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Die Ideenmanufaktur

Die Agentur denkwerk entwickelt professionelle Internet-Auftritte für Unternehmen. Die Nachfrage ist so groß, dass die noch vergleichsweise kleine Agentur in den vergangenen 12 Monaten um 40 auf 100 Mitarbeiter gewachsen ist. Wegen dieses rasanten Wachstums zählt die kleine Kölner Jobmaschine zu den 500 Unternehmen, die in der Wiener Hofburg mit dem Europäischen Wachstumspreis ausgezeichnet werden.

Von Dietmar Reiche |
    Köln - Stadtteil Ehrenfeld: Im Treppenhaus der alten Fabrik blendet immer noch die Architektur der 50er Jahre. Ein Hauch von Wirtschaftswunder empfängt den Besucher. Hier produzierte einst der Parfumhersteller 4711 edle Seifen.

    Doch in der ersten Etage, in den Hallen der Internetagentur Denkwerk, endet das Nostalgiegefühl. Versetzte Mauern und Glaswände sprengen die klassische Raumsymmetrie. Schlichtes Design und dezente Farben prägen die Büros. Die Seifenfabrik der 50 Jahre hat sich verwandelt - in eine Ideenmanufaktur.

    "Wir sind genau die Leute, die sagen: Wir verstehen das Internet richtig. Denn wir können den gesamten Bedürfniskreislauf abwickeln - von der Kreation über die Beratung bis zur Programmierung"

    " Wir haben Ideen und setzen sie um. Wir bauen Internetseiten für den Mobilfunk oder das Fernsehen und wir machen dabei alles. Das heißt: wir machen die Software, wir machen das Design, wir malen die Sachen an, und wir vermarkten sie auch. Wir sorgen dafür, dass sie bekannt werden.""

    So einfach lautet die Erfolgsformel der Internetagentur Denkwerk. Axel Schmiegelow und seine drei Geschäftsführer planen, entwickeln und verkaufen Produkte für das Internet - Werbung, Marketing oder E-Commerce - wie andere Agenturen auch, aber alles aus einer Hand und alles ein bisschen besser als die Konkurrenz, behauptet der 34-jährige Firmen-Chef.

    "Vom Leistungsspektrum machen wir alles was eine Werbeagentur, ein Softwarehaus oder Internetagentur machen würde. Das können wir alles. Das ist Handwerk.
    Es geht viel mehr um das Verständnis und die Einstellung. Wir fangen immer beim Nutzer an und versuchen zu überlegen, was braucht ein normaler Mensch in der Bevölkerung, damit der wirklich interessiert das Internet nutzt."

    Auf der Kundenliste stehen namenhafte Unternehmen wie Nokia, OBI, Thomas Cook oder Bertelsmann. Der Jahresumsatz: Über 10 Millionen Euro.
    Geschäftsführer Marco Zingler:

    "Wir bauen hier keine Produkte von der Stange, sondern sind Maßschneider und jeder Kunden kriegt von uns seinen Anzug, so dass er passt."

    Alles beginnt mit der Idee, die aus der roten "Sternwarte" kommt. Mitten in der Halle befindet sich ein kleiner Konferenzraum. Eine Spielwiese für Gedanken mit Blick in den offenen Himmel

    ""Deswegen gibt es darin keine Ecken, denn der Kopf ist rund. Der duldet keine Ecken. Darin gibt es auch keine normalen Tische oder Stühle, sondern nur die entsprechenden Möbel, um sich darin herumzufläzen. Damit unterstützten wir so gut wie möglich die Ideenproduktion der gesamten Wertschöpfungskette."

    Denkwerk ist gerade mal acht Jahre alt: eine junge Firma mit jungen Mitarbeitern. Nur zwei Angestellte sind älter als 40 Jahre. Rund einhundert Web-Designer, Programmierer und Projektmanager arbeiten in der Agentur - allesamt Spezialisten. Allein in diesem Jahr wurden 40 Mitarbeiter eingestellt. Die Agentur wächst aus eigener Kraft und beteiligt sich an anderen Unternehmen wie zum Beispiel "sevenload" oder "itravel".
    Das war nicht immer so. Der Börsengang im Jahr 2000 - also in einer Zeit des schnellen Geldes und der Interneteuphorie - musste kurzfristig abgeblasen werden. Das Risiko war zu hoch, erklärt Firmengründer Schmiegelow

    "Wir müssen erst einmal eine ordentliche Firma werden: 15-30-40 war die Devise.
    15 Prozent Umsatz Rendite, 30 Prozent Wachstum, 40 Prozent Eigenkapital. Und dann haben wir gesagt, wenn wir das ein paar Jahre durchhalten, dann sind wir eine echte Firma."

    Der Weg zu einer echten Firma war steinig. Nach dem Börsencrash herrschte Verunsicherung in der Branche. Die Kunden stoppten Aufträge. Rechnungen wurden nicht bezahlt.

    ""Und als dann 2001 eine Serie von Krisen eintrat - erst fielen die StartUps weg, dann kam der 11. September und die Konzerne investierten nicht mehr - dann haben wir uns dagegen entscheiden, die Mitarbeiter zu entlassen. Wir haben ein Modell gefunden, in dem alle ein wenig auf Gehalt verzichten, damit alle an Bord bleiben können. Wir können die Personalkosten sofort senken. Wir brauchen niemand zu entlassen wir haben drei Monate Zeit, die Krise zu bewältigen und können dann mit derselben Mannschaft weitermachen. Und so ist es dann auch 2002 passiert. Und dieser Drive hat uns dann auch durch die Rezessionsjahre in das Wachstum getrieben."

    Eine glatte Untertreibung. Als Innovationsmotor will Schmiegelow mit seiner Agentur in der ersten Liga spielen. Eine Rechnung, die aufgeht: alle Investitionen können mittlerweile aus eigener Kraft finanziert werden. Dieses Wachstum lockt zahlreiche Interessenten an. Es vergehe kein Jahr, in dem man nicht auf eine Zusammenarbeit oder Fusion angesprochen werde, sagt Schmiegelow. Aber

    "Es gibt Zusammenschlüsse, die sehen auf dem Papier super aus. Aber die gehen an der Realität der Zusammenarbeit der Mitarbeiter vorbei. Und da hat bisher keiner der Partner, mit denen wir gesprochen haben, verstanden, wie wichtig es aus unserer Sicht ist, auf die Mitarbeiter zu setzen. Erfolgsbeteiligungen zu haben. Alle Mitarbeiter sind gewinnbeteiligt. Und eine Unternehmenskultur der Aufrichtigkeit, der Dynamik und des Wachstums zu haben. Und das ist bei vielen noch sehr klassisch. Und wir verstehen nicht wie das in einem Geschäft funktionieren soll, das von Innovationen lebt."

    Der Stoff für die Innovationen kommt aus den USA mit einer direkten Beteiligung der Universität MIT. Der Wissenstransfer kommt besonders den eigenen Entwicklern zu Gute. Die Manager werden zudem in den USA weitergebildet.

    "Klar! Eine amerikanische Universität kocht auch nur mit Wasser, aber allein schon die Einstellung und die Werte die einem vermittelt werden, dass man sehr pragmatisch und positiv Probleme löst, versucht Innovationen zu realisieren. Das sind für uns ganz wichtige DNA-Bausteine."

    Diese Bausteine sollen bei der internationalen Expansion helfen. Hier stehe man noch am Anfang, aber das Interesse gehe bereits in Richtung Polen und Skandinaven. Spannende und dynamische Märkte, so Schmiegelow. Die richtige Spielwiese für den 34-jährigen Jungunternehmer.

    "" Ich glaube echte Unternehmer machen das nie, um irgendwie Geld zu verdienen, sondern hauptsächlich, weil sie Spaß daran haben, Ideen umzusetzen."