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"Die Fernuniversität ist ein Erfolgsmodell"

Der Rektor der Fernuniversität Hagen, Helmut Hoyer, hat die Notwendigkeit einer Modernisierung seiner Institution eingeräumt. Die FernUni sei zwar ein ausgesprochenes Erfolgsmodell. Wie jedes System müsse sie sich jedoch auch weiterentwickeln. Internationalisierung sei dabei ein Thema. Gerade für Studierende im Ausland sei "ein Studium über das Netz ein deutlich spürbarer Mehrwert", sagte Hoyer.

Moderation: Ulrike Burgwinkel |
    Ulrike Burgwinkel: Sie ist ein Erfolgsmodell seit mehr als 30 Jahren. Informieren, Auswählen, Einschreiben, alles von zu Hause, und dann erfolgreich studieren an der Fernuni in Hagen. Doch diese Alternative zum Präsenzstudium bedarf der, tja, wollen wir sagen, Renovierung. Ist das der richtige Ausdruck? Professor Helmut Hoyer ist der Rektor der Fernuniversität. Guten Tag nach Hagen.

    Helmut Hoyer: Ja, guten Tag.

    Burgwinkel: Herr Hoyer, radikale Neuorientierung heißt es sogar sei geplant und nötig. Was genau ist denn vorgesehen?

    Hoyer: Ja, jetzt müssen wir natürlich etwas differenzieren. Ich würde eher von einer Weiterentwicklung reden. Sie haben schon zu Recht ausgeführt, die Fernuniversität ist ein Erfolgsmodell. Wir haben momentan in unseren grundständigen Studiengängen über 40.000 Studierende, 10.000 bilden sich individuell weiter und mit nahezu 2000 Absolventen pro Jahr haben wir eine hervorragende Leistungsbilanz. Und das zeigt ganz einfach, dass die Fernuniversität ihren Bildungsauftrag, nämlich ein Studium neben dem Beruf, oder für Leute in besonderen Lebenslagen, ausgezeichnet nachkommt. Das allerdings ist natürlich nicht ausreichend. Wie jedes System müssen wir uns weiterentwickeln. Und das ist natürlich der Punkt, wo jetzt gemeinsam mit Hochschulrat und Ministerium drüber geredet wird. Wie kann man die Fernuniversität weiter entwickeln, wie kann man sie profilieren. Und da ist natürlich das Gebiet der Forschung zu den Fragen des Fernstudiums, der Fernlehre und der neuen Medien an erster Stelle. Und das ist eigentlich der Hauptpunkt, über den in diesen Tagen dann auch geredet wird.

    Burgwinkel: Fernstudienforschung soll zum Beispiel betrieben werden. Was genau könnte man denn darunter verstehen? Oder wie passt das in die von Ihnen schon sowieso praktizierten Forschungsschwerpunkte hinein?

    Hoyer: Ich bin Ihnen sehr dankbar für diese Frage. Sie gibt mir die Möglichkeit, noch mal richtig zu stellen. An der Fernuniversität gibt es die Einheit von Forschung und Lehre. Jeder meiner Kolleginnen und Kollegen hat natürlich ihr eigenes Forschungsgebiet, was eng korreliert ist auch mit der Lehre. Darüber hinaus befinden sich ja die deutschen Hochschulen in einem Wandel, und Profilbildung ist angesagt. Und der Minister hat einfach auch überlegt, welches der Themen, die er für NRW zu besetzen denkt, passt zu Hagen. Und dann kommt man natürlich sehr schnell auf die Fragen des Fernstudiums, des Lehrens und Lernens mit neuen Medien. Und das ist dann unsere Forschungsklammer. Das heißt nicht, dass die fachbezogene Forschung aufgegeben wird. Die muss weiter gestärkt werden, die stärken wir auch weiter, aber wir möchten unser Kompetenzprofil ausbauen, indem wir sichtbarer werden in diesem Gebiet.

    Burgwinkel: Wollen Sie Ihr Kompetenzprofil auch ausbauen in Richtung zum Beispiel auf Internationalisierung?

    Hoyer: Das ist ein Thema dabei. Wir müssen uns ja zunehmend auch vergleichen lassen mit den anderen internationalen Fernuniversitäten, das machen wir gerne. Gleichzeitig sind wir aber auch eine gute Adresse eben für Studierende im Ausland. Wir haben Studierende in über 120 Ländern der Erde und gerade für die ist natürlich dann ein Studium über das Netz ein deutlich spürbarer Mehrwert. Und wir haben auch erfolgreiche Doppelabschlussprogramme mit russischen Universitäten zusammen. Also, das ist kein neues Thema. Aber hier können wir noch an Profil und an Kompetenz gewinnen.

    Burgwinkel: Zumindest kann man feststellen doch, dass die Konkurrenz sehr stark gewachsen ist. Vor allem private Anbieter bieten ja nun sehr viel, sagen wir mal, Weiterbildung an, oder auch Zweitstudium, oder virtuelle Studiengänge. Da ist auch so ein bisschen PR-Arbeit mit angesagt. Was meinen Sie?

    Hoyer: Natürlich ist das mit angesagt. Aber schauen Sie mal, wir als eine staatliche Universität schauen nicht, ob jeder unserer grundständigen Studiengänge sich auch rechnet. Wir haben eben einen Bildungsauftrag, dass wir, wie ich schon sagte, Leuten neben dem Beruf in besonderen Lebenssituationen, sei es in der Familienarbeit, denken Sie auch an die behinderten Mitstudierenden bei uns, überhaupt die Möglichkeit geben, ein Fach ihrer Wahl zu studieren und nicht danach zu schauen, rechnet sich das nun oder rechnet sich das nicht.

    Burgwinkel: Das heißt, Sie sprechen auch die sogenannten bildungsfernen Schichten an?

    Hoyer: Wir haben bei uns fast 1000 Leute von den 40.000, und das ist eigentlich noch zu wenig, die ohne die klassische Hochschulzugangsberechtigung bei uns studieren. Weshalb tun sie das? Weil sie einfach sagen, wir probieren es mal in Hagen, wir weisen unsere Studierfähigkeit nach. Und wir haben eine sehr, sehr hohe Erfolgsquote aus diesem Bereich. Natürlich kann man jetzt nicht sagen, wer keinen Hauptschulabschluss hat, der soll in Hagen studieren oder der kann studieren, nein, es geht darum, dass wir den Leuten, die keine Chance hatten, die normale Hochschulzugangsberechtigung zu erlangen und trotzdem in der Lage sind, zu studieren, ein Studium ermöglichen. Ich halte durchaus auch Programme für sehr vielversprechend, dass wir Lehrerinnen und Lehrer in den Bereichen weiterbilden, die gerade auf die Migranten zugeschnitten sind. Also "train, the trainers". Wir haben in Hagen sehr, sehr viel Erfolg gehabt mit der Weiterbildung von Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern hin zu Sonderpädagogen. Also, ich denke mal, so mittelbare Programme eignen sich auch gerade für unsere Universität und da gilt es, noch einiges an Ressourcen zu schöpfen.

    Burgwinkel: Vielen Dank für das Gespräch. Professor Helmut Hoyer, Rektor der Fernuniversität in Hagen. Wir sprachen über geplante Modernisierungsmaßnahmen an seiner Universität.