
Zum ersten Thema meint die THE FINANCIAL TIMES aus London: "Selbst ein verurteilter Trump könnte vom Gefängnis aus weiter für das Amt des Präsidenten kandidieren. Das US-System ist also in zweierlei Hinsicht gefordert: Die Justiz steht unter großem Druck und muss zeigen, dass sie fair und gründlich arbeitet. Obwohl die Rechtsstaatlichkeit für alle Bürger gleichermaßen gilt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass der mächtigste mutmaßliche Verbrecher Amerikas nicht nur fair behandelt wird, sondern dass seine Behandlung auch als fair empfunden wird", unterstreicht die britische FINANCIAL TIMES.
Vernichtend ist das Urteil in der NEW YORK TIMES über Donald Trump: "Trump käme nicht ins Gefängnis, weil er seinen Prinzipien treu geblieben ist. Er käme ins Gefängnis, weil er keine Prinzipien hat. Im Grunde genommen ist erein riesiger, gefährlicher Lügner und ein Krimineller. Trump wollte die geheime Dokumente nicht nur stehlen; er hat sie im goldenen und kristallklaren Licht des Badezimmers, in der Dusche, im Schlafzimmer und im Ballsaal von Mar-a-Lago liegen lassen und sie präsentiert, um den Leuten zu zeigen, wie wichtig er ist. Trumps Ego ist seine größte Schwäche. Die Anklageschrift, in der Trump beschuldigt wird, gegen das Spionagegesetz und andere Gesetze verstoßen zu haben, enthielt erschütternde Fotos von Amerikas Geheimnissen, die sich wie bei einem Messie stapeln", ist in der NEW YORK TIMES zu lesen.
Die CHICAGO TRIBUNE führt aus: "Es ist ein vernichtendes juristisches Dokument, aber auch eine vernichtende Charakterstudie eines Mannes, dessen Fehler nur allzu bekannt sind und der dennoch die Kraft hat, zu schockieren und zu entsetzen. Der ehemalige und vielleicht künftige Präsident hat seine eigenen Anwälte belogen und sie dazu gedrängt, Beweise zu seinen Gunsten zu manipulieren. Als Sonderermittler Jack Smith die Anklageschrift verlas, forderte er alle auf, diese in voller Länge zu lesen, damit man die Schwere der Vorwürfe verstehe. Es ist ein Dokument, das niemals über einen US-Präsidenten hätte geschrieben werden sollen. Aber Trumps eigenes Verhalten machte es unausweichlich", kommentiert die CHICAGO TRIBUNE aus den USA.
Die Anklageschrift mit ihren erschreckenden Bildern und Details böte Trumps Rivalen die Gelegenheit, sich offen gegen ihn zu stellen, findet die österreichische Zeitung DER STANDARD und führt weiter aus: "Schließlich ist nationale Sicherheit ein Herzensanliegen der Partei. Aber Ron DeSantis und Co tun das Gegenteil: Sie verteidigen Trump und übernehmen dessen Narrativ vom unschuldigen Opfer. Keiner von ihnen will es sich mit der Trump-treuen Basis verscherzen. Sie hoffen, dass der Favorit irgendwann von selbst implodiert. Doch indem sie die jetzige Chance vergeben, ebnen sie seiner Nominierung den Weg", kritisiert der Wiener STANDARD.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN notiert: "Selbst Trump, der seine Skandale und Rechtsstreitigkeiten dazu nutzte, seine Anhängerschaft hinter sich zu scharen, scheint angesichts der Anklage in Panik zu geraten. Die Öffentlichkeit in den USA fragt sich langsam, ob Trump dieses Mal überleben könnte. Was angesichts der schweren Vorwürfe nachvollziehbar ist. Anlass zu Sorge machen allerdings Anhänger der Republikaner. Sie unterstützen Trumps Kritik an der Justiz. Das ist gefährlich, denn Angriffe auf das juristische System könnten das Vertrauen der Bürger in die Demokratie schädigen. Besorgniserregend ist zudem, dass aus Trumps Umfeld Stimmen lauter werden, die als Vergeltungsaktion gegen die Anklage für eine Lösung mit Gewalt plädieren. Der Verlierer war nicht der Politiker, der gegen Gesetze verstoßen hat, sondern die Demokratie der Vereinigten Staaten: Allerdings wollen Trumps Anhänger dies nicht sehen", konstatiert ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Eine Verurteilung Trumps sei diesmal wahrscheinlicher, glaubt die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR: "Für Sonderstaatsanwalt Smith ist der Fall klar: Trump soll nach seiner Abwahl streng vertrauliche Unterlagen in seinem Anwesen Mar-a-Lago aufbewahrt haben, darunter Dokumente zur Verteidigungsbereitschaft und zum Atomprogramm der USA. Ein nicht autorisierter Umgang mit solchen Unterlagen stelle somit eine Bedrohung für die Sicherheit der USA dar. Darüber hinaus verdichten sich die Hinweise, dass Trump dieses Material auch anderen Personen gezeigt haben soll. Es ist offensichtlich, dass Trump keinesfalls das Opfer ist. Das Verfahren gegen ihn ist weder ein Staatsstreich, noch handelt es sich um politische Verfolgung", betont EL ESPECTADOR aus Bogotá.
Die schwedische Zeitung AFTONBLADET kommentiert den EU-Migrationspakt: "Nach Schätzungen der UNO sind seit 2014 mindestens 29.000 Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa ums Leben gekommen. Nun haben sich die EU-Mitglieder auf einen Kompromiss für eine gemeinsame Migrationspolitik geeinigt. Nach harten Verhandlungen weigerten sich am Ende nur noch Polen und Ungarn, gemeinsam mit den anderen Mitgliedern Verantwortung zu übernehmen. Für die Mittelmeerländer bleibt das Problem, dass die Verteilung der Flüchtlinge freiwillig ist. Es spricht wenig dafür, dass der EU-Migrationspakt für Stabilität sorgen oder Leben retten wird. Wer bereit ist, auf dem Mittelmeer sein Leben zu riskieren, wird sich wohl kaum von einer bürokratischen Expressbehandlung abschrecken lassen", ist AFTONBLADET aus Stockholm überzeugt.
Nach Ansicht der tschechischen Zeitung HOSPODARSKE NOVINY ist der jetzt gefundene Kompromiss richtig. "Solidarität, und zwar großzügige, ist schlicht unabdingbar, damit das Schengen-System in Europa nicht zusammenbricht. Dessen Existenz ist für die Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Doch man sollte sich zwei Fakten bewusst machen: Zum einen ist das Abkommen noch nicht in trockenen Tüchern, denn das EU-Parlament muss noch zustimmen. Zum anderen bedeutet die Reform kein Ende der Migration, denn diese ist eine Erscheinung, welche die Menschheit seit jeher begleitet", unterstreicht HOSPODARSKE NOVINY aus Prag.
Die panarabische Zeitung AL QUDS AL-ARABY weist darauf hin, dass sich Tunesien in den vergangenen Monaten stark im Kampf gegen die illegale Einwanderung engagiert hat. "Tunesien ist sich bewusst, dass es mit den Grenzkontrollen eine wertvolle Verhandlungskarte in der Hand hält - die einzige, die das Land überhaupt noch spielen kann. Denn die Flüchtlinge setzen alle Staaten in Angst und Schrecken, allen voran die europäischen. Indem es die Migration kontrolliert, kann Tunesien auf Gegenleistungen pochen, die es sonst nicht erhalten würde. Nach Lage der Dinge wird Tunesien darum die Rolle des Grenzwächters übernehmen und zugleich als Drehscheibe für die Rückführung der Migranten in ihre Herkunftsländer fungieren", erwartet AL QUDS AL-ARABY, die in London erscheint.
Hören Sie abschließend noch einen Kommentar zum NATO-Manöver Air Defender aus der spanischen Zeitung EL PERIODICO DE CATALUNYA: "Die Teilnahme von 25 Ländern und die Dauer von zehn Tagen unterstreicht die Außergewöhnlichkeit dieses Manövers. Gleichzeitig läuft die ukrainische Gegenoffensive an, und es wächst der Verdacht, dass Russland die Verantwortung für die Sprengung des Kachowka-Staudamms trägt. Damit verfestigt sich der Eindruck, dass der Krieg immer weiter eskaliert und dass es keinen Weg für eine Verhandlungslösung gibt. Insofern ist Air Defender 23 ein überzeugendes Signal der westlichen Verbündeten an den russischen Präsidenten Putin. Der Krieg hat die Pläne der USA und ihrer Verbündeten von Grund auf geändert und Veränderungen wie eine Steigerung der Rüstungsausgaben und die NATO-Norderweiterung bewirkt, die vor Beginn der Invasion undenkbar erschienen wären", schreibt EL PERIODICO DE CATALUNYA aus Barcelona.