"An sich war es ja sehr unspektakulär und sehr nett, das komische daran war nur, dass nicht gesagt wurde, wer mich in welcher Funktion erwarten würde, wenn ich nach Düsseldorf fahre, also war klar, das Treffen würde in der C&A-Zentrale dort stattfinden, ich wusste aber nicht wer kommt, ob es ein Vertrauter ist, in welcher Funktion und dass soll auch so bleiben, also es war Wunsch der Familie, dass das nicht nach außen dringt."
Nein, hier geht es nicht um eine Agenten-Story, sondern um die Geschichte der C&A-Familie Brenninkmeyer. Die Autorin der Biographie, Bettina Weiguny, hat Germanistik und Anglistik studiert, bevor sie anfing, als Journalistin für Focus und andere Printmedien zu arbeiten. Für ihr Buch über den C&A–Clan hat sie akribisch Fakten zusammengetragen.
"Unter dem Dach einer Firma namens Redevco versammeln die Herren von C&A Immobilien im Wert von sechs Milliarden Dollar. Riesige Luxus-Appartementanlagen in Brasilien gehören ebenso dazu wie ganze Häuserblocks in deutschen Fußgängerzonen. Über die Bregal AG mischen sie als mächtiger Kapitalgeber in der Beteiligungsbranche, dem so genannten Private Equitiy Geschäft, mit. Mit mehr als 2,5 Milliarden Euro will der Fonds sich bei Unternehmen in Europa und Nordamerika engagieren. Und das Einzigartige an der Gruppe: Das gesamte Imperium ist auch nach 165 Jahren noch vollständig im Besitz der Familie und wird von mehreren Dutzend männlichen Brenninkmeyers in fünfter Generation geleitet."
Bettina Weiguny geht in ihrer Familienchronik bis in das Jahr 1671 zurück. In Mettingen, einem westfälischen Dorf im Münsterland, gibt der Bauer Johann Gerhard Brenninkmeyer seinen kargen Hof auf, um sich fortan als wandernder Leinenhändler zu verdingen. "Tödden" wurden diese Hausierer genannt, ihr Ruf war nicht der beste. Die Autorin beschreibt den Aufstieg der bekanntesten Tödden-Familie zur Unternehmer-Dynastie, deren Erfolg auf Fleiß, katholischer Moral, patriarchalen Strukturen und schamlosem Opportunismus basiert. Verschwiegenheit gehörte von Anfang an zu den Grundprinzipien des Familienunternehmens. Journalisten wurden von den Brenninkmeyers konsequent ignoriert, bis zur Textilkrise in den 90er Jahren. Von der blieb auch C&A nicht verschont, und sie führte zu einer familieninternen Glasnostbewegung. Seitdem dringen hin und wieder Einzelheiten aus dem Alltag des Familienunternehmens an die Öffentlichkeit.
"Es entsprach auch der guten alten Tödden-Manier, dass die Brenninkmeyers an einer Geheimsprache für die wirtschaftlichen Dinge festhielten. Sobald es um Geschäftszahlen ging, verfielen die C&A-Mitarbeiter in einen geheimen Code. Das Codewort lautete bis vor wenigen Jahren "Alberdingk". Die Buchstaben stehen der Reihe nach für die Zahlen von eins bis zehn. Jeden Abend nach Geschäftsschluss mussten die Auszubildenden telefonisch die Umsatzzahlen ihrer Filiale an die C&A Zentrale melden – in der Geheimsprache, versteht sich."
In der C&A-Biographie entsteht das Bild eines Familienunternehmens, dessen Bemühung um Corporate Identity recht sonderbare Züge annimmt. Bis vor wenigen Jahren wurden ausschließlich Katholiken eingestellt. Kam es unter den Mitarbeitern zu einer Liebesbeziehung, wurden sie aufgefordert, entweder zu heiraten oder sich eine andere Stelle zu suchen. Managerposten waren ausschließlich den männlichen Familienangehörigen vorbehalten. Sie durften keine Bärte tragen, und die Farbe ihrer Anzüge war vorschriftsmäßig "Mettinger Blau". Dies alles mag für Unbeteiligte skurril anmuten. Weniger amüsant hingegen war die Anbiederung der Familie Brenninkmeyer an die nationalsozialistischen Machthaber.
"Die Herren von C&A wollten wirtschaftlich vorankommen und ihr Filialnetz ausbauen. Zu diesem Zweck war ihnen auch die antisemitische Nazipropaganda recht. So schrieben sie mehrere hetzerische Briefe an Göring. In dem Brief, den die C&A Hauptzentrale an ihn schrieb, heißt es wörtlich: "Wir waren eines von den Unternehmen, die vor dem Kriege in die Vormachtstellung eindrangen, die der jüdische Textilhandel besaß und haben uns gegen die Kapitalmacht des Waren- und Kaufhauses und gegen die Vormachtstellung der gesamten jüdischen Konkurrenz durchsetzen müssen und durchgesetzt. Es ist seit der Gründung niemals ein Nichtarier bei uns beschäftigt worden". "
Das ist seit den 70er Jahren bekannt. Bis heute hat sich die Familie Brenninkmeyer noch nicht dazu geäußert. Bettina Weiguny:
"Die Entschuldigung ist tatsächlich jetzt erstmals gefallen. Die Informationspolitik von C&A war bis jetzt, sie geben überhaupt keine Stellungnahme heraus, und dieses Thema, also sie haben sich ja in der letzten Zeit etwas geöffnet der Presse gegenüber, aber dieses Thema ist nie aufgekommen. Weil es die Unterlagen dazu, das ist ein Briefwechsel zwischen dem C&A Hauptbüro und Göring, dem Reichsfeldmarschall damals, die liegen in München im Archiv, ich hab mir die kommen lassen und hab dazu angefragt und nach vielem, vielem Hin und Her hat die Familie gesagt okay, wir geben eine Stellungnahme dazu ab und entschuldigen uns, für das, was unsere Vorfahren damals gemacht haben, und es hätte nie so geschehen dürfen."
Diese Stellungnahme der Familie Brenninkmeyer, die lediglich mündlich durch die Vermittlung des namenlosen Emissärs erfolgte, ist das einzige wirklich Neue in dem Buch von Bettina Weiguny. Die anderen Informationen sind Kennern der Branche überwiegend bekannt. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass gewerkschaftliche Aktivitäten bei C&A nach wie vor unerwünscht sind, dass kaum einer der Angestellten organisiert ist. Doch wie schon der Titel des Kapitels "Im Kampf gegen Verbände und Gewerkschaften" deutlich macht, übernimmt Bettina Weiguny überwiegend die Perspektive und sogar die Sprache der Führungsetage. Statements werden unhinterfragt übernommen, die Arbeitnehmer kommen nicht zu Wort. Dies gilt auch für das Kapitel über die heutigen Produktionsbedingungen in Ländern der Dritten Welt, dem die Autorin ganze vier Seiten widmet. Ein Großteil der C&A-Produkte wird in der südindischen Stadt Tirupur hergestellt, wo Kinder und Erwachsene für einen Lohn, der nicht zum Lebensunterhalt ausreicht, mindestens zwölf Stunden täglich arbeiten. Es gibt keine Umweltauflagen, das Grundwasser ist verseucht, und sein Spiegel sinkt rapide. Wie alle anderen Handelsketten, die in Tirupur einkaufen, kann auch C&A nicht ausschließen, dass ihre Ware von Kindern hergestellt wird.
Doch diese Aspekte bleiben in dem Buch von Bettina Weiguny unerwähnt. Und so bleiben am Ende der Lektüre noch viele Fragen offen. Nicht zuletzt die Frage: An wen richtet sich das Buch? Bettina Weiguny:
"Bisher weiß ich, dass es die Familie selber liest, auch in größerem Umfang als sie vorher gedacht hatte, ich weiß noch, als ich mich verabschiedet hatte, haben sie gesagt naja, an der Familie Brenninkmeyer werden Sie wahrscheinlich nicht reich werden, da mich aber inzwischen viele Brenninkmeyers angerufen haben, weiß ich, dass es dort gelesen wird, es wird sehr viel unter Managern von C&A gelesen, von der Konkurrenz wird es gelesen, von allen, die sich in weiterem Sinne für Wirtschaft interessieren und Familienunternehmen."
Ein Enthüllungsbuch ist diese erste Chronik der Familie Brenninkmeyer keineswegs. Die Informationen, in leicht verständlicher Sprache verpackt, beruhen auf Quellen der wirtschaftlichen Fachpresse und populärwissenschaflticher Veröffentlichungen. Es gelingt der Autorin nicht, die Geheimnistuerei der Familie Brenninkmeyer zu durchbrechen. Das Versprechen in der Einleitung, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, wird nicht eingelöst.
Ulrike Klausmann las das Buch der Wirtschaftsjournalistin Bettina Weiguny über die Familie Brenninkmeyer. Es heißt: "Die geheimnisvollen Herren von C&A", ist erschienen im Eichborn-Verlag, hat 224 Seiten und kostet 21 Euro 90.
Nein, hier geht es nicht um eine Agenten-Story, sondern um die Geschichte der C&A-Familie Brenninkmeyer. Die Autorin der Biographie, Bettina Weiguny, hat Germanistik und Anglistik studiert, bevor sie anfing, als Journalistin für Focus und andere Printmedien zu arbeiten. Für ihr Buch über den C&A–Clan hat sie akribisch Fakten zusammengetragen.
"Unter dem Dach einer Firma namens Redevco versammeln die Herren von C&A Immobilien im Wert von sechs Milliarden Dollar. Riesige Luxus-Appartementanlagen in Brasilien gehören ebenso dazu wie ganze Häuserblocks in deutschen Fußgängerzonen. Über die Bregal AG mischen sie als mächtiger Kapitalgeber in der Beteiligungsbranche, dem so genannten Private Equitiy Geschäft, mit. Mit mehr als 2,5 Milliarden Euro will der Fonds sich bei Unternehmen in Europa und Nordamerika engagieren. Und das Einzigartige an der Gruppe: Das gesamte Imperium ist auch nach 165 Jahren noch vollständig im Besitz der Familie und wird von mehreren Dutzend männlichen Brenninkmeyers in fünfter Generation geleitet."
Bettina Weiguny geht in ihrer Familienchronik bis in das Jahr 1671 zurück. In Mettingen, einem westfälischen Dorf im Münsterland, gibt der Bauer Johann Gerhard Brenninkmeyer seinen kargen Hof auf, um sich fortan als wandernder Leinenhändler zu verdingen. "Tödden" wurden diese Hausierer genannt, ihr Ruf war nicht der beste. Die Autorin beschreibt den Aufstieg der bekanntesten Tödden-Familie zur Unternehmer-Dynastie, deren Erfolg auf Fleiß, katholischer Moral, patriarchalen Strukturen und schamlosem Opportunismus basiert. Verschwiegenheit gehörte von Anfang an zu den Grundprinzipien des Familienunternehmens. Journalisten wurden von den Brenninkmeyers konsequent ignoriert, bis zur Textilkrise in den 90er Jahren. Von der blieb auch C&A nicht verschont, und sie führte zu einer familieninternen Glasnostbewegung. Seitdem dringen hin und wieder Einzelheiten aus dem Alltag des Familienunternehmens an die Öffentlichkeit.
"Es entsprach auch der guten alten Tödden-Manier, dass die Brenninkmeyers an einer Geheimsprache für die wirtschaftlichen Dinge festhielten. Sobald es um Geschäftszahlen ging, verfielen die C&A-Mitarbeiter in einen geheimen Code. Das Codewort lautete bis vor wenigen Jahren "Alberdingk". Die Buchstaben stehen der Reihe nach für die Zahlen von eins bis zehn. Jeden Abend nach Geschäftsschluss mussten die Auszubildenden telefonisch die Umsatzzahlen ihrer Filiale an die C&A Zentrale melden – in der Geheimsprache, versteht sich."
In der C&A-Biographie entsteht das Bild eines Familienunternehmens, dessen Bemühung um Corporate Identity recht sonderbare Züge annimmt. Bis vor wenigen Jahren wurden ausschließlich Katholiken eingestellt. Kam es unter den Mitarbeitern zu einer Liebesbeziehung, wurden sie aufgefordert, entweder zu heiraten oder sich eine andere Stelle zu suchen. Managerposten waren ausschließlich den männlichen Familienangehörigen vorbehalten. Sie durften keine Bärte tragen, und die Farbe ihrer Anzüge war vorschriftsmäßig "Mettinger Blau". Dies alles mag für Unbeteiligte skurril anmuten. Weniger amüsant hingegen war die Anbiederung der Familie Brenninkmeyer an die nationalsozialistischen Machthaber.
"Die Herren von C&A wollten wirtschaftlich vorankommen und ihr Filialnetz ausbauen. Zu diesem Zweck war ihnen auch die antisemitische Nazipropaganda recht. So schrieben sie mehrere hetzerische Briefe an Göring. In dem Brief, den die C&A Hauptzentrale an ihn schrieb, heißt es wörtlich: "Wir waren eines von den Unternehmen, die vor dem Kriege in die Vormachtstellung eindrangen, die der jüdische Textilhandel besaß und haben uns gegen die Kapitalmacht des Waren- und Kaufhauses und gegen die Vormachtstellung der gesamten jüdischen Konkurrenz durchsetzen müssen und durchgesetzt. Es ist seit der Gründung niemals ein Nichtarier bei uns beschäftigt worden". "
Das ist seit den 70er Jahren bekannt. Bis heute hat sich die Familie Brenninkmeyer noch nicht dazu geäußert. Bettina Weiguny:
"Die Entschuldigung ist tatsächlich jetzt erstmals gefallen. Die Informationspolitik von C&A war bis jetzt, sie geben überhaupt keine Stellungnahme heraus, und dieses Thema, also sie haben sich ja in der letzten Zeit etwas geöffnet der Presse gegenüber, aber dieses Thema ist nie aufgekommen. Weil es die Unterlagen dazu, das ist ein Briefwechsel zwischen dem C&A Hauptbüro und Göring, dem Reichsfeldmarschall damals, die liegen in München im Archiv, ich hab mir die kommen lassen und hab dazu angefragt und nach vielem, vielem Hin und Her hat die Familie gesagt okay, wir geben eine Stellungnahme dazu ab und entschuldigen uns, für das, was unsere Vorfahren damals gemacht haben, und es hätte nie so geschehen dürfen."
Diese Stellungnahme der Familie Brenninkmeyer, die lediglich mündlich durch die Vermittlung des namenlosen Emissärs erfolgte, ist das einzige wirklich Neue in dem Buch von Bettina Weiguny. Die anderen Informationen sind Kennern der Branche überwiegend bekannt. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass gewerkschaftliche Aktivitäten bei C&A nach wie vor unerwünscht sind, dass kaum einer der Angestellten organisiert ist. Doch wie schon der Titel des Kapitels "Im Kampf gegen Verbände und Gewerkschaften" deutlich macht, übernimmt Bettina Weiguny überwiegend die Perspektive und sogar die Sprache der Führungsetage. Statements werden unhinterfragt übernommen, die Arbeitnehmer kommen nicht zu Wort. Dies gilt auch für das Kapitel über die heutigen Produktionsbedingungen in Ländern der Dritten Welt, dem die Autorin ganze vier Seiten widmet. Ein Großteil der C&A-Produkte wird in der südindischen Stadt Tirupur hergestellt, wo Kinder und Erwachsene für einen Lohn, der nicht zum Lebensunterhalt ausreicht, mindestens zwölf Stunden täglich arbeiten. Es gibt keine Umweltauflagen, das Grundwasser ist verseucht, und sein Spiegel sinkt rapide. Wie alle anderen Handelsketten, die in Tirupur einkaufen, kann auch C&A nicht ausschließen, dass ihre Ware von Kindern hergestellt wird.
Doch diese Aspekte bleiben in dem Buch von Bettina Weiguny unerwähnt. Und so bleiben am Ende der Lektüre noch viele Fragen offen. Nicht zuletzt die Frage: An wen richtet sich das Buch? Bettina Weiguny:
"Bisher weiß ich, dass es die Familie selber liest, auch in größerem Umfang als sie vorher gedacht hatte, ich weiß noch, als ich mich verabschiedet hatte, haben sie gesagt naja, an der Familie Brenninkmeyer werden Sie wahrscheinlich nicht reich werden, da mich aber inzwischen viele Brenninkmeyers angerufen haben, weiß ich, dass es dort gelesen wird, es wird sehr viel unter Managern von C&A gelesen, von der Konkurrenz wird es gelesen, von allen, die sich in weiterem Sinne für Wirtschaft interessieren und Familienunternehmen."
Ein Enthüllungsbuch ist diese erste Chronik der Familie Brenninkmeyer keineswegs. Die Informationen, in leicht verständlicher Sprache verpackt, beruhen auf Quellen der wirtschaftlichen Fachpresse und populärwissenschaflticher Veröffentlichungen. Es gelingt der Autorin nicht, die Geheimnistuerei der Familie Brenninkmeyer zu durchbrechen. Das Versprechen in der Einleitung, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, wird nicht eingelöst.
Ulrike Klausmann las das Buch der Wirtschaftsjournalistin Bettina Weiguny über die Familie Brenninkmeyer. Es heißt: "Die geheimnisvollen Herren von C&A", ist erschienen im Eichborn-Verlag, hat 224 Seiten und kostet 21 Euro 90.