, sieht gerade diesen Druck auf die Regierung positiv.
"Weniger wegen der direkten Effekte als aus der Hoffnung heraus, dass der Beitritt die Verwaltung straffen, die Bürokratie verbessern und allgemein den Staat auf Trab bringen wird."
Vor allem die Exportindustrie favorisiert den Beitritt, aber auch jene Unternehmer, die von Einfuhren leben. Daneben sind es die jüngeren Kroaten, die überdurchschnittlich stark für den Beitritt plädieren. Die geringste Zustimmungsrate ermittelten die Meinungsforscher hingegen bei den ältesten Befragten. Die Zustimmung der Jugend beruht allerdings weniger auf einer großartigen Europa-Begeisterung als vielmehr auf überlegtem Kalkül. Chemie-Studentin Ana Muzinic:
"Wir haben gar keine Wahl, wir müssen beitreten. Wir sind einfach zu klein. Es ist die beste aller Optionen, wobei die vorhandenen Optionen allesamt nicht die tollsten sind. Wir sind zu klein, um allein zu kämpfen. Es wird sicher Verlierer geben, aber es ist letztlich schwer vorauszusagen. Naja, vielleicht irre ich mich auch, und es wird hier blühende Landschaften nach dem Beitritt geben."
Immerhin, und im Unterschied zu Ostdeutschland: Kein Politiker verspricht jene Landschaften. Eher steht im Vordergrund, dass die Kroaten künftig noch mehr in die Hände spucken müssten, um im erweiterten Europa zu bestehen.
"Ein Beispiel: Viagra, ein bekanntes Produkt. Viagra ist geschützt in Westeuropa und den USA: Aber aus bestimmten Gründen nicht in Kroatien. Wir haben also unser eigenes Viagra entwickelt, in hervorragender Qualität [großes Gelächter aus dem Publikum]. Und der Preis ist 40 Prozent billiger als das Original. Unser Marktanteil liegt bei 60 Prozent. Bislang durften wir unser Produkt nicht in den Westen exportieren, weil Viagra dort geschützt ist. Aber: Wir haben es entwickelt, und bereits in vielen Ländern angemeldet. Wir werden dort sofort auf dem Markt sein, sobald das Patent erlischt."
Die da im Hintergrund über das Kroaten-Viagra herzlich lachen, sind wohlhabende Westeuropäer, Privatinvestoren aus 19 Ländern, die nach Kroatien gekommen sind, auf der Suche nach guten Investitions-Möglichkeiten. Die Wirtschaft ist der Politik damit einen Schritt voraus. Der Besuch der Unternehmer zeigt: Europa ist längst angekommen an der Adria. Peter Hakansson, Leiter eines schwedischen Investmentfonds und Kopf der 100köpfigen Investorengruppe, weist den gastgebenden Kroaten denn auch gleich den Weg:
"Kroatien braucht insgesamt mehr Reformen. Sie haben lange profitiert vom Wandel in Europa, vom Touristenansturm. Jetzt aber scheint der Tourismus seinen Gipfel erreicht zu haben, jetzt muss investiert werden, und es müssen Reformen angepackt werden."
Ratschläge dieser Art aus EU-Europa stoßen in Kroatien aber derzeit nicht nur auf offene Ohren. Die Zustimmung zum EU-Beitritt ist in Kroatien in letzter Zeit gesunken. Meinungsforscher begründen dieses Stimmungstief unter anderem auch mit dem internationalen Druck – mal werden da mehr Wirtschaftsreformen verlangt, mal die Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher an das Haager Tribunal. Dragan Bagic vom Meinungsforschungsinstitut Puls in Zagreb erkennt aber auch noch andere Ursachen:
"Ein wichtiger Aspekt ist die momentane Krise der europäischen Idee selbst. Die Erwartungen, was man sich von der EU versprechen kann, haben stark gelitten. Und dann ist da die Sorge, dass ausländische Firmen und Investoren die Mitgliedschaft missbrauchen werden: Dass sie unsere Firmen kaufen, und unsere Häuser an der Küste."
Das freilich geschieht längst, über 90 Prozent des kroatischen Bankenmarktes sind bereits in ausländischer Hand. Die kroatische Regierung, die gebetsmühlenhaft wiederholt, der EU-Beitritt sei ihr vordringliches Ziel, gebe dem Druck aus dem Ausland nach, so der landläufige Eindruck. Die kroatische Wirtschaft freilich, ergänzt Meinungsforscher Bagic, sieht gerade diesen Druck auf die Regierung positiv.
"Weniger wegen der direkten Effekte als aus der Hoffnung heraus, dass der Beitritt die Verwaltung straffen, die Bürokratie verbessern und allgemein den Staat auf Trab bringen wird."
Vor allem die Exportindustrie favorisiert den Beitritt, aber auch jene Unternehmer, die von Einfuhren leben. Daneben sind es die jüngeren Kroaten, die überdurchschnittlich stark für den Beitritt plädieren. Die geringste Zustimmungsrate ermittelten die Meinungsforscher hingegen bei den ältesten Befragten. Die Zustimmung der Jugend beruht allerdings weniger auf einer großartigen Europa-Begeisterung als vielmehr auf überlegtem Kalkül. Chemie-Studentin Ana Muzinic:
"Wir haben gar keine Wahl, wir müssen beitreten. Wir sind einfach zu klein. Es ist die beste aller Optionen, wobei die vorhandenen Optionen allesamt nicht die tollsten sind. Wir sind zu klein, um allein zu kämpfen. Es wird sicher Verlierer geben, aber es ist letztlich schwer vorauszusagen. Naja, vielleicht irre ich mich auch, und es wird hier blühende Landschaften nach dem Beitritt geben."
Immerhin, und im Unterschied zu Ostdeutschland: Kein Politiker verspricht jene Landschaften. Eher steht im Vordergrund, dass die Kroaten künftig noch mehr in die Hände spucken müssten, um im erweiterten Europa zu bestehen.