" Meine Damen und Herren. Ich wiederhole noch einmal die Zugverspätung: Der Intercity 2082 von Berchtesgaden zur Fahrt nach Hamburg-Altona, die Abfahrt hier 16 Uhr 58, aufgrund witterungsbedingter Störungen wird sich dieser Zug voraussichtlich in der Ankunft um etwa eine Stunde verspäten! Die nächste Reisemöglichkeit nach Celle und Uelzen besteht mit Metronom zur Fahrt nach Uelzen. Die Abfahrt hier 16 Uhr 40 von Gleis 7. Nächste Reisemöglichkeit für Reisende nach Hamburg direkt ist dann der InterCityExpress."
Anfang Januar auf dem Hauptbahnhof in Hannover. Der fahrplanmäßige Intercity der Deutschen Bahn ist durch starke Schneefälle in Süddeutschland verspätet. Die DB empfiehlt den Reisenden daher als nächste Verbindung nach Celle und Uelzen den "Metronom", den Zug eines privaten Eisenbahnunternehmens. - Im Vergleich zu den ersten Jahren nach der Bahnreform 1993 ist dieser Dienst am Kunden ein echter Meilenstein. Denn damals tat sich die Deutsche Bahn noch ausgesprochen schwer mit den neuen Wettbewerbern auf der Schiene. So war man beispielsweise nicht freiwillig bereit, die Zugverbindungen privater Eisenbahnen in die Fahrplanaushänge auf den Bahnhöfen aufzunehmen. Und auch bei mündlichen Auskünften über Abfahrtszeiten der Konkurrenten zeigte die DB sich meist nur wenig hilfsbreit.
Außerdem beschwerten sich die privaten Bahnen vor wenigen Jahren noch regelmäßig darüber, sowohl beim Zugang zur Schieneninfrastruktur als auch bei den Preisen für deren Benutzung benachteiligt zu werden. Die für die Schienen, Weichen und Signalanlagen zuständige Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, die DB Netz AG, bevorzuge die konzerneigenen Züge, hieß es. Von einem diskriminierungsfreien Wettbewerb, wie der Gesetzgeber ihn fordere, könne keine Rede sein!
Seit Anfang des Jahres wacht nun die Bundesnetzagentur in Bonn darüber, dass die Spielregeln im Wettbewerb zwischen Bahn und privater Konkurrenz eingehalten werden, erklärt Rudolf Boll. Er ist Pressesprecher der Behörde:
" Die Bundesnetzagentur hat seit dem 1. Januar 2006 als weitere Aufgabe hinzubekommen, im Bereich der Eisenbahnen für fairen Netzzugang auch bei den Bahnen zu sorgen und auch für faire Entgelte für die Trassennutzung. Grundlage dafür ist das Allgemeine Eisenbahngesetz, das Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz und die Eisenbahninfrastrukturbenutzungsverordnung, das sind die drei rechtlichen Grundlagen."
Die Bundesnetzagentur ist aus der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hervorgegangen, einer Nachfolgeorganisation des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation. Ursprünglich war die Regulierungsbehörde allein für die Liberalisierung des Telekommunikations- und Postmarktes zuständig, dabei galt es, aus den Monopolmärkten Wettbewerbsmärkte zu entwickeln. Im Juli letzten Jahres erweiterte der Gesetzgeber die Kompetenzen der Regulierungsbehörde nachhaltig: Mit der Umbenennung in "Bundesnetzagentur" übertrug man ihr zusätzlich die Überwachung des Wettbewerbs auf den Strom- und Gasmärkten. Und mit Beginn des neuen Jahres ist dann mit dem Eisenbahnwesen das fünfte Aufgabengebiet hinzugekommen.
Eine gute Wahl sei damit getroffen worden, urteilt der Verkehrswissenschaftler Jörn Pachl vom Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrssicherung der TU Braunschweig. Er sagt, die Bundesnetzagentur sei die richtige Adresse, um den Wettbewerb auf der Schiene zu überwachen:
" Die Übernahme der Regulierung der Eisenbahninfrastruktur durch die Bundesnetzagentur ist aus meiner Sicht die naheliegendste Lösung überhaupt. Die Bundesnetzagentur ist zuständig für die Regulierung aller öffentlichen Infrastrukturen, die privatrechtlich bewirtschaftet werden. Und es ist nicht einzusehen, dass man die Eisenbahn davon ausnehmen sollte. Also, die Regulierung des Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur ist von der Sache her eine ureigenste Aufgabe der Bundesnetzagentur, da es ebenfalls eine öffentliche Infrastruktur darstellt, die privat bewirtschaftet wird."
Gut 40.000 Züge rollen täglich über das deutsche Schienennetz. Mit knapp 35.000 Kilometern Länge ist es das größte in der Europäischen Union. Eigentümer des Netzes ist die bundeseigene Deutsche Bahn AG, die gewissermaßen als Kind der Bahnreform von 1993 aus den damaligen beiden deutschen Eisenbahnen, der Bundesbahn und der DDR-Reichsbahn entstand. Zum einen wollte man so den stetig steigenden Schulden von Bundesbahn und Reichsbahn begegnen, zum anderen erforderten auch EU-Vorgaben eine Neuordnung des Eisenbahnwesens: Europaweiter Wettbewerb soll nämlich die Leistungsfähigkeit des Schienenverkehrs in den Mitgliedsländern verbessern.
Vor der Bahnreform waren hierzulande, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, allein Züge von Reichs- und Bundesbahn unterwegs. Heute tummeln sich neben der DB mehr als 300 private Eisenbahnunternehmen im deutschen Schienennetz, vor allem im Güter- und Nahverkehr. Da es ein Unding gewesen wäre, wenn sich jedes dieser Unternehmen eigene Schienen gelegt hätte, benutzen alle das vorhandene Netz der Deutschen Bahn.
Und deren Tochtergesellschaft DB Netz unterhält die Schienen, Weichen und Signalanlagen, erstellt die Fahrpläne und erhebt für die Benutzung der Infrastruktur so genannte Trassenentgelte. Mit der getrennten Rechnungsführung von DB AG und DB Netz wollte der Gesetzgeber damals dabei einer möglichen Benachteiligung privater Bahnen begegnen. Doch trotz dieser buchhalterischen Trennung beklagten sich die Wettbewerber immer wieder über Diskriminierungen durch DB Netz.
Auf Dauer ein unhaltbarer Zustand, dem die rot-grüne Koalition in der letzten Legislaturperiode ein Ende bereiten wollte. Eine Trassenagentur beim Eisenbahn-Bundesamt sollte es richten und darüber wachen, dass kein Eisenbahnunternehmen benachteiligt wird. Die Bundesregierung folgte damit der Empfehlung einer vom Bundesverkehrsministerium im Jahr 2001 eingesetzten Expertenkommission "Zukunft der Schiene".
Außerdem wollte die damalige Koalition mit der Trassenagentur gleichzeitig weitere Vorgaben der Europäischen Union erfüllen. Brüssel fordert von seinen Mitgliedern im so genannten EU-Infrastrukturpaket nämlich nicht nur, dafür zu sorgen, dass auf der Schiene Wettbewerb herrscht; Brüssel verlangt von den EU-Staaten außerdem, für einen gerechten und diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu sorgen.
Aber das Gesetz der Regierung Schröder zur Trassenagentur fand im Bundesrat keine Mehrheit. Insbesondere ihre beabsichtigte Anbindung an das Eisenbahn-Bundesamt stieß auf wenig Gegenliebe. Diese Behörde ist in erster Linie für technische und sicherheitsrelevante Fragen der Eisenbahnen zuständig. Viele vermissten bei ihr den notwendigen Sachverstand in Wettbewerbsfragen und eine ausreichende Unabhängigkeit von der Bahn.
Das Gesetz ging schließlich in den Vermittlungsausschuss und heraus kamen die neuen Aufgaben für die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde. Sie wacht nun darüber, dass DB Netz kein Eisenbahnunternehmen benachteiligt, weder bei der Preisgestaltung aber vor allem nicht beim Zugang zum Netz. Für Rudolf Boll, den Sprecher der Bundesnetzagentur, ist das die wichtigste Aufgabe:
" Es ist ja nicht nur das Netz als solches, sondern die ganze Bahninfrastruktur, dass heißt, eben nicht nur die Trasse als solche, sondern darüber auch hinaus die Infrastruktur, die mit der Bahn verbunden sind, wie zum Beispiel Bahnhöfe, Rangierbahnhöfe, Abstellgleise, Hafenanlagen, Waschanlagen, also alles das, was auch andere Wettbewerber nutzen müssen, um überhaupt im Markt tätig sein zu können und ihren Kunden dann auch entsprechend ein Angebot machen zu können. Denn es nutzt ihnen ja nichts, wenn die Wettbewerber zwar die Trassen nutzen dürfen, aber nicht im Bahnhof halten können und es keiner Ein- und Aussteigen kann, das sind also schon Grundvoraussetzungen, dass die komplette Infrastruktur auch mitbenutzt werden kann."
Wohlgemerkt: Aufgabe der Bundesnetzagentur ist es, den diskriminierungsfreien Zugang zur Schiene, den Serviceeinrichtungen und die Gestaltung der Trassenpreise durch DB Netz zu überwachen! Aufgabe der Netzagentur ist es aber nicht, den Fahrplan zu erstellen und die Trassenpreise festzulegen. Das ist weiterhin allein Sache von DB Netz.
Horst Friedrich, der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, hätte sich gerne auch diese Kompetenzen bei der Bundesnetzagentur gewünscht, dennoch sagt er:
" Insgesamt kann man zufrieden sein, wenn man akzeptiert, dass es jetzt aus politischen Gründen das Optimale war, was man erreichen konnte, also sowohl in Abstimmung mit der damaligen Mehrheit rot-grün, als auch mit der Mehrheit im Bundesrat."
Und auch Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Bundestag, kann sich mit dem gefundenen Kompromiss anfreunden:
" Also ich glaube, dass, dass wir jetzt, was wir jetzt ab 1.1.2006 haben , dass wir die Aufgabenstellung bei der Regulierungsbehörde finden, dass das glaube ich ein ganz gutes, ganz gutes Ergebnis des, des politischen Prozesses war."
Wie bewertet man die neuen Aufgaben der Bundesnetzagentur bei der Deutschen Bahn? Schließlich wurde ihr mit der Bonner Behörde ein Wächter an die Seite gestellt, der ihr auf die Finger schauen wird. In der Zentrale der DB, im Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin gibt sich Joachim Fried zufrieden mit der getroffenen Regelung. Er ist der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Europäische Angelegenheiten, Wettbewerb und Regulierung:
" Was wir begrüßen, ist, dass die neue Regulierungsbehörde ja einen umfassenden Blick über gleichartige Sachverhalte hat, nämlich gleichartige Sachverhalte insofern, als ja verschiedene, ich sag' mal natürliche Monopole betrachtet werden, also nicht nur das Schienennetz, sondern eben auch das Telefonnetz und andere, und dass unterschiedliche Erfahrungen in die Beurteilung einfließen können und natürlich auch, dass die Behörde sehen kann und vergleichen kann, wie sich bestimmte Themen auch in anderen Bereichen entwickeln. Wir glauben, dass hier durchaus auch, ich sag mal, die manchmal etwas mit Blick auf die Bahn emotional geführte Diskussion versachlichen wird."
Natürlich vergisst der Wettbewerbsbeauftragte der DB nicht den Hinweis darauf, dass aus seiner Sicht eine Aufsichts- oder Regulierungsbehörde wie die Bundesnetzagentur nicht zwingend erforderlich sei. Denn die Deutsche Bahn habe, so sagt er, in den vergangenen Jahren selber einiges unternommen, um den Wettbewerb mit den privaten Eisenbahnen nicht zu behindern. Vor vier Jahren setzte das Unternehmen erstmals einen Wettbewerbsbeauftragten ein, was dazu führte, dass die Zahl der Beschwerden zurückgegangen ist.
Tatsächlich spricht heute sogar die französische Connex-Gruppe davon, dass sich das Verhältnis zur Bahn normalisiert hat. Connex konnte der DB vor allem im Nahverkehr etliche Strecken abjagen, was bei der Bahn natürlich nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen wurde. - Matthias Roeser, Pressesprecher der Connex-Gruppe:
" Insgesamt hat sich das Verhältnis zwischen DB Netz und den nicht bundeseigenen Eisenbahnen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Es ist inzwischen Normalität, dass nicht bundeseigene Eisenbahnen auf dem Netz der Deutschen Bahn verkehren, man hat sich aneinander gewöhnt, wir haben in vielen Regionen sogar ein ausgesprochen gutes Verhältnis, in manchen Regionen ist die Zusammenarbeit allerdings noch zäh und mühsam."
Dort gebe es leider immer wieder Ärger und Streiterei. Eine saubere Trennung des Schienennetzes vom übrigen DB-Konzern wäre deshalb besser gewesen, als die gefundene Regulierungsregelung mit der Bundesnetzagentur. Matthias Roeser:
" Unserer Ansicht nach ist sämtliche Regulierung im Prinzip nur ein Herumdoktern an Symptomen. Wenn es ein Netz gibt, das tatsächlich konzernunabhängig ist, ein Interesse an Mehreinnahmen hat, dann braucht man keine Regulierung."
In der Debatte um den beabsichtigten Gang der Bahn an die Börse spielt die Frage nach den Eigentumsverhältnissen am Netz eine wichtige Rolle. So wünschen sich beispielsweise die Grünen oder auch der Fahrgastverband Pro Bahn gemeinsam mit den privaten Eisenbahnen bei einem Börsengang den Verbleib des Netzes beim Bund. Unterstützung erhalten sie dabei seit einiger Zeit auch von der FDP und der Union. Und wie Anfang der Woche bekannt wurde, liebäugelt auch der Bundesrechnungshof mit dieser Variante. Bahnchef Hartmut Mehdorn dagegen will beim Gang an die Börse alle Geschäftsbereiche der DB mitnehmen und spricht dabei vom "integrierten Bahnkonzern".
Am vergangenen Dienstag ist den Verkehrspolitikern im Bundestag nun endlich das Gutachten der Beraterfirma Booz Allen Hamilton übergeben worden, das der Bundestag in Auftrag gegeben hatte. Die Mehrheit der Abgeordneten war unzufrieden damit gewesen, dass eine zuvor von der US-Beraterbank Morgan Stanley vorgelegte Studie im Auftrag der damaligen rot-grünen Bundesregierung allein den Börsengang der DB inklusive Netz untersucht und befürwortet hatte.
Auf mehr als 500 Seiten untersuchen die Gutachter von Booz Allen Hamilton nun fünf Modelle eines Börsengangs der Bahn und die möglichen Auswirkungen auf den Bund als Eigentümer. Beispielsweise: Welche Folgen hat ein Gang aufs Parkett mit und ohne Netz für die haushalts- und verkehrspolitischen Ziele des Bundes? Oder: Wie wirken sich die diskutierten Modelle auf die Kapitalmarktfähigkeit der Bahn aus?
Die Expertise soll die Entscheidung der Abgeordneten über den Gang des Konzerns an die Börse vorbereiten. Eine Empfehlung für oder gegen ein bestimmtes Modell, also für oder gegen einen integrierten Bahnkonzern, hatte das Parlament ausdrücklich nicht in Auftrag gegeben. Trotzdem sickerte in den vergangenen Monaten immer wieder das Gerücht durch, in dem Gutachten werde für den Börsengang der DB ohne Netz plädiert.
Am 15. Februar wird der Verkehrsausschuss des Bundestages mit den Gutachtern eine erste Fragerunde durchführen. Anschließend folgt eine Anhörung mit weiteren Experten. Die Entscheidung über den Börsengang der Bahn mit oder ohne Netz soll schließlich im Bundestag bis zum Frühsommer fallen. Und der Gang an den Aktienmarkt selbst wäre ab 2008 möglich, erklärte Bundesverkehrsminister Tiefensee Anfang der Woche in Berlin.
Natürlich wurde auch bei der Deutschen Bahn auf die Expertise aus dem Hause Booz Allen Hamilton gewartet. Man gab sich aber gelassen. Mit der Regulierung durch die Bundesnetzagentur seit Anfang des Jahres verbessern sich aus Sicht der Bahn nämlich die Chancen, den integrierten Bahnkonzern zu erhalten, sagt Joachim Fried, der Wettbewerbsbeauftragte der DB:
" Uns hilft glaube ich die Regulierung letztlich gerade auch bei der Diskussion der Frage: Trennung Netz und Betrieb, denn die Rechtfertigung der Regulierung ist ja gerade, dass bei einem bestehenden, möglichen Interessenkonflikt jemand dafür sorgt, dass dieser Interessenkonflikt eben nicht zum Tragen kommt, und hier gibt es eben in Deutschland jetzt eine sehr starke Institution, deshalb finde ich auch, dass trotz der Schaffung dieser sehr starken Institution die Diskussion um die Trennung von Netz und Betrieb andauert, jedenfalls aus wettbewerbstheoretischer Sicht kaum verständlich, denn entweder, man trennt Netz und Betrieb, das ist ein Weg, den aus meiner Sicht der Gesetzgeber zu Recht nicht beschritten hat, oder man schafft eben eine starke Regulierungsbehörde. Das ist der Weg, den der Bundestag und der Bundesrat gewählt haben und das ist eigentlich auch aus unserer Sicht eine rationale und gute Entscheidung, denn sie lässt eben zusammen, was zusammen gehört."
So sieht man das auch bei der Eisenbahnergewerkschaft Transnet, die in dieser Frage eine enge Verbündete der DB ist. Bahnchef Hartmut Mehdorn und der Gewerkschaftsvorsitzende Norbert Hansen schreiten Seit' an Seit' und werden nicht müde, für den integrierten Bahnkonzern zu werben.
Im letzten Jahr vereinbarten Transnet und DB einen Tarifvertrag mit einer Laufzeit bis zum Jahresende 2010! Während dieser Zeit sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Allerdings hat dieser Tarifvertrag nur in einem integrierten Bahnkonzern Bestand. Wird das Netz vom übrigen Unternehmen getrennt, kann die Bahn den Tarifvertrag aufkündigen.
Alois Weis ist bei der Gewerkschaft zuständig für Fragen der Bahnreform und leitet den Bereich "Infrastruktur". Die Verknüpfung von Beschäftigungssicherung und integriertem Konzern war in den Tarifverhandlungen ein Anliegen der DB, sagt er. Gleichwohl ist das eine Forderung gewesen, so Weis,
" die aus unserer Sicht natürlich auch verständlich ist, weil, ein segmentiertes, zersplittertes Unternehmen, kann auf lange und mittlere Sicht keine Beschäftigungsgarantien für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeben, dies kann nur ein integrierter Konzern."
Vor diesem Hintergrund hofft man in der Gewerkschaft Transnet denn auch, dass die Politik die gerade erst in Kraft getretene Regulierung durch die Bundesnetzagentur und das Gutachten von Booz Allen Hamilton sorgfältig gegeneinander abwägt.
" Wir glauben, dass mit der nun geschaffenen gesetzlichen Regelung eine gute Grundlage für die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs in Deutschland gelegt ist, der allen Beteiligten Chancen eröffnet, an diesem Markt zu partizipieren und wir erwarten, dass der Bundestag, beziehungsweise das neue Parlament diese Sicht bestätigt und keine gravierenden strukturellen Änderungen im Eisenbahnsektor vornimmt."
Ob aber die Politik das auch so sieht? Denn auch eine Trennung von Netz und Betrieb würde die Regulierung durch die Bundesnetzagentur nicht überflüssig machen. Die Verkehrssparten der Bahn, also der Güter-, Fern- und Nahverkehr, werden auch dann die größten Kunden des Infrastrukturbetreibers, der heutigen DB Netz, sein. Und sie werden gewiss versuchen, ihre starke Position am Markt in klingende Münze umzusetzen, sprich, Rabatte für Trassenpreise auszuhandeln. Und damit dabei die übrigen Eisenbahnen nicht auf der Strecke bleiben, wird die Bundesnetzagentur auch weiterhin Hüterin der Trasse sein.
Anfang Januar auf dem Hauptbahnhof in Hannover. Der fahrplanmäßige Intercity der Deutschen Bahn ist durch starke Schneefälle in Süddeutschland verspätet. Die DB empfiehlt den Reisenden daher als nächste Verbindung nach Celle und Uelzen den "Metronom", den Zug eines privaten Eisenbahnunternehmens. - Im Vergleich zu den ersten Jahren nach der Bahnreform 1993 ist dieser Dienst am Kunden ein echter Meilenstein. Denn damals tat sich die Deutsche Bahn noch ausgesprochen schwer mit den neuen Wettbewerbern auf der Schiene. So war man beispielsweise nicht freiwillig bereit, die Zugverbindungen privater Eisenbahnen in die Fahrplanaushänge auf den Bahnhöfen aufzunehmen. Und auch bei mündlichen Auskünften über Abfahrtszeiten der Konkurrenten zeigte die DB sich meist nur wenig hilfsbreit.
Außerdem beschwerten sich die privaten Bahnen vor wenigen Jahren noch regelmäßig darüber, sowohl beim Zugang zur Schieneninfrastruktur als auch bei den Preisen für deren Benutzung benachteiligt zu werden. Die für die Schienen, Weichen und Signalanlagen zuständige Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, die DB Netz AG, bevorzuge die konzerneigenen Züge, hieß es. Von einem diskriminierungsfreien Wettbewerb, wie der Gesetzgeber ihn fordere, könne keine Rede sein!
Seit Anfang des Jahres wacht nun die Bundesnetzagentur in Bonn darüber, dass die Spielregeln im Wettbewerb zwischen Bahn und privater Konkurrenz eingehalten werden, erklärt Rudolf Boll. Er ist Pressesprecher der Behörde:
" Die Bundesnetzagentur hat seit dem 1. Januar 2006 als weitere Aufgabe hinzubekommen, im Bereich der Eisenbahnen für fairen Netzzugang auch bei den Bahnen zu sorgen und auch für faire Entgelte für die Trassennutzung. Grundlage dafür ist das Allgemeine Eisenbahngesetz, das Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz und die Eisenbahninfrastrukturbenutzungsverordnung, das sind die drei rechtlichen Grundlagen."
Die Bundesnetzagentur ist aus der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hervorgegangen, einer Nachfolgeorganisation des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation. Ursprünglich war die Regulierungsbehörde allein für die Liberalisierung des Telekommunikations- und Postmarktes zuständig, dabei galt es, aus den Monopolmärkten Wettbewerbsmärkte zu entwickeln. Im Juli letzten Jahres erweiterte der Gesetzgeber die Kompetenzen der Regulierungsbehörde nachhaltig: Mit der Umbenennung in "Bundesnetzagentur" übertrug man ihr zusätzlich die Überwachung des Wettbewerbs auf den Strom- und Gasmärkten. Und mit Beginn des neuen Jahres ist dann mit dem Eisenbahnwesen das fünfte Aufgabengebiet hinzugekommen.
Eine gute Wahl sei damit getroffen worden, urteilt der Verkehrswissenschaftler Jörn Pachl vom Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrssicherung der TU Braunschweig. Er sagt, die Bundesnetzagentur sei die richtige Adresse, um den Wettbewerb auf der Schiene zu überwachen:
" Die Übernahme der Regulierung der Eisenbahninfrastruktur durch die Bundesnetzagentur ist aus meiner Sicht die naheliegendste Lösung überhaupt. Die Bundesnetzagentur ist zuständig für die Regulierung aller öffentlichen Infrastrukturen, die privatrechtlich bewirtschaftet werden. Und es ist nicht einzusehen, dass man die Eisenbahn davon ausnehmen sollte. Also, die Regulierung des Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur ist von der Sache her eine ureigenste Aufgabe der Bundesnetzagentur, da es ebenfalls eine öffentliche Infrastruktur darstellt, die privat bewirtschaftet wird."
Gut 40.000 Züge rollen täglich über das deutsche Schienennetz. Mit knapp 35.000 Kilometern Länge ist es das größte in der Europäischen Union. Eigentümer des Netzes ist die bundeseigene Deutsche Bahn AG, die gewissermaßen als Kind der Bahnreform von 1993 aus den damaligen beiden deutschen Eisenbahnen, der Bundesbahn und der DDR-Reichsbahn entstand. Zum einen wollte man so den stetig steigenden Schulden von Bundesbahn und Reichsbahn begegnen, zum anderen erforderten auch EU-Vorgaben eine Neuordnung des Eisenbahnwesens: Europaweiter Wettbewerb soll nämlich die Leistungsfähigkeit des Schienenverkehrs in den Mitgliedsländern verbessern.
Vor der Bahnreform waren hierzulande, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, allein Züge von Reichs- und Bundesbahn unterwegs. Heute tummeln sich neben der DB mehr als 300 private Eisenbahnunternehmen im deutschen Schienennetz, vor allem im Güter- und Nahverkehr. Da es ein Unding gewesen wäre, wenn sich jedes dieser Unternehmen eigene Schienen gelegt hätte, benutzen alle das vorhandene Netz der Deutschen Bahn.
Und deren Tochtergesellschaft DB Netz unterhält die Schienen, Weichen und Signalanlagen, erstellt die Fahrpläne und erhebt für die Benutzung der Infrastruktur so genannte Trassenentgelte. Mit der getrennten Rechnungsführung von DB AG und DB Netz wollte der Gesetzgeber damals dabei einer möglichen Benachteiligung privater Bahnen begegnen. Doch trotz dieser buchhalterischen Trennung beklagten sich die Wettbewerber immer wieder über Diskriminierungen durch DB Netz.
Auf Dauer ein unhaltbarer Zustand, dem die rot-grüne Koalition in der letzten Legislaturperiode ein Ende bereiten wollte. Eine Trassenagentur beim Eisenbahn-Bundesamt sollte es richten und darüber wachen, dass kein Eisenbahnunternehmen benachteiligt wird. Die Bundesregierung folgte damit der Empfehlung einer vom Bundesverkehrsministerium im Jahr 2001 eingesetzten Expertenkommission "Zukunft der Schiene".
Außerdem wollte die damalige Koalition mit der Trassenagentur gleichzeitig weitere Vorgaben der Europäischen Union erfüllen. Brüssel fordert von seinen Mitgliedern im so genannten EU-Infrastrukturpaket nämlich nicht nur, dafür zu sorgen, dass auf der Schiene Wettbewerb herrscht; Brüssel verlangt von den EU-Staaten außerdem, für einen gerechten und diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu sorgen.
Aber das Gesetz der Regierung Schröder zur Trassenagentur fand im Bundesrat keine Mehrheit. Insbesondere ihre beabsichtigte Anbindung an das Eisenbahn-Bundesamt stieß auf wenig Gegenliebe. Diese Behörde ist in erster Linie für technische und sicherheitsrelevante Fragen der Eisenbahnen zuständig. Viele vermissten bei ihr den notwendigen Sachverstand in Wettbewerbsfragen und eine ausreichende Unabhängigkeit von der Bahn.
Das Gesetz ging schließlich in den Vermittlungsausschuss und heraus kamen die neuen Aufgaben für die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde. Sie wacht nun darüber, dass DB Netz kein Eisenbahnunternehmen benachteiligt, weder bei der Preisgestaltung aber vor allem nicht beim Zugang zum Netz. Für Rudolf Boll, den Sprecher der Bundesnetzagentur, ist das die wichtigste Aufgabe:
" Es ist ja nicht nur das Netz als solches, sondern die ganze Bahninfrastruktur, dass heißt, eben nicht nur die Trasse als solche, sondern darüber auch hinaus die Infrastruktur, die mit der Bahn verbunden sind, wie zum Beispiel Bahnhöfe, Rangierbahnhöfe, Abstellgleise, Hafenanlagen, Waschanlagen, also alles das, was auch andere Wettbewerber nutzen müssen, um überhaupt im Markt tätig sein zu können und ihren Kunden dann auch entsprechend ein Angebot machen zu können. Denn es nutzt ihnen ja nichts, wenn die Wettbewerber zwar die Trassen nutzen dürfen, aber nicht im Bahnhof halten können und es keiner Ein- und Aussteigen kann, das sind also schon Grundvoraussetzungen, dass die komplette Infrastruktur auch mitbenutzt werden kann."
Wohlgemerkt: Aufgabe der Bundesnetzagentur ist es, den diskriminierungsfreien Zugang zur Schiene, den Serviceeinrichtungen und die Gestaltung der Trassenpreise durch DB Netz zu überwachen! Aufgabe der Netzagentur ist es aber nicht, den Fahrplan zu erstellen und die Trassenpreise festzulegen. Das ist weiterhin allein Sache von DB Netz.
Horst Friedrich, der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, hätte sich gerne auch diese Kompetenzen bei der Bundesnetzagentur gewünscht, dennoch sagt er:
" Insgesamt kann man zufrieden sein, wenn man akzeptiert, dass es jetzt aus politischen Gründen das Optimale war, was man erreichen konnte, also sowohl in Abstimmung mit der damaligen Mehrheit rot-grün, als auch mit der Mehrheit im Bundesrat."
Und auch Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Bundestag, kann sich mit dem gefundenen Kompromiss anfreunden:
" Also ich glaube, dass, dass wir jetzt, was wir jetzt ab 1.1.2006 haben , dass wir die Aufgabenstellung bei der Regulierungsbehörde finden, dass das glaube ich ein ganz gutes, ganz gutes Ergebnis des, des politischen Prozesses war."
Wie bewertet man die neuen Aufgaben der Bundesnetzagentur bei der Deutschen Bahn? Schließlich wurde ihr mit der Bonner Behörde ein Wächter an die Seite gestellt, der ihr auf die Finger schauen wird. In der Zentrale der DB, im Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin gibt sich Joachim Fried zufrieden mit der getroffenen Regelung. Er ist der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Europäische Angelegenheiten, Wettbewerb und Regulierung:
" Was wir begrüßen, ist, dass die neue Regulierungsbehörde ja einen umfassenden Blick über gleichartige Sachverhalte hat, nämlich gleichartige Sachverhalte insofern, als ja verschiedene, ich sag' mal natürliche Monopole betrachtet werden, also nicht nur das Schienennetz, sondern eben auch das Telefonnetz und andere, und dass unterschiedliche Erfahrungen in die Beurteilung einfließen können und natürlich auch, dass die Behörde sehen kann und vergleichen kann, wie sich bestimmte Themen auch in anderen Bereichen entwickeln. Wir glauben, dass hier durchaus auch, ich sag mal, die manchmal etwas mit Blick auf die Bahn emotional geführte Diskussion versachlichen wird."
Natürlich vergisst der Wettbewerbsbeauftragte der DB nicht den Hinweis darauf, dass aus seiner Sicht eine Aufsichts- oder Regulierungsbehörde wie die Bundesnetzagentur nicht zwingend erforderlich sei. Denn die Deutsche Bahn habe, so sagt er, in den vergangenen Jahren selber einiges unternommen, um den Wettbewerb mit den privaten Eisenbahnen nicht zu behindern. Vor vier Jahren setzte das Unternehmen erstmals einen Wettbewerbsbeauftragten ein, was dazu führte, dass die Zahl der Beschwerden zurückgegangen ist.
Tatsächlich spricht heute sogar die französische Connex-Gruppe davon, dass sich das Verhältnis zur Bahn normalisiert hat. Connex konnte der DB vor allem im Nahverkehr etliche Strecken abjagen, was bei der Bahn natürlich nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen wurde. - Matthias Roeser, Pressesprecher der Connex-Gruppe:
" Insgesamt hat sich das Verhältnis zwischen DB Netz und den nicht bundeseigenen Eisenbahnen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Es ist inzwischen Normalität, dass nicht bundeseigene Eisenbahnen auf dem Netz der Deutschen Bahn verkehren, man hat sich aneinander gewöhnt, wir haben in vielen Regionen sogar ein ausgesprochen gutes Verhältnis, in manchen Regionen ist die Zusammenarbeit allerdings noch zäh und mühsam."
Dort gebe es leider immer wieder Ärger und Streiterei. Eine saubere Trennung des Schienennetzes vom übrigen DB-Konzern wäre deshalb besser gewesen, als die gefundene Regulierungsregelung mit der Bundesnetzagentur. Matthias Roeser:
" Unserer Ansicht nach ist sämtliche Regulierung im Prinzip nur ein Herumdoktern an Symptomen. Wenn es ein Netz gibt, das tatsächlich konzernunabhängig ist, ein Interesse an Mehreinnahmen hat, dann braucht man keine Regulierung."
In der Debatte um den beabsichtigten Gang der Bahn an die Börse spielt die Frage nach den Eigentumsverhältnissen am Netz eine wichtige Rolle. So wünschen sich beispielsweise die Grünen oder auch der Fahrgastverband Pro Bahn gemeinsam mit den privaten Eisenbahnen bei einem Börsengang den Verbleib des Netzes beim Bund. Unterstützung erhalten sie dabei seit einiger Zeit auch von der FDP und der Union. Und wie Anfang der Woche bekannt wurde, liebäugelt auch der Bundesrechnungshof mit dieser Variante. Bahnchef Hartmut Mehdorn dagegen will beim Gang an die Börse alle Geschäftsbereiche der DB mitnehmen und spricht dabei vom "integrierten Bahnkonzern".
Am vergangenen Dienstag ist den Verkehrspolitikern im Bundestag nun endlich das Gutachten der Beraterfirma Booz Allen Hamilton übergeben worden, das der Bundestag in Auftrag gegeben hatte. Die Mehrheit der Abgeordneten war unzufrieden damit gewesen, dass eine zuvor von der US-Beraterbank Morgan Stanley vorgelegte Studie im Auftrag der damaligen rot-grünen Bundesregierung allein den Börsengang der DB inklusive Netz untersucht und befürwortet hatte.
Auf mehr als 500 Seiten untersuchen die Gutachter von Booz Allen Hamilton nun fünf Modelle eines Börsengangs der Bahn und die möglichen Auswirkungen auf den Bund als Eigentümer. Beispielsweise: Welche Folgen hat ein Gang aufs Parkett mit und ohne Netz für die haushalts- und verkehrspolitischen Ziele des Bundes? Oder: Wie wirken sich die diskutierten Modelle auf die Kapitalmarktfähigkeit der Bahn aus?
Die Expertise soll die Entscheidung der Abgeordneten über den Gang des Konzerns an die Börse vorbereiten. Eine Empfehlung für oder gegen ein bestimmtes Modell, also für oder gegen einen integrierten Bahnkonzern, hatte das Parlament ausdrücklich nicht in Auftrag gegeben. Trotzdem sickerte in den vergangenen Monaten immer wieder das Gerücht durch, in dem Gutachten werde für den Börsengang der DB ohne Netz plädiert.
Am 15. Februar wird der Verkehrsausschuss des Bundestages mit den Gutachtern eine erste Fragerunde durchführen. Anschließend folgt eine Anhörung mit weiteren Experten. Die Entscheidung über den Börsengang der Bahn mit oder ohne Netz soll schließlich im Bundestag bis zum Frühsommer fallen. Und der Gang an den Aktienmarkt selbst wäre ab 2008 möglich, erklärte Bundesverkehrsminister Tiefensee Anfang der Woche in Berlin.
Natürlich wurde auch bei der Deutschen Bahn auf die Expertise aus dem Hause Booz Allen Hamilton gewartet. Man gab sich aber gelassen. Mit der Regulierung durch die Bundesnetzagentur seit Anfang des Jahres verbessern sich aus Sicht der Bahn nämlich die Chancen, den integrierten Bahnkonzern zu erhalten, sagt Joachim Fried, der Wettbewerbsbeauftragte der DB:
" Uns hilft glaube ich die Regulierung letztlich gerade auch bei der Diskussion der Frage: Trennung Netz und Betrieb, denn die Rechtfertigung der Regulierung ist ja gerade, dass bei einem bestehenden, möglichen Interessenkonflikt jemand dafür sorgt, dass dieser Interessenkonflikt eben nicht zum Tragen kommt, und hier gibt es eben in Deutschland jetzt eine sehr starke Institution, deshalb finde ich auch, dass trotz der Schaffung dieser sehr starken Institution die Diskussion um die Trennung von Netz und Betrieb andauert, jedenfalls aus wettbewerbstheoretischer Sicht kaum verständlich, denn entweder, man trennt Netz und Betrieb, das ist ein Weg, den aus meiner Sicht der Gesetzgeber zu Recht nicht beschritten hat, oder man schafft eben eine starke Regulierungsbehörde. Das ist der Weg, den der Bundestag und der Bundesrat gewählt haben und das ist eigentlich auch aus unserer Sicht eine rationale und gute Entscheidung, denn sie lässt eben zusammen, was zusammen gehört."
So sieht man das auch bei der Eisenbahnergewerkschaft Transnet, die in dieser Frage eine enge Verbündete der DB ist. Bahnchef Hartmut Mehdorn und der Gewerkschaftsvorsitzende Norbert Hansen schreiten Seit' an Seit' und werden nicht müde, für den integrierten Bahnkonzern zu werben.
Im letzten Jahr vereinbarten Transnet und DB einen Tarifvertrag mit einer Laufzeit bis zum Jahresende 2010! Während dieser Zeit sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Allerdings hat dieser Tarifvertrag nur in einem integrierten Bahnkonzern Bestand. Wird das Netz vom übrigen Unternehmen getrennt, kann die Bahn den Tarifvertrag aufkündigen.
Alois Weis ist bei der Gewerkschaft zuständig für Fragen der Bahnreform und leitet den Bereich "Infrastruktur". Die Verknüpfung von Beschäftigungssicherung und integriertem Konzern war in den Tarifverhandlungen ein Anliegen der DB, sagt er. Gleichwohl ist das eine Forderung gewesen, so Weis,
" die aus unserer Sicht natürlich auch verständlich ist, weil, ein segmentiertes, zersplittertes Unternehmen, kann auf lange und mittlere Sicht keine Beschäftigungsgarantien für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeben, dies kann nur ein integrierter Konzern."
Vor diesem Hintergrund hofft man in der Gewerkschaft Transnet denn auch, dass die Politik die gerade erst in Kraft getretene Regulierung durch die Bundesnetzagentur und das Gutachten von Booz Allen Hamilton sorgfältig gegeneinander abwägt.
" Wir glauben, dass mit der nun geschaffenen gesetzlichen Regelung eine gute Grundlage für die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs in Deutschland gelegt ist, der allen Beteiligten Chancen eröffnet, an diesem Markt zu partizipieren und wir erwarten, dass der Bundestag, beziehungsweise das neue Parlament diese Sicht bestätigt und keine gravierenden strukturellen Änderungen im Eisenbahnsektor vornimmt."
Ob aber die Politik das auch so sieht? Denn auch eine Trennung von Netz und Betrieb würde die Regulierung durch die Bundesnetzagentur nicht überflüssig machen. Die Verkehrssparten der Bahn, also der Güter-, Fern- und Nahverkehr, werden auch dann die größten Kunden des Infrastrukturbetreibers, der heutigen DB Netz, sein. Und sie werden gewiss versuchen, ihre starke Position am Markt in klingende Münze umzusetzen, sprich, Rabatte für Trassenpreise auszuhandeln. Und damit dabei die übrigen Eisenbahnen nicht auf der Strecke bleiben, wird die Bundesnetzagentur auch weiterhin Hüterin der Trasse sein.