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Die Fußball-Manager von morgen

Für angehende Fußball-Manager in Deutschland gibt es bisher keine adäquate und vorgeschriebene Ausbildung. Das sorgte schon für Kritik in der Branche, denn ein einheitliches Qualifizierungsmodell fehlt. Zwei Anbieter versuchen das nun zu ändern.

Von Arne Lichtenberg | 07.01.2012
    Es ist ein Freitagmorgen im Dezember. Während es draußen ungemütlich regnet, rauchen in der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes in Frankfurt die Köpfe. Für die sechs Teilnehmer des Hochschulzertifikats "Certified Soccermanager" der Fachhochschule Erding steht heute das Thema Finanzierung auf dem Stundenplan. Es ist der Abschluss einer dreitägigen Präsenzphase für die Teilnehmer. Nach drei Tagen Veranstaltung in Frankfurt, geht es für die Studenten danach wieder in ihre Heimat. Den Lernstoff müssen sie zuhause vertiefen, denn die Weiterbildung läuft als zehnmonatiges Fernstudium ab. Dann heißt es am heimischen Schreibtisch weiter fleißig am Traum zu arbeiten, einmal im Management eines großen Fußballvereins zu arbeiten. Unter den Teilnehmern sitzt auch Roland Benschneider. Der 31-Jährige brachte es auf zwölf Bundesligaspiele für den 1.FC Köln, musste dann aber verletzungsbedingt vor kurzem seine Karriere beenden. Der Übergang vom Profifußballer in die zweite berufliche Laufbahn klappte für ihn dann aber reibungslos:

    "Ich habe ein Angebot vom SV Elversberg bekommen - ein Westregionaligist - als Sportdirektor zu fungieren. Und um mir dementsprechend dazu die theoretischen Grundlagen anzueignen, habe ich mich dazu entschieden, für diesen Lehrgang, ja Zertifikat des Soccermanagers."

    Neben Finanzierung stehen für Benschneider und seine Kollegen auch die Themengebiete Sportrecht, Personalführung und Vermarktung auf dem Studienplan. Eine eigene Fallstudie in einem Fußballverein schließt das Zertifikat ab. Zu insgesamt fünf Präsenzveranstaltungen kommen die Teilnehmer an einem Ort zusammen. Die meisten sind nebenher schon berufstätig. Das stellt manche vor Probleme:

    "Die Zeit fehlt mir manchmal ein bisschen, weil ich schon sehr eingespannt bin im Job. Man kann schon sagen, dass das ein 24-Stunden-Job ist. Es gibt sehr viel zu tun. Alle Sparten deckt das Ganze ab. Aber nichtsdestotrotz muss das theoretische Wissen ja auch behandelt werden. Es ist schwierig, aber wenn man sich so ein bisschen Zeit nimmt, dann geht das schon."

    Die Gründe der Fachhochschule Erding die Weiterbildung anzubieten lagen auch in den Vereinen selber. In den letzten Jahren stiegen die Vereinsinsolvenzen, immer wieder gab es Probleme bei den Lizenzierungsverfahren. Hier sah man konkreten Handlungs- und Nachholbedarf bei den Clubs. So sei die Ausbildung auch als eine Art Hilfestellung für die Vereine anzusehen, sagt der akademische Leiter Professor Oliver Haas:

    "Um zu sagen, dass ist Euer Handwerkskasten, das ist eure Toolbox, egal was ihr vorher gemacht habt, weil ihr vielleicht über den sportlichen Bereich auch reingekommen seid, euch da weiterzubilden. Weil wir alle das gleiche wollen, das Fußball Spaß macht, das tolle Spiele abgeliefert werden, aber das es auf der anderen Seite auch seriös finanziert wird."

    Auch in Düsseldorf beim Institut Sport und Touristik bietet man einen Fernstudiengang Fußballmanagement an. Die anderthalbjährige Fortbildung absolvierten u.a. der heutige Manager von Hertha BSC Berlin Michael Preetz und der Sportvorstand vom 1. FC Kaiserslautern Stefan Kuntz. Funktionierte früher der Weg in den Managerberuf noch so, dass Profifußballer nach dem Ende ihrer Karriere bequem vom Spielfeld auf den Managersessel wechselten, wird heute von Vereinsseite immer mehr nach einer fundierten Ausbildung gefragt. Ein Trend der auch Jan Jerosch, dem Leiter des Fachbereichs Sport & Management beim IST-Studieninstitut aufgefallen ist:

    "Die Bedürfnisse haben sich verändert, auch die Anforderungen an die einzelnen Vereine - es sind zum Teil große Wirtschaftsunternehmen - das ist die logische Konsequenz, dass die Arbeitskräfte dort die entsprechenden Qualifikationen mitbringen müssen, um diese Tätigkeiten auszuführen, da reicht es nicht nur aus, einen großen Namen zu haben, sondern wirklich die Qualifikationen mitzubringen, um die Position auch auszufüllen."

    Diese Tendenz unterstreichen auch die Karrieren der Manager Christian Heidel vom FSV Mainz 05 oder Jan Schindelmeiser und Ernst Tanner von der TSG Hoffenheim. Alle drei können keine große Fußballerkarriere vorweisen. So führte Heidel früher ein Autohaus, Schindelmeiser absolvierte ein Magisterstudium in den Fächern BWL, Politik, Sport und Publizistik. Es allein mit einem Fußball-Manager-Studium auf den Managerstuhl eines Bundesligisten zu schaffen, hält Jerosch aber für illusorisch. Der nötige Stallgeruch und das Wissen über die Abläufe in einem Fußballverein seien unabdingbar. Hier sieht er die Profisportler klar im Vorteil:

    "Nichtsdestotrotz wird sich dieser Fußballklüngel und das Vitamin B, was definitiv noch da ist, auch noch eine ganze Zeit lang halten."

    Das zeigen auch die erfolgreichen Managerkarrieren von Uli Hoeneß oder Klaus Allofs, beide erfolgreiche Nationalspieler und im Anschluss genauso erfolgreiche Manager. Ohne Studium, ohne Qualifikation. Für den angehenden Manager Benschneider ist ihr Erfolg deshalb auch nicht verwunderlich:

    "Sie haben halt den engeren Bezug zum Fußball: Die Abläufe kennen, die wissen wie eine Mannschaft funktioniert, was glaube ich das wichtigste ist. Spielertypen einzukaufen, die passen. Die Philosophie des Vereins widerspiegeln. Klaus Allofs, Uli Hoeneß das sind halt Leute die wissen was da zu machen ist, worauf es ankommt."

    Und so wird der Traum von Otto Normalstudent es einmal ohne Kontakte und mit einem Studium zum Manager seines Fußballvereins zu bringen, wohl ein Traum bleiben.