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Die Goroka-Show
Das Völkerfest Papua-Neuguineas

Federn schillern, Perlmutt schimmert, rissige Farbe bröckelt auf brauner Haut. Das Folklorefestival Goroka ist ein Treffen der Stämme Papua-Neuguineas - mehr als tausend gibt es und über 850 Sprachen. Blutige Stammeskriege gibt es auch, doch hier gilt: Wer sich streitet, hat in Goroka nichts verloren.

Von Franz Lerchenmüller |
Beim Schminken für das Goroko-Fest.
Schminken für das Goroka-Fest: Die Frauen von Nopara haben den Dschungel geplündert. Sie tragen Armbänder aus Samen, Gürtel aus Blättern und Moose und Blüten am ganz Körper. (Lottemi Doormann)
Sie ziehen ein wie verspätete Boten einer längst vergangenen Zeit. Schritt für Schritt rücken sie vor, unter einem roten Bogen mit dem Logo einer Mobilfunkfirma, ein scheinbar nicht endender Zug aus dunkelrot glänzenden Muskelpaketen, sehnigen Greisen, Mädchen, die grüne Holzmasken tragen, und gewichtigen Matronen mit baumelnden Brüsten.
Federn schillern, Perlmutt schimmert, rissige Farbe bröckelt auf brauner Haut – und immer wieder weht eine kräftige Schweißwolke in die Reihen der Zuschauer. Es ist, als blättere man im einem alten Handbuch der Völkerkunde und ein Bild überlagere das andere.
Auf dem Fußballfeld suchen sich die Nopara Singsing Group, die Oro Students, die Yoria Women und all die anderen der über einhundert Gruppen ihren Platz. Jede trägt ein Schild mit ihrem Namen und dem Herkunftsort. Dann eröffnet der Kultusminister persönlich die 62. Gorokashow.
850 Sprachen, mehr als 1000 Stämme
Wobei der Begriff "Show" etwas in die Irre führt. Natürlich handelt es sich hier auch um ein touristisches Folklorefestival. Weit mehr aber erweist es sich als das Treffen einer sehr bunten Familie, ein Akt der Selbstvergewisserung eines Landes, das sich mit über 850 Sprachen und mehr als 1000 Stämmen wahrlich eine Multi-Kulti-Nation nennen darf.
1957 fand dieses Völkertreffen zum ersten Mal statt, erzählt Dolmetscher John aus Goroka.
1957 fand das erste Treffen statt: "Geschmückt zum Tanz" aus der Ausstellung "Fragende Blicke"
1957 fand das erste Treffen statt: "Geschmückt zum Tanz" aus der Ausstellung "Fragende Blicke" (Museum "Fünf Kulturen", Eduard Gangl, 1927-30)
"Wir waren damals eine Kolonie der Australier. In Papua- Neuguinea gibt es über 850 Sprachen. Allein in unserer Provinz, den Eastern Highlands sprechen wir 29 verschiedene. Deshalb hatten die australischen Offiziere große Probleme, sich mit uns zu verständigen. Aber auch wir selbst sahen uns gegenseitig oft als Feinde an, weil wir keine gemeinsame Sprache hatten. Eines Tages haben die Offiziere deshalb alle 29 Stämme eingeladen, zu einem großen Singsing, einem Kulturtreffen, um sich näher kennenzulernen und Freundschaften zu schließen."
Schauen, reden, verstehen sollten sie - statt brutal aufeinander loszugehen! Es klappte, in Grenzen. Die Veranstaltung wurde beibehalten. Heute ist das Treffen in dem 25 000-Einwohner-Städtchen in den Eastern Highlands das größte und bekannteste Festival des Landes.
"Früher waren da meist weniger als 50 Gruppen dabei. Seit den 90ern aber ist die Show immer größer geworden. Dieses Jahr nehmen weit über 100 Gruppen teil."
Wer sich streitet, hat in Goroka nichts verloren
Blutige Stammeskriege gibt es leider immer noch. Meist entzünden sie sich an Land- und Grenzfragen. Doch immer noch gilt: Wer sich streitet, hat in Goroka nichts verloren.
"Wenn zwei Stämme Krieg miteinander führen, werden sie nicht eingeladen. Sie müssen erst Frieden schließen, entweder in einer traditionellen Zeremonie, oder auf westliche Art, mit einem Friedensabkommen."
Ein Mädchen läuft auf einem in einem Viertel in Port Moresby.
In Papua-Neuguinea hatte es 2018 in Port Moresby bei einer Fehde zahlreiche Tote gegeben. (AP / Aaron Favila / dpa-Bildfunk )
Anders als der Kannibalismus, der inzwischen Geschichte ist, sind solche Konflikte immer noch bittere Gegenwart. Auch zu kaum glaublichen Grausamkeiten gegen Frauen, die als Hexen verteufelt werden, kommt es in Papua-Neuguinea. Es herrscht viel Gewalt in dieser Gesellschaft, vor allem in den unzugänglichen Tälern des Hochlands.
Die weitaus entspannteren Bewohner der Inseln blicken mit einer Mischung aus Furcht und Unverständnis auf ihre Landsleute. Penny aus New Ireland verrät augenzwinkernd, wie man einen wilden Highlander zähmt.
"Wenn ein Highlander nicht nett zu dir war, lädst du ihn ein, er soll dich auf den Inseln besuchen. Dann machst du mit ihm eine Kanutour, lässt das Boot kippen und ihn zwei, drei Minuten zappeln. Die können nämlich alle nicht schwimmen. Dann hilfst du ihm wieder an Bord. Und zahlst ihm so zurück, was er dir in den Highlands angetan hat."
Körper glänzen so tiefrot wie die Würste vom Grill
Auf dem Platz mischen sich wenig bekannte Gruppen aus weltfernen Dörfern mit anderen, die sich längst einen Namen gemacht haben. Die Huli Wigmen aus Hela etwa, deren Körper so tiefrot glänzen wie die Würste vom Grill, haben ihre Gesichter mit gelber Tonerde eingerieben. Darüber thronen Perücken in Form von Pyramiden, die aus ihrem eigenen Haar gemacht wurden. Längst sind sie ein touristisches Aushängeschild.
"Diese bekannten Gruppen reisen herum und treten an vielen Orten auf. Die drei berühmtesten sind die Perückenmänner, die Schlammmänner aus Goroka, und in Rabaul die Leute, die übers Feuer tanzen."
Die Schlammmänner haben sich ganz mit beigem Lehm eingerieben so wie sie einst ihre Feinde zu Tode erschreckten. Über den Kopf eine Art Taucherhelm aus Ton gestülpt, schleichen sie durch die Reihen, halten Pfeil und Bogen im Anschlag – und bieten Modelle ihrer Masken zum Kauf an: einer der wenigen Versuche, nebenbei noch ein Geschäft zu machen.
Die meisten Teilnehmer kommen mit Bus oder Pickup aus den Highlands und den anliegenden Provinzen. Manche sind auch von weiter her per Flugzeug angereist. Die beiden 18 und 19 Jahre alten Männer mit gelben Leopardenflecken auf der Haut und einer goldenen Krone aus getrockneten Farnwedeln kommen mit ihrer Gruppe aus dem Süden. Zu Fuß.
"Mein Name ist Sivas, und mein Freund heißt Iver. Wir kommen aus den Süden und waren eine ganze Woche zu Fuß unterwegs. Gleich am Anfang mussten wir einen großen Fluss überqueren. Wir haben Bambusstämme gefällt, eine Brücke gebaut und sind rüber. Dann ging es zu Fuß weiter, über kleine und größere Berge, fünf Tage lang – alles, um hier in Goroka bei der Show dabei zu sein und den Unabhängigkeitstag zu feiern."
Kein Strom, keine Handys, kein Fernsehen
In ihrer Heimat ist die Zeit noch etwas stehengeblieben. Das Leben dort ist sehr einfach.
"Unser Dorf ist nicht sehr entwickelt, es liegt in einer weit abgelegenen Gegend im Dschungel. Wir haben keinen Strom dort, keine Handys, kein Fernsehen. Wenn wir so wie heute in die Stadt kommen, kaufen wir Öl und Shampoo und Klamotten ein, oder Seife, um daheim die Kleider waschen zu können."
Sie selbst gehen allerdings inzwischen in Goroka zur Schule und möchten keinesfalls mehr tauschen.
"In unserem Dorf gibt es keine Elektrizität und keine Straßen, keine Gesundheitsfürsorge und keine richtige Schule. In der Stadt hat man das alles. Stadt ist besser als Dorf. Wir wollen auf jeden Fall in der Stadt leben."
In ihren Liedern und Tänzen geht es um die Themen, die Menschen bewegen, die sich im Einklang und zugleich im Kampf mit der Natur befinden.
"Es gibt Lieder übers Kämpfen, Lieder übers Jagen, Lieder übers Fischen – wir kennen eine Unzahl davon. Und wir singen sie hier, um anderen Leuten zu zeigen, welche Kultur wir in unserem Dorf haben."
Regenwald in der Milne Bay Province, aufgenommen im Juli 1987.
Regenwald in der Milne Bay Province in Papua-Neuguinea (picture-alliance / dpa/ Rocchio)
"Wir sind geborene Sänger und Tänzer"
Den Nachbarn und den Gästen zeigen, welche Kultur man hat – darum geht es allen Gruppen hier, ist John überzeugt.
"Die meisten Papua-Neuguineer lieben ihre Kultur. Wenn irgendwo ein Tanzfest stattfindet, wirft jeder sich in Tracht und macht mit. Wir sind geborene Sänger und Tänzer. Wir mögen es, vor anderen aufzutreten, und wir lieben unsere Kultur, mit ihren 800 lebendigen Sprachen."
Zwar gibt es für jede Gruppe ein Antrittsgeld von zweitausend Kina, etwas mehr als fünfhundert Euro. Diese Summe hat die Geldpreise für den ersten und zweiten Platz abgelöst, die zuvor vergeben wurden – und gleich wieder für neues, böses Blut sorgten. Wenn Gruppen allerdings mit fünfzig, sechzig Personen anreisen, deckt der Betrag kaum die Ausgaben. Im Vordergrund steht: Dabeisein ist alles.
Dabeisein – wenn überall Musik erklingt. Hier das männliche Klagelied zur sanduhrförmigen Kundutrommel...
Dort begleiten südseesehnsüchtige Gitarrenklänge die dumpfen Töne einer Bambusorgel.
Schimären aus Waldgeist und Mensch
Besonders apart wirkt es, wenn Männer mit kriegerischen, rot-weißen Streifen im Gesicht und Eberhauern auf der nackten Brust zu elfenbeinfarbenen Blockflöten greifen.
Überall spürt man eine Riesenlust am Verkleiden, eine Freude am Sich-schön- und Sich-wild-Machen. Und fast ebenso groß scheint die Bereitschaft, sich in Szene zu setzen und von Fremden fotografieren zu lassen.
Zwei Krieger beim Goroka-Festival.
Zwei Krieger beim Goroka-Festival - über eintausend Stämme gibt es in Papua-Neuguinea (Lottemi Doormann)
Rund 600 Touristen sind zwischen den Tausenden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterwegs. Sie fallen auf, aber nicht ins Gewicht. Nur manchmal, wenn ein Weißer mit seiner Videokamera dem Häuptling bis in die Nasenhöhlen hinein zoomt, ahnt man hinter der stoischen Mine des Mannes, dass diese Frechheit unter anderen Umständen auch übel enden könnte.
Doch anders als in Hotels oder Dörfern sind die Tanzgruppen hier keine gebuchten Unterhaltungskünstler. Sie bleiben Herrinnen und Herren des Geschehens, tanzen für sich, singen oder auch nicht und setzen sich hin, wenn sie nicht mehr mögen.
Über den nahen Bergen hängen dunkle Wolken, aber kein Regen fällt. Vielleicht ist es das Verdienst der weiß gekalkten Männer aus Chimbu, die sich in einen Geistertanz hineinsteigern. Geduckt schieben sie sich in der Hocke voran, kreiseln um sich selbst, wechseln watschelnd die Plätze – um plötzlich aufzuspringen und loszustürmen, und die Federbüsche wippen wie dunkle Sonnenräder. Eine gute halbe Stunde dauert es, die Übersinnlichen abzuwehren oder gnädig zu stimmen. Und es gelingt nur Wesen, die sich ihnen ähnlich gemacht haben, kalkverschmiert, geheimnisvoll, Schimären aus Waldgeist und Mensch.
"Ich habe mein Leben verändert, um eine Perspektive zu haben"
Doch längst nicht alle jungen Leute erwärmen sich noch für die alten Traditionen. Hamoté, Anfang 30, der schon lange in der Hauptstadt Port Moresby lebt, ist angereist, um Freunde aus seinem alten Dorf zu treffen. Das Tanzen aber, sagt er, sei nicht so seins.
"Nein, ich tanze nicht. Unsere Art zu leben, hat sich verändert – wir haben das 21. Jahrhundert. Leute wie unsere Eltern sind anders aufgewachsen und haben einen anderen Lebensstil. Wir dagegen wurden von der westlichen Kultur beeinflusst und von vielen anderen Kulturen. Einige Dinge sehen wir ganz anders als sie. Unser Leben hat sich verändert."
Welchen Sinn macht dann ein Festival wie dieses noch?
"Es ist ein Anlass, uns zu erinnern, zu welchem Stamm wir gehören. Auch wenn wir uns weiterentwickelt haben und weit gekommen sind, müssen wir uns immer wieder klarmachen, wo wir hingehören. Wir haben eine Kultur, die zu uns gehört und auf der wir aufbauen."
Hamotés eigener Musikgeschmack ist eher westlich – aber auch nicht allzu up-to-date.
"Ich liebe Musik. Nicht die von heute, eher die 60er, 70er Jahre, die Beatles, die Eagles. Aber ich bin jetzt hier für die Show und ich will mittendrin sein. Ich mag das – aber ich tanze nicht. Ich bin Traditionalist, aber ich habe mein Leben verändert, um eine Perspektive zu haben."
Gertenschlucken als Initiationsritus
Und weiter geht es durch den bunten Bilderbogen. Die Frauen von Nopara haben den Dschungel geplündert. Sie tragen Armbänder aus Samen, Gürtel aus Blättern und Moose und Blüten am ganz Körper. Stets von Fotografen umlagert sind die Jungmänner mit den Penishüllen, welche stark an Pinocchios Nase erinnern. Und in einer Ecke ist ein Viereck aus blauer Plastikplane aufgebaut, zu dem Frauen keinen Zutritt haben. Die Lisaluga Cane Swallowers, die Gertenschlucker, zeigen hier ihr Ritual. John erklärt seinen Ursprung.
"Bevor du zum Mann ernannt wirst, musst du die Gerte schlucken. Schaffst du das nicht, nennen sie dich ein Mädchen. Man macht diesen Ritus, weil er die Männer fit macht. Man kann danach zweieinhalb Kilometer hohe Berge hochrennen als wären sie plattes Land, und man wird trotzdem nicht müde."
Jungen mit einer Schlange.
Jungen mit einer Schlange - auch ihm steht ein Initiationsritus bevor (Lottemi Doormann)
Dann nimmt einer der jungen Männer eine lange Gerte, weicht sie in Wasser ein, biegt sie zur Schlinge und schiebt sie sich in den Schlund und tief in den Magen hinunter. An diesem Morgen hat er die Prozedur schon zwei Dutzend Mal hinter sich gebracht.
Aber wozu in aller Welt soll es gut sein, sich zu übergeben? Ein alter Mann daneben erklärt, worum es geht.
"Sie glauben, dass es eine Art Reinigung ist. Manchmal bleiben Reste im Magen haften, die Krankheiten verursachen. Wenn man dieses Ritual durchführt, räumt man seinen Magen durch und reinigt sich selbst."
1886 kamen deutsche Missionare in die Highlands
Bei John weckt der Vorgang Erinnerungen an seine eigene Kindheit.
"Ich habe diesen Initiationsritus nicht mehr mitgemacht. Mein Vater schon. Als ich acht oder neun war, habe ich mindestens einmal im Monat gesehen, wie er sich hinter dem Haus die Gerte in den Hals geschoben und sich übergeben hat. Er war fest davon überzeugt, das würde ihn superfit halten."
Und dann geht er noch weiter in die Geschichte zurück, in die seiner Familie und die der deutschen Missionare, die eng miteinander verzahnt sind. 1886 brachen die Gottesmänner von der deutschen Handelsstation Finschhafen an der Nordostküste in die Highlands auf.
"Die ersten Missionare kamen von der Küste, von Finschhafen, und sie kamen zu Fuß. Sie überwanden die ganzen Berge, durchquerten Flüsse und stapften durch Sümpfe – was für eine Schinderei! Es gab keine einzige Straße und sie schlugen sich fast 1000 Kilometer durch, vom Meer hoch zu uns in die Highlands. Aber sie haben es geschafft – nur um das Wort des Christengottes zu verkünden."
Die Leute aßen einen Priester und kochten seine Stiefel
Das Dorf Tuawatchi in der Morobe-Provinz in Papua-Neuguinea. Morobe war unter dem Namen Adolphhafen um das frühe 20. Jahrhundert eine deutsche Kolonie.
Das Dorf Tuawatchi in der Morobe-Provinz in Papua-Neuguinea. Morobe war unter dem Namen Adolphhafen um das frühe 20. Jahrhundert eine deutsche Kolonie. (imago stock&people)
Doch es lief nicht alles so glücklich, wie der Missionar Johannes Flierl und seine Begleiter es sich erhofft hatten.
"Sie kamen an einen Ort namens Kásu. Die Leute dort töteten einen der Priester, sie aßen ihn und versuchten sogar, die Stiefel zu kochen und zu verzehren – aber die blieben zäh. Da haben die Weißen gemerkt, dass es in dieser Gegend sehr feindlich zugeht. Glücklicherweise fanden sie heraus, dass es einen alten Pfad zwischen dem Fluss Rámu und den Highlands gibt, über den die Leute in den Bergen mit denen im Tal Handel trieben. An diesem Pfad liegt mein Dorf, und so kam es, dass die Missionare als erstes mein Dorf betraten."
Und für die Ausgesandten der Neuendettelsauer Mission erwies sich die Begegnung mit Johns Vorfahren als Glücksfall, sagt die Familienhistorie.
"Mein Urgroßvater war zu dieser Zeit Häuptling. Und die Leute aßen noch Menschen. Als die ersten deutschen Missionare kamen, hat Gott im Himmel ihn wohl irgendwie erleuchtet, dass er sie in seinem Haus aufnahm. Niemand griff sie an, bis sie nicht nur meinen Großvater, sondern eine ganze Reihe alter Leute bekehrt hatten. Sie lehrten sie, Deutsch zu sprechen und Deutsch zu schreiben, und dann brachten sie das Wort Gottes weiter zu den anderen Stämmen in den Highlands von Papua-Neuguinea."
Zehn Prozent aller Paradiesvögel sterben jährlich für die Tracht
Sie singen, sie tanzen, sie schütteln sich. Da wippen Tausende von Federn von Paradiesvögeln und Papageien, schillernde Wunder aus den Wäldern des Landes. Elias, ein Naturparkranger, ist freilich ganz und gar nicht glücklich über diese Art von Schmuck.
"Für eine Tracht töten die Jäger manchmal um die 30 Vögel – für die Ausstattung einer einzigen Person. Ein Vogel kostet 50 Kina, ein ganz besonders seltener auch schon mal 100 Kina."
Zwischen 13 und 25 Euro also – eine Menge Geld für Papua-Neuguinea. Biologen schätzen, dass jedes Jahr zehn Prozent aller Paradiesvögel für die Zeremonien getötet werden. In der Vergangenheit setzten die Menschen sich selbst noch Grenzen, was die Ausbeutung der Natur betraf.
"Früher sorgten die Leute selbst dafür, dass die Bestände erhalten blieben. Sie jagten bestimmte Vögel nur zu bestimmten Zeiten und für besondere Zeremonien. Heute leben immer mehr Menschen hier, es gibt immer öfter Feste, der Wald wird weniger – und damit der Lebensraum für die verschiedenen Vögel."
Ein Großer Paradiesvogel sitzt auf einem Ast und spreizt die Flügel.
Ein großer Paradiesvogel - rund 10 Prozent der Arten fallen jährlich der traditionellen Festkleidung der Stämme zum Opfer (imago/Nature Picture Library)
Und auf privatem Land stößt der Naturschutz ohnehin an seine Grenzen, meint Elias.
"Wenn ich das Land besitze, kann niemand mir etwas vorschreiben. Ich kann darauf jagen und töten wie ich will, wenn es für eine Zeremonie ist. Unser Nationalvogel, der Paradiesvogel, ist gesetzlich geschützt. Aber auch er darf gejagt werden, allerdings nur mit Pfeil und Bogen, nicht mit Gewehren. In den Dörfern können wir nichts dagegen machen."
Sie schlüpfen wieder in Jeans und checken ihre Handys
Den Mitarbeitern der Wildlife Conservation Society bleibt also nur, auf Einsicht zu setzen. Und praktische Hilfsangebote zu machen: Manchmal verteilen sie Hühnerfedern, die zu Papageienfedern umgefärbt wurden.
"Das einzige, was wir daneben tun können: Wir machen den Leuten die Konsequenzen klar: Je mehr sie jagen, desto stärker gehen die Bestände zurück. Je stärker sie die Vögel jetzt schützen, desto länger haben sie in der Zukunft etwas davon. Deshalb zeigen wir ihnen auch, wie sie die Federn, die sie schon haben, so aufbewahren, dass sie möglichst lange benutzt werden können."
An 16. September fallen Unabhängigkeitstag und Goroka-Show zusammen. Die einheimischen Besucher finden sich nach und nach auf dem Fußballplatz daneben ein. Trachten tragen sie nicht, viele aber haben sich schwarz-rot-gelbe Nationalfähnchen ins Haar gesteckt. Sie kennen und können die alten Tänze nicht mehr, und statt kriegerischer Zacken malen sie sich lieber Spinnennetze und blaue Sterne ins Gesicht.
Gegen Abend packen auch die Tänzerinnen und Tänzer ihre Sachen zusammen. Sie kratzen sich die Farben ab, schlüpfen wieder in Jeans und T-Shirt und checken ihre Handys. Dann machen sie sich auf nach nebenan. Bald wird der DJ auflegen: Disco, John Denver, Rap und Modern Talking bunt durcheinander. Sie werden wieder tanzen. Dann aber auf die andere Art.