
Doch zunächst geht es um den Vorstoß von Bundesaußenministerin Baerbock für feministische Leitlinien in der Außenpolitik. Die österreichische Zeitung DER STANDARD hält die Pläne grundsätzlich für richtig. "Man kann sich jetzt schon lebhaft vorstellen, wie das Vorhaben an männerdominierten Stammtischen ankommt. Die CDU macht es ja schon eine Zeitlang vor. Ihr Chef Friedrich Merz erklärt sinngemäß, bittschön, Frau Baerbock, machen Sie halt in Gottes Namen ihre feministische Außenpolitik, helfen Sie Frauen, aber pfuschen Sie nicht echten Verteidigungsexperten drein, die Geld für Militär ausgeben wollen. Was die finanziellen Mittel für Kriegsgerät angeht – wer möchte ihm da angesichts des Ukrainekrieges widersprechen? Nicht einmal Baerbock tut es. Grundsätzlich liegt die grüne Politikerin richtig. Denn eigentlich formuliert sie Selbstverständlichkeiten. Auf 80 Seiten zusammengeschrieben, wirken sie für viele wie eine Provokation – und das soll es wohl auch sein, weil es neben all den Waffenlieferungen nötig ist. Der Ukrainekrieg bestimmt derzeit alles Handeln. Aber es wird ja erlaubt sein, ein bisschen über diesen hinauszudenken und sich Gedanken zu machen, wie Berlin Frauen besser unterstützen kann", ist im Wiener STANDARD zu lesen.
Nun zum G20-Treffen der Außenminister in Neu Delhi. Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN konstatiert: "Russland zeigte sich vor dem Treffen auffällig selbstbewusst. Außenminister Lawrow war sehr fleißig und hat sich bilateral mit seinen Amtskollegen aus Indien, der Türkei und Brasilien getroffen. Das Ziel des Kremls ist wahrscheinlich eine weitere Spaltung der internationalen Gemeinschaft, um sich gegen die westlichen Staaten und deren Sanktionen gegen Moskau zu wehren. Die Schwellenländer sollen auf die Seite Russlands gezogen werden. Dieses Jahr bietet für Russland große Chancen: Indien, das sich seit den Sowjetzeiten freundlich gegenüber Russland verhält, hat den G20-Vorsitz inne", heißt es in ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE geht davon aus: "China und Russland werden weiter versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Und Indien sitzt zwischen den Stühlen. Die Regierung in Delhi pflegt gute Kontakte zum Westen wie auch zu den östlichen Partnern. Sie wird wohl ähnlich wie Bangladesch auf ihrer 'blockfreien' Position beharren und damit vermeiden, Partei zu ergreifen. Seit der Unabhängigkeit des Landes 1947 hat Indien stets versucht, sich aus dem Kalten Krieg so gut wie möglich herauszuhalten. Dass Delhi von dieser alten Leitlinie abweichen wird, dafür gibt es wenig Anzeichen. Bisher ist das Land gut damit gefahren", unterstreicht DIE PRESSE aus Wien.
In der russischen Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA heißt es: "Die indische Diplomatie steht vor einer schwierigen Aufgabe. Premierminister Modi würde gern nur wirtschaftliche Fragen diskutieren, Fragen der Hilfe für Entwicklungsländer, und die Ukraine gar nicht erst erwähnen. In Indien ist man der Meinung, die Ereignisse in der Ukraine seien eine Angelegenheit Europas. Indien verurteilt Russland nicht, sondern nimmt eine neutrale Position ein und spricht sich für Verhandlungen aus. Vielleicht findet sich noch eine Formel, die für alle passt. Aber US-Außenminister Anthony Blinken wird versuchen, Zwietracht zwischen Delhi und Moskau zu säen", glaubt die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Das EU-Parlament verbietet den rund 8.000 Beschäftigten das soziale Netzwerk und Videoportal Tiktok auf Diensthandys oder Tablets zu nutzen. Die dänische Zeitung POLITIKEN weist darauf hin, dass die Regierungen in Kanada und in den USA ähnliche Maßnahmen ergriffen haben: "Die App verlangt von ihren Nutzern unter anderem Zugang zu den Daten über den Standort, Kontakte und Browserdaten, außerdem erhält sie den Zugang zu Mikrofon und Kamera. Tatsächlich verfügt TikTok damit über die Fähigkeit, Daten zu sammeln, die sich potenziell für Spionage eignen. Allerdings ist dieses Risiko seit Jahren bekannt, und zuletzt hat sich daran nichts geändert. Auch sammelt TikTok vermutlich kaum mehr Nutzerdaten als beispielsweise Facebook. Aber nach dem Abschuss eines chinesischen Spionageballons über den USA haben die Spannungen zwischen Peking und Washington stark zugenommen. Nun ist also TikTok an der Reihe – und wer sich dem Verbot anschließt, signalisiert den Nordamerikanern, dass man auf ihrer Seite steht", betont POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die französische Zeitung LIBERATION notiert: "Der Fall TikTok ist scheinbar nur eine kleine Anekdote. Schließlich nutzen viele von uns täglich soziale Netzwerke, sowohl im Privat- als auch im Berufsleben, und geben damit wissentlich viele Daten an große Unternehmen weiter. Bei näherer Betrachtung ist der Fall TikTok vor allem so beunruhigend, weil er zeigt, dass sich die Abkühlung zwischen China und dem Westen zu einem Kalten Krieg entwickelt. Dem chinesischen Telekommunikationsriesen wird vorgeworfen, mit den Behörden in Peking unter einer Decke zu stecken, um diesen möglichst viele der im Westen gesammelten Informationen zu liefern. Die Angst ist real und die Warnung des Europäischen Parlaments kann nicht schaden, vor allem nicht bei jungen Leuten, die dazu neigen, ihr ganzes Leben auf TikTok preisgeben", unterstreicht die Pariser Zeitung LIBERATION.
Die mexikanische Zeitung LA RAZON erläutert: "Tatsächlich ist die TikTok-App auch in China für Armeeangehörige verboten, und es gibt Beschränkungen für die übrige Bevölkerung. Angesichts der weltweiten Verbreitung von TikTok könnte die App beträchtliche Datenmengen sammeln, und in den USA besteht schon länger der Verdacht, dass TikTok auch zu Spionagezwecken dient. Aber stellt TikTok wirklich ein Risiko für die nationale Sicherheit der USA dar? In der Tat hat die Entwicklung der Informationstechnologie und die immer stärkere Verbreitung der sozialen Netzwerke diverse Diskussionen eröffnet. Aber was die Sicherheit der eigenen Daten betrifft: Da richten sich auch genug Vorwürfe gegen Facebook", hebt LA RAZON aus Mexiko-Stadt hervor.
Themenwechsel. Die US-Bundespolizei FBI hält an der Einschätzung fest, dass eine Laborpanne in China sehr wahrscheinlich für die Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich ist. Nach Ansicht der Zeitung USA TODAY ist die Suche nach der Ursache des Virus müßig: "Ob das Covid-19-Virus das Ergebnis eines Unfalls in einem Labor ist oder durch eine Mutation bei Tieren ausgelöst wurde, lässt sich mit ziemlicher Sicherheit nicht beantworten. Die chinesischen Behörden werden diese Informationen nicht herausrücken, und die Weltgesundheitsorganisation WHO ist nicht willens, die chinesischen Behörden unter Druck zu setzen. Wir sind aber alle mitschuldig, wenn wir die Verbreitung des Virus nicht verhindern. Die wahre Bedrohung kommt nicht aus einem Labor, sondern es handelt sich um ein tödliches Virus, das sich unkontrolliert ausbreiten kann, weil wir keinen Plan und kein System haben, um den rechtzeitigen Austausch von Informationen zu erzwingen", hebt die Zeitung USA TODAY aus Arlington hervor.
Die niederländische Zeitung DE TELEGRAAF notiert: "Das FBI liefert keine Beweise für die Behauptung, wonach die Ausbreitung des Corona-Virus auf eine Laborpanne zurückzuführen ist. In Anbetracht der Schwere des Vorwurfs muss es allerdings welche geben. Das Coronavirus hat Millionen Menschen getötet und weltweit enormen wirtschaftlichen und sozialen Schaden angerichtet. Um Spekulationen ein Ende zu setzen, die zum Teil von seinem Vorgänger Donald Trump angeheizt wurden, wies Präsident Joe Biden im selben Jahr US-Geheimdienste an, den Ursprung des Virus zu untersuchen. Angesichts der Behauptung des FBI geht diese Anordnung des Präsidenten nun nach hinten los. In Zeiten zunehmender Spannungen mit China ist dies peinlich für das Weiße Haus und vor allem für Biden selbst im Hinblick auf die US-Präsidentschaftswahl 2024, bei der Trump erneut sein Gegner werden könnte", warnt DE TELEGRAAF aus Amsterdam.