Dienstag, 16. April 2024

31. März 2023
Die internationale Presseschau

Heute steht die Anklageerhebung gegen den ehemaligen US-Präsidenten Trump im Mittelpunkt. Daneben geht es unter anderem um Finnlands Beitritt zur NATO.

31.03.2023
Donald Trump steht an einem Rednerpult, dahinter die US-Flagge.
Die Anklageerhebung gegen Donald Trump ist ein großes Thema in den US-Zeitungen. (AFP / ALON SKUY)
In den USA hat eine von der New Yorker Staatsanwaltschaft eingesetzte Grand Jury dafür gestimmt, Anklage gegen den früheren Präsidenten Trump zu erheben. Damit soll sich zum ersten Mal in der US-Geschichte ein früherer Präsident in einem Strafverfahren verantworten. In dem Fall geht es um die Zahlung von Schweigegeld an eine Porno-Darstellerin. Im Leitartikel der NEW YORK TIMES heißt es dazu: "Trump hat Jahre als Kandidat, im Amt und außerhalb des Amtes damit verbracht, demokratische Normen zu ignorieren. Er hat versucht, das Justizministerium und die Justiz insgesamt seinen Launen zu unterwerfen. Er hat sich so verhalten, als ob Regeln für ihn nicht gelten. Die Anklageerhebung zeigt: Das tun sie sehr wohl. Die Staatsanwälte taten gut daran, Bedenken wegen politischer Konsequenzen oder gar Ehrfurcht vor dem Präsidentenamt beiseitezuschieben. Trump hat das Verhältnis zwischen dem Amt des Präsidenten und der Rechtsstaatlichkeit grundlegend verändert, weil er immer wieder behauptete, ein Präsident stehe über dem Gesetz." Sie hörten einen Auszug aus dem Leitartikel der NEW YORK TIMES.
Auch die WASHINGTON POST hat bereits einen Leitartikel zu dem Thema veröffentlicht. "Verstöße gegen das Gesetz zur Finanzierung von Wahlkämpfen untergraben die Demokratie und verdienen es, ernst genommen zu werden. Doch ebenso ernst sollte man die möglichen Schattenseiten einer Anklage gegen Trump nehmen. Denn diese strafrechtliche Verfolgung wird nun zum Testfall für jeden künftigen Ex-Präsidenten - und natürlich auch für weitere Verfahren gegen diesen Ex-Präsidenten. Und derer gibt es reichlich. Die weiteren Ermittlungen betreffen die Untersuchungen des Justizministeriums zum Aufstand vom 6. Januar 2021 und zu den in Mar-a-Lago entdeckten Geheimdokumenten. Beide Fälle sind viel klarer als der, um den es nun in Manhattan geht. Schlägt die Strafverfolgung hier fehl, könnte das alle anderen Fälle in Gefahr bringen", befürchtet die WASHINGTON POST.
Der BOSTON GLOBE widmet dem Thema ebenfalls eine erste Analyse. "Die Anklageerhebung ist ein außerordentlicher Moment in der amerikanischen Geschichte. Es könnte auch einer für die Republikaner werden. Wenn die Anklage tatsächlich das Ende von Trumps politischer Karriere nach sich zieht, könnten wir nicht nur eine neue Generation republikanischer Führungspersönlichkeiten erleben. Wir könnten auch einen Kampf darum erleben, ob die Partei den Trumpismus hinter sich lassen sollte. Es sei denn, Trump übersteht die Anklagen. In dem Fall wäre all das hinfällig." Das war die Einschätzung des BOSTON GLOBE.
Nun ein Blick in den britischen ECONOMIST aus London. "Wenn Trump eine Straftat begangen hat, wäre es falsch, sich vor einer Strafverfolgung zu drücken, nur weil das Stress für die amerikanischen Regierungsinstitutionen bedeutet. Auch andere Länder haben ehemalige Präsidenten und Premierminister mit Erfolg strafrechtlich verfolgt: man denke an Silvio Berlusconi in Italien oder Nicolas Sarkozy in Frankreich."
"Trump scheint bereits darauf aus zu sein, die Staatsanwaltschaft mit einer Verschwörungstheorie zu diskreditieren", lesen wir in der LOS ANGELES TIMES. "Und er bekommt Unterstützung von einigen Republikanern im Kongress. Darum ist es umso wichtiger, dass die New Yorker Justiz dem ehemaligen Präsidenten genau das ordentliche Verfahren garantiert, auf das jeder Angeklagte Anspruch hat. Wer argumentiert, dass die Anklage gegen einen ehemaligen Präsidenten auch die Präsidentschaft an sich in Gefahr bringt, dem antworten wir: Nichts würde die Präsidentschaft und die Nation so bedrohen wie die Wahl von Trump im Jahr 2024". Das war die LOS ANGELES TIMES.
"Donald Trump spricht bereits von politischer Verfolgung und Einmischung in den Wahlkampf", bemerkt die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN und betont: "Wir sind nicht überrascht von der Anklageerhebung. Die Republikaner, die sich zuletzt etwa von Trump zu distanzieren schienen, werden durch die Konfrontation mit der Justiz nun womöglich neue Geschlossenheit finden. Darauf deutet die kritische Reaktion von Kevin McCarthy hin, dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Anklageerhebung gegen Trump den Konflikt zwischen Demokraten und Republikanern noch verschärfen - und die USA noch tiefer spalten wird", prophezeit NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Das WALL STREET JOURNAL aus New York befasst sich mit der Verhaftung seines Reporters Evan Gershkovich in Russland wegen angeblicher Spionage. "Präsident Putin ist jetzt für die Gesundheit und Sicherheit von Gershkovich verantwortlich, und die Regierung Biden hat die Pflicht, auf seine Freilassung zu drängen. Kriminelle Anführer tun weiterhin kriminelle Dinge, wenn sie glauben, dass sie keinen Preis dafür zahlen müssen. Die Regierung Biden wird eine diplomatische und politische Eskalation in Betracht ziehen müssen. Die Ausweisung des russischen Botschafters in den USA sowie aller hier arbeitenden russischen Journalisten wäre das Mindeste", findet das WALL STREET JOURNAL.
Nun zum nächsten Thema und damit zur NATO. Gestern hat das türkische Parlament dem Beitritt Finnlands zur Allianz zugestimmt. Hören Sie die RZECZPOSPOLITA aus Warschau. "Die Türkei war das letzte der 30 NATO-Länder, das noch kein grünes Licht gegeben hatte. So muss sich Wladimir Putin, der kurz vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine noch den NATO-Austritt der mitteleuropäischen Länder gefordert hatte, nun damit abfinden, dass die Grenze des transatlantischen Pakts 400 Kilometer vor Sankt Petersburg liegt. Der Anteil der Finnen, die einen NATO-Beitritt befürworten, stieg von 20 Prozent vor dem Krieg auf 80 Prozent. In Helsinki wurde verstanden, dass man nur für oder gegen den russischen Diktator sein kann. Für ein Land, das mit dem Rücken zur Wand steht und das höchste Standards bei Demokratie und Rechtsstaat erfüllt, gab es nur eine Antwort: sich in die Reihen der Feinde Russlands einzugliedern", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
"Zum Glück waren die finnischen Regierungen der letzten Jahrzehnte weitsichtig und haben auf Kompatibilität mit der NATO geachtet", fügt AAMULEHTI aus Tampere hinzu. "Insofern erscheint eine Mitgliedschaft heute als logische oder sogar selbstverständliche Fortsetzung dieser Linie. Ist der NATO-Beitritt erst einmal vollzogen, muss die Integration der finnischen Streitkräfte in die NATO-Systeme vorangetrieben werden, und auch in der Außenpolitik gibt es viel zu tun: Es ist lebenswichtig, dass auch Schweden in die NATO aufgenommen wird. Finnlands Sicherheit ist erst dann vollständig, wenn unser strategisch wichtiger Nachbar im selben Zug sitzt wie wir", steht für die finnische Zeitung AAMULEHTI fest.
In Taiwan wird auch heute die Reise von Präsidentin Tsai Ing-wen nach Mittelamerika mit Zwischenstopp in den USA kommentiert. So schreibt etwa die Zeitung ZHONGGUO SHIBAO aus Taipeh: "Angesichts der wachsenden Rivalität zwischen China und USA ist klar zu erkennen, dass Taiwan zunehmend zum Spielball eines geopolitischen Konflikts wird. Taiwan darf jedoch nicht zulassen, dass es im amerikanischen Interesse instrumentalisiert wird. Die Regierung sollte Chinas eindringliche Warnung vor einem Treffen zwischen Präsidentin Tsai Ing-wen und dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, McCarthy, ernstnehmen", rät ZHONGGUO SHIBAO aus Taiwan.
"Es ist richtig, dass Präsidentin Tsai in die demokratische Welt reist, und die demokratische Welt braucht Taiwan", urteilt ZIYOU SHIBAO aus Taipeh. "Taiwan muss sich vom Narrativ der Ein-China-Politik lösen. China ist eine ernste Drohung für die demokratische Welt. Taiwan muss sich auf der internationalen Bühne mehr Raum verschaffen und sich fest entschlossen dem Lager der demokratischen Länder anschließen."