11. November 2023
Die internationale Presseschau

Im Mittelpunkt steht erneut der Krieg zwischen Israel und der Terrorgruppe Hamas im Gazastreifen. Außerdem geht es um das Verhältnis zwischen den USA und China sowie um die Regierungsbildung in Spanien.

Zerstörte Gebäude nach einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen.
Zerstörte Gebäude nach einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen (picture alliance / dpa / Mohammad Abu Elsebah)
Die niederländische Zeitung DE TELEGRAAF geht auf die Lage im Gazastreifen ein: "Was die einfachen Palästinenser in Gaza erleben, ist eine Tragödie. Dagegen zu protestieren, ist legitim, aber man sollte deshalb nicht die Hamas unterstützen. Israel hat nicht vor, die Palästinenser ins Meer zu treiben, hingegen will die Hamas Israel erklärtermaßen vernichten. Die Terrorgruppe wusste, dass Israel hart zurückschlagen würde. Dass es Tausende von palästinensischen Zivilisten töten würde. Das Kalkül der Hamas war, dass ihr Hass auf Israel infolge der Bestürzung darüber auf den Rest der Welt überschwappen und einen Konflikt zwischen dem Islam und den als minderwertig erachteten Andersdenkenden auslösen würde. Die Chance auf einen globalen Dschihad darf die Hamas nicht bekommen", fordert DE TELEGRAAF aus Amsterdam.
Die türkische Zeitung SABAH bemerkt: "Die Kämpfe im Gazastreifen könnten noch Wochen dauern, vielleicht auch Monate. Wichtig ist, was danach passiert. Selbst wenn Israel nicht nur den Norden des Gazastreifens besetzt, sondern die ganze Region, ist das Ziel, die Hamas zu zerstören, unrealistisch. Die Biden-Administration ist sich darüber im Klaren, dass Israels Regierungschef Netanjahu keinen Plan für Gaza hat und versucht, die Zeit nach einer Waffenruhe zu planen. Länder wie Ägypten und Jordanien würden nicht akzeptieren, dass Israel nach seinen Operationen den Gazastreifen der Verwaltung einiger arabischer Länder überlässt. Solange der Weg für eine Zwei-Staaten-Lösung nicht geebnet ist, möchte niemand die Rolle übernehmen, Israel vor der Hamas, dem Islamischen Dschihad oder ähnlichen Organisationen zu schützen", erläutert SABAH aus Istanbul.
Die griechische Zeitung KATHIMERINI meint: "Es wird viel Geschick, Disziplin und Glück erfordern, damit Israel sein unmittelbares Ziel, die Hamas auszulöschen, erreichen kann. Dies kann nicht durch endlosen Krieg und Besatzung gelingen. Es bedarf der Versöhnung mit einer glaubwürdigen palästinensischen Organisation und der Verpflichtung zu Verhandlungen über eine tragfähige Lösung. Vor allem aber muss Netanjahu aufhören, sich den israelischen Extremisten anzubiedern, und denjenigen den Vortritt lassen, die in der israelischen Gesellschaft ein Gefühl der Einheit und Hoffnung wiederherstellen können. Der internationale Aufschrei über das Blutvergießen im Gazastreifen muss schnell überwunden werden. Wenn das scheitert, könnte die Radikalisierung auf allen Seiten unumkehrbar sein", warnt KATHIMERINI aus Athen.
Der österreichische STANDARD verweist auf Forderungen der US-Regierung an Israel, zivile Opfer im Gazakrieg zu vermeiden: "Manche mögen finden, dass die USA Israel ihre Meinung nicht 'per Megafon' ausrichten sollten. Aber die Adressaten sitzen eben nicht nur in Jerusalem, sondern auch in den arabischen Hauptstädten und darüber hinaus: Weder dürfe die Hamas im Gazastreifen an der Macht bleiben noch danach eine israelische Besetzung folgen; die Bevölkerung dürfe nicht vertrieben werden, auch nicht innerhalb des Gebietes."
Auch die palästinensische Zeitung AL AYYAM blickt auf die Rolle der Vereinigten Staaten: "Amerika und seine Verbündeten sind zwar entschlossen, Israel zu schützen. Allerdings wollen sie sich darüber hinaus nicht noch weiter in der Region engagieren. Sie sind bereits in der Ukraine gefordert und bereiten sich zudem auf eine Auseinandersetzung mit China vor. Darum darf sich der Krieg aus ihrer Sicht nicht auf andere Länder ausweiten, etwa auf Syrien, den Irak und den Jemen. Der Westen will daher den Krieg schnell beenden. Und dieses Ende wird einen politischen Prozess einleiten, der den Palästinensern zumindest ihre grundlegenden Rechte einräumen wird", erwartet AL AYYAM aus Ramallah.
Der Kommentator der taiwanesischen LIANHE BAO befasst sich mit dem bevorstehenden Treffen zwischen dem chinesischen Staatschef Xi und US-Präsident Biden in San Francisco: "Im Vorfeld sind bereits einige Versöhnungszeichen zu beobachten. Auf der amerikanischen Seite scheint sich der Kurs gegen eine Entkoppelung von China durchgesetzt zu haben. Auch die zugespitzte Lage im Nahen Osten könnte die Führungen beider Weltmächte zumindest vorübergehend zueinander geführt haben. Dabei ist Washington der Initiator, während Peking den Ball nur zögerlich aufnimmt. Es ist zu erwarten, dass die Biden-Regierung den Ton in der Taiwan-Frage mildern wird. In der Tat, angesichts der Konflikte in der Ukraine und im Gazastreifen käme den Amerikanern Frieden in der Taiwan-Straße gelegener denn je", analysiert LIANHE BAO aus Taipeh.
Und in der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN ist zu lesen: "Die USA, deren Alarmbereitschaft angesichts einer möglichen Einmischung des Irans in den Krieg in Nahost steigt, wollen China mit ins Boot nehmen und es überreden, für die Stabilisierung der Region eine konstruktive Rolle zu spielen. Denn Peking hat gute Beziehungen zu Teheran. Die USA nehmen das Treffen von Biden und Xi sehr ernst, denn die Dringlichkeit und die Bedeutung der Gespräche mit China ist wegen der aktuellen Lage im Gazastreifen sehr hoch, nicht zu vergleichen mit den anderen Themen wie dem Klimawandel. China dagegen fragt sich, wie weit man entgegenkommen sollte, und will aus den USA natürlich ein 'Souvenir' mit nach Hause nehmen: am liebsten etwas, was einen Vorteil für Chinas Wirtschaft oder Technologie bedeutet", hebt ASAHI SHIMBUN aus Tokio hervor.
In Spanien plant die sozialdemokratische Partei PSOE von Ministerpräsident Sánchez ein Regierungsbündnis mit mehreren separatistischen Parteien. Die dänische Zeitung POLITIKEN glaubt, dies ermögliche ... "... einen Schlussstrich unter den langen Konflikt zwischen der spanischen Zentralmacht und Katalonien. Für das rechte Lager und auch für viele eigene Wähler ist es dagegen ein Kniefall vor einer Partei, deren Chef Puigdemont seit 2017 im belgischen Exil lebt. In Zukunft werden aber Verhandlungen den Weg für das Verhältnis zwischen Madrid und Barcelona bestimmen. Ein Gesetz, das katalanischen Separatisten eine Amnestie gewährt, bleibt jedoch eine schwierige Angelegenheit, und Sánchez weiß, dass ein solcher Schritt bei vielen Spaniern keine Popularität genießt", erläutert POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz führt aus: "Will sich Spanien endlich aus der politischen Blockade lösen und in der Katalonien-Frage weiterkommen, führt der Weg unweigerlich über Sánchez und eine Amnestie für die katalanischen Separatisten. Puigdemont bekommt damit kurzfristig, was er will. Sein großes Ziel, die Unabhängigkeit Kataloniens, erreicht er aber nicht. Denn ein verfassungskonformes Unabhängigkeitsreferendum kann nur abgehalten werden, wenn die Regierung in Madrid dem zustimmt. Und das bieten Sánchez’ Sozialisten nicht an. Puigdemont kann nun zwar bald aus seinem Brüsseler Exil nach Katalonien zurückkehren. Dort wird er aber auf dem Boden der politischen Realität landen. Die letzten Umfragen unter den Katalanen zeigen: Rund 53 Prozent sprechen sich gegen die Unabhängigkeit der Region von Spanien aus", hebt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG hervor.
Ablehnend äußert sich dagegen die spanische Zeitung EL MUNDO aus Madrid: "Der Preis für die Zustimmung der Separatisten zu einer weiteren Regierung Sánchez sind Zugeständnisse, die einen Keil zwischen die Spanier treiben. Das Baskenland und Katalonien gehören ohnehin zu den reichsten Regionen, und weitere Sonderrechte stellen eine Diskriminierung der übrigen Landesteile dar. Die Zugeständnisse sind zudem ein Rückfall ins Mittelalter, als manche Provinzen die Möglichkeit hatten, sich über Befehle des Königreichs Kastilien hinwegzusetzen. Die nationalistischen Parteien bestimmen nun über die Zukunft Spaniens, und ermöglicht hat ihnen das eine der beiden großen Parteien, die genau so etwas verhindern sollten. Nein – für den eigenen Machterhalt ist eben nicht alles erlaubt." Mit diesem Zitat aus EL MUNDO endet die internationale Presseschau.