
"Indiens Regierungschef ist in Washington wie ein Rockstar behandelt worden - von einem Staatsdinner im Weißen Haus bis hin zu einer Rede auf dem Capitol Hill", schreibt die NEW YORK TIMES: "Präsident Biden hat recht, wenn er angesichts des Potenzials einer amerikanischen Partnerschaft mit Indien alles auffährt. Die USA wollen und müssen Indien für eine engere Zusammenarbeit gewinnen. Indien hat aus einer reichen Palette von Menschen, Sprachen und religiösen Traditionen eine große und komplexe Demokratie geformt und es strebt nach einer bedeutenderen Rolle in der Welt. Andererseits gibt es dort aber auch Intoleranz und Unterdrückung. Premier Modi sollte sich keine Illusionen darüber machen, wie gefährlich seine autokratischen Neigungen für das indische Volk, eine engere Partnerschaft mit den USA und für die Demokratie weltweit sind", hält die NEW YORK TIMES fest.
Die indische THE HINDUSTAN TIMES aus Neu-Delhi ist begeistert von Modis Visite in den USA: "Der Besuch des Premierministers in Washington markiert einen wichtigen Punkt im Verhältnis zu den USA. Die amerikanisch-indischen Beziehungen treten in eine neue Phase sehr viel engerer Zusammenarbeit ein. Modis Besuch hat das Potential, die beiden Länder zu einem 'globalen Powerhouse der technologischen Innovationen' zusammenzuschweißen."
Sehr viel skeptischer klingt dagegen die portugiesische Zeitung JORNAL DE NEGOCIOS: "Der Westen freute sich einst über die Perestroika in der Sowjetunion und jubelte über den Arabischen Frühling. Außerdem führte er lange eine enge Beziehung mit China - verführt von den niedrigen Arbeitskosten und dem gigantischen Markt für seine Produkte. All das endete in Enttäuschungen und ist vorbei. Und nun ist Indien an der Reihe. Die USA sind überzeugt, dass das Land dazu beitragen kann, den wachsenden Einfluss Chinas in Asien zu begrenzen. Und so sieht man das auch in Brüssel und London. Aber der Westen betreibt schon lange eine erratische Außenpolitik, die sich überdies in seiner moralischen Überheblichkeit gegenüber dem Rest der Welt widerspiegelt. Diese Sprunghaftigkeit ist eine der größten Schwächen des Westens und einer der Gründe, warum uns manche Länder meiden - vor allem in Asien und Afrika. Die jetzige Umarmung Indiens ist nur ein weiteres Kapitel dieser traurigen Geschichte von Fehleinschätzungen", lautet die Einschätzung des JORNAL DE NEGOCIOS aus Lissabon.
THE STRAITS TIMES aus Singapur thematisiert das Gipfeltreffen in Paris, auf dem über ein solidarischeres Finanzsystem für die Welt gesprochen wird: "Die Risse im globalen Finanzsystem müssen dringend repariert werden. Denn dieses globale Finanzsystem ist einfach nicht mehr zweckmäßig, wie UNO-Generalsekretär Guterres in Paris ganz richtig festgestellt hat. Seine Diagnose wäre zwar auch nach vielen früheren Wirtschaftskrisen schon richtig gewesen, nach der Pandemie aber ist sie besonders zutreffend: 2022 stellte das UNO-Entwicklungsprogramm einen Rückgang der menschlichen Entwicklung in neun von zehn Ländern der Welt fest, während Armut und Ungleichheit stark zunahmen. Die Verschuldung hat sich verschärft, und die häufigeren Klimaschocks haben die Anfälligkeit vieler - vor allem armer - Länder deutlich gemacht", erläutert die STRAITS TIMES aus Singapur.
Auch NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Japan greift ein Finanzthema auf. Das Blatt geht auf die Zinspolitik der türkischen Zentralbank ein: "Deren jüngste Zinsanhebung stellt einen Kurswechsel von ihrer bisherigen, völlig irrsinnigen Geldpolitik dar. Bislang versuchte die Zentralbank mit Zinssenkungen die Inflation und die Währungskrise zu bekämpfen. Hoffentlich wird dieser Kurswechsel tatsächlich ein Schritt zur Normalisierung. Die Märkte aber bleiben skeptisch, weil Staatspräsident Erdogan anscheinend immer noch daran glaubt, dass niedrige Zinsen auch zu niedrigen Preisen führen. Angesichts der Kommunalwahlen im März 2024, bei denen er mit seiner Partei die Bürgermeisterposten von Istanbul und Ankara zurückeroberen will, bleibt zu befürchten, dass die Geldpolitik weiterhin Erdogans Spielzeug bleiben wird", heißt es in der NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz befasst sich mit der CDU und der CSU in Deutschland: "Die Christdemokraten zanken sich um die Frage, wer der nächste Kanzlerkandidat werden soll: Parteichef Merz, der junge Wüst - oder gar Söder? Merz ist ein Scheinriese, der schrumpft, je näher man ihn betrachtet. Obwohl der ewige Rivale der früheren Kanzlerin Merkel versucht hat, sein Image als alter konservativer Haudegen aufzuweichen, sehen ihn die meisten Deutschen unverändert. Merz, das zeigen die Umfragen, polarisiert. Der Oppositionsführer verschreckt die politische Mitte, er ist im Ganzen noch unbeliebter als SPD-Kanzler Scholz. Demoskopen meinen, vor allem Merz hindere seine Partei daran, den Unmut über die Ampel zu ihrem eigenen Glück zu machen - und stärke damit indirekt die AfD. Dass die größte Oppositionspartei derzeit vor allem seriös und geschlossen auftreten und allzu populistische Töne meiden sollte, wissen in der CDU eigentlich alle. Aber nicht alle scheinen daraus auch die richtigen Schlüsse zu ziehen", stellt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG fest.
Auch die türkische Zeitung EVRENSEL blickt nach Deutschland, jedoch auf Berlins China-Politik: "Bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen diese Woche in Berlin wurde eine enge Zusammenarbeit vereinbart. In der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA wird China praktisch als Feind bezeichnet, in der deutschen dagegen nur als 'Partner und systemischer Rivale'. Während die USA versuchen, die EU in ihrer Konfrontation mit Peking an ihrer Seite zu halten, wirbt China um Deutschland. Aber der Druck auf Kanzler Scholz wächst. Sowohl von den Grünen als auch von der FDP, die eine engere Zusammenarbeit mit den USA anstreben. Bereits jetzt wird über ein Verbot von chinesischer 5G-Technik in der Telekommunikation wegen möglicher Spionagegefahr gesprochen. Außerdem ist davon auszugehen, dass chinesische Investitionen in strategischen Bereichen künftig blockiert werden. Chinas Tanz in Deutschlands wird bald zu Ende gehen", prophezeit EVRENSEL aus Istanbul.
Der tödliche Unfall des Tauchboots "Titan" ist Thema in der polnischen Zeitung RZECZPOSPOLITA: "Die Crew wusste, dass sie mit dem Schicksal spielt. Die Konstruktion des Bootes wurde vielfach kritisiert, weil es nicht über die erforderlichen Sicherheitszertifikate verfügte. Das wusste die Crew, und das hätten auch die Teilnehmer wissen müssen. Die Tragödie wird dafür sorgen, dass solche Expeditionen sicherlich zunächst ausgesetzt werden. Aber wahrscheinlich nur für kurze Zeit. Bald wird ein weiterer 'Zauberer' erscheinen, der das nächste Abenteuer hoffentlich mit besserer Ausrüstung anbietet – und dann wird es wieder Menschen geben, die das buchen. Das Paradoxe an dieser ganzen Geschichte ist, dass die berühmte Titanic mehr als ein Jahrhundert nach ihrem Untergang immer noch Opfer fordert", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
THE SYDNEY MORNING HERALD aus Australien macht sich Gedanken zur Medienberichterstattung über das Unglück: "Eine Woche bevor die Titan mit fünf Männern an Bord unterging, starben vermutlich 600 Migranten beim Untergang eines überfüllten Fischtrawlers vor der griechischen Küste. Darüber haben die Medien weltweit weit weniger berichtet und ihre Beiträge zogen auch nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit auf sich. Wie soll man den Verlust dieser 600 Menschen gegen die fünf in der Titan abwägen? Eine schwierige Frage!" Mit dieser Stimme des SYDNEY MORNING HERALD endet die internationale Presseschau.