"Veria gehört zu den ältesten Städten Griechenlands, die immer an derselben Stelle gestanden haben und nie umbenannt worden sind."
"Für uns ist Veria heute eine wirtschaftlich bedeutende und geistig-kulturell interessante Kleinstadt. Sie befindet sich an der antiken Handelsroute der Römer, Egnatia, und verbindet Ober- mit Untermakedonien. Zu ihren Füßen breitet sich die zweitgrößte Ebene des Landes."
Um die Mittagsstunde treffe ich den Historiker und Schriftsteller Thomas Gabriilidis in Veria an. Kaum jemand kann soviel über seine Heimatstadt erzählen, wie er. Die Begegnung mit ihm - ein echter Glücksfall. 50.000 Einwohner hat diese Kleinstadt in Zentralmakedonien und sie kündigt sich dem Besucher frühzeitig und aus einiger Entfernung an. In Hanglage breitet sich Veria weit im Vorland des Seli-Berges, eines der makedonischen Skigebiete Nordgriechenlands, aus. Die Anfahrt auf Veria beginnt mit dem Blick auf ihr Stadtpanorama. Und das wird bereits von der Autobahn gute zehn Kilometer im voraus sichtbar.
Ferienzeit ist nicht, doch in der Mittagszeit strömen Schüler und Studenten aus den zahlreichen Bildungseinrichtungen in Verias Zentrum zu einem Café. Die Cafés und Bars befinden sich in prädestinierter Lage. Entweder sind sie in alten neoklassizistischen Häusern untergebraucht oder aber sie sind in zeitgemäßen Gebäuden mit aufwendigem Mobiliar entstanden. Parallel dazu blüht um diese Uhrzeit der Handel. Veria hat eine sehr geschäftstüchtige Agora, ein Kleinhändler neben dem anderen und alle verkaufen, handeln, schließen Verträge ab. Inmitten dieser vitalen Szenerie wird in der Stadtbibliothek Verias geistiger Handel getrieben. Unmittelbar hinter dem Rathaus fällt der Neubau, in dem die Bibliothek untergebracht ist, dem Besucher sofort ins Auge. Weil es irgendwie nicht so richtig ins architektonische Muster des Viertels passt. Der Bibliothekarin, Aspasia Tasiopoulou, interessiert das nur wenig. Sie erzählt von der weltbekannten Bibliothek ihrer Stadt in den besten Tönen.
"Unser Haus hat 2010 den Preis für die 'beste Bildungseinrichtung der Welt' von der Melinda und Bill Gates Stiftung bekommen. Die Auszeichnung ist mit einer Prämie von eine Million Dollar verbunden. Bei uns werden nicht nur Bücher verliehen. Wir haben DVDs, Musik-CDs, CD-Roms, PC-Spiele, ein Archiv für Zeitungsartikel aus der ganzen Welt, dann Kinder-Bildungspakete. Ein großer Teil unserer Arbeit erstreckt sich überhaupt auf die Bedürfnisse der Kinder. Zu den Festtagen und in den Ferien haben wir Veranstaltungen und offene Tage für die Kinder organisiert, so dass sie sich auf vielfältige Weise bei uns einfügen können. Die Kinder können sogar das Wii-Spiel mit verschiedenen Spiel-Themen nutzen."
Sollte jemand bisher die Ansicht vertreten haben, dass es in einer zentralen Stadtbibliothek ruhig und schweigsam zugehen muss, der wird in der Bibliothek von Veria eines Besseren belehrt. In der Kinderabteilung laufen die Kinder hin und her. Sie klettern auf ein oberes Stockwerk, wo Malutensilien ausliegen. Oder sie legen sich in kreisrunde Nester mit einem Buch, um zu lesen. Dort können sie auch den darin installierten Rekorder aktivieren. Damit die Kinder Musik oder Hörbücher lauschen können.
In einem Nebengeschoss treffe ich auf einen jungen Studenten. Sinodis Taptas studiert in Veria das Fach Physik, in einer Dependance des Polytechnikums von Thessaloniki.
"Ich bin von Veria beeindruckt, weil sie kulturell sehenswert ist. Das Angebot ist groß, vermutlich weil Veria nach dem Krieg zur einer reichen Stadt nach Thessaloniki aufgestiegen ist. Und obwohl ihr gesamtes Umland bäuerlich geprägt ist, wirkt sie so lebendig wie eine Großstadt. Vor allem aber bin ich von ihren byzantinischen Kirchen begeistert. Wie viele Städte mit 50 Tausend Einwohnern kennen sie, die mehr als 50 byzantinische Kirchen vorweisen können?"
Ein kleiner Rundgang im Zentrum Verias gleicht einer Reise in die Vergangenheit. Überall, hinter Hauseingängen und auf kleinen Piazzen tauchen sie, wie Geister aus der Unterwelt, auf: winzige Steinkirchen, fast immer mit wertvollen Fresken ausgeschmückt. Der Historiker Thomas Gabriilidis hat ein Buch über die Kirchen von Veria veröffentlicht.
"Veria besaß 1912 exakt 72 byzantinischen Kirchen, wobei 19 davon nur noch als Ruinen vorhanden waren. Inzwischen haben wir insgesamt 50 Kirchen soweit restaurieren können, dass sie besichtigungswürdig sind. Die Älteste stammt aus dem 11. Jahrhundert, die Metropolis-Kirche. Danach folgt die Kirche des hl. Johannes aus dem 12. Jahrhundert. Sehr viele existieren aus dem 14 Jahrhundert und aus dem spätbyzantinischen 15. bis 19. Jahrhundert Veria war in der spätbyzantinischen Periode sehr von Bedeutung, da sie sich vehement und bis zum letzten Moment gegen die Okkupation der Osmanen gewehrt hat."
Der touristische Wert Verias geht aber noch weiter in die Zeit zurück. Das beweist heute das gut erhaltene jüdische Viertel der Oberstadt. Dort hatte man Apostel Paulus Obdach gewährt, nachdem ihn die Juden Thessalonikis verjagt hatten, so belegen es die historischen Schriften.
Die Lage Verias im Zentrum Makedoniens, der kulinarischen Hochburg Griechenlands, erlaubt schließlich noch einen Blick in die lukullischen Genüsse der Region. Für die Süßspeise "Revani", findet Veria immer wieder bei allen Griechen löbliche Erwähnung. Dieser Sirupkuchen wird aus Mehl, Orangensaft, Grieß, Eier, Zucker und Butter zubereitet. Später werden noch gehackte Mandeln beigemischt und mit einem Sirup aus Zucker, Wasser und Weinbrand übergossen. Wer nicht glaubt, dass so etwas schmecken kann, für den gibt's nur eins: Selber hinfahren und ausprobieren.
"Für uns ist Veria heute eine wirtschaftlich bedeutende und geistig-kulturell interessante Kleinstadt. Sie befindet sich an der antiken Handelsroute der Römer, Egnatia, und verbindet Ober- mit Untermakedonien. Zu ihren Füßen breitet sich die zweitgrößte Ebene des Landes."
Um die Mittagsstunde treffe ich den Historiker und Schriftsteller Thomas Gabriilidis in Veria an. Kaum jemand kann soviel über seine Heimatstadt erzählen, wie er. Die Begegnung mit ihm - ein echter Glücksfall. 50.000 Einwohner hat diese Kleinstadt in Zentralmakedonien und sie kündigt sich dem Besucher frühzeitig und aus einiger Entfernung an. In Hanglage breitet sich Veria weit im Vorland des Seli-Berges, eines der makedonischen Skigebiete Nordgriechenlands, aus. Die Anfahrt auf Veria beginnt mit dem Blick auf ihr Stadtpanorama. Und das wird bereits von der Autobahn gute zehn Kilometer im voraus sichtbar.
Ferienzeit ist nicht, doch in der Mittagszeit strömen Schüler und Studenten aus den zahlreichen Bildungseinrichtungen in Verias Zentrum zu einem Café. Die Cafés und Bars befinden sich in prädestinierter Lage. Entweder sind sie in alten neoklassizistischen Häusern untergebraucht oder aber sie sind in zeitgemäßen Gebäuden mit aufwendigem Mobiliar entstanden. Parallel dazu blüht um diese Uhrzeit der Handel. Veria hat eine sehr geschäftstüchtige Agora, ein Kleinhändler neben dem anderen und alle verkaufen, handeln, schließen Verträge ab. Inmitten dieser vitalen Szenerie wird in der Stadtbibliothek Verias geistiger Handel getrieben. Unmittelbar hinter dem Rathaus fällt der Neubau, in dem die Bibliothek untergebracht ist, dem Besucher sofort ins Auge. Weil es irgendwie nicht so richtig ins architektonische Muster des Viertels passt. Der Bibliothekarin, Aspasia Tasiopoulou, interessiert das nur wenig. Sie erzählt von der weltbekannten Bibliothek ihrer Stadt in den besten Tönen.
"Unser Haus hat 2010 den Preis für die 'beste Bildungseinrichtung der Welt' von der Melinda und Bill Gates Stiftung bekommen. Die Auszeichnung ist mit einer Prämie von eine Million Dollar verbunden. Bei uns werden nicht nur Bücher verliehen. Wir haben DVDs, Musik-CDs, CD-Roms, PC-Spiele, ein Archiv für Zeitungsartikel aus der ganzen Welt, dann Kinder-Bildungspakete. Ein großer Teil unserer Arbeit erstreckt sich überhaupt auf die Bedürfnisse der Kinder. Zu den Festtagen und in den Ferien haben wir Veranstaltungen und offene Tage für die Kinder organisiert, so dass sie sich auf vielfältige Weise bei uns einfügen können. Die Kinder können sogar das Wii-Spiel mit verschiedenen Spiel-Themen nutzen."
Sollte jemand bisher die Ansicht vertreten haben, dass es in einer zentralen Stadtbibliothek ruhig und schweigsam zugehen muss, der wird in der Bibliothek von Veria eines Besseren belehrt. In der Kinderabteilung laufen die Kinder hin und her. Sie klettern auf ein oberes Stockwerk, wo Malutensilien ausliegen. Oder sie legen sich in kreisrunde Nester mit einem Buch, um zu lesen. Dort können sie auch den darin installierten Rekorder aktivieren. Damit die Kinder Musik oder Hörbücher lauschen können.
In einem Nebengeschoss treffe ich auf einen jungen Studenten. Sinodis Taptas studiert in Veria das Fach Physik, in einer Dependance des Polytechnikums von Thessaloniki.
"Ich bin von Veria beeindruckt, weil sie kulturell sehenswert ist. Das Angebot ist groß, vermutlich weil Veria nach dem Krieg zur einer reichen Stadt nach Thessaloniki aufgestiegen ist. Und obwohl ihr gesamtes Umland bäuerlich geprägt ist, wirkt sie so lebendig wie eine Großstadt. Vor allem aber bin ich von ihren byzantinischen Kirchen begeistert. Wie viele Städte mit 50 Tausend Einwohnern kennen sie, die mehr als 50 byzantinische Kirchen vorweisen können?"
Ein kleiner Rundgang im Zentrum Verias gleicht einer Reise in die Vergangenheit. Überall, hinter Hauseingängen und auf kleinen Piazzen tauchen sie, wie Geister aus der Unterwelt, auf: winzige Steinkirchen, fast immer mit wertvollen Fresken ausgeschmückt. Der Historiker Thomas Gabriilidis hat ein Buch über die Kirchen von Veria veröffentlicht.
"Veria besaß 1912 exakt 72 byzantinischen Kirchen, wobei 19 davon nur noch als Ruinen vorhanden waren. Inzwischen haben wir insgesamt 50 Kirchen soweit restaurieren können, dass sie besichtigungswürdig sind. Die Älteste stammt aus dem 11. Jahrhundert, die Metropolis-Kirche. Danach folgt die Kirche des hl. Johannes aus dem 12. Jahrhundert. Sehr viele existieren aus dem 14 Jahrhundert und aus dem spätbyzantinischen 15. bis 19. Jahrhundert Veria war in der spätbyzantinischen Periode sehr von Bedeutung, da sie sich vehement und bis zum letzten Moment gegen die Okkupation der Osmanen gewehrt hat."
Der touristische Wert Verias geht aber noch weiter in die Zeit zurück. Das beweist heute das gut erhaltene jüdische Viertel der Oberstadt. Dort hatte man Apostel Paulus Obdach gewährt, nachdem ihn die Juden Thessalonikis verjagt hatten, so belegen es die historischen Schriften.
Die Lage Verias im Zentrum Makedoniens, der kulinarischen Hochburg Griechenlands, erlaubt schließlich noch einen Blick in die lukullischen Genüsse der Region. Für die Süßspeise "Revani", findet Veria immer wieder bei allen Griechen löbliche Erwähnung. Dieser Sirupkuchen wird aus Mehl, Orangensaft, Grieß, Eier, Zucker und Butter zubereitet. Später werden noch gehackte Mandeln beigemischt und mit einem Sirup aus Zucker, Wasser und Weinbrand übergossen. Wer nicht glaubt, dass so etwas schmecken kann, für den gibt's nur eins: Selber hinfahren und ausprobieren.