
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG geht von einer schwierigen Regierungsbildung in den Niederlanden aus: "Die Niederländer wollen eine rechte Regierung. Aber Wilders als Ministerpräsident, das möchte sich in Den Haag außer Wilders niemand vorstellen. Den Rechtspopulisten in einer anderen Form einbinden, dies dürfte nun das Ziel von äußerst mühsamen Koalitionsverhandlungen sein. Acht von zehn Niederländern wollen weniger Asylbewerber. Und sie entschieden sich für den radikalsten Wettbewerber."
In einem Gastkommentar der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN ist zu lesen: "Auch wenn sich die Koalitionsverhandlungen schwierig gestalten, ist das Ausmaß des Schocks, dass in einem der wichtigsten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft wurde, unvorstellbar groß. Auch in Deutschland und anderen europäischen Staaten steigen die Umfragewerte für die rechtsextremen Parteien. Die Regierungen können diese Ergebnisse aus den Niederlanden nicht ignorieren, jeder Staat ist alarmiert", notiert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Wilders' Freiheitspartei sei beim Thema Einwanderung zu radikal, meint die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau. "Während die Vorsitzende der rechtsliberalen Partei VVD, Yeşilgöz, nur eine Einschränkung der Einreise von Angehörigen von Asylbewerbern fordert, plädiert Wilders dafür, das Land grundsätzlich für Migranten aus islamischen Ländern zu schließen, den Hijab und den Gottesdienst in Moscheen zu verbieten. Keine Partei unterstützt außerdem seine Position zum ukrainisch-russischen Konflikt. Er plädiert für einen Stopp der Waffenlieferungen an Kiew und gegen die Aufnahme neuer EU-Mitglieder. Mit solchen Ansichten werden Verhandlungen mit keiner Partei einfach sein. Beim letzten Mal dauerte es in den Niederlanden fast ein Jahr, bis sich endlich eine Koalition bildete. Möglicherweise ist jetzt noch mehr Zeit nötig", überlegt die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA.
Die spanische Zeitung EL PAIS äußert sich entsetzt über Wilders' Wahlerfolg: "Europa rutscht in den Rechtsextremismus. Zu den vielen Regierungen, die bereits von Parteien geführt oder mitgestaltet werden, die von Angst, Intoleranz und Abneigung gegenüber Ausländern geprägt sind, wie in Schweden, Finnland, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Ungarn und Italien, kommt nun der Sieg der PVV hinzu. Sie hat das beste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt und wird bei der Bildung der nächsten Regierung der Niederlande das Sagen haben. Ihr Chef Geert Wilders ist anti-europäisch, ein Feind der Einwanderung und des Islams und auch ein Leugner des Klimawandels. Der Inbegriff der rechtsextremen Ideologie in Europa", heißt es in EL PAIS aus Madrid.
Die rechten Parteien würden gewählt, weil es den traditionellen Parteien schwerfalle, die Menschen zu beruhigen, meint die französische Zeitung LIBERATION. "Wilders gelang der Durchbruch, weil er in den Fernsehdebatten auf der Zielgeraden einen ruhigeren Ton anschlug. Und weil es Marine Le Pen in Frankreich gelungen ist, sich in der öffentlichen Meinung zu entdämonisieren, verhilft sie dem Rassemblement National bei den nächsten Europawahlen zu einem Spitzenplatz in der Wählergunst. Dieser Trend ist eine der größten Gefahren für die EU. Angesichts der großen Krisen derzeit - von den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten über die Bedrohung durch Pandemien bis hin zum Klimawandel - sollte die Europäische Union stärker und solider sein denn je. Deshalb wird bei den Wahlen im Juni jede Stimme zählen", unterstreicht die Pariser LIBERATION.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT stellt Überlegungen an, wie sich Wilders' Wahlerfolg auf den EU-Gipfel Mitte Dezember auswirken könnte: "Wenn der noch amtierende Ministerpräsident Rutte nur mit einem eingeschränkten Mandat des neugewählten niederländischen Parlaments in Brüssel eintrifft, ist eine Sackgasse auf diesem Gipfel unvermeidlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass er nur ein begrenztes Mandat erhält, ist nicht hypothetisch. Schließlich ist das Wahlprogramm von Wilders' Partei PVV eindeutig: keine EU-Erweiterung oder Schritte in diese Richtung, die Niederlande sollen zudem vom Nettozahler der EU zum Nettoempfänger werden, und die niederländischen Grenzen sollen geschlossen werden. Wenn das PVV-Votum im Parlament in Ruttes Mandat einfließt, wird Orban ihm bald freudestrahlend die Hand schütteln", vermutet DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die lettische Zeitung DIENA vermutet: "Wilders wird jede Menge Zugeständnisse machen und seine antimuslimische Rhetorik deutlich dämpfen müssen. Für Lettland ist es besonders wichtig, ob er an seinem angekündigten Referendum über einen Verbleib der Niederlande in der EU und einem Stopp der Hilfen an die Ukraine festhält. Für die liberalen Kräfte in der EU ist es eine erschreckende Aussicht, dass Wilders demnächst mit am Verhandlungstisch sitzen könnte – und dass dadurch der Kreis von populistischen Politikern weiter wächst", ist in DIENA aus Riga zu lesen.
Zur Feuerpause im Gaza-Krieg und der ausgehandelten Vereinbarung zur Freilassung von Geiseln der islamistischen Hamas schreibt der BOSTON GLOBE "Der Geisel-Deal öffnet ein kleines Zeitfenster für die Ausarbeitung einer diplomatischen Lösung, die Israels Sicherheitsbedürfnissen Rechnung trägt und eine neue Regierung in Gaza auf die Beine stellt. Die Art und Weise, wie dieses Abkommen zustande kam, bietet auch eine Vorlage dafür, wie die USA und benachbarte arabische Staaten dabei helfen können, damit diese Vereinbarung zu Stande kommt. Die Chancen dafür mögen gering sein. Aber die zaghaften Schritte, die diese Woche zur Freilassung von Geiseln unternommen wurden, zeigen, dass Diplomatie Früchte tragen kann - und immer einen Versuch wert ist", hebt der BOSTON GLOBE aus den USA hervor.
Der Geiselaustausch markiere eine Wende im Krieg, glaubt die türkische Zeitung YENI ŞAFAK. "Das bedeutet aber auch, dass Israel seine Operationen im Gazastreifen nicht stoppen wird, solange nicht alle Geiseln freigelassen sind. Die Freilassung der Geiseln durch die Hamas kann Monate oder gar Jahre dauern. Es braucht jetzt einen neuen Ansatz zur Lösung des Palästinenserproblems. Eine Normalisierung in der Region kann es ohne die Lösung des Nahostproblems nicht geben", unterstreicht YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Nun nach Finnland. Die Regierung in Helsinki hat beschlossen, drei weitere Grenzübergänge nach Russland zu schließen. Nur noch ein Übergang in Lappland bleibt geöffnet. Die finnische Zeitung TURUN SANOMAT führt aus: "Der Grund für die Maßnahme ist, dass viele Asylbewerber ohne die erforderlichen Reisedokumente die Ostgrenze überquert haben. Zuletzt schien es sogar, als würden sie dabei von den russischen Grenzschutzbehörden unterstützt. Die Grenzübertritte wurden offensichtlich gezielt von Dritten organisiert. Finnland sitzt damit zwischen den Stühlen, denn wir müssen jetzt harte Entscheidungen treffen. Moskau braucht eine klare Botschaft aus Helsinki", unterstreicht TURUN SANOMAT aus Turku.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG überlegt: "Norwegen ist das letzte Land im Schengen-Raum, das noch eine offene Grenze zu Russland hat. Laut Justizministerin Mehl soll das so bleiben, damit Russen auf der Flucht vor dem Militärdienst in der Ukraine Asyl beantragen können. Auch hätten die meisten Russen beim Grenzübertritt ein Visum oder eine Aufenthaltsgenehmigung für ein Schengen-Land und nutzten Norwegen nur zur Durchreise. Es besteht aber kein Zweifel daran, dass die russischen Behörden den Strom illegaler Migranten nach Nordeuropa orchestrieren und dass dies Teil der hybriden Kriegsführung gegen Europa ist. Wenn die Zahl dieser Migranten so schnell steigt wie in Finnland, müssen die norwegischen Behörden sofort reagieren und die Übergänge schließen", fordert VERDENS GANG aus Oslo.