Jochen Spengler: Seit zehn Jahren werden Europas Hochschulen umgebaut. Im italienischen Bologna hatten dies die europäischen Wissenschaftsminister 1999 beschlossen. Seither wurden im Zuge des nun sogenannten Bologna-Prozesses Studiengänge verkürzt und konzentriert und Diplom- wie Magisterabschlüsse ersetzt durch Bachelor- und Master-Abschlüsse - alles, um bis 2010 vor allem ein Ziel zu erreichen: einen einheitlichen europäischen Hochschulraum, in dem Studenten vergleichbar ausgebildet werden und leicht die Lehrstätte und das Land wechseln können, mobil sein können. Das gilt natürlich auch für die Lehrkräfte. Das Ziel war gut gemeint, aber es wurde offenbar schlecht umgesetzt. Zurzeit wird in der belgischen Universitätsstadt Löwen Zwischenbilanz gezogen - nicht nur von den Wissenschaftsministern aus 46 europäischen Ländern, sondern auch von Studenten.
Am Telefon begrüße ich nun Jan-Hendrik Olbertz, den parteilosen Kultusminister aus Sachsen-Anhalt, der in Leuven die Delegation der Bundesländer leitet. Guten Morgen, Herr Olbertz.
Jan-Hendrik Olbertz: Guten Morgen. Ich grüße Sie!
Spengler: Herr Olbertz, wir haben eben die Ansicht der Studenten gehört. Die fällt überwiegend negativ aus - nach dem Motto, die Ziele von Bologna mögen okay sein, die Umsetzung ist schlecht. Welche Note würden Sie sich selbst denn für die missratene Hochschulreform geben?
Olbertz: Na ja, das ist ja schon suggestiv gefragt. Aber ich würde jedenfalls auch kein "sehr gut" erteilen, ich würde mich so zwischen "gut" und "befriedigend" bewegen. Ich bin ganz froh, dass ich das nicht durch eine Zensur bewerten muss.
Spengler: Eh wir auf die kritischen Punkte zu sprechen kommen, was ist Ihrer Ansicht nach denn gelungen?
Olbertz: Na ja, ich denke, gelungen ist sicherlich über die letzten zehn Jahre ein Umbau des Hochschulsystems, das zumindest das Potenzial hat, aus dem mehr Mobilität erwachsen kann und auch eine wechselseitige Anerkennung von Abschlüssen beziehungsweise Studienabschnitten, und sicher auch die Möglichkeit für die jungen Leute, schneller zu studieren, sich auszutauschen. Das sind sicherlich alles Weichenstellungen, die ich selber auch für vernünftig halte.
Ich teile aber auf der anderen Seite auch die Kritik an vielen Dingen, die sich nicht so entwickelt haben, wie man sich das wünschen kann und wo für die nächsten zehn Jahre - und um die ging es so ein bisschen auch schon jetzt - vor allem das Thema Qualität zum Beispiel viel stärker in den Vordergrund zu rücken ist.
Spengler: Nun müssen wir ehrlich sein: das Ziel war bis nächstes Jahr, bis 2010, nicht bis 2020 Mobilität. Die war nicht erreicht, weil die Studenten ständig Prüfungen machen müssen, weil der Druck sehr groß ist, weil es sich kaum einer leisten kann, ein Semester ins Ausland zu gehen. Wenn solch ein zentrales Ziel einer Reform nicht erreicht wird, ist das nicht eher eine 5 als eine 2?
Olbertz: Herr Spengler, es ist ja so, dass diese Zielbilanz auch deswegen etwas anders ausfällt, weil über die Jahre eine große Anzahl von Ländern noch hinzugetreten ist. Das hat mit 29 angefangen, jetzt machen 46 Länder mit, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in diesen verabredeten europäischen Reformprozess eingestiegen sind. Das ist nicht weiter verwunderlich.
Aber das, was Sie zuvor sagten, das teile ich. Beispielsweise die Breite und Tiefe der Curicula, der Studienpläne für die Bachelor-Studiengänge, das braucht wirklich eine kritische Revision, damit auch die Studierbarkeit aufrecht erhalten bleibt, denn im Moment ist es eben gerade in Deutschland leider so, dass sehr viele traditionelle Studiengänge umbenannt worden sind, halbiert, in der Mitte sozusagen durchgeschnitten worden sind, heißen jetzt Bachelor und Master, aber ein Bachelor-Studiengang muss eigentlich von Grund auf anders komponiert werden: Mit einem starken Berufsbezug, einer ordentlichen Systematik, aber eben auch einer klugen Begrenzung, um wirklich elementare Dinge eines Faches dann am Ende parat zu haben. Im Moment haben wir diese enorme Verdichtung in dem System drin und ich kann die Studierenden sehr gut verstehen, die sich eher abgehalten fühlen von Mobilität - dadurch, dass sie einfach gar keine Zeit haben, konzentriert und in Muße nacheinander Studienmodule zu absolvieren.
Spengler: Sie würden also sagen, eine Ursache des Mobilitätsmangels ist die übergroße Verschulung des Studiums?
Olbertz: Nein, das würde ich so nicht formulieren. Ich denke eben eher, dass sehr viele Kritikpunkte, die jetzt der Bologna-Reform angelastet werden, eigentlich tiefere Gründe haben - gerade in den deutschen Studiengangstrukturen. Es ist ja auch eine schnelle Übung zu sagen, unsere Studiengänge funktionieren nicht ordentlich, Bologna ist schuld. Viele der Gründe, etwa auch Qualität der Lehre - das ist ein ganz wichtiger Punkt, den die deutsche Delegation auf meine Initiative gestern eingebracht hat -, Qualität der Lehre heißt eben auch, Studiengänge so zu konzipieren, dass sie in Verbindung mit ordentlicher Begleitung und Beratung der Studierenden auch studierbar sind und dann eben auch die Möglichkeiten eröffnen, die der Bologna-Prozess eigentlich versprochen hat, nämlich mit einzelnen Modulen auch im Ausland zu studieren oder dort erworbene Abschnitte anerkannt zu bekommen. Die Idee ist nach wie vor nicht schlecht, finde ich.
Spengler: Ja, aber das klingt dann so, als seien eben die Studiengänge überfrachtet.
Olbertz: Ja, das ist auch der Fall.
Spengler: Sie haben vor kurzem, auch eben angesprochen, dass man einfach die Studiengänge halbiert hat, ohne die Inhalte zu revidieren. Das erinnert mich stark an die verkürzte Gymnasialzeit. Da hat man ja auch nicht entrümpelt. Woran liegt das, dass in Deutschland es so schwer fällt zu entrümpeln?
Olbertz: Na ja, es ist schwierig mit so einem Wort "Entrümpelung". Das setzt ja voraus, dass Gerümpel drin ist. Es ist eher die Frage, wie Studieninhalte curicular angeordnet werden, in welcher inneren Systematik, und natürlich eben - da stehen wir in Deutschland meiner Meinung nach wirklich vor einem Problem - zu definieren, was elementar und notwendig ist und von exemplarischem Wert und was Studierende sich auch später im Laufe des lebenslangen Lernens oder in der Weiterbildung selber aneignen können. Wir versuchen eben alles kompakt in den Anfang hineinzubegeben. Wir wollen da perfekt sein und dann kommt es schon mal vor, dass wir dann in die Gestopftfülle einmünden.
Es gibt übrigens auch eine ganze Reihe von Erfolgsgeschichten, selbst in den Ingenieurwissenschaften, die sich ja eher wehren gegen die Studiengangstruktur. Es gibt Technische Hochschulen - nehmen wir mal Darmstadt oder andere -, die das wirklich in vorbildlicher Weise machen und gar nicht darauf kommen, diese Reform immer nur zu befehden, denn im Kern ist die Idee eines europäischen Hochschulraumes doch ein Gestaltungsziel, das internationale Wettbewerbsfähigkeit überhaupt erst ermöglichen soll. Nur wir sind eben mitten drin in der Umstellung. Der Schwerpunkt war sehr stark auf Organisation und Struktur gelegt. Wir müssen jetzt mal auf die Inhalte zu sprechen kommen und damit auf Kriterien und Maßstäbe für Qualität, und da werden wir noch einige Punkte finden, über die in den nächsten Jahren sehr ernsthaft geredet werden muss.
Spengler: Haben Sie da als Kultus-, als Wissenschaftsminister, haben sie da genügend Einfluss auf die Hochschulen - ich will trotzdem noch mal bei diesem Wort "Entrümpelung" bleiben -, wenn es darum geht, die Studiengänge zu entrümpeln oder zu entschlacken oder eben angemessener zu strukturieren?
Olbertz: Das ist eine Gretchenfrage, weil sie natürlich kollidiert mit dem legitimen Anspruch der Hochschulen auf Autonomie. Die Möglichkeiten eines Kultusministers, ein ordentliches Curiculum vorzuschlagen, sind erst mal fachlich begrenzt, weil der in aller Regel auch nur ein oder zwei Fächer wirklich selber beherrscht und studiert hat, und zum anderen ist es Aufgabe der Hochschulen selbst in Verbindung mit externen Partnern wie etwa Agenturen für die Akkreditierung, ihre Koordinaten selber zu entwickeln. Und das ist ja auch mein Rat immer an die Studierenden vor Ort, ihre Ansprüche einzufordern. Das halte ich für ganz, ganz wichtig, denn mir ist es gestern auch aufgefallen, dass wir, glaube ich, die Statements der Studierenden noch nicht so ernst nehmen, wie uns das eigentlich aufgetragen ist.
Spengler: Läuft zurzeit ein Experiment am lebenden Studenten?
Olbertz: So hart würde ich es nicht sagen. Es sind ja auch die lebenden Professorinnen und Professoren, und im Übrigen: Man darf das, glaube ich, nicht so darstellen, dass irgendeine wirkmächtige Instanz dort irgendwelche Dinge macht und verlangt, es sind die Hochschulen selbst und die Professoren auf der einen Seite und die Studenten und die Mitarbeiter, die ein Gutteil dieser Reform selber in der Hand haben. Insofern, glaube ich, kann man auch nicht so eine Klageinstanz errichten, die für alles zuständig ist und von der man umgekehrt die Rettung verlangt, sondern die Hochschulen sind aufgefordert, diesen Umstellungsprozess mit Vernunft, mit Augenmaß, aber eben auch mit in Betrachtnahme der Chancen, die daran geknüpft sind, voranzutreiben.
Spengler: Jan-Hendrik Olbertz, Kultusminister aus Sachsen-Anhalt und Delegationsleiter beim Bologna-Bilanztreffen in Leuven. Danke für das Gespräch, Herr Olbertz.
Olbertz: Ich danke Ihnen auch. Auf Wiederhören!
Spengler: Auf Wiederhören.
Am Telefon begrüße ich nun Jan-Hendrik Olbertz, den parteilosen Kultusminister aus Sachsen-Anhalt, der in Leuven die Delegation der Bundesländer leitet. Guten Morgen, Herr Olbertz.
Jan-Hendrik Olbertz: Guten Morgen. Ich grüße Sie!
Spengler: Herr Olbertz, wir haben eben die Ansicht der Studenten gehört. Die fällt überwiegend negativ aus - nach dem Motto, die Ziele von Bologna mögen okay sein, die Umsetzung ist schlecht. Welche Note würden Sie sich selbst denn für die missratene Hochschulreform geben?
Olbertz: Na ja, das ist ja schon suggestiv gefragt. Aber ich würde jedenfalls auch kein "sehr gut" erteilen, ich würde mich so zwischen "gut" und "befriedigend" bewegen. Ich bin ganz froh, dass ich das nicht durch eine Zensur bewerten muss.
Spengler: Eh wir auf die kritischen Punkte zu sprechen kommen, was ist Ihrer Ansicht nach denn gelungen?
Olbertz: Na ja, ich denke, gelungen ist sicherlich über die letzten zehn Jahre ein Umbau des Hochschulsystems, das zumindest das Potenzial hat, aus dem mehr Mobilität erwachsen kann und auch eine wechselseitige Anerkennung von Abschlüssen beziehungsweise Studienabschnitten, und sicher auch die Möglichkeit für die jungen Leute, schneller zu studieren, sich auszutauschen. Das sind sicherlich alles Weichenstellungen, die ich selber auch für vernünftig halte.
Ich teile aber auf der anderen Seite auch die Kritik an vielen Dingen, die sich nicht so entwickelt haben, wie man sich das wünschen kann und wo für die nächsten zehn Jahre - und um die ging es so ein bisschen auch schon jetzt - vor allem das Thema Qualität zum Beispiel viel stärker in den Vordergrund zu rücken ist.
Spengler: Nun müssen wir ehrlich sein: das Ziel war bis nächstes Jahr, bis 2010, nicht bis 2020 Mobilität. Die war nicht erreicht, weil die Studenten ständig Prüfungen machen müssen, weil der Druck sehr groß ist, weil es sich kaum einer leisten kann, ein Semester ins Ausland zu gehen. Wenn solch ein zentrales Ziel einer Reform nicht erreicht wird, ist das nicht eher eine 5 als eine 2?
Olbertz: Herr Spengler, es ist ja so, dass diese Zielbilanz auch deswegen etwas anders ausfällt, weil über die Jahre eine große Anzahl von Ländern noch hinzugetreten ist. Das hat mit 29 angefangen, jetzt machen 46 Länder mit, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in diesen verabredeten europäischen Reformprozess eingestiegen sind. Das ist nicht weiter verwunderlich.
Aber das, was Sie zuvor sagten, das teile ich. Beispielsweise die Breite und Tiefe der Curicula, der Studienpläne für die Bachelor-Studiengänge, das braucht wirklich eine kritische Revision, damit auch die Studierbarkeit aufrecht erhalten bleibt, denn im Moment ist es eben gerade in Deutschland leider so, dass sehr viele traditionelle Studiengänge umbenannt worden sind, halbiert, in der Mitte sozusagen durchgeschnitten worden sind, heißen jetzt Bachelor und Master, aber ein Bachelor-Studiengang muss eigentlich von Grund auf anders komponiert werden: Mit einem starken Berufsbezug, einer ordentlichen Systematik, aber eben auch einer klugen Begrenzung, um wirklich elementare Dinge eines Faches dann am Ende parat zu haben. Im Moment haben wir diese enorme Verdichtung in dem System drin und ich kann die Studierenden sehr gut verstehen, die sich eher abgehalten fühlen von Mobilität - dadurch, dass sie einfach gar keine Zeit haben, konzentriert und in Muße nacheinander Studienmodule zu absolvieren.
Spengler: Sie würden also sagen, eine Ursache des Mobilitätsmangels ist die übergroße Verschulung des Studiums?
Olbertz: Nein, das würde ich so nicht formulieren. Ich denke eben eher, dass sehr viele Kritikpunkte, die jetzt der Bologna-Reform angelastet werden, eigentlich tiefere Gründe haben - gerade in den deutschen Studiengangstrukturen. Es ist ja auch eine schnelle Übung zu sagen, unsere Studiengänge funktionieren nicht ordentlich, Bologna ist schuld. Viele der Gründe, etwa auch Qualität der Lehre - das ist ein ganz wichtiger Punkt, den die deutsche Delegation auf meine Initiative gestern eingebracht hat -, Qualität der Lehre heißt eben auch, Studiengänge so zu konzipieren, dass sie in Verbindung mit ordentlicher Begleitung und Beratung der Studierenden auch studierbar sind und dann eben auch die Möglichkeiten eröffnen, die der Bologna-Prozess eigentlich versprochen hat, nämlich mit einzelnen Modulen auch im Ausland zu studieren oder dort erworbene Abschnitte anerkannt zu bekommen. Die Idee ist nach wie vor nicht schlecht, finde ich.
Spengler: Ja, aber das klingt dann so, als seien eben die Studiengänge überfrachtet.
Olbertz: Ja, das ist auch der Fall.
Spengler: Sie haben vor kurzem, auch eben angesprochen, dass man einfach die Studiengänge halbiert hat, ohne die Inhalte zu revidieren. Das erinnert mich stark an die verkürzte Gymnasialzeit. Da hat man ja auch nicht entrümpelt. Woran liegt das, dass in Deutschland es so schwer fällt zu entrümpeln?
Olbertz: Na ja, es ist schwierig mit so einem Wort "Entrümpelung". Das setzt ja voraus, dass Gerümpel drin ist. Es ist eher die Frage, wie Studieninhalte curicular angeordnet werden, in welcher inneren Systematik, und natürlich eben - da stehen wir in Deutschland meiner Meinung nach wirklich vor einem Problem - zu definieren, was elementar und notwendig ist und von exemplarischem Wert und was Studierende sich auch später im Laufe des lebenslangen Lernens oder in der Weiterbildung selber aneignen können. Wir versuchen eben alles kompakt in den Anfang hineinzubegeben. Wir wollen da perfekt sein und dann kommt es schon mal vor, dass wir dann in die Gestopftfülle einmünden.
Es gibt übrigens auch eine ganze Reihe von Erfolgsgeschichten, selbst in den Ingenieurwissenschaften, die sich ja eher wehren gegen die Studiengangstruktur. Es gibt Technische Hochschulen - nehmen wir mal Darmstadt oder andere -, die das wirklich in vorbildlicher Weise machen und gar nicht darauf kommen, diese Reform immer nur zu befehden, denn im Kern ist die Idee eines europäischen Hochschulraumes doch ein Gestaltungsziel, das internationale Wettbewerbsfähigkeit überhaupt erst ermöglichen soll. Nur wir sind eben mitten drin in der Umstellung. Der Schwerpunkt war sehr stark auf Organisation und Struktur gelegt. Wir müssen jetzt mal auf die Inhalte zu sprechen kommen und damit auf Kriterien und Maßstäbe für Qualität, und da werden wir noch einige Punkte finden, über die in den nächsten Jahren sehr ernsthaft geredet werden muss.
Spengler: Haben Sie da als Kultus-, als Wissenschaftsminister, haben sie da genügend Einfluss auf die Hochschulen - ich will trotzdem noch mal bei diesem Wort "Entrümpelung" bleiben -, wenn es darum geht, die Studiengänge zu entrümpeln oder zu entschlacken oder eben angemessener zu strukturieren?
Olbertz: Das ist eine Gretchenfrage, weil sie natürlich kollidiert mit dem legitimen Anspruch der Hochschulen auf Autonomie. Die Möglichkeiten eines Kultusministers, ein ordentliches Curiculum vorzuschlagen, sind erst mal fachlich begrenzt, weil der in aller Regel auch nur ein oder zwei Fächer wirklich selber beherrscht und studiert hat, und zum anderen ist es Aufgabe der Hochschulen selbst in Verbindung mit externen Partnern wie etwa Agenturen für die Akkreditierung, ihre Koordinaten selber zu entwickeln. Und das ist ja auch mein Rat immer an die Studierenden vor Ort, ihre Ansprüche einzufordern. Das halte ich für ganz, ganz wichtig, denn mir ist es gestern auch aufgefallen, dass wir, glaube ich, die Statements der Studierenden noch nicht so ernst nehmen, wie uns das eigentlich aufgetragen ist.
Spengler: Läuft zurzeit ein Experiment am lebenden Studenten?
Olbertz: So hart würde ich es nicht sagen. Es sind ja auch die lebenden Professorinnen und Professoren, und im Übrigen: Man darf das, glaube ich, nicht so darstellen, dass irgendeine wirkmächtige Instanz dort irgendwelche Dinge macht und verlangt, es sind die Hochschulen selbst und die Professoren auf der einen Seite und die Studenten und die Mitarbeiter, die ein Gutteil dieser Reform selber in der Hand haben. Insofern, glaube ich, kann man auch nicht so eine Klageinstanz errichten, die für alles zuständig ist und von der man umgekehrt die Rettung verlangt, sondern die Hochschulen sind aufgefordert, diesen Umstellungsprozess mit Vernunft, mit Augenmaß, aber eben auch mit in Betrachtnahme der Chancen, die daran geknüpft sind, voranzutreiben.
Spengler: Jan-Hendrik Olbertz, Kultusminister aus Sachsen-Anhalt und Delegationsleiter beim Bologna-Bilanztreffen in Leuven. Danke für das Gespräch, Herr Olbertz.
Olbertz: Ich danke Ihnen auch. Auf Wiederhören!
Spengler: Auf Wiederhören.