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"Die französische Staatsbürgerschaft ist unteilbar"

Bereits während seiner Zeit als Innenminister hatte Nicolas Sarkozy angeregt, Ausländern aus Nicht-EU-Staaten ein kommunales Wahlrecht einzuräumen. Nun wird das Thema in Frankreich erneut breit diskutiert.

Von Burkhard Birke |
    Marine Aubry gibt sich angriffslustig. Hyperpräsidentschaft reime sich nicht mit Hypereffizienz, höhnte sie in ihrer Neujahrsrede, und dann tat die Sozialistenchefin das, was Nicolas Sarkozy immer wieder predigt: Man solle ihn beim Wort nehmen.

    Der Präsident solle dafür sorgen, dass ein Gesetz zur Einführung des Kommunalwahlrechtes für Ausländer durchs Parlament geht, schließlich hätte er sich doch dafür ausgesprochen.

    In der Tat hatte der frühere Innenminister und spätere Wahlkämpfer Nicolas Sarkozy seinerzeit angeregt, Ausländern aus Nicht EU Staaten ein kommunales Wahlrecht einzuräumen.

    "Ein Ausländer, der sich legal hier aufhält und seine Steuern zahlt, soll die Möglichkeit bekommen, mit zu entscheiden, wie die Stadt regiert wird, wo er seine Steuern zahlt!"

    Ausgerechnet Eric Besson, der ehemalige Sozialist und ambitionierte Minister für Immigration, Integration, nationale Identität und Entwicklung hat den Stein jetzt wieder ins Rollen gebracht. In den nächsten zehn Jahren könne man über ein kommunales Ausländerwahlrecht nachdenken, hatte Besson eingeworfen.

    Die Sozialisten nahmen die Steilvorlage kurz vor den als Stimmungstest geltenden Regionalwahlen im März dankbar auf! Der Coup war gelungen.

    "Wo der herkommt, ist das nicht weiter verwunderlich, der trägt noch das Stigma mit sich",

    ärgerte sich der UMP Abgeordnete Lionnel Luca über seinen neuen Parteifreund Eric Besson, den Ex Sozialisten! Xavier Bertrand, Vorsitzender der Regierungspartei UMP gab indes von der Kapitänsbrücke klare Anweisungen:

    "Wir sind gegen ein Ausländerwahlrecht, Unsere Position ist sehr klar und konstant."

    Der Schaden freilich ist angerichtet, die Diskussion läuft auf Hochtouren: Auch und gerade im Rahmen der von der Regierung verordneten Identitätsdebatte. Und wieder einmal muss Premierminister Francois Fillon den Ausputzer spielen:

    "Ich bin absolut dagegen, weil das Wahlrecht an die Staatsbürgerschaft geknüpft ist. Wenn wir ein Land der Integration sind, dann nicht um den Ausländern halbe Wahlrechte zuzugestehen, sondern um sie einzuladen, vollwertige Bürger unserer Nation zu werden, wenn sie dies wünschen."

    In Skandinavien, den Beneluxstaaten freilich dürfen Ausländer aus Nicht-EU-Staaten schon lange ihren Gemeinderat wählen, in Großbritannien wird allen Bürgern des Commonwealth kommunales Stimmrecht gewährt, Spanien und Portugal verfahren nach dem Prinzip der Reziprozität. So ungewöhnlich wäre ein solcher Schritt in Frankreich also nicht und die Sozialisten wollen dieses Mal ernst machen. Schließlich war das kommunale Wahlrecht für Ausländer Vorschlag Nummer 80 oder vielleicht 90 der berühmten 110 Reformideen Präsident Mitterands zu seinem Amtsantritt 1981!

    Bisher sei man durch den Widerstand der Konservativen und die öffentliche Meinung an der Umsetzung gehindert worden,rechtfertigt sich der Sozialist Pierre Moscovici. Die Zeiten hätten sich jedoch geändert! , meint er.

    Wirklich? Benötigt wird für diese Verfassungsänderung eine Zwei-Drittel- Mehrheit im Abgeordnetenhaus und Senat oder eine Mehrheit bei einer Volksabstimmung. Die scheint nicht in Sicht! Wie auch, wenn die Meinungsmacher dagegen mobil machen?

    "Die französische Staatsbürgerschaft ist unteilbar",

    meint Express Chefredakteur Christoph Barbier, der jedoch anregt, das Wahlrecht scheibchenweise im Rahmen des Einbürgerungsprozesses zuzugestehen.