03. April 2023
Die internationale Presseschau

Es geht um das chinesisch-japanische Außenministertreffen und die Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten Trump. Zunächst aber nach Finnland, wo nach der Parlamentswahl offenbar ein Regierungswechsel ansteht.

Noch-Ministerpräsidentin Sanna Marin von den Sozialdemokraten und der Vorsitzende der Nationalen Samlungspartei, Petteri Orpo stehen am Abend der Parlamentswahl in Finnland nebeneinander.
Der Wahlsieg für die Konservativen in Finnland ist auch Thema in vielen Zeitungskommentaren weltweit. Petteri Orpo hat damit Chancen, nächster Ministerpräsident des Landes zu werden. Sozialdemokratin Sanna Marin räumte ihre Wahlniederlage ein. (picture alliance / dpa / Lehtikuva / Heikki Saukkomaa)
Die polnische GAZETA WYBORCZA hält das Wahlergebnis für eine Sensation: "Die Sozialdemokratische Partei der bisherigen Ministerpräsidentin Sanna Marin verlor nicht nur gegen die konservative Nationale Sammlungspartei, sondern auch gegen die rechtspopulistische Partei 'Die Finnen'. Dass die Konservativen die Nase vorn haben, überrascht aber insgesamt nicht – seit Monaten führt die Nationale Sammlungspartei die Umfragen an und überzeugt die Wähler davon, dass Marins Regierung insbesondere mit Wirtschaftsfragen nicht zurecht komme. Bei jeder Gelegenheit warfen die Konservativen der Regierungschefin vor, zu wenig gegen die steigende Inflation zu tun und zu wenig bei den öffentlichen Ausgaben zu kürzen. Die Diskussion über den Beitritt Finnlands zur NATO hat die Unterstützung für die Konservativen nochmal befeuert, denn die Nationale Sammlungspartei war die einzige Gruppierung, die sich in dieser Frage schon seit langem entschieden für ein 'Ja' ausgesprochen hatte", notiert die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Die finnische Zeitung HUFVUDSTADSBLADET überlegt zu den Bündnisoptionen des Wahlsiegers, der Nationalen Sammlungspartei unter Petteri Orpo: "Orpo hat vor allem zwei Möglichkeiten. Die eine wäre ein Bündnis mit den rechten 'Finnen' - aber dafür würden weitere Partner gebraucht, und mehrere Parteien haben bereits ausgeschlossen, einer solchen Koalition beizutreten. Die Alternative wäre ein blau-rotes Bündnis mit den Sozialdemokraten und weiteren Parteien. Das lässt lange Verhandlungen erwarten. Falls sich Orpo für die ‚Finnen‘ entscheidet, sollte er allerdings berücksichtigen, wie es zuletzt in Schweden gelaufen ist. Dort stützt sich der bürgerliche Premierminister Kristersson auf die rechten ‚Schwedendemokraten und hat ihnen viel Einfluss eingeräumt. Er hat damit seine Seele verkauft, um Premier zu werden. Diesen Fehler sollte Orpo nicht wiederholen, sondern lieber die Chancen für blau-rot ausloten", empfiehlt HUFVUDSTADSBLADET aus Helsinki.
Die schwedische Zeitung EXPRESSEN bemerkt, dass durch das Wahlergebnis ein weiteres nordeuropäisches Land eine Sozialdemokratin an der Regierungsspitze verliert: "Die Bilder aus Stockholm vom April 2022 waren legendär: Damals empfing Schwedens Premierministerin Magdalena Andersson ihre finnische Amtskollegin Sanna Marin, um über einen gemeinsamen NATO-Beitrittsantrag zu sprechen. Beide Regierungschefinnen wurden jedoch abgewählt. Unabhängig davon, wer die nächste finnische Regierung bildet, werden die Beziehungen zu Schweden gut bleiben. Finnland setzt sich stark dafür ein, dass auch Schweden der NATO beitreten kann. Aber wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, werden beide Länder von bürgerlichen Männern repräsentiert, nicht von sozialdemokratischen Frauen." Das war EXPRESSEN aus Stockholm.
Die Zeitung POSTIMEES aus Estland blickt voller Bewunderung auf das nördliche Nachbarland: "Es macht Finnlands Stärke aus, dass drei große Parteien fast gleichauf liegen und nicht eine einzige Partei dominiert wie bei uns. Auch an Finnlands politischer Kultur können wir uns ein Beispiel nehmen. Das gilt für den respektvollen Umgang miteinander und die Bereitschaft, nach nachhaltigen Lösungen für Probleme zu suchen. Es ist erfreulich, dass Finnland gerade in der aktuellen Krise ein zuverlässiger Bündnispartner ist, und es bringt eine starke Armee und zuverlässige Ausrüstung mit in die NATO. Russland bekommt nun eine noch längere Grenze zur NATO, und das Bündnis verstärkt seine Kontrolle über die Ostsee. Das sind gute Nachrichten auch für unsere Sicherheit", vermerkt POSTIMEES aus Tallinn.
Themenwechsel. Der ehemalige US-Präsident Trump wird im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Schweigegeldzahlung angeklagt - morgen will er vor dem zuständigen Gericht in New York erscheinen. Die IRISH TIMES bezweifelt, dass das Verfahren Konsequenzen für Trumps politischen Rückhalt haben wird: "Es ist wenig wahrscheinlich, dass Trumps Ansehen bei der rechten Wählerschaft durch das Strafverfahren dauerhaften Schaden nimmt. Vielmehr dürfte der Showman Trump das Spektakel seiner 'Kapitulation' vor der Staatsanwaltschaft nutzen, um seine Anhänger erneut anzustacheln. Er wird es als politisch motivierte Strafverfolgung durch einen ehrgeizigen Staatsanwalt aus Manhattan abtun, die einzig darauf abziele, seine 'Make America Great Again'-Agenda zu durchkreuzen“, erwartet die IRISH TIMES, die in Dublin erscheint.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT führt aus: "Im Kern geht es um das Schweigegeld, das Trumps Anwalt Michael Cohen kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016 an den Pornostar Stormy Daniels gezahlt hat. Cohen hatte das Geld nicht als Wahlkampfspende deklariert, deshalb wurde er 2018 zu drei Jahren Haft verurteilt. Erstens: Niemand steht über dem Gesetz. Wenn Cohen dafür verurteilt werden konnte, muss auch sein möglicher Auftraggeber vor Gericht erscheinen. Bei einem Auftragsmord wollen wir ja auch nicht, dass nur die Person bestraft wird, die den Abzug betätigt hat. Zweitens: Mögliche politische Folgen sollten bei juristischen Entscheidungen kein Argument sein. Denn das würde bedeuten, dass Politiker vor strafrechtlichen Konsequenzen ihres Handelns mehr oder weniger gefeit wären", hält DE VOLKSKRANT aus Amsterdam fest.
Die ungarische Zeitung MAGYAR NEMZET hält die Anklage für eine Rufmord-Kampagne: "Man will den ehemaligen Präsidenten aus dem Weg räumen, weil seine friedliebende, souveräne Persönlichkeit und seine christliche, familienzentrierte Politik wie Sand im Getriebe wirken und einen Gegenpol zu den ideologischen Interessen seiner Gegner darstellen. Diese statuieren jetzt ein Exempel an ihm und greifen zu offen diktatorischen Methoden, um ihre Ziele durch beschleunigte politische Gerichtsverfahren mit liberalen Staatsanwälten und Richtern zu verwirklichen." Das war MAGYAR NEMZET aus Budapest.
Zum ersten Mal seit über drei Jahren haben gestern die Außenminister Chinas und Japans, Qin Gang und Hayashi, wieder ein persönliches Gespräch geführt. Die Staatszeitung HUANQIU SHIBAO aus Peking erläutert den chinesischen Blick auf die angespannten bilateralen Beziehungen: "Für China ist vor allem wichtig, dass die japanische Führung nicht länger dem Monster in Washington hinterherläuft. Das ist eine Sackgasse. Auch sollte Tokio sich von seinem china-feindlichen Kurs in der Außenpolitik, sowie bei Militär- und Wirtschaftsthemen verabschieden. Chinas Entkopplung von der Weltwirtschaft ist riskant und entspricht nicht den Interessen Japans. Zudem kommt es einem Realitätsverlust gleich, die Volksrepublik als Sicherheitsrisiko darzustellen. Im Gegenteil: China war das größte Opfer des japanischen Militarismus im Zweiten Weltkrieg. Die beiden benachbarten Länder sollten nun ihre ganze Kraft dafür einsetzen, ihre Partnerschaft zu pflegen. Wir müssen einen Weg für friedliche Koexistenz finden“, fordert die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO.
ASAHI SHIMBUN aus Japan verweist auf die schwierige Ausgangssituation für das Außenministertreffen: "Die Festnahme eines japanischen Geschäftsmanns wegen angeblicher Spionage sorgt in der japanischen Community in Peking für große Angst. Zudem weitet China seine militärischen Aktivitäten im Meer an der Grenze zum japanischen Territorium aus. Aber trotz der unterschiedlichen Meinungen und Positionen sollten wir in ehrlichen Gesprächen weiter nach Wegen der Zusammenarbeit suchen - um Frieden und Entwicklung in Ostasien und der Welt zu verwirklichen. Das Fundament für den Wiederaufbau der Beziehungen beider Staaten muss nun stabilisiert werden, indem man die Kommunikationskanäle auf allen Ebenen offenhält – sei es in der Politik, in der Wirtschaft oder im freundschaftlichen Austausch beider Bevölkerungen." Mit diesem Kommentar der ASAHI SHIMBUN aus Tokio endet die Internationale Presseschau.