
Die österreichische Zeitung DER STANDARD merkt dazu an: "Armenien und die Menschen in Bergkarabach brauchen Hilfe. Und zwar viel Hilfe. Neben einer UNO-Mission zum Schutz der Bevölkerung braucht es vor allem Geld. Gerade einmal 500.000 Euro will die EU hier zur Verfügung stellen, zusätzlich zu bereits bewilligten 1,2 Millionen Euro. Das ist ärmlich, verglichen mit den Abermilliarden, die in die Ukraine fließen – ein Tropfen auf den heißen Stein. In Bergkarabach könnte der Westen beweisen, dass es ihm mit seiner Werteorientierung ernst ist. Und diese nicht nur gilt, wenn ein geostrategisch interessantes Land wie die Ukraine in Gefahr ist. Wie der Westen jetzt reagiert – die Menschen im Globalen Süden, umworben von Russland und China, werden es mit Interesse wahrnehmen", meint DER STANDARD aus Wien.
Die portugiesische Zeitung CORREIO DA MANHA führt aus: "Praktisch über Nacht wurde einer der ältesten Konflikte Europas mit Waffengewalt gelöst. In einer blitzartigen Offensive beendete Aserbaidschan vorige Woche die mehr als drei Jahrzehnte währende Autonomie von Bergkarabach, einer kleinen, gebirgigen Enklave, die mehrheitlich von ethnischen Armeniern bewohnt wird. Der Status quo war all die Jahre dank der russischen Unterstützung für Armenien und dessen separatistischen Verbündeten aufrechterhalten worden. Dies alles änderte sich mit dem Amtsantritt des armenischen Premiers Nikol Paschinjan, der eine Annäherung zum Westen auf Kosten der alten Beziehungen zu Moskau betreibt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Putin diesmal keinen Finger gerührt hat, um seinem ehemaligen Verbündeten zu helfen. Die russische Rache ist jedoch ein strategischer Schuss ins eigene Knie, denn Putins Hinterhof wird kleiner und kleiner", beobachtet CORREIO DA MANHA aus Lissabon.
Die belgische Zeitung DE STANDAARD ist folgender Meinung: "Wer von der Türkei nach Aserbaidschan will, stolpert über Armenien – das Land liegt ganz einfach im Weg. Immer wieder hat Aserbaidschan versucht, das rechtlich auf seinem Territorium liegende Gebiet Bergkarabach ethnisch zu säubern, und 2023 ist zu einem neuen Wendepunkt geworden. Russland hat kein Interesse an einer Einmischung, da es mit dem Ukraine-Krieg beschäftigt ist, und Europa stöhnt: Auch das noch! Die Regierung in Baku verspricht, den geschätzt 120.000 Einwohnern von Bergkarabach, dass ihnen kein Leid geschieht. Alle haben Angst, niemand hat Vertrauen, und in sozialen Medien kursiert wieder das Gespenst von einer ethnischen Säuberung wie 1915." So weit DE STANDAARD aus Brüssel.
Israels Regierungschef Netanjahu hat die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Saudi-Arabien in Aussicht stellt. Die arabischsprachige Zeitung AL QUDS AL-ARABY, die in London erscheint, sieht die israelische Regierung deshalb unter Druck: "Netanjahu dürfte bei seinen Gesprächen in den letzten Tagen erkannt haben, dass ein Abkommen mit Saudi-Arabien nicht erreichbar ist, wenn Israel nicht auch den Palästinensern Zugeständnisse macht. Damit steht er vor einer grundlegenden Entscheidung, die erhebliche Auswirkungen auf die innere Lage Israels und insbesondere auf die Stabilität seiner Regierung haben dürfte. Denn es scheint, dass diese Rechtsaußen-Koalition ihren Fortbestand wegen dieser Zugeständnisse aufkündigen könnte. Darum kann man davon ausgehen, dass Netanjahu versuchen wird, die Gespräche über eine Normalisierung mit Saudi-Arabien zu nutzen, um seine politische Stellung innerhalb und außerhalb Israels zu stärken, ohne echte Verpflichtungen gegenüber den Palästinensern einzugehen", erwartet die Zeitung AL QUDS AL-ARABY.
Die israelische Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv bemängelt die in Aussicht gestellte Annäherung, denn "der saudische Kronprinz und Premierminister Mohammed bin Salman, von dem sich Israel Anerkennung erhofft, ist für die Ermordung eines Journalisten verantwortlich. Er ist der Staatschef eines Landes, dessen Strafjustiz allein in diesem Jahr mehr als 100 Menschen hingerichtet hat, wo Menschenrechte unter seiner Herrschaft so gut wie unsichtbar geworden sind und das Rechtssystem von ihm allein kontrolliert wird - ohne Richter, Parlament oder freie Presse."
Themenwechsel. Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO blickt auf 20 Jahre strategische Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und China: "In dieser Zeit hat sich das Handelsvolumen zwischen beiden Seiten verneunfacht. Diese Partnerschaft ist heute angesichts tiefgreifender geopolitischer Veränderungen und einer nach wie vor schwächelnden Weltwirtschaft wichtiger denn je. Eine dazu im Widerspruch stehende Politik der Entkopplung von China, wie sie manche in der Europäischen Union fordern, würde der europäischen Wirtschaft einen folgenschweren Schlag versetzen. Vielmehr sind der Dialog und die Zusammenarbeit weiterhin die richtigen Instrumente, um Beziehungen von gegenseitigem Interesse und Nutzen aufrechtzuerhalten", findet JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Die Zeitung IRISH TIMES notiert: "Die Entscheidung der Europäischen Kommission, eine Untersuchung der chinesischen Subventionen für Elektrofahrzeuge einzuleiten, hat Peking empört. Einige EU-Mitgliedstaaten, allen voran Frankreich, argumentieren, dass China den Markt für Elektrofahrzeuge dominieren könnte, wenn Europa nicht handelt. Die deutschen Automobilhersteller befürchten jedoch, dass China sich für EU-Zölle rächen würde, indem es deutsche Unternehmen auf dem chinesischen Markt benachteiligt. Diese Entwicklungen sind die jüngsten Anzeichen für die weltweite Rückkehr zu einer Industriepolitik, die in den USA mit dem Inflation Reduction Act bereits zu enormen Subventionen für einheimische Hersteller geführt hat", unterstreicht die IRISH TIMES aus Dublin.
In den USA droht wegen der Verhandlungen über den kommenden Haushalt erneut ein "Shutdown", also eine Haushaltssperre, die Teile des öffentlichen Lebens lahmlegen würde. "Um das Chaos zu verhindern, müssten die Republikaner geschlossener auftreten", urteilt die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN: "Denn einer der Gründe für die aktuelle Lage ist ihre parteiinterne Auseinandersetzung. Sie müssen sich Mühe geben, um gemeinsam mit den Demokraten einen Kompromiss finden zu können. Problematisch ist vor allem, dass Ex-Präsident Trump angesichts des Wahlkampfs die Hardliner seiner Partei anstachelt. Dabei hätte ein Versagen des Parlaments nicht nur Folgen für das Inland. Bei den Ratingagenturen schrillen die Alarmglocken, denn durch einen Shutdown könnten Investoren das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit des Landes verlieren", bemerkt die Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz ist zu lesen: "Die Kalamität droht von wenigen Trump-inspirierten Abgeordneten im Repräsentantenhaus auszugehen, die den Ausgabenplänen nur zustimmen wollen, falls es zu massiven Kürzungen, etwa bei der Militärhilfe an die Ukraine, und zu neuen Maßnahmen zur Grenzsicherung gegen illegale Einwanderung komme. Das sind extreme Forderungen, denen die Demokraten nie zustimmen werden und die den Oppositionsführer Kevin McCarthy beim Aushandeln möglicher Kompromisse in diesen Tagen schwer in die Bredouille bringen."
In einem Gastkommentar der WASHINGTON POST heißt es: "Die Amerikaner und ihre Politiker haben noch immer einige Trümpfe in der Hand. Der Kongress muss eine parteiübergreifende Kommission einsetzen, die die Finanzpolitik des Landes auf einen nachhaltigen Kurs bringt. So etwas hat dem Land in der Vergangenheit schon aus Pattsituationen geholfen. Ein weiteres Hinauszögern wird nur zu drakonischen Kürzungen und einer stark geschwächten Wirtschaft führen. Eine Kommission ist vielleicht die größte Chance, künftigen Generationen eine stabile finanzielle Zukunft zu bieten anstatt ein Amerika im Niedergang." Das war zum Abschluss der internationalen Presseschau die WASHINGTON POST.