
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN beleuchtet die politische Situation im Gastgeberland Indien: "Seit Modis Amtsantritt 2014 als Premierminister hat der Druck auf regierungskritische Medien stark zugenommen. Immer weniger Unternehmen schalten in solchen Publikationen Werbeanzeigen. Auch die Zahl der Artikel durch unabhängige freie Journalisten ist gesunken. Zudem wurden die Voraussetzungen geschaffen, damit die Regierung Beiträge in sozialen Netzwerken leicht löschen lassen kann. Bevor Modi das Ausland zur multilateralen Zusammenarbeit aufruft, sollte sich der Premierminister zuerst um die Stärkung der Demokratie im eigenen Land kümmern", empfiehlt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE führt aus: "(Der chinesische Staats- und Parteichef) Xi Jinping verdirbt die Party seines Autokratenkollegen Narendra Modi, bevor diese überhaupt richtig begonnen hat. Chinas Staatschef schwänzt demonstrativ die Show des indischen Premiers, den G20-Gipfel in Delhi an diesem Wochenende. Modi schlüpft dort nämlich in eine von Xis Lieblingsrollen: Er macht das Treffen zur großen Bühne für sich selbst und inszeniert sich als Vertreter des vom imperialistischen Westen unterdrückten Südens. Dafür nimmt Xi, pünktlich zum G20-Wochenende, in einer neu gezeichneten Landkarte Indien einen Bundesstaat und ein Plateau im Himalaya weg. Für die Regierung des radikalen Hindu-Nationalisten Modi ist das eine besonders heftige Provokation", kommentiert DIE PRESSE aus Wien.
Die brasilianische Zeitung O GLOBO hält fest: "Indien ist ein Land mit endemischer Armut und großen Umweltproblemen, während auf diplomatischem Gebiet das angespannte Verhältnis zu Pakistan und auch zu China weiterbesteht. Brasiliens Staatspräsident Lula sollte auf dem G20-Gipfel erneut die globale Ungleichheit ansprechen und die Bedeutung von Allianzen wie der kürzlich erweiterten Brics-Gruppe als Gegenpol zum Westen unterstreichen", rät O GLOBO aus Rio de Janeiro.
Die russische NESAWISSIMAJA GASETA kommt zu dieser Einschätzung: "Der G20-Gipfel wird ein außenpolitischer Erfolg für den indischen Premierminister Narendra Modi sein. Denn unabhängig von der Frage, wie die Abschluss-Erklärung tatsächlich aussehen wird, dürfte man verkünden, dass der internationale Club expandiert. Zuvor war nur ein einziger zwischenstaatlicher Verbund Teil der G20: nämlich die Europäische Union. Jetzt wird ein zweiter Akteur dieser Art hinzukommen: die Afrikanische Union. Deren Aufnahme in die G20 wird nicht nur die politische und wirtschaftliche Bedeutung der Länder des afrikanischen Kontinents erhöhen, sondern auch den Einfluss Indiens in dieser Weltregion", ist sich die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau sicher.
Zu den schweren Überflutungen in Mittelgriechenland schreibt die Zeitung KATHIMERINI aus Athen: "Seit Dienstag hätte man sich über die drohende Katastrophe ein Bild machen können, wenn man einfach die Wetterberichte im Fernsehen angesehen hätte. Die zuständigen Behörden baten jedoch erst gestern um Unterstützung durch die Streitkräfte. Die Regierung errichtete daraufhin eine Einsatzzentrale. Diese Entscheidung wurde aber erst getroffen, nachdem mehrere Dörfer drei Tage lang vom Rest des Landes abgeschnitten waren und Tausende von Menschen festsaßen. Zwar ist Griechenland wegen des Klimawandels mit noch nie dagewesenen Problemen konfrontiert. Gleichwohl ist der Staatsapparat nicht in der Lage, proaktiv Maßnahmen zu ergreifen. Auch fällt es ihm schwer, seine Ressourcen effektiv und zeitnah zu koordinieren. Wir haben einen Staat, der nur so tut, als wäre er überall und für alle da", kritisiert die griechische Zeitung KATHIMERINI.
Nach dem schweren Unwetter in Griechenland und dem Erdbeben in der Türkei gibt es zwischen Athen und Ankara eine politische Annäherung, beobachtet HÜRRIYET aus Istanbul: "Griechenlands Außenminister Jerapetritis traf sich diese Woche mit seinem türkischen Amtskollegen Fidan. Noch in diesem Jahr wollen Präsident Erdogan und Regierungschef Mitsotakis zu einem Zweiertreffen in New York zusammenkommen. Außerdem wird erwartet, dass eine Konferenz zur Zusammenarbeit beider Länder in Saloniki stattfinden soll. Allerdings standen beide Länder wegen Streitigkeiten um Öl- und Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer zwischenzeitlich am Rande eines Krieges. Durch die Festlegung der Grenzen der Wirtschaftszone in der Ägäis und im Mittelmeer sowie durch die Festlegung des Festlandssockels kann verhindert werden, dass sich solche Krisen wiederholen", meint das türkische Blatt HÜRRIYET.
Trotz Brexit kehrt Großbritannien zum EU-Forschungsprogramm "Horizon Europe" zurück. Nach Angaben der Europäischen Union zahlt die britische Regierung dafür knapp 2,6 Milliarden Euro pro Jahr. Der Londoner INDEPENDENT lobt: "'Horizon' ist ein Gewinn für die britische und europäische Wissenschaft und Forschung. Es wird nie einen geeigneten britischen Ersatz für diese Art von Partnerschaften geben. Und kein vom Vereinigten Königreich finanziertes Budget für Wissenschaft und Technologie könnte jemals das gut etablierte Geflecht von Projekten, Kontakten und Zusammenarbeit ersetzen, das über ein halbes Jahrhundert mit unseren engsten Nachbarn aufgebaut wurde: das sind Werte, die man mit Geld nicht kaufen kann", stellt der INDEPENDENT klar.
Nach Ansicht der AARGAUER ZEITUNG aus der Schweiz belohnt die Europäische Union die Briten dafür, dass sie sich Anfang des Jahres kompromissbereit zeigten: "Bei der Umsetzung des Brexits gab Premierminister Sunak im Nordirland-Protokoll eine harte Haltung auf. Die EU hatte den Ausschluss des Königreichs von 'Horizon' als Druckmittel in der Nordirland-Frage eingesetzt. Das klingt vertraut für Schweizer Ohren: Brüssel will mit Bern ein institutionelles Abkommen abschließen. Nachdem der Bundesrat 2021 die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen abgebrochen hatte, entschied die EU, die Schweiz in der Forschungszusammenarbeit fortan wie einen Drittstaat zu behandeln. Mit der Einigung zwischen London und Brüssel zerschlagen sich die Schweizer Hoffnungen auf eine intensivere Kooperation mit Großbritannien. Die USA sind als Forschungspartner zwar wichtig, können Horizon aber nicht annähernd ersetzen. Zugleich ist klar: In Verhandlungen um ein institutionelles Abkommen einzuknicken, ist keine Lösung. Die Schweiz braucht einen Vertrag, der vor den Stimmberechtigten bestehen kann. Den Pressionen der EU muss der Bundesrat standhalten", fordert die AARGAUER ZEITUNG.
Zum Schluss ein Blick auf die Europäische Union selbst. Ratspräsident Michel hat für eine Erweiterung um Länder wie Albanien und Montenegro bis 2030 geworben. Die dänische Zeitung POLITIKEN warnt vor einer Scheinwelt: "Wir leben nicht in einem Barbie-Land, in dem alles rosarot und problemfrei ist. Bevor wir neue Mitglieder aufnehmen, müssen ein paar Dinge geklärt werden. Möchte die Europäische Union eine Wertegemeinschaft sein wie ursprünglich vorgesehen? Oder sollen diese Ambitionen heruntergeschraubt werden, um eine schnellere Erweiterung zu ermöglichen, die eher zu einer Art reiner Wirtschaftsunion führt? Natürlich geht es um Ersteres. Gerade eine EU als Wertegemeinschaft ist eine Alternative zu autoritären Regimes wie China, und wir dürfen nicht einfach aus Angst vor so unsympathischen Gestalten wie Putin unsere Seele verkaufen. Unser Pragmatismus muss also Grenzen haben. Auch die Auseinandersetzungen der EU mit Polen und Ungarn zeigen, dass einfachere Regeln für eine Suspendierung oder gar einen Ausschluss von Mitgliedern benötigt werden, die sich gegen die Werte der EU wenden. Solche Regeln sind nötig, bevor wir weitere Länder aufnehmen. Und darüber hinaus muss sich die EU auf eine Aufnahme der Ukraine vorbereiten und beispielsweise ihre Agrarsubventionen anpassen".