23. Mai 2023
Die internationale Presseschau

Kommentiert werden heute die Parlamentswahl in Griechenland, die Schlacht um die ukrainische Stadt Bachmut und die Milliardenstrafe für den Meta-Konzern wegen Verstößen gegen den Datenschutz.

Kyriakos Mitsotakis, Ministerpräsident von Griechenland, winkt während einer Wahlkampfkundgebung vor der Akropolis. Nebendran eine verschwommene Griechenland-Flagge.
Die Partei von Ministerpräsident Mitsotakis erreicht bei der Parlamentswahl in Griechenland die meisten Stimmen. (picture alliance / dpa / Angelos Tzortzinis)
Doch zunächst nach Griechenland. Die Wahl sei ein Triumph für Premier Kyriakos Mitsotakis gewesen, heißt es in der österreichischen Zeitung DER STANDARD. "Mitsotakis fehlen nun nur fünf Mandate im Parlament mit 300 Sitzen, um eine Alleinregierung zu bilden. Deshalb ist davon auszugehen, dass in sechs Wochen neuerlich Wahlen stattfinden werden, weil dann die ND – durch das wiedereingeführte Mehrheitswahlrecht – gar keinen Partner mehr suchen müsste. Der zu erwartende Schachzug der ND wirkt allerdings schwach und billig. Denn für die griechische Gesellschaft wäre es förderlich, wenn die ND ohne Neuwahl gleich eine Zusammenarbeit – etwa mit der Pasok – suchen würde", meint DER STANDARD aus Wien.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG erläutert: "Dass Mitsotakis trotz dem klaren Wahlsieg nicht sofort losregieren kann, ist einem neuen Wahlgesetz geschuldet. In ein paar Wochen wird es aller Voraussicht nach eine zweite Wahlrunde geben, mit der sich die ND die nötige Mehrheit von mindestens 151 Parlamentssitzen sichern dürfte. Doch ist Mitsotakis gut beraten, in seiner zweiten Amtszeit ein paar Punkte zu beherzigen: Griechenland ist auf einem wirtschaftlichen Reformkurs, doch mit der Rechtsstaatlichkeit hapert es. Der Skandal um das Abhören von Journalisten und Oppositionspolitikern ist nicht aufgearbeitet. Bei der Pressefreiheit ist Griechenland Schlusslicht aller EU-Staaten", notiert die Schweizer NZZ.
Die griechische Zeitung KATHIMERINI schreibt: "Der Sieg der Nea Dimokratia ist eine Selbstverständlichkeit. Unabhängig davon, was bei einer Neuwahl im Juni passiert, Griechenland wird eine Regierung unter der Führung von Kyriakos Mitsotakis bekommen. Welche Politik sie verfolgt und welche Personen diese umsetzen werden, ist die nächste Frage. Die zweite Amtszeit der Nea Dimokratia wird eine Herausforderung", unterstreicht die Zeitung KATHIMERINI aus Athen.
Die spanische Zeitung EL MUNDO führt aus: "Premierminister Mitsotakis hat damit ein klares Mandat, um seine Agenda fortzusetzen, während Syriza-Chef Tsipras der eindeutige Verlierer ist. Sein früherer Finanzminister Varoufakis hat nicht einmal den Einzug ins Parlament geschafft, weil die Griechen seine Abenteuer leid sind. Der Erfolg der sozialistischen Pasok steht dagegen für den Wiederaufstieg einer Partei aus dem Mitte-Links-Lager. Die Wahl in Griechenland stellt auch eine Warnung für die linke Podemos in Spanien dar, die Bruderpartei der griechischen Syriza: In Umfrage zeichnet sich eine herbe Niederlage für Podemos bei den spanischen Kommunalwahlen am 28. Mai ab", erläutert EL MUNDO aus Madrid.
Nun in die Ukraine. Die niederländische Zeitung NRC HANDELSBLAD kommentiert die Schlacht um die ukrainische Stadt Bachmut: "Wie auch immer die Schlacht um Bachmut ausgehen wird, schon jetzt ist der blutige Kampf um die Stadt ein Symbol für die Gräueltaten, mit denen das Regime des russischen Präsidenten Putin die Ukraine in den vergangenen 15 Monaten überzogen hat. Zwar weiß niemand genau, wie viele Opfer es auf beiden Seiten gegeben hat, aber Schätzungen von bis zu Hunderttausend Toten, Verwundeten und Vermissten scheinen nicht übertrieben zu sein. Es ist zu befürchten, dass Bachmut nicht die letzte Tragödie ist, die die Ukraine erleben muss. Man kann nur hoffen, dass das Schicksal der Stadt die Verbündeten der Ukraine stets daran erinnern wird, dass die militärische und finanzielle Unterstützung dieses Landes nicht allein eine Frage von politischen Entscheidungen oder eines wohlverstandenen Eigeninteresses ist, sondern ganz einfach nur zivilisiertes Verhalten", unterstreicht das NRC HANDELSBLAD aus Amsterdam.
Bachmut sei wie Mariupol ein Symbol des ukrainischen Widerstands geworden, ist in der estnischen Zeitung POSTIMEES zu lesen: "Der Kampf um Bachmut hat Russland gezeigt, dass sich die Ukraine nicht einfach so nebenbei erobern lässt. Auch ist noch längst nicht klar, ob die Stadt unter russischer Kontrolle verbleibt, denn schließlich ist es der Ukraine im letzten Jahr auch gelungen, Cherson zurückzugewinnen. Welche Rolle Bachmut genau für den Krieg gespielt hat, werden wir mit aller Wahrscheinlichkeit also erst hinterher erfahren. Immerhin gibt es gerade auch genug Ereignisse, die für Russland alles andere als vorteilhaft sind. Moskau wird den Fall von Bachmut propagandistisch ausschlachten, aber es wird damit nicht gelingen, von den Problemen im eigenen Land abzulenken", prognostiziert die Zeitung POSTIMEES aus Tallinn.
Für die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA ist die Einnahme Bachmuts eine unumstößliche Tatsache: "Für die Ukraine ist der Verlust Bachmuts eine unangenehme, aber seit langem vorhergesehene Episode der militärischen Planung. Der Feind denkt – verständlicherweise – an Gegenoffensive und sehnt sich nach der Rückgabe des Verlorenen. Es stellt sich also heraus, dass die Eroberung Bachmuts, die zweifellos ein militärischer Erfolg ist, für Russland immer noch nicht nach einem so eindeutigen Sieg aussieht. Natürlich ist dies ein unbestrittener Sieg für die Wagner-Truppen und deren Gründer. Sie sind ihrem Ruf gerecht geworden. Aber gleichzeitig stellte sich die Frage: Wer, wenn nicht sie? Dem russischen Verteidigungsministerium fehlen mittlerweile eindeutig die Erfolge regulärer Einheiten", notiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die dänische Zeitung POLITIKEN widmet sich der Frage über mögliche Friedensgespräche für die Ukraine: "Nach den heftigen Kämpfen um die letzten Trümmer in Bachmut mag es geradezu weltfremd erscheinen, über einen Frieden zu sprechen. Wie soll nach all dem Hass und der begründeten Wut der Ukrainer auf Putin und Russland der Weg dorthin aussehen? Trotzdem sprach Präsident Selenskyj bei seinem Besuch auf dem G7-Gipfel von möglichen Verhandlungen im Juli aus Anlass des fünfhundertsten Tags des Kriegsbeginns. In ukrainischen Medien wurde Kopenhagen als möglicher Gastgeber für Friedensgespräche genannt. Dänemark sollte sich freuen, wenn sich die internationale Aufmerksamkeit auf unsere Hauptstadt als Verhandlungsort richtet. Nach fast 500 Tagen Krieg kann es sich die Welt nicht erlauben, auch nur die geringste Chance für einen Friedensprozess ungenutzt verstreichen zu lassen", betont POLITIKEN aus Kopenhagen.
Nun zum letzten Thema. Der Facebook-Mutterkonzern Meta soll wegen eines Verstoßes gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung eine Rekordstrafe von 1,2 Milliarden Euro zahlen. Die chinesische Zeitung XINJINGBAO schreibt: "Oberflächlich betrachtet scheint es sich dabei um einen ideologischen Zwist zu handeln, bei dem die EU mehr um den Schutz der Privatsphäre der Nutzer besorgt ist, während die USA mehr um den Schutz der Datensammler bemüht sind, damit diese Unternehmen Daten in Gewinne ummünzen können. In Wirklichkeit sieht sich die EU aber vielmehr durch die übermächtigen Internetgiganten in ihrer Sicherheit bedroht, wenn all ihre Daten am Ende in die Hände der US-Geheimdienste gelangen. Deshalb versucht Brüssel nun schrittweise seine digitale Souveränität zu stärken. Dazu gehört auch der Aufbau eigner Cloud-Anbieter, damit die Daten künftig nicht aus der Hand gegeben werden müssen", analysiert XINJINGBAO aus Peking.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN verweist auf die Gespräche zwischen der EU und den USA über eine gesetzliche Regelung für den Datentransfer: "Die Entscheidung der irischen Datenschutzbehörde könnte für alle Unternehmen, die Daten in die USA transferieren, gefährlich werden. Und das zeigt erneut, dass eine fehlende Regulierung eine Belastung für die Unternehmen ist. Die Dringlichkeit für einen neuen rechtlichen Rahmen nimmt zu, nicht nur um solche Strafen zu vermeiden, sondern vielmehr um auf Datentransfer basierte unternehmerische Aktivitäten aufrecht zu erhalten." Mit diesem Kommentar der Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio endet die internationale Presseschau.