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Die ganze Welt in einem Museum

Assyrer, Ägypter und Griechen, Azteken, Eskimos und Inder - die ganze Menschheitsgeschichte wird im Britischen Museum erfahrbar. Das erste vom Volk und nicht vom König gegründete Museum öffnete vor 250 Jahren zum ersten Mal seine Pforten für die Öffentlichkeit.

Von Matthias Thibaut | 15.01.2009
    1753 hatte das Parlament die Gründung des Britischen Museums beschlossen. Mit einer Lotterie, ganz progressiv und demokratisch, wurden 300.000 Pfund gesammelt, von denen 20.000 Pfund in den Ankauf von fast 80.000 Objekten aus dem Nachlass des Sammlers Sir Hans Sloane flossen, den Grundstock des Museums.

    Dann wurde das Montague House in London erworben und instand gesetzt - dort, wo das Britische Museum bis heute angesiedelt ist. Es gab in diesem großartigen Kuriositätenkabinett ausgestopfte Giraffen und Figuren deutscher Bergarbeiter: Schließlich war es die Aufgabe des Museums, die Welt in ihrer ganzen Komplexität zu präsentieren.

    Am 15. Januar 1759 wurde das Museum offiziell für Besucher eröffnet - für drei Stunden am Tag, nach einem in den Statuten genau festgelegten Reglement.

    "Nur zehn Besucher erhalten zu jeder Stunde Einlass. Die Gruppen müssen in dem Raum zusammenbleiben, in dem sich der führende Beamte aufhält und spätestens nach Ablauf der Stunde muss jede Gruppe Platz für die nächste machen."

    Georg Forster, der deutsche Entdecker und Naturforscher, der Kapitän James Cook auf seiner Weltumsegelung begleitete, war einer von vielen deutschen Besuchern, die sich über die Hetze eines solchen Museumsbesuchs beklagten. Ein anderer schrieb 1772:

    "Leider muss ich sagen, dass ich nur die Räume sah, Glasschränke und Regale, aber nicht das eigentliche Museum, so eilig wurden wir durch die Abteilungen geführt. Ein so schneller Durchgang durch eine riesige Flucht von Räumen in kaum einer Stunde, in der man nur einen sehnsüchtigen Blick des Erstaunens auf all diese gewaltigen Schätze der Natur, der Antike und der Literatur werfen kann, mit deren Untersuchung man Jahre mit Gewinn verbringen könnte, verwirrt, erschlägt und überwältigt den Besucher."

    Heute kommen im Jahr über sechs Millionen Besucher, ohne Antrag und immer noch umsonst. "Seit 1753 freier Eintritt", steht an den Kästen für freiwillige Spenden. Umstandsloser Eintritt, betont der Vize-Direktor Andrew Burnett, gehört zu den Grundprinzipien des Britischen Museum.

    "Das Museum stand Besuchern immer offen, auch wenn anfangs nicht alle in der modernen, umfassenden, alle mit einbeziehenden Art eingelassen wurden. Aber die Bedeutung der Öffentlichkeit für das Museum, war uns stets bewusst."

    Das Britische Museum war das erste Museum der Welt, das nicht von einem König gestiftet wurde, das nicht einer religiösen Institution oder einer Universität gehörte. Es ist das erste Museum der modernen, bürgerlichen Öffentlichkeit, eines der großen Projekte der bürgerlichen Aufklärung. Seine Aufgabe war und ist, enzyklopädisch die Welt zu ordnen, zu präsentieren, zu beschreiben und interpretierbar zu machen.

    Sloanes Sammlung ist auf über sieben Millionen Objekte angewachsen. Das Parlament bewilligte immer wieder neue Gelder, noch mehr wurde gespendet. Diplomatische Abenteurer wie William Hamilton spendeten griechische Vasen uns Vesuvgestalten. Die Fibel der Hieroglyphenforscher, der Rosetta Stein, wurde Napoleon als Kriegsbeute abgejagt.

    Der umstrittene Parthenon Fries, die Briten nennen ihn den "Elgin marbles", wurde 1816 zum Vorzugspreis von 35.000 Pfund von Lord Elgin erworben, der ihn in Griechenland von den Türken gekauft hatte. Die jüngste Spende kommt von dem Amerikaner Arthur R. Miller, der japanische Holzschnitte im Wert von Millionen Pfund spendierte.

    Heute wollen die Ägypter den Rosetta Stein und die Griechen den Parthenon Fries zurück haben. Das Museum lehnt höflich ab und weist den Vorwurf zurück, eine kolonialistische Beutekammer zu sein.

    "Dies ist einer der wenigen Orte, wo Menschen Kulturen im Überblick sehen und mit einander vergleichen und die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Kulturen erkennen können. Wir haben eine globale Welt, die Idee eines Weltbürgertums wird aktuell und wir als Institution versuchen darauf eine Antwort zu geben."

    Mit der globalen Vielfalt würden die Menschen ein Instrument verlieren, sich selber zu begreifen, argumentiert das Museum und will deshalb auch am Parthenon Fries festhalten. Es müsse auch Museen geben, die mehr sind, als Museen der Nationalkultur.