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Die größte katalanische Bibliothek außerhalb von Katalonien

Seit zwei Jahren erfährt die katalanische Literatur und Kultur einen Boom, denn damals wurde Katalonien als Ehrengast für die diesjährige Frankfurter Buchmesse erkoren. Weltweit ist die katalanische Kultur und Literatur noch nicht sehr bekannt. In Frankfurt hat sie allerdings schon lange einen besonderen Stellenwert: 32.000 Bücher sind hier in der Biblioteca Catalan gesammelt.

Von Nina Michalk | 10.10.2007
    Rund 80.000 Meter Bücher stehen hier aufgereiht in einem Raum der Frankfurter Goethe Universität. Für eine Bibliothek ist das auf den ersten Blick nichts Besonderes. Nur: hier befindet sich die weltweit größte Sammlung katalanischer Bücher außerhalb Kataloniens.

    Bei der letzten Zählung im Sommer waren es 32.000 und ein Buch. Seit dem sind schon wieder neue Titel hinzugekommen. Gesammelt hat sie Professor Tilbert Stegmann und sein Team. Als er 1981 hier ankam, standen gerade mal 50 einsame Werke zur katalanischen Kultur im Regal. Für den Professor der Romanistik wurde die Biblioteca Catalana eine Herzensangelegenheit:

    "Ich hatte ein irrsinniges Glück, denn diese Bücher hab ich geschenkt bekommen, denn stellen sie sich vor, es ist die größte Bücherschenkung, die die Universität Frankfurt nach dem zweiten Weltkrieg bekommen hat."

    Dank des Professors. Denn nicht von alleine kommen Sparkassen, Vereine, Rathäuser oder die katalanische Regierung auf die Idee, einem deutschen Romanistikinstitut Bücher zu spenden. Eine wichtige Quelle für Stegmanns Sammlung war aber auch immer die Frankfurter Buchmesse:

    "Ich konnte jahrzehntelang von der Buchmesse den katalanischen Bücherstand abräumen und mit meinem VWchen oder Corsa hier in die Bibliothek schleppen. Wir haben uns totgeschleppt und geschwitzt wie die Packer, aber begeistert, dass wir wieder Unmengen Kartons abschleppen konnten und dadurch dann wieder Tausend Bände mehr in der Biblioteca Catalana waren. "

    Obwohl Tilbert Stegmann als Sohn deutscher Eltern in Barcelona geboren wurde, hat er als Kind nichts von der katalanischen Kultur wahrgenommen. Denn: bis zum Ende der Franco-Diktatur 1975 war die Katalanische Sprache strengstens verboten. Sie wurde nur hinter verschlossenen Türen gesprochen. Oft, sagt Stegmann, sind die Katalanen extra in Wandervereine eingetreten und haben dann weit weg von Polizisten ihre Kultur ausgelebt:

    "Das war wie so ein psychologisches Entspannen gegenüber den ziemlich haarsträubenden Erlebnissen. Mir hat einer zum Beispiel erzählt, dass er als Kind Murmel spielte mit seinem Freund, die hockten auf der Erde und zählten auf Katalanisch die Murmeln ab. Und dann kam ein berittener Guardia Civil vorbei, zog seinen Säbel und hat ihm mit der Breitseite eins übern Rücken gezogen und gesagt: Du dreckiger Katalane. "

    Kein Wunder, dass die Katalanen nach so vielen Jahren Unterdrückung ihre Kultur und Identität besonders pflegen. Sie haben sich sogar den Status einer autonomen Gemeinschaft innerhalb Spaniens erkämpft.

    Die Katalanen sind auch besonders stolz auf diesen deutschen Professor, der ihre Kultur im Ausland verbreitet. Der es nicht nur seinen eigenen Studenten ermöglicht, auf viele Werke katalanischer Literatur zurückzugreifen. Jeden Monat reisen hier im Schnitt 20 angehende Wissenschaftler aus anderen Unis an. Sie kommen von Hamburg bis Tübingen. Dann werden sie von Christina Kose betreut. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin kümmert sich um den Bestand, der übrigens auch aus katalanischen Kinderbüchern besteht. Die Bibliothek ist nämlich offen für alle:

    "Diese Bibliothek ist nicht nur zugänglich für Studenten, sondern auch für katalanische Mitbürger, oder für Leute, die sich für Katalanisch interessieren. Das ist eine Ausnahme hier an der Uni. Normalerweise sind die Bücher nicht ausleihbar an Fremde. Da kommen auch Familien mit Kindern her, weil es das sonst nirgendswo gibt. Das ist wirklich einzigartig was wir hier haben an Sammlungen. "