
Als Mitglied des Verteidigungsbündnisses könne man sich von nun an sicherer fühlen, meint die finnische Zeitung HUFVUDSTADSBLADET: "Seit Gründung der Allianz vor 74 Jahren ist nie ein Mitglied von einem anderen Staat militärisch angegriffen worden. Gleichzeitig stärken natürlich auch wir die NATO. Unsere wichtigste Aufgabe ist nun, in jeder Hinsicht dazu beizutragen, dass auch Schwedens Beitrittsantrag so schnell wie möglich in trockene Tücher kommt. Es gilt, bei jeder Gelegenheit für unseren Nachbarn im Westen einzutreten und den Druck auf die Türkei und Ungarn zu erhöhen, die nur aus innenpolitischen Gründen der Aufnahme Schwedens noch nicht zugestimmt haben“, fordert die Zeitung HUFVUDSTADSBLADET aus Helsinki.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER spricht von einer "geopolitischen Revolution": "Zum ersten Mal in seiner Geschichte ist Finnland in jeder Beziehung Teil des Westens. Während des Kalten Krieges schwebte die ganze Zeit das Gespenst der Sowjetunion über der finnischen Außen- und Innenpolitik. Finnland durfte nur so lange Finnland sein, wie es den Herrschern in Moskau passte. Das war im Prinzip die Ordnung, die Putin wiedererrichten wollte, als er im Dezember 2021 das Recht auf Pufferstaaten einforderte. Damit setzte er allerdings einen Prozess in Gang, der nun zumindest für Finnland gestern zum Abschluss gekommen ist. Onnittelut, Suomi! - Herzlichen Glückwunsch, Finnland!", gratuliert DAGENS NYHETER aus Stockholm dem Nachbarland - auf Finnisch.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz attestiert der russischen Außenpolitik eine - Zitat - krachende Niederlage: "Kurz vor dem Einmarsch in die Ukraine, im Dezember 2021, hatte der Kreml ultimativ verlangt, dass die NATO ihre Militärkontingente aus Osteuropa abziehe und keine neuen Mitglieder aufnehme. Mit seinem dreisten Kurs hat er genau das Gegenteil erreicht."
Die russische Zeitung KOMMERSANT betrachtet die Entwicklung mit einer Spur Sarkasmus: "Wir leben in Zeiten, in denen an fast jedem Tag eine Ära zu Ende geht. Dieses Mal verabschieden wir uns von Finnland, unserem früheren großen kapitalistischen Freund im Nordwesten. Als nächstes kommt Schweden. Die Mauer zwischen uns wird buchstäblich jeden Tag dicker, aber bedauern sollten wir diese Lage nicht. Die Welt ist groß und interessant: Asien, Afrika, der Nahe und der Ferne Osten. Für Russland tun sich neue Horizonte auf", zählt der russische KOMMERSANT auf, der in Moskau erscheint.
Zum nächsten Thema. Frankreichs Präsident Macron und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sind zu einem Besuch in Peking eingetroffen. Das Ziel: Die Europäer wollen sich in China geschlossener und als Partner auf Augenhöhe präsentieren. Die französische Zeitung LES DERNIERES NOUVELLES D'ALSACE beobachtet das Vorhaben mit einiger Skepsis: "Das diplomatische Fenster, durch das sich die beiden zwängen wollen, ist eng. Das politische Klima in China hat sich ideologisch versteift und Europa tut sich schwer, auf internationaler Bühne mit einer Stimme zu sprechen. Vor diesem Hintergrund wären Macron und von der Leyen gut beraten, für das einzutreten, worüber sie sich einig sind: Die Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von China zu verringern, um dem Reich der Mitte keine offene Flanke zu geben", empfiehlt die französische Zeitung LES DERNIERES NOUVELLES D'ALSACE, die in Straßburg erscheint.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD aus Wien betont: "Illusionen darf sich Europa nicht hingeben. Der Kontinent muss sich endlich selbst wappnen. Industriell, landwirtschaftlich, energiemäßig und militärisch muss er unabhängiger werden. Medikamente, seltene Erden, saubere Energien: Hier muss Europa aufbauen, was bisher verpasst wurde – und was nicht länger importiert werden soll. Wie das geht, macht gerade China vor."
Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO meint, für eine diplomatische wie auch wirtschaftliche Annäherung müsse sich vor allem Europa bewegen: "Bei von der Leyens 'Antrittsbesuch' in Peking wird sicherlich der Konflikt in der Ukraine ein wichtiges Thema sein, denn eine Friedenslösung ist sowohl im Interesse Chinas als auch der EU. Außerdem ist zu hoffen, dass die Hindernisse für das Investitionsabkommen zwischen Peking und Brüssel bei dem dreitägigen Besuch aus dem Weg geräumt werden können. Nur wenn Europa seine ideologisch gefärbte Brille ablegt, dem Druck aus Washington standhält und nicht einseitig Partei ergreift, kann ein Gleichgewicht zwischen den Großmächten gefunden werden", schreibt die Zeitung JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio unterstreicht: "Die EU kann ihre Verflechtungen - anders als die USA - von China nicht lösen. China wird sowohl als Rivale als auch als Partner betrachtet. Kein Land der Welt könnte ernsthaft behaupten, dass China wirtschaftlich entkoppelt werden muss - das hat auch die Regierung in Paris eingeräumt."
Die Anklage des früheren US-Präsidenten Trump durch die Staatsanwaltschaft in New York bleibt Thema der Kommentare. Seit gestern ist bekannt: Ihm wird die Fälschung von Geschäftsunterlagen in 34 Fällen zur Last gelegt. Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA misst dem Prozess große Bedeutung bei: "Das Verfahren gegen Trump ist eine Feuerprobe für die Demokratie der USA. Der 45. US-Präsident ist nun ein gewöhnlicher Bürger, der strafrechtlich verfolgt werden kann. Aber er ist mehr als das. Mit der Anklage gegen einen ehemaligen Chef des Weißen Hauses hat das Land eine rote Linie überschritten."
Das WALL STREET JOURNAL aus New York sieht in Inhalt und Zeitpunkt der Anklage auch eine politische Komponente: "Trump wird für ein Verhalten angeklagt, das im Jahr 2016 stattfand. Bundesstaatsanwälte haben diese Aktivitäten bereits untersucht und offensichtlich beschlossen, sie fallen zu lassen. Sieben Jahre später hat ein gewählter Staatsanwalt der Demokraten Anklage gegen Trump erhoben, und zwar in einem Fall, der möglicherweise mitten in den Vorwahlen 2024 zu einem Ergebnis kommen könnte. Die Frage, die sich immer wieder stellt, ist, ob dieser Fall auch gegen einen anderen Angeklagten als Donald Trump vorgebracht worden wäre. Es ist schwer, anders als mit Nein zu antworten", meint das WALL STREET JOURNAL.
Die NEW YORK TIMES weist Vermutungen über einen politischen Hintergrund der Anklage zurück: "Für Trump gilt, was für jeden anderen New Yorker gelten würde, gegen den ähnliche Beweise vorliegen. Die Anklageschrift ist also alles andere als politisch. Wenn überhaupt, wäre es eine politisch motivierte Entscheidung gewesen, keine Anklage zu erheben, wenn das Verfahren eine so große Aufmerksamkeit bekommt."
Die mexikanische Zeitung LA RAZON sieht gerade in der großen öffentlichen Aufmerksamkeit ein Problem: "Die Politik ist zum Spektakel verkommen, und für Trumps Anhänger gibt es keine schlechte Presse. Im Fall einer Verurteilung wird er von ihnen in den Stand eines Märtyrers erhoben werden. Das Schlimmste für Trump wäre, aus den Nachrichten zu verschwinden. Dieser Fall hat ihn jetzt wieder in den Mittelpunkt gerückt, und dürfte zu einem Anstieg seiner Beliebtheitswerte führen", prophezeit LA RAZON aus Mexiko-Stadt.
Die LOS ANGELES TIMES druckt einen Gastkommentar. Verfasst hat ihn der Gastgeber eines politischen Podcasts mit früheren Regierungsvertretern. Er hält die Anklageschrift für eine taktische Entscheidung: "Staatsanwalt Bragg hat sich dafür entschieden, sowohl das Ausmaß und die Schwere von Trumps Vergehen darzulegen als auch ein Höchstmaß an Flexibilität zu wahren, um den Kurs noch ändern zu können. Angesichts dieses unvorhersehbaren und äußerst schwierigen Falls ist das ein vernünftiger Ansatz."