18. November 2023
Die internationale Presseschau

Die uns vorliegenden Zeitungen kommentieren das Gipfeltreffen von US-Präsident Biden und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, den Nahost-Krieg und die neue Regierung in Spanien.

Chinas Präsident Xi Jinping (links) und US-Präsident Joe Biden beim Spaziergang in einem Park in San Francisco
Entspannte Stimmung herrschte beim Treffen von Xi Jinping (links) und Joe Biden in San Francisco. (picture alliance / Xinhua News Agency / Li Xueren)
Zum ersten Thema heißt es der norwegischen Zeitung DAGBLADET: "Wenigstens reden sie wieder miteinander – das war wohl die wichtigste Botschaft, die vom APEC-Gipfel in San Francisco ausging, bei dem US-Präsident Biden auf seinen chinesischen Amtskollegen Xi traf. Nach mehr als einem Jahr Krise in der Kommunikation auf höchster Ebene in der internationalen Politik nehmen wir es mit Erleichterung zur Kenntnis, dass Biden und Xi wieder eine direkte Verbindung zwischen ihren Armeeführungen einrichten, um Missverständnisse zu verhindern. Aber vier Stunden Gespräch ziehen keinen Schlussstrich unter den sogenannten neuen kalten Krieg und die Rivalität der beiden Supermächte beim Kampf um die globale Vormachtstellung. Der dritte Mann im Spiel, Wladimir Putin, fehlte bei dem Gipfel, an dem er normalerweise teilgenommen hätte. Aber die Umstände sind nun einmal nicht normal", analysiert das DAGBLADET aus Oslo.
"Dem Kreml schmeckt Bidens Treffen mit Xi nicht", titelt die polnische GAZETA WYBORCZA: "Eine Verständigung zwischen den USA und China und der Abbau der Spannungen entsprechen nicht den Wünschen Russlands. Deshalb betonen die Kreml-Propagandisten ganz bewusst, dass Biden seinen Gast einen Diktator genannt habe, und berichten es als gute Nachricht, dass das Kriegsbeil zwischen ihm und dem chinesischen Führer keineswegs begraben sei. Die Kreml-Propaganda erwähnt nicht, dass sich die beiden Präsidenten in mehreren wichtigen Fragen geeinigt haben, dass die Kontakte zwischen Peking und Washington fortgesetzt werden und dass beide Seiten versuchen, die Spannungen abzubauen", erläutert die Warschauer GAZETA WYBORCZA.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO aus Peking findet: "Trotz unterschiedlicher Positionen in manchen Fragen konnten die beiden Seiten in den Bereichen Außenpolitik, kultureller Austausch, Umgang mit globalen Themen sowie Weltsicherheit einen Konsens erzielen. Dies macht nochmals deutlich, dass China und die USA viele gemeinsamen Interessen haben. Dialog und Kooperation sind die einzige richtige Entscheidung in den bilateralen Beziehungen."
LIANHE BAO aus Taipeh ist der Meinung: "Chinas Präsident Xi Jinping wählte einen versöhnlichen Ton.Die Volksrepublik ist momentan mit einer Reihe von Wirtschaftsproblemen konfrontiert, wie der schwache Konsum, rückläufige Investitionen und Exporte oder die hohen Staatsschulden. In vielen Fragen konnte US-Präsident Biden den Ton vorgeben. Er drängte Peking zur Aufrechthaltung des Dialogs und thematisierte die Taiwan-Frage. Das Treffen machte aber auch deutlich: die USA und China sind systemische Rivalen", erklärt LIANHE BAO aus Taiwan.
Zum Konflikt im Nahen Osten notiert der britische GUARDIAN: "Israel erkennt den Internationalen Strafgerichtshof nicht an, aber das Gericht erkennt Palästina als Mitglied an und führt seit 2021 eine Untersuchung über mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den besetzten palästinensischen Gebieten durch. Ein solches Urteil ist noch Jahre entfernt. Unmittelbarer und direkter wirken sich die Berichte über das Krankenhaus al-Shifa in Gaza auf das internationale Klima aus. Mit jedem Tag, an dem Israel keine überzeugenden Beweise über eine angebliche Kommandozentrale der Hamas in al-Shifa vorlegt, wird es schwieriger, dieses Argument vorzubringen", unterstreicht der Londoner GUARDIAN.
Die palästinensische Zeitung AL QUDS beleuchtet die Rolle des Chefs der islamastischen Hamas im Gazastreifen, Yahya Sinwar: "Nach dem 7. Oktober befindet sich der Gazastreifen in einer beispiellosen Krise - und zwar als Folge des von Yahya Sinwars angeordneten Angriffs auf Israel. Dieser Terrorangriff isolierte Gaza nicht nur, sondern zerstörte auch dessen Struktur und wirft nun einen düsteren Schatten auf die Zukunft seiner Bewohner. Der Angriff hat eine Kettenreaktion ausgelöst, die zur völligen Isolation des Gazastreifens geführt hat. Der unerbittliche Konflikt und die daraus resultierende Isolation haben jegliche Normalität zerstört und eine Landschaft der Verwüstung und Verzweiflung hinterlassen", konstatiert die Zeitung AL QUDS, die in Ost-Jerusalem herausgegeben wird.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG beschäftigt sich mit den Folgen des Gaza-Krieges für den Ölpreis: "Die Warnungen vor einem Erdölpreisschock haben sich als voreilig erwiesen. Als die Hamas vor mehr als einem Monat Israel angriff, kamen Erinnerungen an das Ölembargo arabischer Petro-Staaten gegen westliche Länder im Jahr 1973 auf. Die Erdölländer stellten sich damals auf die Seite von Ägypten und Syrien, die überraschend Israel überfallen hatten. Wegen des Embargos kam es zu einem steilen Anstieg des Erdölpreises. Die Situation heute sieht ganz anders aus. Die Augen richten sich vor allem auf Saudi-Arabien. Denn Riad hält die Produktion so niedrig wie schon lange nicht mehr, um beinahe im Alleingang den Preis nach oben zu drücken. Dabei verliert der Wüstenstaat aber Marktanteile und Einnahmen, was sich auch in einer schwachen Wirtschaftsentwicklung zeigt. Der Druck, wieder mehr zu produzieren, steigt deshalb innerhalb Saudi-Arabiens", meint die Schweizer NZZ.
Zur Wiederwahl des Sozialisten Pedro Sánchez zum Regierungschef Spaniens schreibt LE MONDE aus Paris: "Der Versuch, sich ohne eindeutige Mehrheit an der Macht zu halten, hat immer einen politischen Preis. Der Preis, den Sanchez gezahlt hat, um auf seinem Posten zu bleiben, birgt das Risiko, horrend zu sein. Der Kompromiss hat das Zeug dazu, Spanien noch ein bisschen weiter zu polarisieren, ohne politische Stabilität zu garantieren."
Die ungarische Zeitung NEPSZAVA aus Budapest warnt: "Sanchez könnte politisch abgestraft werden, weil er sich mit der Partei Puigdemonts geeinigt und inhaftierten Katalanen ein Amnestiegesetz in Aussicht gestellt hat, das die Freilassung Hunderter Separatisten bedeuten würde. Die Zugeständnisse des sozialistischen Politikers werden sogar von der Mehrheit der Wähler seiner eigenen Partei abgelehnt. Es ist nicht auszuschließen, dass das Gesetz vom Verfassungsgericht für nichtig erklärt wird."
Die spanische Zeitung EL PERIODICO DE CATALUNYA notiert: "Wohl kaum ein Thema hat in der letzten Zeit so heftige Erschütterungen verursacht wie die Annäherung an die katalanischen Separatisten. Dazu gehörten zuletzt auch Spekulationen darüber, wie die Auswirkungen auf die Wirtschaft sein werden. Gibt es jetzt Anreize extra für Unternehmen, damit sie nach den Unruhen im Herbst 2017 mit dem illegalen Unabhängigkeitsreferendum wieder nach Katalonien zurückkehren? Wer erst einmal seinen Sitz verlagert hat, lässt sich gar nicht so leicht dazu bewegen, wieder zurückzukommen. Die Regionalregierung kann da nur vertrauen, dass die wirtschaftliche Lage stabil bleibt – und es liegt auch in ihrer Hand", unterstreicht EL PERIODICO DE CATALUNYA aus Barcelona.
Hören Sie abschließend einen Kommentar aus der KLEINE ZEITUNG STEIERMARK zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe: "In der Eurokrise waren die schwäbische Hausfrau Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble als harsche Verfechter harter Sparpolitik in Europa aufgetreten. Nun fehlen Deutschland plötzlich 60 Milliarden Euro für die Energiewende. Schadenfreude ist nicht nur aus dem Süden Europas zu vernehmen. Ungeordnete Haushaltsführung – nach außen wirkt das Urteil verheerend. Vor zwei Jahren hatte das Verfassungsgericht in einem wegweisenden Urteil mit Blick auf kommende Generationen noch den Klimaschutz gestärkt. Nun stellt es fest, dass zur Generationengerechtigkeit auch eine nachhaltige Fiskalpolitik gehört. Schon beginnt die Debatte über den Sinn der Schuldenbremse in außergewöhnlichen Zeiten. Das Land ist stark und innovativ genug, um die Krise zu meistern. So bedeutet das Urteil des Verfassungsgerichts vor allem eins: Die fetten Jahre sind vorbei", konstatiert die KLEINE ZEITUNG STEIERMARK aus Graz, mit der die internationale Presseschau endet.