Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Die Gretchenfrage dreht sich um den Energiepreis

Der Umweltminister und Vertreter der Energiebranche haben sich in Berlin getroffen. Oft herrschte Einigkeit. Einer Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes wollte Norbert Röttgen aber nicht zustimmen.

Von Andreas Baum | 16.12.2011
    Bundesumweltminister Norbert Röttgen wehrt sich dagegen, das Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG - zu ändern. Es gibt Forderungen, der Solarbranche weiter Förderungen zu streichen, beispielsweise aus der FDP. Das Gesetz fördert neuerdings schwerpunktmäßig die großen Off-Shore-Windanlagen vor der Küste in der deutschen Bucht. Röttgen hält die Restförderung für die Solarbranche nicht für schädlich, im Übrigen sei Verunsicherung bei der Wende zu erneuerbaren Energien das größere Übel. In seinen Gesprächen mit Branchenvertretern nahm der Minister noch einmal die energieintensiven Industrien in Schutz, also beispielsweise die großen Stahlwerke und andere Metallverarbeiter - er will sie mit im Boot haben, sie gleichzeitig aber vor großen Strompreissteigerungen schützen:

    "Die Wettbewerbsfähigkeit des Strompreises ist ein extrem wichtiges Thema für die energieintensive Industrie. Ich habe unterstrichen, ich will, dass die energieintensive Industrie, die im internationalen Wettbewerb steht, auch von Belastungen, die andere zu tragen haben, ausgenommen wird."

    So ist die energieintensive Industrie ausgenommen von Netzentgelten. Röttgen ist zuversichtlich, dass die Energiewende mit ihren hochgesteckten Zielen gelingt. Bis 2020 ist ein Anteil von 35 Prozent an erneuerbaren Energien angestrebt und auch nicht utopisch. Defizite sieht er dagegen beim Energiesparen: Die Möglichkeiten der Energieeffizienz würden zu wenig angewendet.

    "Wir sind bei diesem Thema nicht so gut, wie bei den erneuerbaren Energien, obwohl die Potenziale riesig sind. Es ist ein brachliegendes Potenzial, im Gebäudebereich, in anderen Bereichen, deshalb ist Energieeffizienz ein Imperativ der nächsten Zeit."

    Entgegen verschiedenen Warnungen sei seit dem Abschalten der älteren Atomkraftwerke weder der Strompreis an den Börsen drastisch gestiegen, noch habe es Stromausfälle gegeben, sagte Röttgen. Es gebe auch genügend neue Kraftwerke, um Blackouts zu verhindern. Der Engpass seien die Netze, die ausgebaut werden müssten. Das sieht auch Erhard Ott so, Mitglied im Vorstand der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi - er vertritt die Verbraucherinteressen und hat die Stromkunden darauf vorzubereiten, dass die Preise mit der Energiewende nicht sinken werden.

    "Und das wird natürlich angesichts der Energiewende und den gewaltigen Investitionen, die in den nächsten Jahren erforderlich sind, auch in der Zukunft nicht passieren, aber es wird nach unserer Einschätzung auch nicht die Explosion von Energiekosten geben, die manchmal an die Wand gemalt werden."

    Und der ebenfalls geladene Vertreter des Bundesverbandes der deutschen Industrie, Markus Kerber, versichert, dass die Energiewende mit alle ihren Auswirkungen positiv gesehen wird.

    "Unser Verband hat mehrfach darauf hingewiesen, dass wir wie viele andere auch die Energiewende als ein Projekt sehen, dass in der Dimension und in der Intensität und in der Bedeutung für Deutschland mit dem Aufbau Ost vergleichbar ist. Sowohl was die Massivität des Projektes angeht, als wahrscheinlich auch die zeitliche Dauer. Aufbau Ost auch deswegen ein gutes Beispiel, weil das ja auch ein Erfolg mittlerweile geworden ist, von Anfang an auch als solcher geplant war, und ähnlich könnte es bei der Energiewende passieren."

    Beim Aufbau Ost flossen Milliarden an Fördergeldern, offenbar erwartet die Industrie dies bei der Energiewende auch in Zukunft.