25. April 2023
Die internationale Presseschau

Kommentiert werden die Proteste der Klimaaktivistengruppe Letzte Generation sowie die Äußerungen des chinesischen Botschafters in Paris, der den früheren Sowjetrepubliken einen völkerrechtlichen Status abspricht. Zunächst geht es aber um die Lage im Sudan.

Das Foto zeigt eine große Rauchsäule über der sudanesischen Hauptstadt Khartum.
Die Kämpfe im Sudan nehmen an Intensität zu. (AFP / -)
Dazu schreibt die irische Zeitung IRISH TIMES: "Der Sudan gehörte zu den Nachzüglern des Arabischen Frühlings. Jener Phase der Hoffnung auf Demokratie von 2010 und 2011, in der sich Volksaufstände in der arabischen Welt ausbreiteten. Doch wie die meisten dieser Bewegungen wurde auch die sudanesische Volksrevolution zu Asche. Ähnlich wie in Ägypten wurde im Sudan das alte Regime schließlich durch einen Staatsstreich unter neuen Machthabern wiederhergestellt, nur dass es diesmal noch brutaler und paranoider war. In Libyen, dem Jemen und in Syrien führten die Gegenrevolutionen zu blutigen Bürgerkriegen. Das könnte dem Sudan noch bevorstehen", befürchtet die IRISH TIMES aus Dublin.
"Der Sudan schlittert in eine klassische humanitäre Katastrophe“, titelt die russische NESAWISSIMAJA GASETA und führt aus: "Was im Sudan geschieht, ist grundsätzlich nichts Neues. Seit der Unabhängigkeit des Landes hat der Bürgerkrieg tatsächlich nie aufgehört. Und Ausschreitungen mit blutigen Unterdrückungen gab es dort schon immer. Verändert haben sich in den letzten Jahren die internationalen Verflechtungen. Chinas Position in der Region ist ziemlich stark, und eine Destabilisierung im Nordosten Afrikas könnte unangenehme Folgen für Peking haben. China kauft aktiv südsudanesisches Öl, das wiederum durch den Sudan geliefert wird. Die Chinesen hatten bereits versucht, andere Versorgungswege zu errichten, dies aber im Großen und Ganzen ohne Erfolg. Wenn die Kämpfe jetzt ein größeres Ausmaß annehmen, könnten die Lieferungen eingestellt werden. Russland würde davon teilweise profitieren – es könnte seinen Öl-Export nach China dadurch weiter erhöhen“, beobachtet die kremlnahe NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die britische Zeitung THE TIMES kritisiert, dass viele Briten bei der Evakuierung hilflos im Sudan zurückgeblieben sind: "Rund 30 Botschaftsangehörige wurden am Wochenende unter dem Schutz britischer Soldaten auf einen Militärstützpunkt nach Zypern gebracht. Im Sudan blieben etwa 4.000 britische Staatsbürger zurück. Ihnen wurde gesagt, sie sollten zu Hause bleiben und sich von den Fenstern fernhalten. Warum konnte Großbritannien nicht wenigstens einige Zivilisten zusammen mit seinen Diplomaten ausfliegen? Warum sind die Soldaten nicht geblieben, um die Zurückgelassenen zu schützen und sichere Sammelplätze einzurichten? Das Außenministerium argumentiert, dass es in erster Linie eine Fürsorgepflicht für seine Beamten habe. Aber es gibt eine umfassendere Verantwortung gegenüber den britischen Bürgern im Ausland - und die wird eindeutig vernachlässigt", meint THE TIMES aus London.
Die ebenfalls in London erscheinende arabischsprachige Zeitung AL QUDS AL-ARABY hält fest: "Wer immer diesen Kampf im Sudan gewinnt, wird am Ende ein Verlierer sein. Das Problem in diesem Konflikt besteht zum einen darin, dass jede Seite genug Waffen hat und zum anderen der Wahnvorstellung anhängt, sie werde siegen und anschließend von der Weltgemeinschaft umarmt. Doch genau das wird sie nicht tun. Sie wird den Sieger vielmehr zur Verantwortung ziehen wollen. Das Problem der internationalen Gemeinschaft ist allerdings, dass sie keinen Druck ausüben kann, ohne dass daraus die Grundlagen für weitere Kriege entstehen."
Nun zu den Äußerungen des chinesischen Botschafters. Die taiwanesische Zeitung ZIYOU SHIBAO erläutert: "Vor einigen Tagen gab der chinesische Botschafter in Frankreich, einer der besonders scharfen Hunde der aggressiven Diplomatie Pekings, einem französischen Fernsehsender ein Interview. Neben der anmaßenden Behauptung, dass das Schicksal Taiwans von den Chinesen entschieden werde, sprach er ehemaligen Sowjetstaaten schlichtweg ihre Souveränität ab. Damit hat Lu Shaye seinem eigenen Land einen Bärendienst erwiesen. Erst einmal bleibt festzuhalten, dass die Zukunft Taiwans allein von seinen eigenen Bürgern entschieden wird. Die Diplomatie der Kommunistischen Partei Chinas ist selbstzerstörerisch und reißt die Grundfesten von Pekings Außenpolitik ein. Die jüngsten skandalösen Äußerungen erzürnten nicht nur die drei baltischen Staaten und die Ukraine, sondern veranlassten auch den Außenbeauftragten der EU, Borrell, dazu, Lu Shayes Äußerungen als 'inakzeptabel' zu bezeichnen. Dadurch wurde das Misstrauen gegenüber Pekings Fähigkeit, Frieden zwischen Moskau und Kiew zu stiften, nur noch weiter genährt", ist sich ZIYOU SHIBAO aus Taipeh sicher.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN ist folgender Meinung: "Vermutlich wurde der chinesische Botschafter in Paris völlig übermütig und scherte aus der offiziellen Linie Pekings aus. Es ist nicht verwunderlich, dass China nun international kritisiert wird. Die Regierung in Peking weiß, dass der Diplomat viel an Reputation verspielt hat. Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums beeilte sich, die Äußerungen ihres Kollegen zurückzunehmen. China erkenne natürlich die Souveränität früherer Sowjetrepubliken und insbesondere die der Ukraine an. Gleichzeitig attackierte die Frau aber auch die Medien. Diese hätten die Haltung Chinas zur Ukraine verdreht und dadurch Streit angezettelt. Angriff - ein gewohntes Agieren der chinesischen Regierung, das aber eine große Gefahr birgt", merkt ASAHI SHIMBUN aus Tokio an.
Die slowakische Zeitung SME notiert: "Es überraschte, dass der chinesische Botschafter in Frankreich die Unabhängigkeit der Ukraine und anderer postsowjetischer Republiken anzweifelte. Angesichts der sogleich erfolgten Korrektur durch Peking ist das wohl als Exzess eines Einzelnen zu betrachten. Weil solche Blödheiten aber oft ein Eigenleben entwickeln, lohnt sich eine Einordnung. Tatsächlich gibt es nämlich in Europa nicht viele Staaten, die eine so starke internationale Verankerung haben wie die Ukraine. Denn die Sowjetunion war formell ein Staatenbund, der seine Kompetenzen von den einzelnen Teilrepubliken herleitete. Das bedeutete, dass 1945 die Ukraine - im Unterschied zu Russland - ein Gründungsstaat der UNO war. Eine noch stärkere Anerkennung der internationalen Souveränität kann es wohl kaum geben", erinnert SME aus Bratislava.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD blickt auf die gestrigen Proteste der Klima-Aktivistengruppe Letzte Generation in Berlin: "Die Klimakleber tauchen guerillaartig aus dem Nichts auf, ohne dass man sich darauf einstellen kann. Klar, nur so erzielt eine kleine Gruppe große Wirkung. Die allerdings geht immer mehr in eine Richtung, die auch Vertretern der Klimabewegung nicht recht sein kann. Selbst die Grünen rollen mittlerweile genervt mit den Augen. Ein wichtiges Anliegen kommt so wegen problematischer Methoden immer mehr in Verruf. Klimaschutz assoziieren viele nur noch mit den 'Störenfrieden'. Wenn die Klimakleberschaft tatsächlich die Politik aufrütteln will, dann könnte sie einfach mal umdenken. Man klebt sicher auch vor dem Berliner Kanzleramt gut. Das jedoch, was derzeit abläuft, ist kontraproduktiv." So weit DER STANDARD aus Wien.
In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG ist zu lesen: "Den Klimaschützern, die ja oft der jüngeren Generation angehören, möchte man etwas von dem Mut und auch von der Opferbereitschaft der alten Arbeiterbewegung wünschen: Sie könnten, im Namen ihrer 'Klimaangst', auch einfach sich selbst etwas zumuten anstatt allen anderen. Als Beweis ihrer Klimasolidarität könnten junge Leute auch aufhören, Filme zu streamen, jeden Unfug zu googeln oder permanent Reels zu posten. Das Internet hat einen rasenden Energiehunger und verbraucht im Jahr Strom in der Größenordnung ganzer Volkswirtschaften. Der Verzicht auf verschlüsselungsintensive Kommunikation wäre ein ausgezeichnetes Opfer für das Klima. Aber das täte ja weh."