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Die heimische Wildkirsche

Die Ernte für Wildkirschen fiel dieses Jahr besonders gut aus. Die Lager sind für die nächsten drei bis vier Jahre gefüllt. Doch es geht nicht um die Frucht. Denn Wildkirschen schmecken sauer. Sondern bei der Ernte geht es nur um die Kerne der Wildkirschen. Sie sind wichtig, um wieder neue Wildkirschenbäume anzupflanzen. Ohne die Vorsorge der Forstgenbank würde allerdings das einzigartige genetische Material der Wildkirsche verloren gehen. Und vor allem das wertvolle Holz der Wildkirsch-Bäume. Eine der größten Forstgenbanken ist in Nordrhein-Westfalen die der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten in Arnsberg. Die sind trotz guter Ernte sehr besorgt um den Bestand unserer Wildkirsch-Bäume.

von Hans Rubinich |
    Das Holz von Wildkirschbäumen ist bei uns seit Jahren sehr gesucht und begehrt. Möbel aus diesem Material gefertigt, zählen mit zu den Edelsten und Teuersten, die es in Deutschland gibt. Etwa fünf bis sechs-tausend Mark kostet ein Festmeter Wildkirschenholz. Der Bestand von Wildkirsch-Bäumen hat sich in unseren Landen in den vergangenen Jahren immer mehr verringert. Mittlerweile zählt die Wildkirsche mit zu den gefährdeten Straucharten, wie Hans Peter Schmitt weiß. Er ist Leiter der Forstgenbank der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten in Arnsberg.

    "Die Wildkirschen-Bestände sind im Zurückgehen. Aber nicht nur wegen der Nutzung, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen. Es gibt Virusinfektionen bei den Kirschen, wo dann die Altkirschen absterben und dann als Bäume, die im Absterben sind, gefällt werden müssen, um das Holz wenigsten noch zu nutzen. Und dadurch wird der Bestand an Wildkirsche geringer. Bisher ist es nur an alten und mittelalten Bäumen aufgetreten. Jung-Pflanzen habe ich bisher nicht gesehen, die befallen worden sind."

    Der Virus ist nicht bekannt. Säße er in der Kirsche, ließe sich ein resistenter Gegenstoff züchten. Doch der Virus hat den Baum befallen. Und wo er da sitzt und wie er beschaffen ist, weiß Hans Peter Schmitt nicht. Daher lässt sich wenig dagegen machen, den Virus zu bekämpfen.

    "Jede Züchtung bedeutet im Grunde genommen Einengung. Und wenn Sie dann etwas herauszüchten, das für das lange Leben eines Baumes bedeutsam ist, dann haben Sie züchterisch Risiken eingekauft, die im Grunde viel riskanter sein können, als was Sie züchterisch erreicht haben. Unsere Haupttätigkeit bei der Kirsche besteht darin, dass wir für Saatgut sorgen. Saatgut, das wir an die Baumschulen liefern. Und mit denen dann neue Kirschen-Bestände begründet werden können. Indem Pflanzen angezogen werden, die dann nachher draußen im Wald angepflanzt werden."

    Das Saatgut der Wildkirsche zu gewinnen ist sehr aufwendig. Zuerst werden die Wildkirschen in schwindelerregender Höhe gepflückt. Bis zu 35 Meter hoch werden Wildkirschbäume. Dann landen die Kirschen in einer Maschine, die das Fruchtfleisch von den Kernen trennt. Vor der steht Forstwirtschaftsmeister Marin Ebel:

    "Das ist eigentlich eine Maschine, die aus der Marmeladen-Industrie kommt. Wir haben die beiden Öffnungen an der Maschine ausgetauscht. Da wo das Fruchtfleisch rauskommt, ist für uns der Abfall. Und die andere Seite, wo die Kerne rauskommen, ist für uns eben hochwertiges Saatgut."

    Das Saatgut der Wildkirsche ist in Deutschland sehr begehrt. Und daher auch sehr teuer. Schon erwerben Städte und Gemeinden es aus dem Ausland. Da ist es bis zu 80-90% billiger. Hält dieser Trend an, so kann das zum Problem werden. Wie etwa bei der Haselnuss. Ihr Saatgut ist im Ausland auch billiger. Und daher wird es in Deutschland nur noch aus anderen Ländern bezogen, wie etwa aus der Türkei und aus Osteuropa. Allerdings passt sich dieses Saatgut nicht immer unserem Klima an. Und ihr genetisches Material verträgt sich kaum oder gar nicht mit den heimischen Haselnüssen. Die Folge: Die Haselnüsse gehen ein, also ihr Bestand verringert sich.

    Das könnte bei der Wildkirsche auch passieren. Damit es nicht dazu kommt, wollen nun Hans Peter Schmitt und seine Mitarbeiter gezielt auf dieses Problem aufmerksam machen. Das Landesamt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten hat daher die Wildkirsche zur Pflanze des Monats Juli gekürt.