
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Warschau erläutert zum Friedensnobelpreis: "Mit seinem Urteil gibt das Nobelkomitee Hoffnung, denn die Lage der Frauen im Iran, aber auch in anderen Teilen der Welt, ist sehr schwierig. Erinnern wir uns daran, dass es im Iran regelmäßig zu Protesten mit Tausenden von Menschen kommt, die jedes Mal brutal unterdrückt werden – und trotzdem nimmt dies den Menschen nicht die Entschlossenheit zur Veränderung. Politische Dissidenten aus verschiedenen Teilen der Welt haben immer wieder betont, dass die bloße Verleihung von Auszeichnungen für sie sehr wichtig ist und ein Beweis dafür, dass sich jemand an sie erinnert. Eine Auszeichnung, insbesondere eine so prestigeträchtige wie der Nobelpreis, ist ein Signal für andere, dass es sinnvoll ist, Opfer für größere Werte zu bringen", findet die RZECZPOSPOLITA.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio stellt fest: "Dieser Preis ist nicht nur für Frauen im Iran, sondern für viele Bürgerinnen und Bürger der Welt, die sich in Gefahr befinden, nur weil sie für etwas Selbstverständliches kämpfen – nämlich für Freiheit und Respekt. Wichtig ist zu bemerken, dass im Iran der Islam vom Regime instrumentalisiert wird. Besondere Aufmerksamkeit sollte man der Tatsache widmen, dass in Europa rechte Parteien immer mehr Unterstützung gewinnen, die ihre einseitige islamfeindliche Ansicht verbreiten, um ihre Position gegen Zuwanderung und Asyl zu rechtfertigen", unterstreicht ASAHI SHIMBUN.
Die iranische Zeitung HAMMIHAN aus Teheran beobachtet: "Narges Mohammadi erhielt diese Auszeichnung während ihrer Haft im Evin-Gefängnis. Laut ihrem Sohn konnte sie seit etwa einem Jahr und neun Monaten nicht mehr mit ihren Kindern sprechen. Mohammadi wurde 13 Mal verhaftet, fünf Mal für schuldig befunden und zu einer Haftstrafe von insgesamt 31 Jahren sowie 154 Peitschenhieben verurteilt."
Die dänische Zeitung POLITIKEN aus Kopenhagen betont, es sei unklar, ob Mohammadi überhaupt wisse, dass sie den Friedensnobelpreis bekomme: "Sie sitzt wie zehntausende andere Iranerinnen und Iraner im Gefängnis, weil das finstere Priesterregime auf diese Weise ihren Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit bestraft. Im Lauf der Jahre wurde sie 13 mal festgenommen und fünfmal verurteilt, aber das Regime hat weder Mohammadi noch den Freiheitsdrang der Bevölkerung gebrochen. Das zeigen die Proteste und Demonstrationen seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Da saß Mohammadi bereits im Gefängnis, aber selbst von dort kämpfte sie weiter und verbrannte mit anderen Inhaftierten aus Protest ihr Kopftuch. Das Regime in Teheran ist ein Paria, das mit allen Mitteln bekämpft und isoliert werden muss. Der Iran ist dagegen ein fantastisches Land mit einer extrem mutigen Bevölkerung, die unsere Unterstützung verdient hat", findet POLITIKEN.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG aus Oslo hebt hervor, das Regime in Teheran habe Mohammadi "die Freiheit entzogen, nur weil sie für Bürgerrechte kämpft – Rechte, die Bürger in demokratischen Ländern als selbstverständlich hinnehmen. Es geht um Freiheit für alle. Werden die iranischen Frauen frei, werden es alle Iraner. Der Kampf für Frauenrechte ist ein unverzichtbarer Bestandteil für die Förderung von Entwicklung und Frieden. So schaffen wir die Gemeinschaft zwischen Nationen, wie Alfred Nobel dies wünschte. Der Friedensnobelpreis richtet den Fokus auf Menschen, die es wagen, mit friedlichen Mitteln für eine bessere Gesellschaft zu kämpfen, wohl wissend um das persönliche Risiko. Mohammadi ist ein Vorbild für Mut und Ausdauer", lobt VERDENS GANG.
Themenwechsel Die österreichische Zeitung DER STANDARD geht auf die morgige Landtagswahl in Bayern ein: "Früher, als die Ergebnisse für die CSU noch so üppig waren wie der Schweinsbraten auf dem Sonntagstisch, freute sich die große Schwester CDU natürlich immer mit der kleinen Schwester. Andererseits seufzte sie innerlich. Denn eine starke und mit absoluter Mehrheit ausgestattete CSU war stets sehr selbstbewusst und wollte viel Einfluss auf Bundesebene nehmen. Insofern kann es CDU-Chef Friedrich Merz ganz recht sein, dass Markus Söder eher nicht mehr über 40 Prozent kommen wird. Denn unter seiner eigenen Führung wachsen die CDU-Bäume auch nicht gerade so in den Himmel, wie es sich einige erträumt hätten", analysiert DER STANDARD aus Wien.
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER erläutert: "Weil die Stimmung im Land in der Regel die Wahlen in den Bundesländern stark beeinflusst, werden in Bayern und in Hessen deutliche Verluste für die Sozialdemokraten erwartet, in geringerem Maße auch für FDP und Grüne. Welche Folgen hätte ein Debakel für den Kanzler und die Regierung? Abgesehen davon, dass eine Wahlblamage das Ansehen weiter schmälert, wird sich an der Oberfläche vermutlich wenig ändern. Kanzler Scholz gilt als einer, der Krisen möglichst aussitzt, ähnlich wie seine Vorgängerin Angela Merkel. Hinter den Kulissen dürfte sich der Streit in den Regierungsparteien aber deutlich verschärfen.Vor allem die FDP geriert sich in der Ampel schon länger als Opposition, die für sich die Aufgabe sieht, Grüne und SPD daran zu hindern, die Politik umzusetzen, für die sie gewählt wurden. Das provoziert am meisten die Grünen, fordert aber auch den Führungsanspruch des Kanzlers heraus", analysiert der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
Nun noch Stimmen zum EU-Gipfel in Granada. Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA aus Rom bilanziert: "Bilaterale Abkommen zwischen Staaten, mehr oder weniger dauerhafte Absprachen, Pakte zu einigen wenigen spezifischen Punkten, die bisher in bester Absicht unterzeichnet wurden, werden nicht ausreichen, um eine echte gemeinsame Strategie zur Steuerung der Migrationsströme zu finden. Der Gipfel von Granada hat gezeigt, was für die Staats- und Regierungschefs wirklich auf dem Spiel steht: Ein Konsens bis zu den nächsten Europawahlen zu finden, bei der sich jeder auf nationaler Ebene messen lassen muss. Es darf bezweifelt werden, dass dies gelingen wird", argumentiert CORRIERE DELLA SERA.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Madrid blickt voraus: "Zu den Prioritäten der EU gehören nun die Erweiterung, die Straffung der Entscheidungsprozesse - um Vetos zu vermeiden - und die Stärkung der Rolle der Staatengemeinschaft als Akteur in der Gesellschaft. Die Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie muss gestärkt werden, und die Rolle der EU in der Welt muss entschiedener sein. Das sind jetzt zentrale Fragen. Der Gipfel von Granada liegt bereits hinter uns. Aber die EU ist weiter auf dem Weg." Das war LA VANGUARDIA.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz bemerkt zur weiteren Entwicklung der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft, kurz EPG: "Es geht im Kern um Geopolitik und den Versuch, eine europäische Interessensphäre zu definieren. Präsident Macron, der Ideengeber, spricht vage von einem 'Raum der Kooperation' für 47 europäische (und vorderasiatische) Staaten. Ein Zusammenschluss also von EU-Mitgliedern, EU-Kandidaten und einem Kreis zugewandter Länder. Und da kommt die EU ins Spiel. Sie muss die führende Rolle bei der Suche nach handlungsfähigen Strukturen für die EPG spielen. Mit dem Modell einer abgestuften Mitgliedschaft, das von Frankreich und Deutschland lanciert wird, steht auch schon eines für die weitere Entwicklung zur Verfügung: Um einen hochintegrierten Kern von EU-Staaten legt sich ein Ring assoziierter Länder und um diese wiederum ein Kreis der Zugewandten. Genau diesen Kreis nimmt die Europäische Politische Gemeinschaft vorweg. Sie sollte deshalb nicht abgeschrieben, sondern in die künftige Architektur der Union eingegliedert werden", empfiehlt die NZZ zum Ende der internationalen Presseschau. Redaktion: Jan AltmannSprecher/in: