
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA analysiert die Unterschiede der jüngsten Staatsstreiche. "Gestern war in Gabun ein weiterer Wahlsieg von Präsident Bongo verkündet worden. Doch die Opposition betrachtet die Wahl als manipuliert. Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Ergebnisses erklärte das Militär die Machtübernahme. Sollte der Machtentzug des Langzeitherrschers Bongo bestätigt werden, wäre es der achte Staatsstreich in den ehemaligen französischen Kolonien in Afrika in drei Jahren. Die Putsche in Mali, Guinea, Burkina Faso, Tschad und Niger haben die Demokratisierung in diesen Ländern untergraben. Mehrere neue Juntas wandten sich hilfesuchend an Russland und heuerten die Wagner-Gruppe an. In Gabun ist die Situation anders. Im Unterschied zu anderen Ländern der Sahelzone gibt es dort keinen islamistischen Aufstand, von einem russischen Einfluss ist bisher nichts zu sehen und die Absetzung des autokratischen Herrschers lässt zumindest potenziell auf eine Wende zum Besseren hoffen. In der Praxis kommt es allerdings selten vor, dass das Militär freiwillig die Macht abgibt und demokratische Wahlen zulässt", lautet das Fazit der Zeitung GAZETA WYBORCZA, die in Warschau erscheint.
"Weite Teile Afrikas scheinen in die Arme von Generälen mit großen Rangabzeichen getrieben zu werden", ist in der niederländischen Zeitung DE TELEGRAAF aus Amsterdam zu lesen. "Doch es gibt kaum einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Staatsstreichen. Derjenige in Gabun scheint vor allem ein Korrektiv zu sein. Die Putschisten scheinen die Hegemonie der Familie Bongo beenden zu wollen, die seit 1967 ununterbrochen an der Macht war."
Die in London erscheinende arabische Zeitung AL QUDS AL-ARABY verweist auf die Rolle der Opposition: "Anders als in Niger richtete sich der Militärputsch in Gabun gegen ein diktatorisches Erbe. Dennoch dürften die Putschisten in der Praxis dieses Erbe fortsetzen. Das passt zur Kultur der Macht des westlichen Afrikas, das als 'Brutkasten für Staatsstreiche' gilt. Militärputsche gehen dort meist nicht nur auf die Schwäche demokratischer Systeme, schlechte Regierungsführung und Wahlmanipulation zurück, sondern auch auf die Schwäche der Opposition."
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG fasst zusammen: "Es ist inzwischen theoretisch möglich, von der westafrikanischen Atlantikküste bis ans Rote Meer durch einen Gürtel von Ländern zu reisen, in denen Putschisten an der Macht sind. Militärs in vielen Ländern glauben offenbar, ungestraft zivile Regierungen entfernen zu können. Sie glauben das, weil es in einer länger werdenden Reihe von Ländern geglückt ist. Das heißt auch: Jeder geglückte Putsch erhöht das Risiko, dass ein nächster geschieht. Afrika befindet sich in einem Teufelskreis."
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN betrachtet die Rolle der internationalen Gemeinschaft. "Im Gegensatz zum Putsch in Niger vor einem Monat, der vom Ausland in scharfem Ton verurteilt wurde, zeigt sich die internationale Gemeinschaft nach dem Staatsstreich in Gabun bislang zurückhaltend. Der Grund: In Niger wurde ein demokratisch gewählter Präsident festgesetzt. In Gabun dagegen waren die Menschen offensichtlich unzufrieden mit der Herrschaft der Familie Bongo. Außerdem gab es aus dem In- und Ausland zahlreiche Hinweise auf eine Wahlmanipulation. Aber dennoch: Die Auswirkungen eines Putsches sind immer enorm. Man kann nicht gerade behaupten, dass es in den benachbarten Staaten, die in den letzten Jahren einen Putsch erlebten, eine reibungslose Entwicklung in Richtung einer zivilen Regierung gab", meint die Zeitung ASAHI SHIMBUN, die in Tokio erscheint.
"Afrika kommt nicht zur Ruhe", heißt es in der türkischen Zeitung EKONOMI. "Das ist der achte Militärputsch in West- und Zentralafrika seit 2020. Frankreich verliert damit nach und nach 'befreundete Regierungen' in den ehemaligen Kolonien. Gabun hat reiche Bodenschätze, allerdings profitieren nur wenige davon. Die meisten Menschen leben in bitterer Armut. Deswegen gab es in der Hauptstadt Libreville auch Jubel auf den Straßen. Fakt ist jedoch, dass nach keinem Putsch in Afrika den Menschen mehr Freiheiten gewährt oder der Reichtum gerechter verteilt wurde. Die sichtbarste Folge ist, dass diese Länder die Seiten wechseln: Diejenigen, die zuvor dem westlichen Lager angehörten, näherten sich nach dem Putsch der Achse China-Russland." So weit die in Istanbul erscheinende Zeitung EKONOMI.
"Paris hat in Gabun viel Einfluss verloren" betont die französische Zeitung LIBERATION aus Paris. "Der größte Handelspartner des Landes ist heute China. Frankreich ist zwar weiterhin ein gern gesehener Gast, hat sich aber vielleicht zu Unrecht zu Hause gefühlt. Man wird ihm dankbar sein, dass es - vielleicht versehentlich - seine demokratischen Werte dorthin exportiert hat. Es bleibt aber abzuwarten, ob Lehren für Freiheit und Gleichheit gezogen werden oder nur die Lehren einer Heuchelei, die über fünfzig Jahre angedauert hat."
Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO blickt auf den ersten Besuch eines britischen Außenministers in China seit fünf Jahren. "Als letztes Land der führenden Industrienationen hat Großbritannien seinen Außenminister nach Peking geschickt. Premierminister Sunak scheint pragmatischer als seine Vorgängerin Truss zu sein. Einerseits versucht er mit harten Tönen Richtung China die Hardliner der Konservativen zu besänftigen, andererseits steht er unter Druck der wirtschaftsnahen Abgeordneten und sucht aus ökonomischen Interessen die Zusammenarbeit mit Peking. Wird ihm der Spagat gelingen? Im Hinblick auf die angespannten Beziehungen zwischen China und den USA steht London als besonderer Partner der USA stets auf der Seite Washingtons. Peking soll im Dialog mit London bleiben, darf aber kein Wunder erwarten." Das war die Zeitung JIEFANG RIBAO, die in Peking erscheint.
"Außenminister James Cleverly hat Recht", meint die Londoner Zeitung THE TIMES. "Allein schon im Hinblick auf Großbritanniens eigene Interessen wäre ein Abbruch der Beziehungen zu Peking aus Protest gegen die chinesische Spionage in Großbritannien, die entsetzliche Behandlung der Uiguren in China, die Unterstützung Russlands und die Repression in Hongkong kontraproduktiv. China ist immer noch Großbritanniens viertgrößter Handelspartner. Großbritannien ist zudem nicht das einzige Land, das die Wirtschaftsbeziehungen fördern und das wachsende Misstrauen auf beiden Seiten überwinden möchte. Cleverly war zur gleichen Zeit in Peking wie die US-Handelsministerin Raimondo, die China aufforderte, die Risiken für US-Unternehmen, die dort Geschäfte machen, zu verringern. Andere hochrangige westliche Politiker haben in letzter Zeit bereits Besuche abgestattet, unter ihnen der französische Präsident Macron, US-Außenminister Blinken und die deutsche Außenministerin Baerbock. Sie alle vermittelten die gleiche Botschaft: Engagement ist der einzige Weg, um mit den wachsenden Meinungsverschiedenheiten umzugehen." So weit die Einschätzung der britischen Zeitung THE TIMES.
Abschließend noch ein Kommentar zur Ableitung von aufbereitetem Kühlwasser aus dem havarierten japanischen Atomkraftwerk Fukushima ins Meer. Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO schreibt: "Japan hat einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen. Diese Aktion wird viele Jahre dauern. Kein Land hat bisher derartige Erfahrungen, niemand kann die langfristige Wirkung auf die Meeresökologie und die menschliche Gesundheit seriös einschätzen. Die internationale Gemeinschaft braucht vor allem in Hinblick auf die Sicherheit und mögliche Schadensersatzzahlungen von potenziellen Opfern ein Regelwerk. Die Anrainerstaaten müssen eine Gesetzgebung zum Beispiel im Rahmen der Vereinten Nationen vorantreiben", bemerkt die Zeitung HUANQIU SHIBAO aus Peking.