Montag, 29. April 2024

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"Die FDP ist sehr nachdenklich geworden"

FDP-Generalsekretär Christian Lindner hat gefordert, die acht derzeit abgeschalteten Atomkraftwerke für immer vom Netz zu nehmen. Das Moratorium müsse abgewartet werden, aber ein frühzeitiger Dialog mit den Kernkraftwerksbetreibern sei notwendig, findet auch Klaus Breil, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

Klaus Breil im Gespräch mit Christian Bremkamp | 30.03.2011
    Christian Bremkamp: Schlingerkurs, Rolle rückwärts, 180-Grad-Wende, was führen die Freidemokraten derzeit auf? Das habe ich kurz vor dieser Sendung den energiepolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Klaus Breil gefragt.

    Klaus Breil: Ja, Herr Bremkamp, ich hoffe, ich kann etwas Licht in die Verwirrung bringen. Also es ist nach wie vor natürlich unsere Position, dass wir das Moratorium, sprich die Sicherheitsüberprüfung der Kernkraftwerke, abwarten wollen und müssen. Aber es gibt natürlich Überlegungen, die über diesen Zeitpunkt hinausgehen, und genau das hat unser Generalsekretär Christian Lindner ja gestern bei seinen Äußerungen gemeint, nämlich dass er schon sehr frühzeitig in einen Dialog eintreten möchte mit den Verantwortlichen der Unternehmen, die die Kernkraftwerke betreiben, und hier ausloten möchte, welche Möglichkeiten es gibt, wie man künftig mit diesen acht derzeit stillgelegten Kernkraftreaktoren umgeht, ob sie wieder ans Netz gehen, oder ob möglicherweise sich Anzeichen ergeben, dass doch erheblich investiert werden müsste. Da möchte ich gerne den Herrn Ralf Güldner zitieren, den Präsidenten des Atomforums. Das ist ja die Organisation der Kernkraftwerksbetreiber. Und der geht ja davon aus, dass sicher die Kühlwasser-Kreisläufe und die Notstrom-Versorgung verbessert werden müssen, um auf dem Gelände nicht bei einem Brand verschiedene Versorgungsstränge gleichzeitig in Mitleidenschaft ziehen zu lassen. Und das deutet mir doch darauf hin, dass es hier erheblichen Nachholbedarf gibt, und das ist ja eine Äußerung eines hochrangigen Vertreters des Verbandes. Also das gibt mir zu denken und da fühle ich mich auch aus der Vergangenheit her nicht richtig informiert.

    Bremkamp: Nun, Herr Breil, in meiner Wahrnehmung klang Herr Lindner doch etwas deutlicher. Warum sagt er so etwas gestern, wenn sie doch eigentlich noch das Moratorium abwarten wollen?

    Breil: Das hat er aber auch gesagt. Insofern darf man diese Aussagen nicht getrennt voneinander betrachten, sondern man muss dann schon die ganzen Aussagen im Zusammenhang sehen. Also er hat natürlich auch gesagt, dass wir vor einer endgültigen Entscheidung natürlich die Ergebnisse dieser Sicherheitsüberprüfung dieses Moratoriums abwarten müssen.

    Bremkamp: Ist die FDP nach den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ein Getriebener?

    Breil: Nein, die FDP ist sehr nachdenklich geworden. Aber die FDP ist schon vor den Wahlen in Bezug auf den Einsatz der Kernenergie nachdenklich geworden und hat ja eben dieses Moratorium mit beschlossen.

    Bremkamp: Das hörte sich aber im Vorfeld nicht allzu laut an.

    Breil: Also ich habe mich da schon deutlich geäußert.

    Bremkamp: Sie hätten ja auch Herrn Röttgen unterstützen können, hätten sagen können, Laufzeitverlängerung vielleicht, aber nicht so lang.

    Breil: Ja. Herr Röttgen hat sich ja auch nicht eindeutig geäußert und klar geäußert. Und er hat in der Vergangenheit auch öfter mal in die eine und dann in die andere Richtung argumentiert. Also ich muss nicht Herrn Röttgen hier deutlich unterstützen, sondern wir haben unsere eigene Meinung dazu gebildet und die ist ganz klar, dass wir die Sicherheitsüberprüfung wollen. Und wir wollen natürlich auch jeden Anlass überprüfen, den wir haben, wo Zweifel bestehen könnten, die sich aus der neuen Beurteilung der Lage ergeben haben, dass die Sicherheitsanforderungen erhöht werden müssen. Und dann gibt es ja neue Fragen für die Betreiber, nämlich wenn sie nachbessern müssen, ob sich der Weiterbetrieb dieser Reaktoren überhaupt wirtschaftlich noch rechnet, und das muss man natürlich im Dialog mit den Unternehmen herausfinden, und auch das hat Christian Lindner gemeint.

    Bremkamp: Nur lohnt es überhaupt, diese alten Meiler auf ihre Sicherheit zu überprüfen? Man hat sie ja nicht ohne Grund abgeschaltet. Sie sind ja ganz offenbar nicht sicher.

    Breil: Also dieses Urteil kann man zum derzeitigen Moment noch gar nicht fällen. Aber es gibt Fragen, und die müssen geklärt werden, und um sie zu klären, war es natürlich eine Vorsichtsmaßnahme, auch diese Reaktoren zunächst einmal vom Netz zu nehmen, und das ist ja auch dann im Einvernehmen mit den Betreibern geschehen.

    Bremkamp: Sagen Sie, die alten Reaktoren sollen vom Netz bleiben?

    Breil: Das kann ich im Moment noch nicht sagen. Wir müssen die Sicherheitsüberprüfung abwarten. Aber ich halte es für sehr fraglich, ob sie alle wieder ans Netz gehen, weil ich mir vorstellen kann, dass es so hohe Investitionserfordernisse gibt, dass sich das für die Betreiber nicht mehr lohnt.

    Bremkamp: Herr Breil, nach den letzten Landtagswahlen steht Ihre Partei ja gezwungenermaßen vor einem Neuanfang. Wird dieser Neuanfang mit dem alten Personal gelingen?

    Breil: Also ich bin nicht Mitglied des Präsidiums der Partei, und das Präsidium hat sich verabredet, am, ich glaube, 11. April darüber erneut in eine Beratung einzutreten. Aber es werden ja sowieso einige Positionen vakant, insofern ...

    Bremkamp: Auch die von Herrn Westerwelle?

    Breil: Von Herrn Westerwelle, da kann ich im Moment nicht drüber spekulieren.

    Bremkamp: Möchten Sie nicht oder können Sie nicht?

    Breil: Ich möchte nicht und ich kann nicht.

    Bremkamp: Danke schön, Herr Breil.

    Breil: Gerne!

    Bremkamp: Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.