
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG fragt sich, was dies für den Krieg in der Ukraine bedeutet und für die Zukunft Russlands. "Mit Prigoschin kamen gemäß russischen Meldungen offenbar auch der Wagner-Mitbegründer Dmitri Utkin und weitere Führungsleute ums Leben. Dass die Wagner-Führungsriege ihren Tod nur vortäuschte und sich heimlich irgendwohin absetzte, ist eine allzu abenteuerliche Spekulation, als dass dies ernsthaft in Betracht gezogen werden kann. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die vom Kreml systematisch betriebene Zerschlagung von Wagner nun ihren Schlusspunkt erreicht hat. Nun wirkt die Gruppe komplett führungslos. Auf den Krieg in der Ukraine hat dies keine unmittelbaren Auswirkungen, da Wagner bereits seit drei Monaten nicht mehr an der Front im Donbass zum Einsatz kam. Gleichwohl verliert Russland als Folge dieser blutigen internen Abrechnung seine schlagkräftigste militärische Einheit", unterstreicht die Schweizer NZZ.
"Die britische TIMES spricht von einer öffentlichen Hinrichtung des Söldnerführers: "Dies war kein Unfall: Prigoschin wurde zusammen mit neun weiteren Passagieren und Besatzungsmitgliedern auf Befehl Putins öffentlich hingerichtet, ohne dass es auch nur den Anschein eines Gerichtsverfahrens gab. Es ist davon auszugehen, dass Prigoschin ermordet wurde, denn das entspricht den Methoden des Putin-Regimes. Putin hat sich der unmittelbarsten Bedrohung seiner Herrschaft entledigt und damit wahrscheinlich kurzfristig seine Position gefestigt. Doch er hat auch ihre potenzielle Zerbrechlichkeit offenbart", hebt die Londoner TIMES hervor.
Man solle sich keine Illusionen machen, notieren die DERNIERES NOUVELLES D'ALSACE. "Wir werden nie die genaue Wahrheit über das Ende von Jewgeni Prigoschin erfahren. Die einzige Gewissheit besteht darin: Prigoschin gibt es nicht mehr. Verschwunden, verstreut, für immer zum Schweigen gebracht, endgültig unschädlich gemacht. Zwei Feststellungen drängen sich auf: Erstens bleibt das Putin-Regime, auch wenn es seit 18 Monaten in einen katastrophalen Krieg verstrickt ist, seiner Methode treu - Lügen, die größer als ein sibirisches Mammut sind, krumme Dinger und gnadenlose Gewalt. Zweitens stärkt die Beseitigung von Prigoschin die Autorität des Kremlherrn erheblich. Die nächste Person, die versucht, den Zaren zu destabilisieren, wird das gleiche Schicksal erleiden wie der verstorbene Boss der Miliz Wagner", warnen die DERNIERES NOUVELLES D'ALSACE aus Straßburg.
"Putins Warlord-Staat" - titelt die Wiener Zeitung DER STANDARD und schreibt weiter: "Für Diktatoren, die sich brutal ihrer internen Rivalen entledigen, gibt es große Vorbilder. Hitler ließ im 'Röhm-Putsch' die Führung der milizartigen Truppe SA ermorden. Stalin wird verdächtigt, Sergej Kirow, der ihm gefährlich hätte werden können, ermordet zu haben. Jedenfalls gab es nach dem Kirow-Attentat die große 'Säuberung' in der sowjetischen Führung, die Stalin endgültig zum unumschränkten Herrscher machte. Sowohl Hitler wie Stalin blieben danach noch lange Jahre an der Macht. Auch Putin könnte sich halten. Trotzdem ist Russland ein strukturell labiler Staat. Das müssen jetzt endlich auch die letzten Illusionisten im Westen begreifen", unterstreicht DER STANDARD aus Österreich.
Die englischsprache Internet-Zeitung THE MOSCOW TIMES notiert: "Es ist nicht so wichtig, ob Prigoschin wirklich bei dem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Und es ist wohl auch nicht so wichtig, ob der Absturz tatsächlich von Putin inszeniert wurde. Was zählt ist, dass das Ereignis wahrscheinlich als Putins Rache an Prigoschin wahrgenommen wird. Infolgedessen werden alle möglichen 'wütenden Patrioten' den Flugzeugabsturz von Prigoschin wahrscheinlich als ein Signal verstehen, dass Putin bereit ist, nicht nur mit der liberalen Antikriegsopposition hart umzugehen, sondern auch mit den militanten Befürwortern des Krieges, die meinen, er sei nicht entschlossen und hart genug", schreibt THE MOSCOW TIMES, die in der russischen Hauptstadt Moskau herausgegeben wird.
Die tschechische Zeitung LIDOVE NOVINY hält fest: "Erwartungen, dass Prigoschins Ende eine Reihe von Unruhen oder einen erneuten Umsturzversuch hervorrufen könnte, haben sich nicht bestätigt. Die in Belarus versprengten oder in die russische Armee integrierten Wagner-Söldner sind keine Kraft, die das Regime in Moskau gefährden könnte. Prigoschins Tod wird wohl niemandem in Russland die Augen öffnen. Eher wird dies die extremen Befürworter des Krieges gegen die Ukraine in ihrer Forderung bestärken, der Kampf müsse noch entschiedener geführt werden", glaubt LIDOVE NOVINY aus Prag.
Die chinesische Zeitung XINGJING BAO schreibt: "Nach dem mutmaßlichen Tod des Wagner-Chefs Prigoschin stellt sich unausweichlich die Frage, wie es mit der Gruppe weitergeht. Seit geraumer Zeit bekommt die immer größer werdende Truppe keine Unterstützung mehr vom russischen Militär. Wenn nun die Seele der Truppe auch beseitigt wurde, scheint es recht sicher zu sein, dass die Wagner-Gruppe zerschlagen wird. Ohnehin ist die Organisation, deren Aktivitäten sich inzwischen auf 12 Länder erstreckt und die allein in Ostukraine eine halbe Millionen Söldner hat, immer schwerer zu kontrollieren", unterstreicht XINGJING BAO aus Peking.
Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK ist der Ansicht: "Alles deutet auf ein Attentat hin. Kurz nach der Niederschlagung des Wagner-Aufstands sagte Putin, dass er alles verzeihe, Verrat aber niemals. Wenn man sich diese Worte in Erinnerung ruft, könnte man denken, dass der Befehl für den Abschuss aus Moskau kam. Nach der Niederschlagung des Aufstands wurde angenommen, dass Prigoschin vergiftet wird. Das ist offenbar nicht passiert, das 'Problem' wurde mit dem Flugzeugabsturz gelöst", ist in YENI ŞAFAK aus Istanbul zu lesen.
Hören Sie nun Kommentare zum BRICS-Gipeltreffen in Südafrika. Die niederländische Zeitung NRC hält fest: "Konkret hat die Zusammenarbeit, abgesehen von einer relativ kleinen Entwicklungsbank, noch nicht viel gebracht. Eine gemeinsame Währung, um unabhängiger vom Dollar zu werden, wie es Brasilien wünscht, ist kaum realistisch, solange die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern so groß bleiben. Auch strategisch hat nicht jedes BRICS-Land die gleiche Vorstellung. Das wurde bei der Diskussion über die Erweiterung deutlich. Dass am Ende nur Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zur Mitgliedschaft eingeladen wurden, ist ein Rückschlag für China", betont die Zeitung NRC aus Amsterdam.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN weist in ihrem Gastkommentar auf die Unstimmigkeiten innerhalb der BRICS-Gruppe hin: "Der Schlüssel für einen Zusammenhalt der BRICS-Gruppe ist der Protest gegen das bestehende Wirtschaftssystem. China und Russland neigen schnell dazu, den Westen zu kritisieren. Die anderen Mitglieder hingegen wollen vermeiden, dass die BRICS-Gruppe eine antiwestliche Organisation wird. Denn sie wollen überleben, indem sie ihre Unterschiede zu den westlichen Staaten wie G7 und zu den autokratischen Staaten wie China und Russland in einer guten Balance halten. Ohne eine geschickte Kurssteuerung könnte eine erweiterte BRICS-Gruppe in Schwierigkeiten geraten", warnt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die Zeitung GULF NEWS aus den Vereinigten Arabischen Emiraten spricht von einem Wendepunkt. "Bei diesem strategischen Schritt geht es nicht nur darum, die Zahl zu erhöhen. Die Erweiterung der BRICS-Gruppe symbolisiert die Anerkennung neuer wirtschaftlicher und geopolitischer Realitäten. Mit dem Beitritt der VAE zu BRICS wird einem möglichen Beitrag in den Bereichen Künstliche Intelligenz, erneuerbare Energien, Internetdienste und Weltraumforschung Rechnung getragen", schreiben die GULF NEWS aus Dubai.