
So schreibt die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER: "Jeder fünfte schwedische Viertklässler kann nicht gut genug lesen. Deutlich überrepräsentiert sind dabei Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen und mit einer anderen Muttersprache als Schwedisch. Was können wir dagegen tun? Schweden kann dafür sorgen, dass Schüler mit Startschwierigkeiten dieselben Voraussetzungen wie ihre privilegierteren Altersgenossen bekommen. Es darf nicht so weitergehen, dass Schüler mit dem größten Bedarf an gutem Unterricht in die schlechtesten Schulen gehen, wo es an Disziplin mangelt, kaum Lehrbücher vorhanden sind und am wenigsten Hilfe geleistet wird. Diese Entwicklung lässt sich umkehren", ist DAGENS NYHETER aus Stockholm überzeugt.
Ähnliche Überlegungen stellt DER STANDARD aus Österreich an: "Die Daten zeigen einmal mehr, dass Österreich zu jenen EU-Ländern gehört, wo sich der Bildungsabschluss und der Job der Eltern am stärksten auf die Lese-Skills ihrer Kinder auswirken. Wenn hier nicht endlich angesetzt wird, wird das weitaus drastischere Auswirkungen haben als das Homeschooling im Lockdown tatsächlich hatte. Gerade in Zeiten der Teuerung braucht es für Kinder aus finanziell schlechtergestellten Familien kostenlose Nachhilfe. Und in Ganztagsschulen, wo Kinder ihre Hausaufgaben erledigen, sind sie nicht mehr auf die Hilfe aus der Familie angewiesen. Werden sie weiter auf der Strecke gelassen, droht eine ganze Gruppe an Schülerinnen und Schülern wirklich verlorenzugehen", warnt DER STANDARD aus Wien.
Die dänische Zeitung POLITIKEN verweist auf ein historisch schlechtes Ergebnis der Schüler im Land: "Mittlerweile hat jedes vierte Kind bei uns geringe Lesefähigkeiten. Der Abstand zwischen den schwächsten und den besten Schülern ist damit gewachsen. Dabei sinkt nicht nur die Lesekompetenz, sondern auch die Freude am Lesen – die Bücher stehen unter Druck, beispielsweise durch soziale Medien. Je lieber Schüler lesen, desto besser können sie es auch – und umgekehrt. Auch geben Eltern ihre Freude am Lesen an ihre Kinder weiter: Je mehr Bücher es zu Hause gibt, desto besser können die Schüler lesen. Wer jedoch nicht kritisch lesen kann, durchschaut seltener Fehlinformationen in sozialen Medien und hat größere Probleme, eine Ausbildungsstelle zu bekommen", betont POLITIKEN aus Kopenhagen.
Auf die Wahlen in der Türkei geht die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR ein: "Derzeit deutet alles darauf hin, dass Präsident Erdogan eine weitere Amtszeit erhält - und das trotz der hohen Inflation und der möglichen Mitverantwortung für zehntausende Tote bei dem Erdbeben im Februar. International hat die Türkei seit Erdogans Machtübernahme einerseits an Bedeutung zugelegt: Wegen der geografischen Nähe des Landes zu Russland und diversen Gemeinsamkeiten mit Putin spielt Erdogan auch eine wichtige Rolle bei der Vermittlung eines Friedens in der Ukraine. Andererseits hat die Zunahme der Menschenrechtsverletzungen und der Umgang mit Flüchtlingen aus Syrien die Türkei und die EU einander entfremdet", analysiert EL ESPECTADOR aus Bogotá.
"Die erste Runde der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen machte einen Strich durch alle Erwartungen, nach denen die Opposition vorne liegen würde", schreibt die slowakische Zeitung SME. "Wenn Erdogan trotz der wirtschaftlichen Krise, die zu einem beträchtlichen Maß seine Handschrift trägt, noch so fest auf den Beinen steht, dann sagt das etwas über die türkische Gesellschaft aus. Sie liebt offenbar sogar dann noch eine Herrschaft der starken Hand, wenn sie noch so schlechte Erfahrungen mit ihr gemacht hat", heißt es in SME aus Bratislava.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG geht der Frage nach, wie sich in der Stichwahl die Wähler des nationalistischen Kandidaten Ogan entscheiden, der im ersten Wahlgang auf rund fünf Prozent der Stimmen kam: "Ogans 2,8 Millionen Wähler könnten bei der Stichwahl den Ausschlag geben. Mit entsprechender Spannung wird erwartet, ob und für wen er eine Wahlempfehlung ausspricht. Dennoch darf Ogans Einfluss auf den Ausgang der zweiten Runde nicht überschätzt werden. Um den Rückstand auf Erdogan wettzumachen, müsste Kilicdaroglu nahezu alle Wähler des Drittplatzierten auf seine Seite ziehen. Dass dies gelingt, ist unwahrscheinlich", glaubt die schweizerische NZZ.
Wie der Westen mit dem Wahlausgang umgehen sollte, ist Thema in der britischen TIMES: "Es steht außer Frage, dass Präsident Erdogan die Ausgangslage zu seinem Vorteil gestaltet hat. Er nutzte seine Macht über die Medien und zwang Herausforderer Kilicdaroglu, sich allein auf die sozialen Medien zu verlassen, um seine Botschaften verbreiten zu können. Da Erdogan auf die internationale Unterstützung angewiesen ist, hat der Westen jedoch ein gewisses Druckmittel in der Hand. Das vorrangige Ziel muss darin bestehen, Schwedens Mitgliedschaft in der NATO zu sichern, die immer noch von der Ratifizierung durch die Türkei abhängt, sowie die Zusammenarbeit mit der Türkei im Ukraine-Krieg fortzusetzen. Ob der Westen eine weitere Aushöhlung der Demokratie in der Türkei verhindern kann, ist eine andere Frage." Das war THE TIMES aus London.
Auch in Thailand fanden am Wochenende Wahlen statt. Daraus sind zwei Oppositionsparteien als Sieger hervorgegangen, wie der britische GUARDIAN erläutert: "Die Wahl hat die Spaltung Thailands in Anhänger des Establishments - die sogenannten Gelbhemden - und Anhänger des früheren Regierungschefs Thaksin Shinawatra - die sogenannten Rothemden - überwunden. Die neue Partei Move Forward erhielt 14 Millionen Stimmen und 151 Sitze, indem sie junge Stadtbewohner für sich gewinnen konnte, die sonst vor dem ehemaligen Premierminister zurückschrecken. Sie erhielt auch Unterstützung von der Pheu Thai, die jetzt von Thaksin Shinawatras Tochter angeführt wird. Gemeinsam hat die Opposition das politische Establishment geschlagen und sich auf die Bildung einer Koalitionsregierung geeinigt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie dazu auch in der Lage sein wird. Um Premierminister zu werden, benötigt Oppostionsführer Pita Limjaroenrat die Unterstützung der vom Militär ernannten Senatoren", führt der GUARDIAN aus London aus.
Die WASHINGTON POST kommentiert: "Rund 40 Millionen Wähler in Thailand haben eine unmissverständliche Botschaft übermittelt: Sie sind unzufrieden mit neun Jahren Militärherrschaft und wollen einen Wandel. Die Frage ist nun, ob die konservativen Kräfte einschließlich des Militärs und der Monarchie die Wünsche des Volkes respektieren werden. In Thailand ist es keine Selbstverständlichkeit, dass die Militärs sich zurückziehen, auch wenn sie sie bei den Wahlen eine klare Absage erhalten haben. Auch wenn viele Thailänder begeistert sind, ist dennoch eine gewisse Vorsicht geboten. Man braucht nur einen Blick auf Thailands Nachbarland Myanmar zu werfen, wo die populäre Partei der Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bei den Wahlen 2020 einen Erdrutschsieg errang, nur um drei Monate später zu erleben, wie das Militär die Macht übernahm und das Ergebnis annullierte", erinnert die WASHINGTON POST.
Die in Singapur erscheinende Zeitung LIANHE ZAOBAO meint: "Der 42-jährige Harvard-Absolvent Pita Limjaroenrat kam mit seinem frischen Image und seinem Ruf nach einem politischen Wandel in Thailand vor allem bei jungen Wählern gut an. Noch ist jedoch nicht klar, ob der politische Jungstar tatsächlich genug Sitze im Parlament haben und die Unterstützung der übrigen Oppositionsparteien erhalten wird, um neuer Regierungschef seines Landes zu werden. Für Thailand wäre es nur gut, wenn sich die Wahlsieger schon bald auf ein neues Kabinett einigen könnten. Wenn das Militär sein Versprechen tatsächlich einlöst, sich fortan politisch neutral zu verhalten, könnte Thailand wieder zu einem demokratischen Rechtsstaat werden."