01. August 2023
Die internationale Presseschau

Heute mit Kommentaren zur Diskussion um Koranverbrennungen in skandinavischen Ländern, zur Nahrungsmittelkrise wegen des Ukraine-Krieges und zur Lage im Niger.

    Eine große Ansammlung Menschen schwenkt Fahnen und demonstriert Unterstützung.
    Nach dem Putsch im Niger herrscht Unruhe in dem westafrikanischen Land. (picture alliance / AA / Balima Boureima)
    THE STRAITS TIMES aus Singapur befürchtet negative Auswirkungen durch den dortigen Putsch weit über das westafrikanische Land hinaus: "Die Machtübernahme durch das Militär im Niger fällt in eine Zeit zunehmender politischer Instabilität in der Region. An vielen Orten der Sahelzone gibt es Unruhen. Und das ist ein Risiko nicht nur für die dortigen Länder und auch nicht nur für Afrika allein. Ereignisse wie im Niger führen zu mehr terroristischen Aktivitäten und zu einem Anstieg organisierter Kriminalität."
    Die IRISH TIMES aus Dublin fügt an: "Der Staatsstreich hat das verarmte Land in den unberechenbaren 'Putschgürtel' von afrikanischen Staaten eingeordnet, die von Juntas regiert und von Konflikten heimgesucht werden. Sie erstrecken sich von Mali im Westen über die Zentralafrikanische Republik bis zum Sudan im Osten. In sechs von sieben Nachbarländern toben Kriege, während Niger selbst einen Kampf gegen den Islamischen Staat führt. Westliche Mächte - darunter die USA, die ehemalige Kolonialmacht Frankreich und die EU - sowie Verbündete in der 15 Nationen umfassenden Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten - Ecowas - haben sich zusammengeschlossen, um Sanktionen zu verhängen und um die neue Junta zur Wiederherstellung der Demokratie zu zwingen. Sollte die internationale Gemeinschaft die Junta allerdings zu sehr isolieren, läuft sie Gefahr, die neue Führung in Richtung Moskau zu drängen - so wie es nach den Militärputschen in Mali, Burkina Faso und Guinea geschehen ist", gibt die IRISH TIMES zu bedenken.
    Ähnliche Befürchtungen hat die arabische Zeitung AL QUDS AL-ARABY mit Sitz in London: "Der Westen steckt in einem Dilemma: Entweder akzeptiert er das neue Regime und verhandelt mit ihm. Oder er verhängt Sanktionen und riskiert, dass sich der Militärrat Russland und seinen beiden ebenfalls von Putschisten regierten Nachbarländern Burkina Faso und Mali zuwendet."
    NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Japan verlangt: "Der neue Machthaber, General Tchiani, muss den gewählten Präsidenten Bazoum sofort freilassen und ihm die Kontrolle zurückgeben. Hoffentlich führen die Vermittlungsversuche der Ecowas-Staaten zum Erfolg. Die Gewalt in dem Land könnte sonst eskalieren. Das Chaos in Afrika zeigt das Scheitern der internationalen Hilfsstrategie: Demokratie und Marktwirtschaft haben noch keine Früchte getragen. Und Klimawandel, Nahrungsmittel- und Energie-Krise schüren weitere Sorgen. Der Sahel-Region droht eine weitere Destabilisierung", lautet das Fazit von NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
    THE DAILY GRAPHIC aus Ghana merkt an: "Sanktionen, insbesondere die Schließung von Grenzen und das Einfrieren von Vermögenswerten schaden vor allem der ohnehin armen Bevölkerung im Niger. Die Putschisten leben hingegen mit ihren Familien in Saus und Braus. Ihre Regime sind meist schlimmer als die von ihnen gestürzten, weil sie intransparent sind, Menschenrechte verletzen und von Korruption durchzogen sind. In den meisten Fällen organisieren sie dann scheindemokratische Prozesse, um ihre Macht zu sichern. Die Ausarbeitung der Verfassung überlassen sie ihren Stellvertretern und lassen Klauseln einfügen, die ihnen Immunität zusichern. All das ermutigt Putschisten in Westafrika", analysiert THE DAILY GRAPHIC aus Accra.
    Russlands Krieg gegen die Ukraine trägt erheblich zu einer Nahrungsmittelkrise in vielen Ländern bei. XINJINGBAO aus China greift das Thema auf und stellt fest: "Knapp 350 Millionen Menschen in der Welt haben keine Aussicht auf erschwingliche Grundnahrungsmittel. Wegen wetterbedingter Ernteausfälle in Indien ist der Weltmarktpreis für Reis so hoch wie seit elf Jahren nicht mehr. Das kommt noch hinzu zu Russlands Aufkündigung des Getreideabkommens mit der Ukraine. Sollte der Westen jetzt tatsächlich eine Art 'Lebensmittel-NATO' bilden, wäre dies für die Welt verheerend, weil dadurch die Preise noch weiter in die Höhe schnellen würden. Besser wäre es, das Getreideabkommen über die Schwarzmeerroute wieder zu reaktivieren. Aber dafür müsste der Westen auf die Forderungen Moskaus nach einer Aufhebung der Sanktionen eingehen", erläutert XINJINGBAO aus Peking.
    "Es war nur eine Frage der Zeit, bis Putin in seiner Verzweiflung auch Lebensmittel als Waffe einsetzt", heißt es im DAGBLADET aus der norwegischen Hauptstadt Oslo: "Besonders betroffen sind arme Länder in Afrika und im Nahen Osten. Der Russland-Afrika-Gipfel am Wochenende in St. Petersburg sollte aus Moskauer Sicht eine 'Charme-Offensive' werden. Allerdings entsendeten nur 17 von 54 afrikanischen Ländern ihre Staats- und Regierungschefs - und mehrere von ihnen verlangten von Putin, Getreidetransporte über das Schwarze Meer wieder zuzulassen. Doch das wird nicht so schnell passieren. Nachdem Putin das Getreideabkommen hat auslaufen lassen, waren die ukrainischen Häfen sein wichtigstes Angriffsziel. Millionen Tonnen Getreide sowie Lager und Hafenanlagen sind dabei verbrannt. Der Getreidepreis auf dem Weltmarkt ist seither um 20 Prozent gestiegen. Da hilft es wenig, dass Putin Gratislieferungen für besonders moskautreue Länder verspricht."
    Nach Protesten in muslimischen Staaten überlegen Dänemark und Schweden, gegen Koranverbrennungen vorzugehen. Dazu meint die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT: "Solche Aktionen fallen unter das Recht auf freie Meinungsäußerung, sorgen aber für großen Unmut unter Muslimen in Skandinavien und im Ausland. Sie stellen auch ein Sicherheitsrisiko für Ausländer in islamischen Ländern dar und erhöhen nach Ansicht des schwedischen Geheimdienstes die Terrorismusgefahr. Doch ein Verbot der Bekundung von Unzufriedenheit über religiöse Schriften kann schnell zu einer Rutschbahn werden. Der Ruf, auch gegen Satire vorzugehen, ist dann nicht mehr weit entfernt. Religiöse Fanatiker zeichnen sich in der Regel nicht durch einen großen Sinn für Humor aus, wie unter anderem der mörderische Anschlag in Paris auf die Macher des Satiremagazins 'Charlie Hebdo' gezeigt hat", meint DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
    Auch die schwedische Zeitung EXPRESSEN ist gegen ein gesetzliches Verbot von Koranverbrennungen: "Die schwedische Botschaft in Bagdad ist in diesem Sommer schon zweimal angegriffen worden, russische Kräfte unterstützen die Kampagne gegen Schweden, und noch hat die Türkei den schwedischen NATO-Beitritt nicht ratifiziert. Der Sturm dürfte also nicht so rasch abflauen. Und dennoch ist es beunruhigend, dass die schwedische Regierung überhaupt an eine Gesetzesänderung denkt. Denn das zeigt, dass ausländische Akteure bestimmen können, welche Meinungsäußerungen in Schweden erlaubt sind und welche nicht. Diejenigen, die sich jetzt an der Kampagne gegen Schweden beteiligen, werden sich zudem wohl kaum mit einer kleineren Gesetzesänderung zufriedengeben. Vielmehr besteht das Risiko, dass kleine schwedische Zugeständnisse ständig neue Forderungen nach Unterwerfung provozieren", unterstreicht EXPRESSEN aus Stockholm.
    Die dänische Zeitung POLITIKEN argumentiert ähnlich: "Es ist erbärmlich, dass eine kleine Gruppe in Dänemark und Schweden es als ihre Aufgabe betrachtet, die Welt in Brand zu setzen, indem sie die heilige Schrift der Muslime in Asche verwandelt. Es gibt keine guten Argumente dafür, und wir können uns nur deutlich von dieser verrückten Idee distanzieren. Genau das ist es, was wir in einem demokratischen Rechtsstaat tun. Wir äußern unseren Standpunkt, bringen Gegenargumente vor, werden vielleicht sogar wütend – aber wir fordern keine Verbote. Das steht in Einklang mit unserer von der Verfassung geschützten Meinungsfreiheit. Wenn Koranverbrennungen verboten werden – wer sagt uns, dass diese Aufwiegler ihre Ziele dann nicht mit anderen Mitteln verfolgen?", fragt POLITIKEN aus Kopenhagen.