
Die israelische Zeitung HAARETZ merkt dazu an: "Das Warten auf ein Bodenmanöver im Gazastreifen zerreißt die Nerven der israelischen Öffentlichkeit. Die Menschen möchten einen Erfolg sehen. Das Versagen der Geheimdienste, die von den Anschlägen vom 7. Oktober offenbar völlig überrascht wurden, sowie die bislang erfolglosen Einsätze der israelischen Armee entlang der Grenze zu Gaza haben die Gesellschaft in eine große Vertrauenskrise geführt. Durch das Versagen mehrerer Ministerien wurde diese Krise noch verschlimmert. Eine gescheiterte Offensive in Gaza könnte ein Schlag zu viel für die israelische Moral sein", befürchtet HAARETZ aus Tel Aviv.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE erinnert: "Die Palästinenser selbst verspielten in den vergangenen 75 Jahren mehrmals die Gelegenheit eines eigenen Staats, das erste Mal 1947, als die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Teilung in einen jüdischen und einen palästinensischen Staat vorsah, mit Jerusalem als internationaler Zone unter UNO-Verwaltung. Der Westen sowie die Jewish Agency stimmten zu, alle arabischen Staaten und die Palästinenser geschlossen dagegen. Auch 1978, 2000 und 2008 wurden Hoffnungen der Bevölkerung auf einen eigenen Staat durch innerpalästinensische Machtkämpfe zunichtegemacht. Tatsächlich sind es islamistische Terroristen, die den Gazastreifen in ein Freiluftgefängnis verwandelt haben, seit 2005 ist dort kein einziger israelischer Soldat mehr stationiert. 'Free Gaza from Hamas' wäre also der einzig adäquate Kampfruf auf pro-palästinensischen Kundgebungen. Islamismus ist mit westlichen Werten nicht kompatibel", unterstreicht DIE PRESSE aus Wien.
Die in Istanbul erscheinende kurdische Zeitung YENI YAŞAM hält fest: "Seit die Briten Palästina 1948 verließen, herrscht zwischen Israel und den Palästinensern eine Zeit des ständigen Chaos und Konflikts. Der Weg zur Überwindung dieses Zustands ist definitiv nicht die Zwei-Staaten-Lösung. Die Suche danach führte dazu, dass zwischen beiden Völkern immer mehr Zwietracht aufkeimte. Und es gibt viele heuchlerische Länder, die sich das zu Nutze machten. Ein Staat ist für das menschliche Leben nicht notwendig."
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO aus Peking blickt auf die Nahostpolitik der Vereinigten Staaten: "Das strategische Konzept der USA einen 'neuen Nahen Osten' nach ihrem Gusto zu gestalten, liegt in Trümmern. Der neue gewaltsame Ausbruch des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern kam für US-Präsident Biden völlig unerwartet. Washington kann nunmehr seine Hoffnung auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten im Rahmen der Abraham-Abkommen begraben."
Die tschechische Zeitung HOSPODARSKE NOVINY beobachtet: "Die Aufmerksamkeit der Medien und der Politiker der westlichen Welt - also der Verbündeten Kiews - hat sich auf Israel und die Befürchtungen vor einem großen Krieg im Nahen Osten verschoben. Der ukrainische Präsident Selenskyj ist sich der neuen Situation bewusst. Marketing-Experten würden vielleicht zu einer visuellen Veränderung raten, auch wenn man Selenskyj schwerlich wieder in Anzug und Krawatte kleiden können wird. Nutznießer dieser Entwicklung ist natürlich Russland, das sich bei Awdijiwka um einen Durchbruch bemüht. Jegliche Abkehr der Aufmerksamkeit von der Ukraine spielt dem Kreml in die Hände", meint HOSPODARSKE NOVINY aus Prag.
Nun zu einem anderen Thema. Die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat offiziell angekündigt, eine neue Partei zu gründen. "Ein Themenstaubsauger für Unzufriedene", titelt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG und führt aus: "Klappern gehört zum Handwerk. Der Mut zum Getöse kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kessel Buntes, den das 'Bündnis Sahra Wagenknecht' programmatisch anbietet, kein Alleinstellungsmerkmal begründet. Die 'blamabel schlechte Infrastruktur' beklagen sämtliche Parteien, 'soziale Gerechtigkeit' schreiben sich SPD und Linke ebenso gross auf die Fahnen, den 'Konformitätsdruck' in gesellschaftlichen Debatten bedauern auch FDP und CDU, und sowohl eine russlandfreundliche 'Entspannungspolitik' als auch eine deutliche Reduktion der Zuwanderung nach Deutschland fordert die AfD. Das BSW ist ein Zusammenschluss ohne programmatische Kohärenz", urteilt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
Die britische Zeitung THE TIMES analysiert: "Der größte Trumpf der Bewegung ist der Personenkult um ihre Anführerin, die als drittpopulärste Politikerin in Deutschland gilt. Wagenknecht, eine frühere Spitzenpolitikerin der Linkspartei, teilt viele der Kritikpunkte der AfD am Status quo und hat sich ähnlich wie diese gegen Corona-Lockdowns sowie gegen die Migrationspolitik der Regierung ausgesprochen. Wie die AfD befürwortet auch sie sofortige Friedensverhandlungen mit Russland sowie ein Ende der Sanktionen gegen Moskau und der deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Ihre Auftritte bei Antikriegskundgebungen haben ihren Status als einer der Superstars der deutschen radikalen Politik gefestigt", bemerkt THE TIMES aus London.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA notiert: "Obwohl Sahra Wagenknecht sagt, ihr politischer Gegner sei die derzeitige Ampelkoalition, die sie als die 'schlechteste Regierung Deutschlands' bezeichnet, wird der Hauptkonkurrent für ihr Bündnis tatsächlich die Linkspartei sein. Die nächsten Landtagswahlen werden zeigen, ob der Zusammenschluss an die Stelle der ehemaligen politischen Heimat Wagenknechts treten kann. In der deutschen Presse wurde Wagenknecht bereits mit der Jungfrau von Orleans verglichen. Über die Leistung der Jeanne d‘Arc kann man natürlich streiten. Aber das Erscheinen einer vernünftigen Partei am deutschen politischen Horizont, die sich von Forderungen nach einer sofortigen militärisch-politischen Niederlage Russlands distanziert, weckt Hoffnung", findet die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Nun nach Argentinien. Zu den Wahlen schreibt die argentinische Zeitung LA NACION: "Natürlich fragen sich Beobachter, warum der Sieger der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen ausgerechnet ein Vertreter der Regierung ist, die Argentinien an den Rand einer Hyperinflation geführt und viele Menschen in die Armut gestürzt hat. Aber allen Umfragen zum Trotz hat Wirtschaftsminister Massa 36,7 Prozent der Stimmen erzielt, während der als Favorit gehandelte Milei mit 30 Prozent auf Platz zwei kam. Wie das Rennen am 19. November ausgeht, ist allerdings noch vollkommen offen. Für die Wähler bedeutet das nun, dass sie sich zwischen einem Vertreter des korrupten Kirchner-Lagers und einem sogenannten Anarcho-Kapitalisten entscheiden müssen, an dessen Fähigkeiten zum Dialog berechtigte Zweifel bestehen." So weit LA NACION aus Buenos Aires.
Die chilenische Zeitung LA TERCERA aus Santiago de Chile ist folgender Meinung: "Es lässt sich nur schwer vorhersagen, für wen sich die Wähler der unterlegenen Kandidaten bei der Stichwahl entscheiden werden. Aber auf jeden Fall zeigt der Triumph von Massa schon jetzt, dass die politische Strömung des Peronismus in Argentinien nicht tot ist. Damit sinken allerdings auch die Chancen, dass Argentinien endlich die notwendigen Schritte unternimmt, um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden und die Wirtschaft vor einem neuen Kollaps zu bewahren."
Die spanische Zeitung EL PAÍS wirft ein: "Argentinien hat den Rechtsextremismus vorerst gestoppt. In der zweiten Runde wird das Land aber entscheiden müssen, ob es den Vorschlägen des Rechtsextremisten Milei einen endgültigen Riegel vorschieben will. Massa muss nun um die Stimmen aller demokratischen Kräfte werben. Insbesondere um jene der sechs Millionen Argentinier, die sich am Sonntag für Patricia Bullrich, die Vertreterin des konservativen Bündnisses 'Juntos por el Cambio' entschieden haben." Das war zum Ende der internationalen Presseschau EL PAÍS aus Madrid.