
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA analysiert das Ergebnis der Wahl vom Sonntag: "Die konservative PP kommt auch mit der rechten Vox nicht auf eine absolute Mehrheit, während die sozialdemokratische PSOE gemeinsam mit der linken Partei Sumar sehr wohl die fehlenden Stimmen für eine Regierungsmehrheit auftreiben könnte. Die PP darf es als Erste versuchen, weil sie die meisten Sitze hat. Dann wird PSOE-Chef Sánchez es probieren, aber er müsste für die entscheidenden Stimmen einen hohen Preis zahlen. Die Stimmen für katalanische und baskische Parteien erinnern erneut daran, dass Spanien ein pluralistisches und vielfältiges Land ist, und das sollten wir als Reichtum und nicht als Problem betrachten. Das schlimmste Szenario wäre dagegen ein gelähmtes Land. Das kann sich Spanien nicht leisten", betont LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Die französische Zeitung LE MONDE erinnert: "Spanien hatte bereits 2015 und 2019 einen politischen Stillstand erlebt, der dazu führte, dass Neuwahlen angesetzt werden mussten. Das erneute Patt bestätigt nur, dass das Land zunehmend unregierbar wird. Es gibt keine Garantie dafür, dass Neuwahlen eine stabile Mehrheit hervorbringen können. Nur eine Große Koalition könnte neue Perspektiven eröffnen. Doch wer kann an ein solches Szenario glauben, wenn die Gegnerschaft zwischen der konservativen PP und der sozialistischen PSOE nie so stark war wie derzeit?", überlegt LE MONDE aus Paris.
Die türkische Zeitung BIRGÜN bemerkt: "Sie haben nicht gewonnen, die rechten Parteien. Aus Sicht des Linksblocks bedeutet das einen Erfolg. Denn in allen Umfragen war der PP und der neo-frankistischen Vox ein Sieg und der Linkskoalition ihr Ende vorausgesagt worden. Nun ist es wahrscheinlich, dass die Sozialdemokraten unter der Führung von Sanchez wieder die Regierung bilden können. Sollte Sanchez das bis September nicht gelingen, wird es im Dezember zu Neuwahlen kommen. Wegen der rechtspopulistischen Welle in Europa und weltweit ist dieser Sieg über die Rechten in Spanien nicht zu unterschätzen", urteilt BIRGÜN aus Istanbul.
Die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR sieht es als... "... positives Signal, dass die ultrarechte Vox Federn lassen musste. Sie hat zwar versucht, ihre radikalen Positionen abzuschwächen, aber die Spanier haben deutlich zu verstehen gegeben, dass sie diese Partei nicht in der Regierung sehen wollen. Trotzdem ist das Ergebnis ein Weckruf für die Demokratien der Welt. Vox hat sich in Spanien eingenistet wie andere ultrarechte Parteien mit rückwärtsgewandten Positionen in anderen Ländern. Es war die Angst vor einer Rückkehr des Totalitarismus, die Sánchez eine weitere Wahl hat überleben lassen und der EU wenigstens eine kleine Verschnaufpause gönnt", erläutert EL ESPECTADOR aus Bogotá.
Der britische GUARDIAN kommentiert: "Die Komplexität der Verhältnisse in Spanien bedeutet, dass aus dem Ergebnis vom Sonntag nicht leichtfertig Lehren für das übrige Europa gezogen werden sollten. Nachdem die spanischen Wähler in den letzten Monaten regionale Koalitionen der konservativen PP mit Vox in Aktion erlebt und die illiberalen Folgen beobachtet haben, lehnten sie die Idee ab, etwas Ähnliches auf nationaler Ebene zu installieren. In einer Woche, in der Friedrich Merz, der Vorsitzende der deutschen Christdemokraten, die Idee lokaler Bündnisse mit der rechten AfD befürwortet hat, ist dies in der Tat eine sehr willkommene Nachricht", findet THE GUARDIAN aus London.
Parlamentswahlen gab es am Sonntag auch in Kambodscha. Den Sieg der Kambodschanischen Volkspartei von Regierungschef Hun Sen ordnet die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN ein: "Das Ergebnis war bereits im Vorfeld klar, weil die Wahlkommission die Teilnahme der größten Oppositionspartei nicht genehmigte. Genau 30 Jahre nach den ersten demokratischen Wahlen unter Beobachtung der Vereinten Nationen scheint der Verfall der Demokratie in Kambodscha nicht mehr zu stoppen. Das Land ist bereits de facto ein diktatorischer Ein-Parteien-Staat geworden. Es ist zu befürchten, dass sich die Situation durch die erwartete Machtübergabe innerhalb der Familie des Diktators noch verschlimmert. Das ist ein Verrat an den internationalen Bemühungen, die den Bürgerkrieg beendet und den Aufbau eines friedlichen, demokratischen Landes unterstützt haben", unterstreicht ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Wie die chinesische Führung die Wahl bewertet, lässt sich dem Kommentar der Zeitung GUANGMING RIBAO entnehmen: "Der überwältigende Wahlsieg der Kambodschanischen Volkspartei ist hauptsächlich auf die politische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zurückzuführen. Die Wähler erhoffen sich durch die Bestätigung der bisherigen Regierungspolitik, dass sich ihr Lebensstandard unter Premierminister Hun Sen weiter verbessern wird. Vielleicht wird dieser den Stab in der anstehenden neuen Legislaturperiode an seinen ältesten Sohn, General Hun Manet, weiterreichen, der vor allem bei jungen Wählern sehr beliebt ist." Das war GUANGMING RIBAO aus Peking.
Thema in der israelischen Zeitung HAARETZ ist die Abstimmung im Parlament über den Umbau des Justizsystems: "Die 64 Knessetmitglieder, die gestern für das Gesetz gestimmt haben, haben der israelischen Demokratie einen schweren Schlag versetzt und signalisiert, in welche Richtung sie das Land zu führen gedenken, nämlich in Richtung Diktatur. Die Änderung der israelischen Verfassungsstruktur zielt darauf ab, das Land in einen theokratischen, bigotten, rassistischen und finsteren Staat zu verwandeln, in dem Frauen, LGBT-Menschen, arabische Bürger und andere Minderheiten diskriminiert werden; ein Land, das die besetzten Gebiete annektieren und eine Apartheid errichten wird. Das demokratische Lager muss weiter kämpfen. Auf seinem Weg zum Sieg im zweiten israelischen Unabhängigkeitskrieg hat es gestern eine schmerzliche Niederlage erlitten", stellt HAARETZ aus Tel Aviv fest.
Die slowakische Zeitung DENNIK N erwartet weitere Proteste: "Die nächsten Tage werden dramatisch und gefährlich, denn die Menschen auf den Straßen sind wütend, frustriert und müde. Regierungschef Netanjahu trägt die Verantwortung dafür, was in Israel in den sieben Monaten seiner Kumpanei mit den stumpfsinnigsten Radikalen, Frauenverächtern, Rassisten, Homophoben und Ungebildeten geschehen ist. An eine solche Schwächung Israels, hervorgerufen durch die Furcht eines einzigen Politikers, dass er wegen Bestechung und Amtsmissbrauch im Gefängnis landen könnte, kann sich niemand erinnern", notiert DENNIK N aus Bratislava.
Die in London erscheinende arabische Zeitung AL QUDS AL-ARABY sieht es so: "Die weltweite Besorgnis über die Entwicklung in Israel macht deutlich, dass das Land derzeit seine gefährlichsten und schwierigsten Tage durchlebt. Die innere Spaltung kann zu seinem Zusammenbruch führen. Denn der Streit um die Justizreform ist letztlich nichts anderes als eine natürliche Folge eines in sich widersprüchlichen Staates. Denn ein religiöser Staat ist kein Staat für alle Bürger und kann deshalb weder säkular noch demokratisch sein. Die gesellschaftliche und politische, bis zur Ausgrenzung einiger Bevölkerungsanteile reichende Spaltung des Landes ist Zeichen einer Ordnung, die nicht auf ewig bestehen kann", heißt es in AL QUDS AL-ARABY.
Die JERUSALEM POST ruft beide Lager in Israel zum Dialog auf: "Ironischerweise gibt es keinen Streit darüber, dass das Justizsystem geändert werden muss; selbst die Oppositionsführer sagen, dass es Ungleichgewichte gibt, die korrigiert werden müssen. Es sollte möglich sein, einen Kompromiss zu finden. Jetzt ist es an der Zeit, dass beide Seiten mit der Rhetorik und der Angstmacherei aufhören, einander die Hand reichen und sich daran erinnern, was wir gemeinsam haben: eine gemeinsame Geschichte und eine gemeinsame Zukunft. Die Demokratie ist nicht gestorben, und Israel wird nicht verschwinden", schreibt die JERUSALEM POST.