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Die Grünen wackeln am Beamtenstatus der Hochschullehrer

Vor dem Ende einer Klausurtagung der Grünen wurde bekannt, dass die Partei fordern will, den Beamtenstatus für Hochschullehrer abzuschaffen und stattdessen einen Wissenschaftstarifvertrag einzuführen. Kate Maleike sprach mit dem Präsidenten des Hochschulverbandes Hartmut Schiedermair über diese Forderungen.

    Maleike: Herr Schiedermair, die Idee den Beamtenstatus abzuschaffen ist ja nicht so wirklich neu. Trotzdem ist sie wieder in der Diskussion. Was halten Sie denn von dieser Forderung?

    Schiedermair: Der ist in der Tat nicht neu, der Vorschlag. Wir halten nach wie vor sehr wenig davon, weil er an den Bedürfnissen und Problemen der Universität wieder mal zielgerecht vorbei geht. Es ist klar, der Beamtenstatus heute allgemein im Gerede ist. Auch Politiker reden darüber ja immer wieder und dabei unterliegen die Akteure meistens dem fundamentalen Irrtum, zu glauben, das Beamtenrecht sei unbeweglich und das Tarifrecht beweglich. Genau umgekehrt ist es in der Republik: Jeder Kenner der Szenen im Arbeitsrecht und im Arbeitsleben weiß, dass es nichts Verkrusteteres gibt in der Republik als das deutsche Tarifsystem. Aber es kommt noch eines hinzu, und das ist wichtig: Für Professoren, also vor allem für den wissenschaftlichen Bereich, auch für den Nachwuchs, gelten Sonderregelungen, die sie aus dem allgemeinen Beamtenrecht herausheben. Wir haben nur bisher nicht das Laufbandprinzip und dergleichen, sondern spezielle Beweglichkeitsregeln, die den Bedürfnissen der Wissenschaft nach dem Grundsatz "Kunst und Wissenschaft muss wandern" gerecht werden. Und da ist man nun daran, und die Forderung, die wir jetzt von den Grünen aus Miesbach gehört haben, die ist auf der gleichen Linie, genau dieses abzubauen, und das gegen das verkrustete Tarifrecht einzutauschen. Das ist, wenn man das aus der Praxis und der Wirklichkeit der Universitäten sieht, und ich kann das nur bedauern, ein weiterer Fall von Laienspielertum, wie wir es heute in der Politik leider immer wieder beobachten, und die Leidtragenden sind wir.

    Maleike: Was wäre denn Ihr Gegenvorschlag?

    Schiedermair: Weitere Flexibilisierung des Beamtenrechts. Wir haben schon vor Jahren mal einen Vorschlag gemacht, ein eigenes Dienstrecht für Professoren und für den wissenschaftlichen Nachwuchs, das den besonderen Bedürfnissen, auch nach Beweglichkeit, eben gerecht wird, im Berufungswesen und dergleichen. Ich habe es eben schon zitiert, "Kunst und Wissenschaft muss wandern". Davon leben wir und auch das geltenden Hochschullehrerbeamtenrecht genügt dem noch lange nicht. Wir wollen ein eigenes Dienstrecht, weil eines noch hinzukommt, und das ist im Tarifsystem gar nicht aufgehoben: Wir sind angewiesen auf die persönliche und sachliche Unabhängigkeit des Wissenschaftlers, denn eine gelenkte Wissenschaft, die man über das Arbeits- oder Dienstrecht lenkt, erleidet schwere Schäden. Also, wenn es eine vernünftige neue Reform geben sollte, dann hieße das, neues Dienstrecht, eigenes Dienstrecht für Wissenschaftler an Universitäten.

    Maleike: Herr Schiedermair, Sie wissen aber, dass es zum Beispiel die Entbeamtung, wie Sie es nannten, schon bei den Lehrern gibt, bei Neueinstellungen. Da gibt es eben auch zweierlei, die einen sind verbeamtet, die anderen sind schlichtweg Angestellte. Warum soll denn für Lehrer etwas gelten, was es für Hochschullehrer dann nicht geben soll?

    Schiedermair: Erstens handelt es sich um zwei Berufe und zum Zweiten ist das auch, was die Lehrer angeht, im Angestelltenverhältnis eben auch eine schlechte Lösung. Ich möchte darauf hinweisen, dass in den neuen Bundesländern eine ganze Heerschar von Professoren und Professorinnen tätig sind, die nur im Angestelltenverhältnis tätig sind, nur deswegen, weil sich Bund und Länder, vor allem die Länder, natürlich den Beamtenstatus nicht leisten konnten. Was ich übrigens besonders bemerkenswert fand an dem Vorschlag der Grünen, dass sie sagten, die Überführung ins Angestelltenverhältnis sei viel günstiger. Jeder Kenner der Szene weiß, dass im großen Stil gar nicht entbeamtet werden kann, weil das nämlich für die Länder als Dienstherren bedeuten würde, dass sie für die Angestellte, die jetzt neu Angestellten, die Soziallasten während der aktiven Dienstzeit zahlen müssen, in der Form von Arbeitgeberbeiträgen, und gleichzeitig die Pensionslasten für die schon im Ruhestand befindlichen Beamten nebenher zusätzlich zahlen müssten. Und wenn wir im großen Stile entbeamten, dann sind wir in zehn Jahren völlig pleite. Das können wir gar nicht, das weiß auch jeder, und ich finde auch mal Abgeordnete sollten sich diesen Realitäten mal stellen.

    Maleike: Sie haben vorhin gesagt, Kunst und Wissenschaft, die beiden müssen wandern. Gehen wir jetzt mal noch mal zurück auf den Wissenschaftstarifvertrag. Der soll offenbar, so hat es zumindest die Regierung in Rheinland-Pfalz angekündigt, dort eingeführt werden. Ist da nicht das Kind im Grunde schon in den Brunnen gefallen?

    Schiedermair: Also, das ist ein verwegener Vorschlag, wenn das Land Rheinland-Pfalz hier einen Sonderweg beschreiten will und sich aus dem allgemeinen Dienstrecht der Länder und des Bundes ausklinken will, dann muss halt Rheinland-Pfalz im eigenen Saft schmoren und versperrt sich die Freizügigkeiten und den Zugang nach außen und von außen. Also, davon halte ich nicht viel.

    Maleike: Zum Schluss noch Ihre Einschätzung, wie geht das Ganze jetzt weiter? Also, wenn die Grünen es tatsächlich beschließen sollten, wird es bei der SPD auf fruchtbaren Boden stoßen?

    Schiedermair: Was Parteigremien beschließen, ist die eine Sache. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei den Innenpolitikern, die ja für Besoldung und das öffentliche Dienstrecht zuständige sind, viel mehr Realitätssinn und sehr viel mehr Vernunft herrscht, quer über die Parteien. Wir hoffen wir können - und das ist unsere Aufgabe hier im Deutschen Hochschulverband - die Stimme der Vernunft zur Geltung zu bringen. Und wir hoffen, dass wir den vernünftigen Akteuren, grade was die Innenpolitiker und die Dienstrechtler angeht, klar machen können, dass ein eigenes Dienstrecht für Wissenschaftler im finanz-öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis der einzig gangbare und vernünftige Weg ist. Daran werden wir halten und werden versuchen, das auch zur Geltung zu bringen.

    Maleike: Herr Schiedermair, ich danke Ihnen für das Gespräch.

    Schiedermair: Bitteschön.