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Die Gentechnik und das Problem mit der Auskreuzung

Wie verhalten sich gentechnisch veränderte Pflanzen in der Natur? Um diese Frage ging es auf einer internationalen Konferenz von Molekularbiologen und Pflanzenzüchtern in Florenz. Kritiker der Grünen Gentechnik befürchten ja schon seit langem, dass sich die Gene, die den Nutzpflanzen im Labor eingebaut werden, auf dem Acker selbständig machen und auf andere Kulturen oder Wildpflanzen übergehen könnten. Auskreuzen nennt man dieses Phänomen in der Fachsprache. Die us-amerikanische Umweltbehörde EPA dagegen verneint ökologische Risiken. Bisher seien keine negativen Effekte beobachtet worden. Wie die Teilnehmer der Konferenz in Florenz die Situation beurteilen - eine Zusammenfassung dazu vonYvonne Mabille.

von: Yvonne Mabille | 12.02.2002
    Wie verhalten sich gentechnisch veränderte Pflanzen in der Natur? Um diese Frage ging es auf einer internationalen Konferenz von Molekularbiologen und Pflanzenzüchtern in Florenz. Kritiker der Grünen Gentechnik befürchten ja schon seit langem, dass sich die Gene, die den Nutzpflanzen im Labor eingebaut werden, auf dem Acker selbständig machen und auf andere Kulturen oder Wildpflanzen übergehen könnten. Auskreuzen nennt man dieses Phänomen in der Fachsprache. Die us-amerikanische Umweltbehörde EPA dagegen verneint ökologische Risiken. Bisher seien keine negativen Effekte beobachtet worden. Wie die Teilnehmer der Konferenz in Florenz die Situation beurteilen - eine Zusammenfassung dazu vonYvonne Mabille.

    "Man muss einfach wissen, dass die Waldbäume, die wir haben, das sind alles Windbestäuber, die meisten. Linde ist eine Ausnahme, Buche . Die meisten Bäume produzieren zu Milliarden Pollen und die fliegen 100 von Kilometern. Befruchtungsfähig. Und das ist nachgewiesen worden schon von deutschen Förstern im letzten Jahrhundert. Kreuzungsphänomene über 100 von km hat man genau nachgewiesen, ohne molekulare Methoden damals noch. Und das macht mir natürlich Angst. Einen solchen transgenen Streuer zu haben, der dann einfach halb Europa bedient. Nein, Danke."

    Austausch und Fluss der Gene, sagt Klaus Ammann - Direktor des Botanischen Gartens in Bern - ließen sich über diese Entfernungen nicht kontrollieren. Hingegen hält der Botaniker aus der Schweiz die Gefahren des Auskreuzens auf dem Acker für weit weniger bedenklich. Andere Wissenschaftler beurteilen das anders.

    Seitdem US-amerikanische Forscher in Mexiko in alten Maissorten genetisches Material gefunden haben, das von gentechnisch verändertem Mais stammt, hat sich die Diskussion über das Auskreuzen verschärft. Umso mehr als Mexiko zu den sogenannten Vielfaltszentren der Erde gehört. Hier ist das Ursprungsgebiet des Mais. Hier wurde er vor rund 6000 Jahren gezähmt. Bis heute ist der Reichtum an alten Sorten und ihren wilden Verwandten besonders groß. Ist diese Vielfalt bedroht, die auch in Zukunft als Reservoir für die Pflanzenzüchtung gebraucht wird?

    Am Internationalen Maisforschungsinstitut, kurz CiMMYT, in Mexiko wurden jetzt Untersuchungen gemacht, um mehr Einsichten darüber zu bekommen, wie der Genfluss verläuft. Während sich die traditionellen Maissorten äußerlich stark unterscheiden in Größe und Form der Kolben und ihre Farbe von weiß über gelb bis schwarz geht, zeigt sich auf der Ebene der Gene ein ganz anderes Bild.

    Der französische Genetiker Julien Berthaud berichtet:

    Wenn man, wie wir sagen, neutrale Molekularmarker benutzt, dann gibt es keinerlei Unterschiede zwischen den Mustern des einen Bauern und einem anderen in einem Nachbardorf. Man sieht, dass alles überall verteilt ist. Dieses Ergebnis lässt sich interpretieren. Es bedeutet, dass es eine Menge Migration gibt oder, wenn Sie so wollen, Genaustausch durch Pollen oder Samen zwischen all den verschiedenen Sorten der Bauern.

    Das gelte selbst für traditionelle Landsorten, die schon seit Generationen von den Bauern genutzt werden, sagt Berthaud.

    Es bestehen also keine Zweifel, dass neue Sorten, die auf großen Flächen angebaut werden, das vorhandene Gen-Reservoir beeinflussen. Dieser Tatbestand trifft übrigens nicht nur für gentechnisch veränderte Sorten zu. Den gleichen Veränderungsprozess kann auch die vorangegangene Generation von Pflanzenzüchtungen auslösen - die sogenannten Hochleistungssorten der Grünen Revolution. Zumal sie auf großen Flächen in Monokulturen angebaut werden.

    Melaku Worede, langjähriger Direktor der renommierten Genbank in Äthiopien und Träger des alternativen Nobelpreises, warnte davor, auch die gentechnisch veränderten Kulturpflanzen in den Tropen und Subtropen breit einzuführen.

    Weil wir uns auch für andere Formen der Landwirtschaft interessieren. Für eine Landwirtschaft, die auf Vielfalt basiert. Die modernen Pflanzensorten, die Hochleistungssorten werden für uns mehr und mehr zur Herausforderung, weil sie das transgene Material einführen. Dadurch werden die Probleme verschärft. Das ist der Punkt, an dem wir aufpassen müssen. Weil wir befürchten, dass wir dadurch Optionen für eine Landwirtschaft verlieren könnten, die wir fortführen möchten.