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Die Geschichte der staatlichen Studentenförderung

Jeder soll eine Chance bekommen, studieren zu können - egal ob aus armem oder reichem Haus: das war den Politikern in Deutschland einmal so wichtig, dass sie dafür ein eigenes Gesetz verabschiedet haben: das Bundesausbildungsförderungs-Gesetz, kurz: BAföG. Das jedem eine staatliche Förderung versprach, dessen Eltern weniger als ein gewisses Einkommen hatten. Heute vor 35 Jahren war das. Und die Politiker entdeckten ihre soziale Ader für Studierwillige natürlich nicht ohne Grund.

Von Esther Körfgen |
    Schon in den 50er Jahren wurde offensichtlich: Es mangelte an gebildeten Fachkräften, und zwar überall. Jetzt müssten die "Bildungsreserven aktiviert" werden, so hieß es damals gestelzt, gemeint waren junge Begabte aus einkommensschwachen Familien. Es entstand das so genannte "Honnefer Modell": die erste staatliche Förderung für Studierende - allerdings: nur für solche, die auch sehr gute Leistungen vorwiesen.

    " Das war knapp. Ich weiß nur, dass ich die Honnef-Beträge immer durch sonstige Tätigkeiten aufgebessert habe. Jobben. Das waren so drei, vier Stunden am Tag. "

    So erinnert sich Jürgen Schlegel, er führt die Geschäfte der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung. Und auch Uwe Thomas, ehemals Staatssekretär im Bundesbildungsministerium weiß noch, wie das war:

    "Das war grauenhaft. Da haben wir 150 Mark im Monat in den ersten Semestern bekommen, in den Ferien gar nichts."

    Und: die Förderung erreichte immer noch zu wenige. Überhaupt, wer im Deutschland der 60er Jahre das Wort "Bildung" in den Mund nahm, schob gerne das Wort "Katastrophe" hinterher. Fehlende Lehrer an den Schulen, überfüllte, schlecht ausgestattete Unis. Eine Reform musste her und wurde von der sozialliberalen Regierung unter Brandt schließlich angepackt. Kanzleramtsminister Horst Ehmke versprach am 6. Juni 1971 vor dem Parlament:

    " Die Bildungsreform wird nicht unseren Wohlstand auffressen, sie ist vielmehr Voraussetzung für eine gesicherte Wachstumspolitik, und sie ist darüber hinaus die Fortsetzung für eine Fortentwicklung der Demokratie."

    Zweieinhalb Monate später, am 26. August, war es dann soweit: das Bundesausbildungsförderungsgesetz wurde verabschiedet. Und zwar mit der Begründung:

    "Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen."

    Schäferbarthold: "Das BAföG war ja reines Stipendium. Also es musste kein Student etwas zurück zahlen. Das war damals die Aufbruchstimmung Ende 60, Anfang 70."

    So Dieter Schäferbarthold, lange Jahre Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Er hat mitbekommen, wie dank des BAföGs die Zahl der Studierenden rasant anstieg. Bis zu 540 Mark bekam jeder. Und das nahm immerhin fast die Hälfte aller Studierenden in Anspruch. Zum ersten Mal in der Geschichte war von einer "Akademikerschwemme" die Rede. Es gab nicht genug Jobs. Das System kippte. Gegen Ende der sozialliberalen Koalition ließen sich immer weniger Bürger dafür erwärmen, das BAföG mitzufinanzieren. Weshalb es schrittweise zum Darlehen umgewandelt wurde - immerhin zinslos.

    Schäferbartold: " Es kam dann zu einer teilweisen Selbstbeteiligung der Studierenden, zunächst mit 80 Mark, dann waren es 120. Und dann hatte man BAföG als Volldarlehen und zu der Zeit kam etwa eine Verschuldung von 50.000 bis 60.000 Mark raus."

    Viele schreckten vor solch einem Schuldenberg zurück, vor allem die Zahl der Kinder aus einkommensschwachen Familien ging wieder zurück. Erst 1990 steuerte man dem entgegen und wandelte das BAföG wenigstens zu 50 Prozent in ein Geschenk. Sprich: Nur die Hälfte musste zurück gezahlt werden. Trotzdem: die Zahl der BAföG-Empfänger schrumpfte weiter. 1998 erreichte sie den Tiefstand: mit 13 Prozent aller Studierenden. Die Etats wurden bei weitem nicht ausgeschöpft. Im Jahr 2001 stockte die rot-grüne Regierung den jährlichen Etat um über eine Milliarde DM auf, verbesserte die Bedingungen und warb massiv um Studierende. Guildo Horn fungierte dabei als Botschafter:

    " Is' jetzt auch 'n Vorteil am neuen BAföG: die Grenze die du jetzt bekommst sind 20.000 Mark. Is´n Riesen-Vorteil gegenüber früher, da kamen ja schon horrende Summen auf einen zu, muss man viel singen. "