07. Dezember 2023
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zur Lage in Israel und zur Reise von Russlands Präsident Putin in die Golfregion. Zunächst aber geht es um die Ankündigung von Venezuelas Präsident Nicolás Maduro, ein ölreiches Gebiet des Nachbarlandes Guyana per Gesetz zu einer venezolanischen Provinz zu erklären.

07.12.2023
Venezualeas Präsident Maduro steht auf einer Bühne, spricht in ein Mikrofon und reckt die linke Faust in die Höhe. Hinter ihm stehen weitere Personen auf der Bühne.
Thema in den Zeitungen: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro will die ölreiche Region Essequibo in Guyana zu einer Provinz Venezueals erklären. (AFP / PEDRO RANCES MATTEY)
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN aus Oslo schreibt: "Maduro ließ ein Referendum durchführen, ob Essequibo zu Venezuela gehören soll – ganz so, als ob das eine Frage wäre, über die Maduro oder sein Volk abstimmen könnten. Angeblich gab es fast 96 Prozent Ja-Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von gut 50 Prozent. Nun hat es Maduro eilig. Schon hat er ein Gesetz vorgelegt, das Essequibo zu einem Teil Venezuelas macht, und das staatliche Ölunternehmen soll jenseits der Grenze aktiv werden. In Guyana fürchtet man eine Militärintervention, und dann hätte das viel kleinere Land der venezolanischen Armee wenig entgegenzusetzen. Trotz aller Unterschiede erinnert das Vorgehen an Putins Annexion der Krim 2014. Sollte Guyana unterliegen, würde es mehr als die Hälfte seines Territoriums verlieren", ist im norwegischen AFTENPOSTEN zu lesen.
Die kolumbianische Zeitung EL PAIS aus Cali meint: "Man wundert sich schon gar nicht mehr über die ständigen Betrugsmanöver des Maduro-Regimes in Venezuela, aber der jüngste Fall könnte sogar zu einem Krieg führen. Bei der Volksabstimmung konnten sich die venezolanischen Wähler zwischen fünf Fragen entscheiden, und niemand weiß, welche mathematischen Formeln das Regime bei der Auszählung angewendet hat. Jedenfalls hat Maduro inzwischen die Gründung eines neuen venezolanischen Bundesstaats in Essequibo angekündigt, und kaum jemand zweifelt an einem Zusammenhang mit den Wahlen 2024. Umfragen deuten darauf hin, dass die Oppositionspolitikerin María Corina Machado gute Chancen hat, und die internationale Gemeinschaft wird die Wahlen genau beobachten, weil davon die Lockerung der gegen Venezuela verhängten Sanktionen abhängt. Da liegt es nahe, dass Maduro die Wahlen verhindern will", analysiert EL PAIS aus Kolumbien.
Die venezolanische Zeitung ANALITICA aus Caracas kritisiert: "Die von der Wahlbehörde vorgelegten Zahlen zum Referendum am vergangenen Sonntag zu Essequibo stimmen weder vorne noch hinten. Es gibt keine überzeugende Erklärung, wie man auf eine Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent kommen konnte, obwohl die Wahllokale überall gähnend leer waren. Sonst wurden in der Vergangenheit zumindest immer die Staatsbediensteten unter Druck gesetzt, sich an Wahlen zu beteiligen. Haben Maduro inzwischen selbst die eigenen Leute im Stich gelassen? Die Antwort ist, dass immer mehr Menschen die Hoffnung verloren haben und erleben mussten, dass auch ihre Angehörigen zu den mehr als sieben Millionen Menschen gehören, die inzwischen Venezuela verlassen haben. Maduro und seine Leute wissen, wie es mit ihrer Popularität wirklich aussieht, und sie wissen auch, dass ihnen bei den nächsten Wahlen eine Niederlage droht", glaubt ANALITICA aus Venezuela.
Die WASHINGTON POST nimmt die USA in die Pflicht: "US-Außenminister Antony Blinken hatte sich eindeutig geäußert. Die USA erwarteten von Venezuela, dass es allen Kandidaten die Kandidatur für das Präsidentenamt ermöglicht - sonst würden die aufgehobenen Sanktionen wieder in Kraft treten. Maduro hat halbe Schritte in Richtung einer Wahlreform unternommen, die die Bedingungen von Herrn Blinken kaum erfüllen. Was nun auf dem Spiel steht, ist die Glaubwürdigkeit der Vereinigten Staaten. Blinken sollte dazu nicht schweigen. Maduro, der schon frühere Abstimmungen gefälscht hat, hielt am Wochenende ein seltsames Referendum ab, um die ölreiche Region Guyanas zu erobern und sie zu einer venezolanischen Provinz zu machen. Ein Versuch, vor der Wahl Unterstützung für die Regierung zu sammeln. Das Verhalten von Herrn Maduro wäre möglicherweise vorhersehbar gewesen. Aber das macht es nicht akzeptabler", vermerkt die WASHINGTON POST.
Der russische Präsident Wladimir Putin ist in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Saudi-Arabien gereist. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG kommentiert: "Die geopolitischen Entwicklungen in diesem Herbst, so trist sie aus westlicher Sicht sein mögen, kommen für den Kreml einer Glückssträhne gleich. Der Fehlschlag der ukrainischen Gegenoffensive macht klar, dass sich die russischen Invasoren nicht so rasch aus den besetzten Teilen der Ukraine vertreiben lassen. In den USA greift die politische Lähmung um sich, mit der Folge, dass der frühere Konsens, das klare Engagement gegen Putins imperiale Politik, zerbrochen ist. Die Terrorattacke der Hamas vom 7. Oktober - an Putins Geburtstag - war ein weiteres Geschenk an das Kremlregime, da der seither tobende Krieg von der russischen Barbarei in der Ukraine ablenkt, die amerikanische Regierung innenpolitisch schwächt und die USA ihren arabischen Partnern entfremdet", erklärt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die chinesische Staatszeitung JIEFANG RIBAO bemerkt: "Putins überraschender, kurzer Besuch im Nahen Osten zeigt, dass Russland gar nicht daran denkt, auf seine Rolle als Großmacht auf der Weltbühne verzichten zu wollen. Trotz des Konflikts mit der Ukraine ist Moskau willig und fähig, seinen Einfluss in den Krisenregionen nach wie vor auszuüben. Putin nutzt die aktuellen Vorteile auf den Kriegsschauplätzen in der Ukraine und versucht mit der Diplomatie den internationalen Druck von seinem Land zu nehmen. Der Krieg zwischen Israel und Hamas ist ihm dabei eine willkommene Hilfe. Es scheint, dass es ihm gelingt, Russland aus der Isolation zu führen und die Beziehungen seines Landes zum Rest der Welt zu normalisieren", stellt JIEFANG RIBAO aus China fest.
Die russische NESAWISSIMAJA GASETA befindet: "Für die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien ist der Empfang des russischen Präsidenten aber nicht zuletzt ein Mittel, eine gewisse außenpolitische Autonomie von den USA zu zeigen. Interessant und wohl kaum ein Zufall war es, dass Putin Abu Dhabi ausgerechnet in jenem Moment besuchte, als in Dubai die Klimakonferenz lief, an der auch eine US-Delegation unter dem Klimabeauftragten John Kerry teilnahm."
Die englische Zeitung THE TIMES kommentiert die Berichte über sexuelle Gewalttaten der Hamas-Terroristen beim Überfall auf Israel am 7. Oktober: "Diese Verbrechen wurden durch die dem islamischen Fundamentalismus innewohnende Frauenfeindlichkeit und den Antisemitismus befeuert. Sie wurden zudem vorsätzlich und systematisch begangen und waren Teil einer Strategie, die darauf abzielte, ein Höchstmaß an Erniedrigung herbeizuführen und Angst und Schrecken so weit wie möglich zu verbreiten. Die Vergewaltigungen waren weder ein Nebeneffekt der Anschläge noch lediglich ein Detail inmitten der allgemeinen Gewalt. Die Vergewaltigungen wurden vielmehr als Waffe eingesetzt, als Mittel zur Verstärkung des Grauens, das für den Terrorismus kennzeichnend ist. Trotz der sich häufenden Beweise leugnet die Hamas, dass ihre Mitglieder während des Massakers Sexualverbrechen begangen haben. Angesichts der forensischen Beweise, die die Israelis akribisch zusammenstellen, ist eine solche Behauptung unglaubwürdig", betont THE TIMES aus London.
Zu der Erwägung Israels, eine Pufferzone zum Gazastreifen zu errichten erklärt die türkische Zeitung CUMHURIYET: "Das ursprüngliche Vorhaben war, die Palästinenser in den Süden des Gazastreifens zu vertreiben und von dort nach Ägypten abzuschieben. Nach Protesten vor allem der USA wurde dieser Plan verworfen. Danach war das Ziel die Einrichtung einer 'Pufferzone'. Allerdings sagten die Amerikaner auch hier, dass Washington alles ablehne, was eine Verkleinerung des Gazastreifens bedeute. Ein weiteres Problem: Schon früher hatte Israel eine ein Kilometer breite Pufferzone geschaffen, die jedoch wenig zur Sicherheit Israels beitrug und wieder abgeschafft wurde. Solange der Widerstand im Gazastreifen andauert, funktioniert die Anwendung einer 'Pufferzone' nicht."