08. Mai 2023
Die internationale Presseschau

Heute mit vielen Themen, unter anderem geht es um die Krönung Charles III. in London und um die Wahlen in der Türkei.

Sitzungssaal der Arabischen Liga in Kairo
Sitzungssaal der Arabischen Liga in Kairo - die Rückkehr Syriens in den Staatenbund ist eines der Themen in der Internationalen Presseschau. (AFP / MOHAMED EL-SHAHED)
Zunächst kommentiert DIE PRESSE aus Österreich die Wiederaufnahme Syriens in den Staatenbund Arabische Liga. Das Blatt spricht von einer "triumphalen Rückkehr eines Diktators": "Die arabische Welt macht ihren Frieden mit Bashar al-Assad. Zwölf Jahre, nachdem Syrien wegen Assads Krieg gegen das eigene Volk von der arabischen Staatengemeinschaft verstoßen wurde, kehrt das Land jetzt in die Liga zurück. Besonders seit der Erdbebenkatastrophe im Februar, die Teile Nordsyriens verwüstete, geben sich arabische Politiker in Damaskus die Klinke in die Hand. Hinter der Bereitschaft der Araber, wieder mit Assad zu reden, steckt die Befürchtung, dass Syrien völlig in den Machtbereich des Iran abdriften könnte. Der syrische Staatschef, bis vor Kurzem noch von der internationalen Bühne verbannt, hat plötzlich viele Optionen", konstatiert DIE PRESSE aus Wien.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz meint: "Zu den Verlierern der Rückkehr Assads gehören neben den versprengten Resten der syrischen Opposition vor allem Amerikaner und Europäer. Jahrelang hatte der Westen versucht, das Assad-Regime zu isolieren und so in die Knie zu zwingen. Dieses Ansinnen ist nun endgültig gescheitert. Die Zeiten, in denen die Araber Gewehr bei Fuß standen, sobald der Westen rief, sind vorbei. So weigerten sich die Golfstaaten im letzten Jahr, ihre Beziehungen zu Russland abzubrechen, und pflegen vermehrt enge Beziehungen zu China. Assads Heimkehr nach Arabien zeigt nun einmal mehr, wie sehr sich die Verhältnisse im Nahen Osten gewandelt haben", stellt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG klar.
Die arabischsprachige Zeitung AL ARABY AL-JADEED aus London verweist auf Bedingungen der Arabischen Liga für die Rückkehr Syriens in die Staatengemeinschaft: "Eine von ihnen betrifft den Drogenschmuggel in die Nachbarländer insbesondere die Golfstaaten, den das Regime nun unterbinden will. Auf lange Sicht dürfte Assad dieses Geschäft aber weiter betreiben. Denn das normalisierte Verhältnis zu den arabischen Ländern wird ihm nicht das einbringen, was er derzeit mit dem Drogen-Schmuggel verdient."
Der britische GUARDIAN blickt auf die Krönungsfeierlichkeiten für Charles III. vom Wochenende und übt harte Kritik: "Die größte Illusion bei königlichen Ereignissen wie der Krönung ist, dass wir irgendwie ein Teil davon sind. Natürlich sind wir das in gewisser Weise; wir müssen es sein, damit die Institution der Monarchie überhaupt eine Bedeutung hat. Aber nicht als Gleichberechtigte. Wir bekommen nämlich das Schlechteste aus beiden Welten: Die königliche Familie gibt uns nichts und im Gegenzug legitimieren wir sie, geben ihr Bedeutung und Publikum und zahlen für sie. Sie dient einem ganzen System des politischen Niedergangs und der wirtschaftlichen Ungleichheit, das einem Hinterfragen nicht standhalten kann und deshalb mit Zeremonien umhüllt werden muss", heißt es im GUARDIAN aus London.
Ähnlich sieht es die mexikanische Zeitung LA RAZON: "Zwar unterstützt eine Mehrheit der Briten weiterhin die Monarchie, doch gingen auch tausende auf die Straße, um ihre Unzufriedenheit auszudrücken. Die britische Monarchie hat eine lange Geschichte der Ausbeutung und der Versklavung der Ärmsten der Armen hinter sich, und auch die Verbindung zwischen Kirche und Königshaus ist Gegenstand der Kritik. Man könnte deshalb hinter dem Spektakel auch einen strategischen Zug sehen, um das Bild der britischen Krone in der Öffentlichkeit aufzupolieren", vermutet LA RAZON aus Mexiko-Stadt.
Japan und Südkorea wollen ihre Beziehungen intensivieren – das ist Thema in der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN. "Nur knapp zwei Monate nach dem Besuch von Südkoreas Präsident Yoon hat Japans Premier Kishida seinen Gegenbesuch in Seoul realisiert – eine kluge Entscheidung. Man darf aber nicht vergessen, dass der Antrieb dafür Nordkoreas beschleunigtes Atomwaffenprogramm war. Natürlich sollten Japan, Südkorea und die USA angesichts der Drohungen aus Nordkorea unbedingt zusammenhalten. Aber wenn die Abhängigkeit vom atomaren Schutzschirm zu groß wird, rückt nicht nur eine Ent-Nuklearisierung der Koreanischen Halbinsel in weite Ferne, es könnte auch gefährliche Reaktionen aus Nordkorea auslösen. Deshalb sollte Kishida versuchen, nicht mit Waffen sondern diplomatisch eine Lösung zu finden", konstatiert ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Die chinesische Staatszeitung JIEFANG RIBAO mutmaßt, Tokio spiele ein doppeltes Spiel: "Sehr wahrscheinlich nutzt der japanische Regierungschef seinen Termin in Seoul, um mit seinem südkoreanischen Kollegen über das geplante Treffen mit US-Präsident Biden zu sprechen. Dieses potenzielle Dreier-Bündnis könnte gegen Pjöngjang und Peking gerichtet sein. Das lässt zweifeln, ob Kishida es ehrlich meint, wenn er über seine Absicht spricht, die Beziehungen zu China verbessern und die Zusammenarbeit zwischen den drei ostasiatischen Nachbarländern stärken zu wollen".
EVRENSEL aus Istanbul greift die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen auf, die am kommenden Sonntag in der Türkei anstehen: "Nicht nur in den großen Städten und den kurdischen Provinzen haben sich die Menschen ganz klar von Präsident Erdogans Ein-Mann-Regime abgewandt. Die Regierungsseite hat wenig Hoffnungen zu gewinnen, deshalb versucht sie es jetzt mit einem 'Psycho-Krieg', mit Lügen, Diffamierungen und Fake News. Wer sie nicht wählen will, wird als Ungläubiger oder Verräter beschimpft.Aber diese Waffe ist lange nicht mehr so wirksam wie früher", hält die türkische Zeitung EVRENSEL fest.
Der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz ist optimistisch, dass bei einem Wahlsieg der Opposition ein friedlicher Wechsel gelingen könne, denn das demokratische Bewusstsein sei in der Türkei "vielleicht robuster als in manchen Ländern der Europäischen Union": "Die Türkei hat sich ihren modernen Staat selbst erkämpft. Demokratie ist hier nichts Selbstverständliches, aber sie ist eingeübt. In den kleinsten Städten von Anatolien findet man die Büros der Parteien, man findet Menschenrechtsvereine, man findet Berufskammern. Eine Zivilgesellschaft, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bilden konnte. Die Menschen gehen wählen. Auch das unterscheidet das Land von anderen Autokratien", heißt es im TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
Die estnische Zeitung POSTIMEES befasst sich mit der geplanten Gegenoffensive der Ukraine im russischen Angriffskrieg gegen das Land. "Die Aussichten für eine Gegenoffensive wirken derzeit gut, was sich auch an dem Riss in der russischen Führung ablesen lässt. Eine Rolle könnte nun der morgige 9. Mai spielen. Als sowjetischer Tag des Sieges hat das Datum große Bedeutung für Putin. Mindestens ebenso sehr wünschen sich die Ukrainer, Putin diesen 9. Mai nach Möglichkeit zu verderben. Auf der anderen Seite wäre der 9. Mai ein allzu leicht durchschaubares Datum, und das wissen beide Seiten. Sichere Voraussagen sind somit schwierig. Aber eine Gegenoffensive ist die unabdingbare Voraussetzung für einen Frieden, denn anders kommt die Ukraine nicht zur Ruhe", hält POSTIMEES aus Tallinn fest.
Die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN beobachtet eine Falschinformations-Kampagne der russischen Führung, insbesondere in den baltischen Staaten: "Aktuell geht es unter anderem darum, die Unterstützung der Bevölkerung für die Aufrüstung zu unterlaufen, die als Reaktion auf den Ukraine-Krieg notwendig geworden ist. Vor diesem Hintergrund betrachtet war es gut, dass die Regierungschefs der nordischen Länder in der letzten Woche in Helsinki zusammenkamen. Unsere strategische Bedeutung ist durch den russischen Überfall auf die Ukraine stark gestiegen; die Ostsee ist nun fast schon ein NATO-Binnenmeer. Schafft es Russland, Risse im westlichen Lager bezüglich der Unterstützung für die Ukraine zu erzeugen, wäre das eine Niederlage für Freiheit und Demokratie und ein Sieg für Putins finstere Fantasien", unterstreicht JYLLANDS-POSTEN aus Århus, und damit endet die Internationale Presseschau.