
Der TELEGRAPH aus London schreibt dazu: "Wenn Putin gezwungen ist, unterwürfig eine der isoliertesten Diktaturen der Welt zu hofieren, um seine Waffenarsenale aufzufüllen, dann hat die 19 Monate währende Invasion der Ukraine wirklich ihren Tribut gefordert. Das, wovon die russische Führung meinte, dass es nur ein paar Tage dauern würde, hat sich zu einem scheinbar endlosen Zermürbungskrieg entwickelt. Der Krieg hat Russland ausgezehrt", heißt es im TELEGRAPH.
"Welch ein Abstieg für den russischen Präsidenten Putin", kommentiert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. "Nachdem in diesem Sommer die großen Gipfelkonferenzen der Brics-Staaten in Südafrika und der G-20 in Indien ohne seine Anwesenheit stattgefunden haben, muss er nun ein eigenes, viel schlichteres Gipfeltreffen inszenieren. Wählerisch kann er dabei nicht sein, mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un hofiert er einen der übelsten Diktatoren. Nicht nur dies ist eine Peinlichkeit für ein Land, das eigentlich zu den bedeutenden der Welt gezählt werden möchte. Auch die Ausgangslage kommt für Putin einer Erniedrigung gleich. Anders als 2019 bei Kims erstem Besuch steckt Putin in der Rolle des Bittstellers. Er hofft offensichtlich, dass Nordkorea ihm mit Munitionslieferungen für den Ukraine-Krieg aus der Patsche hilft", glaubt die NZZ aus der Schweiz.
Ähnlich sieht es auch die norwegische Zeitung DAGBLADET: "Wenn Putin jetzt den Herrscher einer besonders bösen und bizarren Diktatur um Waffen für seinen Krieg in der Ukraine anbetteln muss, ist das eine diplomatische und politische Niederlage von geradezu astronomischen Dimensionen. Obwohl Kim der Paria der Weltgemeinschaft ist, kann er sich teuer verkaufen, wie es seine Dynastie immer getan hat. Putin hat keinen Ruf mehr zu verlieren. Bevor er die Ukraine überfiel, unterstützte Russland im UNO-Sicherheitsrat Sanktionen gegen Nordkorea. Jetzt geht es in Moskau nur noch darum, eine Niederlage in der Ukraine abzuwenden. Aber es ist riskant, Kim zu umarmen. Vielleicht steckt China dahinter. Peking will nicht, dass Russland den Krieg verliert, will Putin aber auch keine Waffen liefern. Nordkorea als Waffenlieferant könnte da eine perfekte Lösung für China sein, und die Kim-Dynastie kann wieder ihre Lieblingsposition einnehmen, indem sie Moskau und Peking gegeneinander ausspielt", notiert DAGBLADET aus Oslo.
Mit dem Wirtschaftsforum in Wladiwostok zeige Putin, dass er den Blick verstärkt nach Osten richten wolle, schreibt HUANQIU SHIBAO aus China: "Moskaus wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem asiatisch-pazifischen Raum soll ausgeweitet werden. Das geht mit dem Plan des Kremls einher, den östlichen Landesteil stärker zu entwickeln. Nicht zuletzt wegen der gegenwärtigen geopolitischen Lage ist dies zu einer strategischen Priorität Russlands geworden. So haben sich zum Beispiel die Energieexporte seit dem Ausbruch des russisch-ukrainischen Konflikts im vergangenen Jahr nach und nach in Richtung China und Indien verlagert. Mit dieser Neuausrichtung stemmt sich Putin gegen die Eindämmungs- und Sanktionspolitik des Westens und arbeitet daran, ein alternatives System der Finanz-, Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu errichten. Das Wirtschaftsforum dient dem russischen Präsidenten aber auch als Plattform, um in seiner Außenpolitik neue Akzente zu setzen", betont HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN blickt auf die Motive Nordkoreas: "Das Wichtigste für Nordkorea ist wohl eine Signalwirkung. Mit diesem Besuch will der Machthaber aus Pjöngjang Richtung Washington und Seoul eine starke politische Botschaft senden. Genau das ist die strategische Wichtigkeit. Je klarer die Konfrontation zwischen dem Japan-USA-Südkorea-Block und dem China-Nordkorea-Russland Block wird, desto breiter fühlt sich das Aktivitätsfeld für Nordkorea an. Das ist die Struktur des 'neuen Kalten Kriegs', von dem Nordkorea immer wieder spricht. Man darf gespannt sein, wie China auf dieses Treffen reagiert", hält ASAHI SHIMBUN aus Tokio fest.
Das Erdbeben in Marokko und die Überschwemmungen in Libyen sind Thema in der spanischen Zeitung EL PERIODICO DE CATALUNYA: "Marokko wie Libyen hatten auch deshalb so viele Opfer zu beklagen, weil diese Länder von großer Ungleichheit geprägt sind und es an Prävention fehlte. Die Katastrophen haben außerdem aufgezeigt, an welche Grenzen die Regimes dort stoßen. Es bleibt unverständlich, dass König Mohamed VI von Marokko erst so spät reagiert hat, obwohl nur er das Kompetenzchaos beenden konnte. Das entspricht nicht den Standards eines Landes, das ein hohes Maß an Demokratie anstrebt. Unverständlich bleibt auch, warum nur die Hilfe aus vier Ländern zugelassen wurde, nicht aber aus so nahe gelegenen Staaten wie Frankreich oder Algerien. Was Libyen betrifft, wäre wenigstens zu hoffen, dass das Drama dazu dient, die Spaltung des Landes und das Vergessen des Westens nach dem Sturz Gaddafis zu überwinden. Aber kurz nach der Flut empfing der starke Mann des östlichen Landesteils, Khalifa Haftar, erst einmal eine russische Delegation, um den Einsatz von Wagner-Söldnern beim Kampf gegen Dschihaddisten und der Sicherung der Ölförderung zu besprechen. Das scheint in Libyen wichtiger zu sein als die Suche nach Verletzten und der Wiederaufbau", kritisiert EL PERIODICO DE CATALUNYA aus Barcelona.
Der österreichische STANDARD befürchtet ein Erstarken islamistischer Kräfte in der Region: "Mit Libyen trifft es ein von Jahrzehnten der Diktatur gezeichnetes und vom Bürgerkrieg verwüstetes Land. Das Zentrum der Überschwemmungen ist Darna im Osten, das als eine der Hauptstädte des internationalen Dschihadismus bekannt wurde - was wiederum zum Aufstieg des ostlibyschen Kriegsherrn Chalifa Haftar beigetragen hat. Ob Bevölkerungen, die bereits am Limit sind, apathisch oder mit Wut auf Katastrophen reagieren, hängt auch davon ab, ob jemand Alternativen anbietet, die bei den verzweifelten Menschen verfangen. Zu Recht oder zu Unrecht. In Libyen regiert die Ohnmacht. Das könnte erneut radikalen islamistischen und restaurativen Kräften des alten Regimes nützen", gibt der STANDARD aus Wien zu bedenken.
Zum Schluss noch ein Blick auf die wirtschaftliche Lage Europas. Die portugiesische Zeitung CORREIO DA MANHA schreibt: "Man muss nicht auf die Statistiken warten, um zu wissen, dass der Preisdruck das Einkommen der Haushalte reduziert. Der Anstieg der Preise in Europa birgt eine weitere Gefahr: die Zinserhöhungen. Die EZB wird morgen über einen weiteren Anstieg der Leitzinsen entscheiden. Nur die Daten der deutschen Wirtschaft könnten die europäischen Währungshüter dazu bringen, die Zinserhöhungen vorläufig zu stoppen. Erst wenn die Inflation dauerhaft auf rund zwei Prozent zurückgeht, werden die Zinssätze auf ein Niveau nahe dieser Marke sinken. Aber angesichts der dunklen Wolken, die über der europäischen Wirtschaft hängen, stehen die Familien und Unternehmen vor schwierigen Monaten", prognostiziert CORREIO DA MANHÃ aus Lissabon.
Die französische Zeitung LE FIGARO erhebt deutliche Vorwürfe gegen die Bundesregierung: "Deutschland merkt heute, dass sein Modell ins Wanken gerät. Um sich zu erholen, bedarf es ehrgeiziger Strukturreformen. Aber mit der derzeitigen Koalition der Gegensätze ist Deutschland unregierbar. Die Arroganz der Merkel-Ära ist wieder da: Europa muss sich in den Dienst der deutschen Interessen stellen! In der Atomfrage und auch bei anderen Themen, die für seine Industrie von entscheidender Bedeutung sind, wird Berlin Paris nicht nachgeben. Deutschland ist bereit, alles zu tun, um seinen Vorteil zu behalten. Dazu gehört auch, die Wettbewerbsfähigkeit seiner Partner zu beeinträchtigen, da es nicht in der Lage ist, seine eigene zu verbessern", konstatiert LE FIGARO aus Paris.