
"Der Internationale Währungsfonds hat die globale Wirtschaftsprognose erhöht - von 2,8 Prozent im April auf jetzt 3,0 Prozent. Zum Feiern gibt es allerdings keinen Grund. Neben Faktoren wie immensen Staatsschulden, hohen Zinsen und dem Fachkräftemangel beeinträchtigt die geopolitische Lage die Erholung der Weltwirtschaft. Vor allem der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine lässt die Preise für Getreide und Energie nach oben schnellen. Die Folgen spüren in erster Linie die afrikanischen Länder. Die Kluft zwischen ihnen und den Industrienationen vergrößert sich zunehmend. Daran darf sich die Welt nicht gewöhnen. Die Menschen in Afrika brauchen Hoffnung und Zuversicht", fordert JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Die algerische Zeitung L'EXPRESSION setzt ihre Hoffnungen auf den Russland-Afrika-Gipfel. Dieser sei - Zitat: "entscheidend für die Zukunft der internationalen Beziehungen, aber auch für die Zukunft des afrikanischen Kontinents. Russland ist eines der Schlüsselländer der aufstrebenden Welt in Abgrenzung zu den USA und der westlichen Welt. Das Land muss sich aber zur Zeit mit Sanktionen in den Bereichen Finanzen, Handel und Wirtschaft auseinandersetzen. Auch die afrikanischen Länder stehen vor zahlreichen und großen Herausforderungen. Aber sie kommen nicht mit leeren Händen. Afrika verfügt über ein unschätzbares Potenzial. Vor diesem Hintergrund verlassen sich die afrikanischen Länder - und vermehrt auch andere Schwellen- und Entwicklungsländer - darauf, dass Russland eine Strategie vorlegt, die am Ende neue geopolitische Bedingungen schafft", formuliert L'EXPRESSION aus Algier.
Ein Gastkommentator in der südafrikanischen Zeitung CAPE ARGUS zweifelt daran, dass die afrikanischen Länder Hilfe von Russland bekommen: "Es war der Einmarsch Russlands in die Ukraine, der zu einem drastischen Anstieg der Düngemittel- und Getreidepreise geführt hat, was die Lebensmittelpreise in die Höhe treibt. Vor allem aber werden die afrikanischen Länder keinen Vorteil aus dem Gipfel ziehen können, wenn sie nicht mit einer Stimme verhandeln. Bei bisherigen Treffen etwa mit Vertretern Chinas oder der USA trat eher die Zersplitterung des Kontinents zu Tage. Russlands geschwächte Position aber bietet die seltene Chance für die afrikanischen Staaten, ihre Prioritäten aufzuzeigen", heißt es in der Zeitung CAPE ARGUS aus Kapstadt.
Die portugiesische Zeitung DIARIO DE NOTICIAS meint, wirtschaftlich habe Russland wenig zu bieten: "Das spiegelt sich im Handelsvolumen wider, ebenso bei den russischen Investitionen in Afrika. Nur bei Waffenexporten spielt Russland in einigen Ländern eine wichtige Rolle, darunter Algerien, Ägypten und Angola. Moskau wird also etwas anbieten müssen – zum Beispiel Weizen, um sich vom Vorwurf zu befreien, den ukrainischen Getreideexport über das Schwarze Meer zu unterbinden. Was Russland nämlich nicht hat, sind Kapazitäten zur Modernisierung der afrikanischen Volkswirtschaften, und das wissen auch diese Länder sehr wohl. Große Auswirkungen sind von diesem Gipfel also nicht zu erwarten", prophezeit DIARIO DE NOTICIAS aus Lissabon.
Die malaysische Zeitung NEW STRAITS TIMES druckt einen Gastkommentar speziell zur Aufkündigung des Getreide-Abkommens durch Russland. Darin verlangt der Autor: "Russland muss aufhören, die weltweite Ernährungssicherheit in Geiselhaft zu halten, und die Entscheidung rückgängig machen. Die Beendigung des Abkommens beweist den Zynismus und das Desinteresse an der Notlage der bedürftigen Bevölkerung. Es braucht weltweiten Druck, damit Putins Regime diesen Krieg einstellt, für den wir alle den Preis bezahlen." Das war ein Ausschnitt aus der NEW STRAITS TIMES aus Kuala Lumpur.
"Ist das Getreideabkommen noch zu retten?", fragt die türkische Zeitung EKONOMI: "Der türkische Präsident Erdoğan hat mehrmals betont, dass er das Thema beim Besuch des russischen Präsidenten im August in der Türkei lösen könne. Dabei hat Moskau noch nicht einmal den Zeitpunkt der Reise bestätigt, geschweige denn, dass Putin überhaupt in die Türkei reisen wird. In der westlichen Presse taucht immer mehr die Überlegung auf, dass NATO-Schiffe die Getreideschiffe schützen sollen. Das könnte Ankara in eine schwierige Lage bringen. Ein 'Nein' könnte dem Ansehen der Türkei im Westen schaden", schreibt EKONOMI aus Istanbul.
Die brasilianische Zeitung O GLOBO ist der Überzeugung: "Die Weltgemeinschaft muss entschiedener auf Putins Erpressungsversuche reagieren. Die russischen Angriffe auf die Häfen und die Blockade von Getreideexporten sind für die Ukraine der Beweis, dass der Kreml die Probleme im globalen Süden absichtlich schürt. Das könnte auch neue Flüchtlingsbewegungen auslösen. Putin wird deshalb Hunger weiterhin als Druckmittel einsetzen. Und der Russland-Afrika-Gipfel in Sankt Petersburg ist eine reine Show-Veranstaltung", urteilt O GLOBO aus Rio de Janeiro.
ASAHI SHIMBUN aus Tokio geht in einem Gast-Kommentar auf andere diplomatische Bemühungen Russlands ein: die Annäherung an Nordkorea. Verteidigungsminister Schoigu ist zum 70. Jahrestag des Endes des Koreakriegs nach Pjöngjang gereist. "Schoigus Teilnahme an der Militärparade zeigt, dass der Ukraine-Krieg eine neue Stufe erreicht hat: Die außenpolitische Komponente gewinnt gegenüber der aktuellen Lage an der Front immer mehr an Bedeutung. Zumindest der Kreml hat seine Strategie geändert: Er will seinen Invasionskrieg gegen die Ukraine nicht mehr mit einem militärischen Sieg beenden, sondern mit einem diplomatischen", schlussfolgert ASAHI SHIMBUN aus Japan.
"Kriegspräsident Putin ist inzwischen so tief gesunken, dass er das isolierteste System der Welt um militärische Hilfe ersucht", lautet die Bewertung der norwegischen Zeitung DAGBLADET. Sie geht im Folgenden näher auf die Sitation in Nordkorea selbst ein: "Das Land hat seine Grenzen vor dreieinhalb Jahren wegen der Corona-Pandemie noch stärker abgeriegelt. Zwar würden eine Öffnung und eine freiere Wirtschaft zu mehr Wachstum führen, doch die letzten Jahre haben gezeigt, dass es für Kim auch ohne geht – die totale Kontrolle ist ihm wichtiger. Doch je stärker sich Nordkorea isoliert, desto mehr wächst die Paranoia, wie die letzten Raketenstarts zeigen. Das ist unangenehm für die Nachbarn, aber noch unerträglicher für die Nordkoreaner selbst", analysiert DAGBLADET aus Oslo.
Die Budapester Zeitung MAGYAR NEMZET blickt auf die Waldbrände im Mittelmeerraum und die Erklärungen dafür: "Grüne Aktivisten sagen, dass der Mensch der Grund für die Brände ist, dass es sie ohne uns nicht geben würde. Da die Annahme völlig hypothetisch ist, kann sie weder bewiesen noch widerlegt werden. Die Erde ist nunmal ein Ort, an dem Menschen leben - und es ist im Endeffekt auch nicht wichtig, wie die Natur aussähe, wenn es keine Menschen gäbe. Denn die Hitze und die Dürre sind nur relevant, weil sie uns Menschen betreffen. Es geht um unseren Komfort, nicht um die Erde. Aber die Brände sind auch eine politische Waffe, wenn man sie denn zu einer solchen machen will. Diejenigen Experten, die in Zeitungen und im Fernsehen behaupten, dass der Mensch Schuld sei, sind nicht anderes als politische Aktivisten", befindet MAGYAR NEMZET aus Ungarn.
Die Madrider Zeitung LA VANGUARDIA sieht das anders und betont: "Es ist enttäuschend, dass angesichts einer so eindeutigen Situation bestimmte Leugner in ihrem Irrtum verharren. Wie in Spanien die rechtspopulistische Partei Vox zum Beispiel. Diese Menschen weigern sich, das Offensichtliche zu sehen. Die Zeit wird knapp: Je länger es dauert, den Kampf gegen die Klimakrise zu verstärken, desto schwieriger wird es werden", Mit dieser Mahnung aus der spanischen LA VANGUARDIA endet die internationale Presseschau.